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Werkbundsiedlung Wien

Wohnanlage in Hietzing Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Die Werkbundsiedlung in Wien ist eine 1932 eröffnete Musterhaussiedlung im Bezirksteil Lainz des 13. Bezirks, Hietzing, die sich heute großteils im Eigentum der Wiener Stadtverwaltung befindet. An den ursprünglich 70, heute 64 Einfamilienhäusern bauten 31 Architekten[1] (darunter eine Architektin) aus dem In- und Ausland mit. Bei ihrer Eröffnung wurde sie als „größte Bauausstellung Europas“[2] bezeichnet.

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André Lurçat: Veitingergasse 87, 89, 91 und 93, Straßenseite

Die Anlage steht unter Denkmalschutz und ist auch von der Stadt Wien als bauliche Schutzzone definiert.[3]

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Lage

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Lageplan

Die Siedlung befand sich zur Zeit ihrer Errichtung am westlichen Rand des verbauten Stadtgebiets südlich des Hügelzuges GirzenbergRoter Berg, eines Ausläufers des Wienerwaldes. Inzwischen ist die Umgebung, meist mit von Rasenflächen umgebenen Ein- und Mehrfamilienhäusern, weitgehend verbaut worden; Girzenberg und Roter Berg wurden als Schutzgebiet großteils unverbaut erhalten.

  • Im Norden wird die Siedlung von der in Ost-West-Richtung verlaufenden Veitingergasse begrenzt, an die nördlich Girzenberg (285 m) und Roter Berg (262 m) anschließen.
  • Südwestliche Begrenzung ist die von der Veitingergasse im Westen abzweigende Jagdschlossgasse. In dieser verkehren, mit einer Haltestelle bei der Gobergasse, Ecke Jagicgasse, die Autobuslinien 54A und 54B als einzige öffentliche Verkehrsmittel in unmittelbarer Nähe.
  • Im Osten wird die Siedlung zum Teil von der Jagićgasse begrenzt, zum anderen Teil grenzt sie, wie im Süden, direkt an private Nachbargrundstücke.

Engelbrechtweg, Jagićgasse und Woinovichgasse, Erschließungswege der Siedlung, wurden 1936 amtlich benannt. In den Situationsplänen der Bauzeit scheinen diese Namen daher noch nicht auf.

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Entstehung

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Blick auf die Siedlung von Südwesten, 1932, dahinter der Rote Berg

Die Werkbundsiedlung – Vorbild war die 1927 errichtete Stuttgarter Weißenhofsiedlung – hätte ursprünglich auf einem Areal bei der Triester Straße 85 am damaligen Rand des Arbeiterbezirks Favoriten, des 10. Bezirks, errichtet werden sollen. Zwei Bebauungspläne blieben unausgeführt, da in unmittelbarer Nachbarschaft ein großer Gemeindebau entstand und man nicht „im Schatten“ dieser Anlage bauen wollte. Das Ersatzareal beim Roten Berg war rundherum unverbaut, aber zum Teil sumpfig und musste bis zu einem Geschoß hoch aufgeschüttet werden.

Unter der künstlerischen Leitung des Architekten Josef Frank, der die Siedlung als Gründungsmitglied des Werkbundes Wien initiiert hatte und für eine undogmatische Moderne stand, entstand die Siedlung in den Jahren 1930 bis 1932. Frank zeichnete verantwortlich für die räumliche Gesamtdisposition der Anlage, László Gábor (1895–1944), Maler und geschäftsführender Sekretär des Werkbundes, für das Färbelungskonzept.[2] Bauherr war die städtische Wohnbaugesellschaft Gesiba unter Generaldirektor Hermann Neubacher, dem Präsidenten des Österreichischen Werkbundes. Bei der Eröffnung am 4. Juni 1932 sprachen Bundespräsident Wilhelm Miklas[4] und Bürgermeister Karl Seitz.

Im Unterschied zu früheren Projekten stand bei der Wiener Werkbundsiedlung „Wirtschaftlichkeit auf engstem Raum“ im Vordergrund. Die Häuser sind tatsächlich, gemessen an heute üblichen Raum- und Wohnungsgrößen, sehr klein, vermitteln aber immer wieder durch die für die frühe Moderne signifikante Funktionalität, höchste Ökonomie im Detail und geschickt gesetzte Ausblicke und Sichtbezüge eine erstaunliche Geräumigkeit. Frank versuchte unter anderem mit dem Konzept, zu einer baulichen Typenbildung anzuregen; Neubacher sah die Ausstellung als eindrückliche Werbung für die Leistungsvielfalt des berufenen Architekten, dessen Beauftragung einem Bauherrn bei Qualität und Kosten zum Vorteil gereicht.[5]

Die von namhaften Herstellern und Innenarchitekten mustermäßig eingerichteten Häuser konnten von 4. Juni bis 7. August 1932 als Internationale Ausstellung / Werkbundsiedlung öffentlich besichtigt werden;[6] 100.000 Besucher besuchten die Siedlung während dieser Ausstellung. Das internationale Medienecho fiel sehr positiv aus.

