Wolfgang Wiegand (* 29. Februar 1948 in Wasenberg, Kreis Ziegenhain, Hessen) ist ein deutscher Augenarzt und Physiker. Er ist Facharzt für Augenheilkunde an der Asklepios Klinik Nord in Hamburg[1] gewesen und hat auf verschiedenen Gebieten wissenschaftlich gearbeitet.
Nach dem Abitur (Gymnasium „Schwalmschule“ in Treysa, Hessen) und dem Wehrdienst bei der Bundeswehr (Reserveoffizier 1969) studierte Wiegand zunächst Naturwissenschaften an der Philipps-Universität Marburg. Nach seinem Diplom in Physik (Prädikat: „Auszeichnung“) war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter von 1974 bis 1978 im Fachbereich Physikalische Chemie tätig und promovierte dort 1977 in Physikalischer Chemie zum Dr. rer. nat. („ausgezeichnet“) mit einer Arbeit über Strukturuntersuchungen an Polymeren. Von 1978 bis 1980 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Physiologie der Philipps-Universität Marburg. Von 1976 bis 1982 studierte er zudem Medizin ebenfalls in Marburg und promovierte 1983 zum Dr. med. („summa cum laude“) mit der Arbeit „Untersuchungen zur Motorik von Koronararterien“.[2] 1986 erfolgte die Anerkennung zum Arzt für Augenheilkunde. Wiegand habilitierte 1989 im Fach Augenheilkunde mit der Arbeit „Kernspintomographie von Auge, Orbita und Sehnerv“.[3]
Wiegand war zunächst Assistenzarzt, danach Oberarzt (1986–1991) sowie leitender Oberarzt (1991–1994) am Medizinischen Zentrum für Augenheilkunde der Philipps-Universität Marburg. Dort wurde er 1995 auch zum apl. Professor ernannt. Von 1995 bis 2018 leitete er die Augenabteilung der Asklepios Klinik Nord Heidberg in Hamburg als Chefarzt. Seit dem Jahre 2004 ist er außerdem Fellow of the European Board of Ophthalmology (FEBO).
Von 2018 bis 2022 war Wiegand als Senior Clinical Expert der Augenabteilung der Asklepios Klinik Nord in Hamburg tätig.[1][2]
Schwerpunkte von Wiegands Arbeit waren:
- Intrastromale Hornhautresektion (Keratomileusis in situ) bei hoher Myopie: Bei der Keratomileusis handelt es sich um einen Eingriff an der Hornhaut zur Beseitigung von optischen Fehlsichtigkeiten des Auges (Kurzsichtigkeit, Übersichtigkeit). Die Prinzipien des Verfahrens gehen auf Jose I. Barraquer in Bogota/Kolumbien zurück. Es wurde dann von seinem Schüler Luis Ruiz in Form der Automated Lamellar Keratoplasty (ALK) verbessert, wobei mit Hilfe eines kalibrierbaren Hornhautmessers (Mikrokeratom) dünne Hornhautscheiben aus dem inneren Teil (in situ) des Hornhautgewebe entfernt werden und auf diese Weise die Krümmung der Hornhaut, die den größten Teil der Brechkraft des gesamten Auges darstellt, verändert. Wiegand führte das Verfahren als erster Augenarzt in Deutschland zur Beseitigung hoher Myopie (Kurzsichtigkeit) durch. Das Verfahren wurde dann später von zahlreichen Augenärzten durch Anwendung eines Excimerlasers zum Gewebeabtrag zur „Laser Assisted Stromal in situ Keratomileusis“ (LASIK) weiterentwickelt und ist heute in verschiedenen Varianten das mit Abstand am häufigsten angewendete Verfahren zur Beseitigung von Fehlsichtigkeiten und eine der häufigsten Augenoperationen insgesamt. Wiegand führte diese Methoden zur Beseitigung hoher Myopie (Kurzsichtigkeit) ab Anfang der 1990er Jahre auch in Deutschland durch.[7][8][9]
- Biomechanik der Hornhaut: Die biomechanischen Spannungsverhältnisse der Hornhaut des menschlichen Auges weisen sowohl schnell reversible „elastische“ als auch zeitverzögerte „viskose“ Eigenschaften auf. Diese viscoelastischen Eigenschaften haben eine große Bedeutung für die korrekte Messung des Augeninnendruckes, bei prognostischen Aussagen zu verschiedenen Hornhauterkrankungen und auch bei den chirurgischen Verfahren an der Hornhaut zur Beseitigung von Fehlsichtigkeiten.[10][11][12][13]
- Vitreoretinale Chirurgie: Durch die Entwicklung neuer Operationstechniken Anfang der 1990er Jahre konnten operative Eingriffe am Glaskörper (lat. vitreus) und der Netzhaut (lat. retina) des Auges mit zunehmendem Erfolg durchgeführt werden. Die Glaskörperentfernung Vitrektomie (pars plana Vitrektomie, ppV) entwickelte sich in der Folgezeit zu einem wichtigen Teilgebiet der operativen Augenheilkunde. Wiegand nutzte das Potential der Glaskörperentfernung frühzeitig und baute dieses Verfahren während seiner Tätigkeit an der Asklepios Klinik Nord kontinuierlich zu einem Schwerpunkt seiner Abteilung aus, so dass sich die Augenabteilung der Asklepios Klinik Nord zu einer der größten Augenkliniken in Norddeutschland entwickelte.[14][15][16]
Wiegand veröffentlichte über 70 Publikationen, ferner zwei Bücher und zahlreiche Buchartikel. Eine Liste seiner Publikationen findet sich auf PubMed und Research Gate.
