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Vorreformatorische Kirchen sind die christlichen Kirchen, die in der Tradition der Alten Kirche stehen und nicht aus der Reformationsbewegung des 16. Jahrhunderts oder anderen späteren Abspaltungen entstanden sind. Dazu gehören die orthodoxen und altorientalischen Kirchen sowie die römisch-katholische Kirche mit der lateinischen Kirche und den katholischen Ostkirchen, insgesamt rund 50 Kirchen. Die vorreformatorischen Kirchen ohne die Lateinische Kirche werden auch Ostkirchen genannt.
Davon abgegrenzt sind die lutherischen, reformierten, altkatholischen und weitere Kirchen und Bekenntnisse.
Davon zu unterscheiden sind vorreformatorische Bewegungen (Waldenser, John Wyclif, Hussiten) in dem Sinne, dass sie in der Zeit vom 12. bis zum 15. Jahrhundert teils Anliegen vertreten haben, die auch Strömungen der Reformation übernommen haben.
Die vorreformatorischen Kirchen lassen sich in sechs Traditionslinien oder Ritengruppen einteilen:
Die Kirchen der Gruppen 3–6 werden als „(alt-)orientalische Kirchen“ bezeichnet; die Ritengruppen 3, 4, 5 waren ursprünglich monophysitisch geprägt, der Ritus 6 nestorianisch. Diese Begriffe werden im nächsten Abschnitt erklärt.
Arianer sind die Anhänger der Lehre, dass Christus nicht anfanglos und ewig ist, sondern ein Geschöpf des göttlichen Vaters, allerdings das erste und vollkommenste Geschöpf. Diese Vorstellung wurde als Irrlehre vom 1. Ökumenischen Konzil von Nicäa 325 verworfen: „Christus ist wahrhaftiger Gott vom wahrhaftigen Gott, gezeugt, nicht geschaffen, wesensgleich mit dem Vater“. Auf dem 2. Ökumenischen Konzil von Konstantinopel 381 wurde auch vom Heiligen Geist die volle Göttlichkeit ausgesagt und damit die trinitarische Lehre zum Abschluss gebracht. Eine abgeschwächte Form des Arianismus wurde von ostgermanischen Kirchen (Goten, Vandalen) vertreten: Christus sei Gott ähnlich, aber nicht wesensgleich. Arianische Gruppen existierten bis zum 7. Jahrhundert.
Als „Nestorianer“ werden die Anhänger der (ursprünglich antiochenischen) Lehre bezeichnet, dass „Christus aus zwei getrennten Subjekten oder Naturen, einer göttlichen und einer menschlichen bestehe, die in ihm in Liebe verbunden sind“. Diese „dyophysitische“ Lehre – genauer die daraus resultierende Aussage, dass Maria nur „Menschengebärerin“ (griech. anthropotokos), aber keine „Gottesgebärerin“ (griech. theotokos) sei – wurde auf dem 3. Ökumenischen Konzil zu Ephesos 431 zur Irrlehre erklärt.
Hauptvertreter dieser antiochenischen dyophysitischen oder nestorianischen Lehre im 4. und 5. Jahrhundert waren vor allem Diodorus von Tarsus, Theodor von Mopsuestia und Theodoret von Kyros. Zur jüngeren antiochenischen Schule gehörten Johannes Chrysostomos, Nestorius – der letztlich namensgebend wurde – und Ibas von Edessa.
In diesem Sinne nestorianisch geprägt war die sog. Kirche des Ostens, die sich 424 als persische Nationalkirche von der römisch-byzantinischen Reichskirche getrennt und eine eigene Jurisdiktion etabliert hatte. Diese Kirche lehnte zwar nicht direkt die Lehre von Chalcedon 451 ab, sondern deren als monophysitisch empfundene Interpretation durch die Einigungsformel von 482 (das sog. Henotikon). Die „Alte Kirche des Ostens“ mit Sitz in Bagdad besteht immer noch. Die Assyrische Kirche des Ostens hat sich aufgrund der Festlegung auf einen anderen Kalender von der Alten Kirche des Ostens getrennt. Die Chaldäisch-katholische Kirche ist ebenso eine Abspaltung von der Alten Kirche des Ostens (allerdings mit Rom uniert, unter Aufgabe des Nestorianismus) wie einige Kirchen der Thomaschristen in Indien.
Die Bezeichnung „nestorianisch“ für die Kirche des Ostens war immer eine Außenbezeichnung seitens der katholischen und orthodoxen Kirche, die zunächst die „Irrlehre“ dieser Kirche deutlich machen sollte. Später wurde „nestorianisch“ zur Bezeichnung der entsprechenden christologischen Auffassung in der westlichen Kirchengeschichtsschreibung, so wird es auch in diesem Artikel verwendet. Die Selbstbezeichnung dieser Kirchen ist „ostsyrisch“, „chaldäisch“ oder „assyrisch“, „nestorianisch“ wird aus historischen Gründen teilweise als herabsetzend empfunden, schon weil sich die Alte Kirche des Ostens als Kirche apostolischen Ursprungs versteht.
