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deutscher Schriftsteller, Schauspieler und Kabarettist Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Werner Paul Walther Finck (* 2. Mai 1902 in Görlitz; † 31. Juli 1978 in München) war ein deutscher Kabarettist, Schauspieler und Schriftsteller.
Werner Finck wurde als Sohn des Apothekers Botho Finck geboren und besuchte Gymnasien in Görlitz und Hirschberg, ohne das Abitur zu abzulegen. Später bestand er die Aufnahmeprüfung für die Kunstschule in Dresden.[1]
In verschiedenen Laienspielgruppen machte er erste Theatererfahrungen. Mehrere Versuche, im Journalismus den Berufseinstieg zu finden, scheiterten.[2] Sein erstes Engagement als Schauspieler hatte er am Theater von Bunzlau und danach in Darmstadt, wo er über unbedeutende Nebenrollen nicht hinauskam, aber gleichzeitig sein komisches Talent entdeckt wurde. 1928 kam Werner Finck nach Berlin, wo er mit Hans Deppe das Kabarett Die Katakombe gründete und leitete. Erich Kästner, Theo Lingen, Rudolf Platte und Kurt Tucholsky schrieben für den Conférencier die satirischen Texte.[3]
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden die Vorstellungen der Katakombe regelmäßig von Spitzeln der Nazis besucht. „Sie waren hellhörig und begriffen schnell. Immer, wenn besonders schallend gelacht oder stürmisch applaudiert wurde, wussten sie sofort: ‚Aha, da war was!‘“[4] Fincks Programme waren voller Wortwitz und Wortspiele, wie beispielsweise in dem (gefährlichen) Sketch über die von ihm vermeintlich gepflanzte Hitler-Eiche: „Vor ein paar Monaten war sie noch ganz klein, gerade bis zu meinen Knöcheln, dann reichte sie mir bis an die Knie, und jetzt steht sie mir schon bis zum Hals.“
Finck nahm in seinen Darbietungen nie ein Blatt vor dem Mund, immer war ihm klar, dass es Spitzel der Gestapo im Zuschauerraum gab, die eifrig das mitschrieben, was er zum Besten gab. Zur Gaudi seines Publikums wandte er sich wie folgt direkt an diese Schergen: „Spreche ich zu schnell? Kommen Sie mit? Oder - muss ich mitkommen?“[5]
Als die Katakombe zwischendurch einmal seitens der NS-Zensur geschlossen war, kommentierte dies Finck nach deren Wiedereröffnung vieldeutig: „[...]gestern war die Katakombe zu, aber heute sind wir wieder offen und wenn wir morgen zu offen sind, sind wir übermorgen wieder zu.“[6]
Das Kabarett wurde auf Anordnung von Joseph Goebbels im Sommer 1935 geschlossen. Anlass war ein Sketch, der bei einem Schneider spielt, dessen Kunde beim Maßnehmen für einen neuen Anzug den rechten Arm heben muss.[3] Finck wurde unter dem Vorwurf eines „Vergehens gegen das Heimtückegesetz“ verhaftet und in das Konzentrationslager Esterwegen gebracht, wo er unter anderem Carl von Ossietzky und Julius Leber begegnete. Finck blieb nur kurz im Konzentrationslager. Die Schauspielerin Käthe Dorsch intervenierte erfolgreich bei Göring,[7] was zeitnah zu seiner Freilassung führte. Finck selbst berichtet wie folgt über seine Entlassung: „Am 1. Juli 1935 wurden wir auf Anordnung Görings, der damit Goebbels offensichtlich eins auswischen wollte, von einem Tag zum anderen aus dem KZ entlassen.“ Vor dem Volksgerichtshof musste er die Kabarettnummer nachspielen, sehr zur Erheiterung der Zuschauer. Er erhielt ein Jahr Arbeitsverbot.[3]
Schon zu den Olympischen Spielen 1936 schrieb er aber wieder für das Berliner Tageblatt eine mit Wortspielen gespickte Kolumne. Seine Tätigkeit als Kolumnist dieser Zeitung dauerte bis 1938.[8] In der letzten Ausgabe mit Bezug zu den Olympischen Spielen, am 16. August 1936, war zu den Leistungen von Jesse Owens zu lesen: „Wie wird Leni alles aufgenommen haben? (…) Und plötzlich sieht sie’s negativ, wie positiv der Neger lief. Im Negativ werden wir gerächt: Ganz vorn, Meter voraus, läuft der weiße Mann, hintennach kommen die Schwarzen!“
Ab 1937 durfte er wieder im Kabarett der Komiker auftreten, dessen Leiter Willy Schaeffers jedoch 1939 persönlich bei Goebbels den Verzicht auf politische Witze erklären musste, um das Theater zu erhalten.[9] Am 31. Januar 1939 wurde Finck aus der Reichskulturkammer ausgeschlossen.[10]
Um einer neuerlichen Verhaftung zu entgehen, meldete er sich 1939 freiwillig zum Kriegsdienst und wurde zum Funker ausgebildet. Als Soldat der 23. Infanterie-Division[11] war er in Frankreich, in der Sowjetunion und Italien und erhielt das Eiserne Kreuz 2. Klasse (EK II) und die Medaille Winterschlacht im Osten 1941/42, die Finck mit dem allgemein üblichen Spitznamen „Gefrierfleischorden“ bezeichnete.[12] Werner Finck genoss nach eigener Darstellung als Soldat die Protektion regimekritischer Offiziere, die die von Goebbels gewünschte Entlassung aus der Wehrmacht und Überstellung an die Gestapo verhinderten, er war jedoch 1942 für neun Monate in Untersuchungshaft,[13][14] und er trat als Chef der Frontbühne Italien zur Truppenbetreuung in Unterhaltungsprogrammen auf.[15]
Sein persönliches Kriegsende hat er später so beschrieben: „Ich bin also erstmal auf Schreibstube gegangen und habe gefragt, ob noch was wäre. Und erst als man mir sagte, nein, es hätte sich erledigt, gab ich mich dem wohlverdienten Zusammenbruch hin.“[16]
1945 kam er in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Er gründete die Zeitschrift Die Fieberkurve für verletzte deutsche Kriegsgefangene und hatte im oberbayerischen Lager Aibling Auftritte vor Kriegsgefangenen. Von 1945 bis 1949 gab er zusammen mit Hans Bayer in Stuttgart Das Wespennest, die erste deutsche satirische Zeitschrift nach dem Zweiten Weltkrieg, heraus.[17] 1946 trat Werner Finck im Schmunzelkolleg (München) auf und gründete „Die Schmunzelpartei“. Er gründete bzw. leitete die Kabaretts Nebelhorn in Zürich (1947) und Mausefalle in Stuttgart (1948), wo er erstmals seine Erinnerungen in ein Programm fasste (Kritik der reinen Unvernunft).