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Weitere Entwicklung

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Die wirtschaftliche Lage weiter Teile der Bevölkerung war allerdings in dieser Zeit schlecht. Nur 14 Häuser samt Gärten konnten wie geplant verkauft werden; die anderen wurden vermietet und gelangten in der NS-Zeit 1938 ins direkte Eigentum der Wiener Stadtverwaltung. (Am 13. März 1938 war der frühere Gesiba-Chef Neubacher, seit 1933 illegaler Nationalsozialist, von der neuen Diktatur zum ersten NS-Bürgermeister Wiens ernannt worden.)[7]

Die Häuser der Siedlung wurden ursprünglich fortlaufend nummeriert und schienen in Lehmanns Wiener Adressbuch unter Werkbundsiedlung auf. Die bis dahin unbenannten Verkehrsflächen in der Siedlung, Engelbrechtweg, Jagicgasse und Woinovichgasse, wurden 1936 von der diktatorischen Stadtverwaltung des „Ständestaats“ benannt. 1938 wurden alle Siedlungshäuser nach den allgemeinen Regeln für Hausnummern in Wien nummeriert.

Der Bombardierung Wiens in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs fielen sechs Häuser (siehe Abschnitt Beteiligte Architekten) zum Opfer; sie wurden durch Neubauten anderer Architekten, u. a. Roland Rainer, ersetzt.

1983–1985 wurden 56 der nach dem Krieg verbliebenen 64 Häuser von Adolf Krischanitz renoviert (Konsulent: Otto Kapfinger); im Zuge dessen baute Krischanitz westlich neben dem Haus Woinovichgasse 32 ein kleines Museum der Siedlung. Seine Arbeit dokumentierte er 1989 in einem Buch. Da sich ein Teil der Gebäude in Privatbesitz befand, konnten damals nicht alle Häuser renoviert werden.[8][9] Die Wiener Architektin Silja Tillner erwarb und renovierte eines jener verbliebenen Häuser in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre für die eigene Nutzung. 2015 renovierten die Architekten Tillner & Willinger das Rietveld-Haus originalgetreu.[10]

80 Jahre nach der Eröffnung, im Jahr 2012, beauftragte die Wiseg (Wiener Substanzerhaltungs Gesellschaft) Praschl-Goodarzi Architekten mit der erforderlichen neuerlichen Restaurierung und Renovierung der Siedlung.[11] Die Renovierung konnte 2019 abgeschlossen werden und wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt durchgeführt.[12]

2020 wurde der Werkbundsiedlung Wien das Europäische Kulturerbe-Siegel verliehen.[13]

Mittlerweile stehen nicht nur die Originalhäuser, sondern auch das in der Nachkriegszeit gebaute Haus von Roland Rainer unter Denkmalschutz.

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Beteiligte Architekten und ihre Bauten

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Josef Frank, künstlerische Leitung des Baues der ganzen Siedlung

Weitere Informationen Nummer, Architekt ...

Weiters waren noch andere Architekten (z. B. Felix Augenfeld oder Franz Singer) an Begleitarbeiten wie Inneneinrichtungen beteiligt, dies ist überwiegend nicht erhalten. Mittlerweile zerstört ist auch ein Café-Pavillon von Egon Riss.[17]

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Ausstellung

Literatur

  • Josef Frank (Hrsg.): Die Internationale Werkbundsiedlung Wien 1932. Neues Bauen in der Welt, Band 6, ZDB-ID 1221089-4. Schroll, Wien 1932. – Volltext online (PDF; 32,7 MB).
  • Josef Frank: Werkbundsiedlung, errichtet im Rahmen der Heimbauhilfe Gemeinde Wien, Gesiba. Gesiba, Wien 1932. (2 Broschüren, 32 Blatt, 1 Photo lose in Mappe).
  • Österreichischer Werkbund: Werkbundsiedlung. Internationale Ausstellung, Wien 1932. Wien XIII, Veitinger-, Jagdschlossgasse, Rosenbaum, Wien 1932.
  • Wolfdieter Dreibholz: Die internationale Werkbundsiedlung Wien 1932. Jugend und Volk, Wien 1980.
  • Astrid Gmeiner, Gottfried Pirhofer: Der Österreichische Werkbund. Alternative zur klassischen Moderne in Architektur, Raum- und Produktgestaltung. Residenz-Verlag, Salzburg 1985, ISBN 3-7017-0427-9.
  • Adolf Krischanitz, Otto Kapfinger: Die Wiener Werkbundsiedlung: Dokumentation einer Erneuerung. Sanierungsbericht. Beton-Verlag, Düsseldorf 1989, ISBN 3-7640-0258-1.
  • Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Band III / 2, Wien: 13.–18. Bezirk, Residenz Verlag, Salzburg / Wien 1995, ISBN 3-7017-0704-9, S. 60–63.
  • Elisabeth Nebel: Die Wiener Werkbundsiedlung. Spagat zwischen Denkmal und Gebrauchswohnung. Diplomarbeit. Technische Universität Graz, Graz 2008.
  • Iris Meder: Werkbundsiedlung Wien. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 6: Ta–Z. Metzler, Stuttgart/Weimar 2015, ISBN 978-3-476-02506-7, S. 366–370.
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Einzelnachweise

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