Wiegand W., Kernspintomographie von Auge, Orbita und Sehnerv. Thieme, Stuttgart. 1990. ISBN 3-432-98501-0
Wiegand W, Thaer AA, Kroll P, Geyer OC, Garcia AJ. Optical sectioning of the cornea with a new confocal in vivo slit-scanning videomicroscope. Ophthalmology. 1995 Apr;102(4):568-75. doi:10.1016/s0161-6420(95)30981-5. PMID 7724174.
Heinz P, Bodanowitz S, Wiegand W, Kroll P. In vivo observation of corneal nerve regeneration after photorefractive keratectomy with a confocal videomicroscope. Ger J Ophthalmol. 1996 Nov;5(6):373-7. PMID 9479521.
Wiegand W, Krusenberg B, Kroll P: Keratomileusis in situ in high-grade Myopia. First Results. Die Ophthalmologie 92(4):402-9. Sept. 1995.
Heinz P, Bodanowitz S, Wiegand W, Kroll P. In vivo observation of corneal nerve regeneration after photorefractive keratectomy with a confocal videomicroscope. Ger J Ophthalmol. 1996 Nov;5(6):373-7. PMID 9479521.
Sekundo W, Bönicke K, Mattausch P, Wiegand W. Six-year follow-up of laser in situ keratomileusis for moderate and extreme myopia using a first-generation excimer laser and microkeratome. J Cataract Refract Surg. 2003 Jun;29(6):1152-8. doi:10.1016/s0886-3350(03)00062-2. PMID 12842683.
Hager A, Schroeder B, Sadeghi M, Großherr M, Wiegand W. Der Einfluss von kornealer Hysterese und kornealem Resistenzfaktor auf die Messung des intraokularen Drucks [The influence of corneal hysteresis and corneal resistance factor on the measurement of intraocular pressure]. Ophthalmologe. 2007 Jun;104(6):484-9. German. doi:10.1007/s00347-007-1532-y. PMID 17587093.
Hager A, Loge K, Füllhas MO, Schroeder B, Großherr M, Wiegand W. Changes in corneal hysteresis after clear corneal cataract surgery. Am J Ophthalmol. 2007 Sep;144(3):341-6. doi:10.1016/j.ajo.2007.05.023. Epub 2007 Jul 13. PMID 17631265.
Hager A, Loge K, Schroeder B, Füllhas MO, Wiegand W. Effect of central corneal thickness and corneal hysteresis on tonometry as measured by dynamic contour tonometry, ocular response analyzer, and Goldmann tonometry in glaucomatous eyes. J Glaucoma. 2008 Aug;17(5):361-5. doi:10.1097/IJG.0b013e31815c3ad3. Erratum in: J Glaucoma. 2008 Oct-Nov;17(7):604.
Hager A, Wegscheider K, Wiegand W. Changes of extracellular matrix of the cornea in diabetes mellitus. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol. 2009 Oct;247(10):1369-74. doi:10.1007/s00417-009-1088-4. Epub 2009 May 13. PMID 19437029.
Kroll P, Romstöck F, Grenzebach UH, Wiegand W. Frühvitrektomie bei endogener juveniler Uveitis intermedia--Eine Langzeitstudie [Early vitrectomy in endogenous juvenile uveitis intermedia--a long-term study]. Klin Monbl Augenheilkd. 1995 Apr;206(4):246-9. German. doi:10.1055/s-2008-1035433. PMID 7791284.
Hager A, Ehrich S, Wiegand W. Vitreoretinale Zweiteingriffe nach elektiver Makulachirurgie [Vitreoretinal secondary procedures following elective macular surgery]. Ophthalmologe. 2004 Jan;101(1):39-44. German. doi:10.1007/s00347-003-0858-3. PMID 14872266.