Finck tourte in den Folgejahren durch die junge Bundesrepublik Deutschland. In seinem Soloprogramm wollte er der „Zersetzung der Humorlosigkeit im öffentlichen Leben“[18] den Weg bereiten. 1950 erfolgte in der Berliner Taberna academica die Gründung einer Art von Partei, die sich Radikale Mitte nannte. „Zum Kummer der Gründer musste das Ganze, weil es ja keine Partei sein will, als Verein eingetragen werden. Ziel und Zweck: Entgiftung des politischen Lebens.“[19] Er trat auf den Bühnen von Theater und Kabarett mit Parolen wie „Gegen Kompromisslosigkeit“, „Für Aufrüstung der Toleranz“ in Erscheinung und wählte die Sicherheitsnadel unter den Revers des Sakkos als Parteiabzeichen und das weiße Tischtuch als Parteifahne, um gegen den „Ernst der Zeit“ (Adenauer) der deutschen Nachkriegspolitik anzutreten. Zu den Sympathisanten zählten der damalige Bundespräsident Theodor Heuß und der Autor R. A. Stemmle.[20] 1962 wurde Werner Finck ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste.[1] 1964 folgte Fincks Programm Bewältigte Befangenheit in der Münchner Lach- und Schießgesellschaft. In zahlreichen Spielfilmen besetzte er Nebenrollen. Sechs Jahre vor seinem Tod erschien 1972 seine Autobiografie Alter Narr – was nun? Im selben Jahr trat er in der Rolle des Gregor in Rainer Werner Fassbinders fünfteiliger Familienserie Acht Stunden sind kein Tag auf.
Werner Finck starb 1978 und wurde auf dem Waldfriedhof in München/Neuer Teil im Grab Nr. 475-UW-8 beigesetzt.[21]
Werner Finck war ursprünglich kein politischer Kabarettist. „Ich bin ein eingefleischter Individualist. Das ist das ganze Problem.“ Erst mit der Katakombe „trat etwas in mein Leben, was ich vorher nicht gekannt hatte: Die Politik. […] Man hat seine Witze von links nach rechts verteilt. […] Man bekam Angst. […] Wenn ich damals gewußt hätte, was man heute weiß: daß das alles nur Mitläufer waren. […] Manche haben sich so gut getarnt, daß sie Gauführer wurden. […] Es gibt also Leute, die behaupten heute, ich wäre gegen die Nazis gewesen. Ich möchte also gleich betonen: Das sind Verleumdungen. Ich denke ja weiter. […] Was ich natürlich zugeben muß, ist etwas anderes: Die Nazis waren gegen mich.“[22]
Werner Finck ist letztlich durch die politische Situation während der Zeit des Nationalsozialismus zu dem bedeutenden Kabarettisten geworden, als der er noch heute bekannt ist. In dieser Zeit perfektionierte er in dem Wunsch, sich den Kopf nicht verbieten zu lassen, ihn aber auch nicht zu verlieren, seine Technik der nicht zu Ende gesprochenen Sätze (Anakoluthe) und Doppeldeutigkeiten und des entlarvenden Wortwörtlichnehmens. „Kommen Sie mit? Oder muss ich mitkommen?“ fragte er die Gestapo-Beamten, die sich in seinen Programmen Notizen machten.
Bertolt Brecht widmete ihm 1947 das Gedicht Eulenspiegel überlebt den Krieg.
Auch in der Bundesrepublik sorgte er für Unwillen, zum Beispiel bei der CSU („Das christliche Bayern kann nur empört sein.“).[23]
Werner Finck ist ein Stern im Walk of Fame des Kabaretts gewidmet.
Der schriftliche Nachlass von Werner Finck liegt im Literaturarchiv der Monacensia im Hildebrandhaus.[27]
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