Monophysiten sind die Anhänger der (ursprünglich alexandrinischen) Lehre, dass Christus nur eine Natur besitze, nämlich die göttliche. Die menschliche sei in der göttlichen förmlich „aufgesogen“ oder „verschluckt“. Diese Lehre wurde auf dem 4. Ökumenischen Konzil von Chalcedon 451 verworfen. Dieses beschloss die Formel „Christus hat beide Naturen – die göttliche und menschliche – gleichermaßen, unvermischt und ungetrennt in einer Person“.
Eine abgeschwächte Form des Monophysitismus vertrat Kyrill von Alexandria (um 380–444): Christus besitze beide Naturen, die sich aber zu einer Seinseinheit verflochten hätten („Miaphysitismus“), aber auch dagegen wendet sich das Konzil von Chalcedon, obwohl der Unterschied zur eigenen Lehre gering erscheint. Die monophysitischen Kirchen wurden von der Reichskirche als häretisch (Irrlehren) verfolgt. Monophysitisch (im abgeschwächten Sinne, also eher „miaphysitisch“) sind heute die syrische, armenische, koptische, äthiopische und malankarische Kirche. Die chalcedonische Lehre wird nur von den byzantinisch-orthodoxen und katholischen Kirchen ohne Abstriche anerkannt, sie werden deswegen auch chalcedonische Kirchen genannt, die übrigen Kirchen nicht-chalcedonisch.
Die Bezeichnung „monophysitische Kirchen“ für die Kirchen, die eine solche Christologie vertreten, ist eine Außenbezeichnung seitens der chalcedonischen Kirchen. Die westsyrische (aramäische), armenische, koptische und äthiopische Kirche haben nach ihrem Selbstverständnis eine vor-chalcedonische Christologie, die von ihnen – wie oben ausgeführt – als „miaphysitisch“ („vereinigte Natur(en) Christi“), nicht aber als monophysitisch aufgefasst wird. Die aus der unterschiedlichen Christologie resultierenden gegenseitigen theologischen Verurteilungen der chalcedonischen und nicht-chalcedonischen Kirchen wurden 1500 Jahre aufrechterhalten und erst in theologischen Gesprächen der 1970er und 1980er Jahre zwischen den orientalischen Kirchen einerseits und der katholischen Kirche bzw. den orthodoxen Kirchen andererseits weitgehend ausgeräumt. Allerdings hat diese prinzipielle theologische Einigung noch keinen kirchenrechtlichen Status erlangt.
Trotz der Problematik des Begriffs „monophysitisch“ wird er in der westlichen Kirchengeschichtsschreibung durchgängig verwendet und deswegen auch in diesem Artikel benutzt. Die inhärente Problematik sollte dem Leser bewusst sein.
Monotheleten sind Anhänger der Lehre, dass Christus zwar zwei Naturen besitze, aber nur einen (göttlichen) Willen. Die Lehre wurde auf dem 6. Ökumenischen Konzil von Konstantinopel 680/681 verworfen. Ihre Anhänger waren die Maroniten, die sich aber später vollständig mit der katholischen Kirche unierten und damit den Monotheletismus aufgaben.
Die orthodoxen und katholischen Kirchen gingen aus der römisch-byzantinischen Reichskirche hervor. Gemeinsam erkennen sie Aussagen der Ökumenischen Konzilien – insbesondere Nicäa 325, Konstantinopel 381 und Chalcedon 451 – an und werden deswegen auch chalzedonische Kirchen genannt. Die endgültige Trennung der Ost- und Westkirche erfolgte – nach vielen vorangegangenen Zerwürfnissen – durch das vor allem politisch motivierte Große Schisma von 1054.
Die heutigen byzantinisch- oder griechisch-orthodoxen Kirchen sind autokephal. Sie bestehen aus den vier altkirchlichen Patriarchaten – Antiochien, Alexandrien, Jerusalem und Konstantinopel – und etwa fünfzehn Nationalkirchen (die größten sind die russische, rumänische, serbische, griechische und bulgarische orthodoxe Kirche).
Die (römisch-)katholische Kirche ist monokephal (Anerkennung des Primats des Papstes, des Bischofs von Rom und Patriarchen des Abendlandes) und besteht aus der eigentlichen westlichen („lateinischen“) Kirche (in welcher der Römische Ritus und zumindest historisch gesehen die lateinische Sprache dominieren) und 22 autonomen unierten Kirchen, die aus Abspaltungen von den orthodoxen und orientalischen Kirchen entstanden sind. Diese unierten Kirchen erkennen den Juridiktions-Primat des Papstes und die katholischen Dogmen an, besitzen aber meist eigene Patriarchen oder Großerzbischöfe – die von Rom bestätigt werden müssen – und eigene Riten, die denen ihrer jeweiligen Herkunftskirche entsprechen.
Die nicht-chalzedonischen Kirchen werden auch als orientalische Kirchen bezeichnet. Im Folgenden werden die einzelnen katholischen, orthodoxen und orientalischen Kirchen ihren Traditionslinien oder Riten zugeordnet. Die nachreformatorischen („evangelischen“) und altkatholischen Kirchen werden in diesem Artikel nicht behandelt.
Die Stadt Rom mit dem Vatikan ist Papstsitz der Katholischen Kirche mit Jurisdiktion über die Gesamtkirche (Jurisdiktionsprimat). Die katholische Kirche besitzt etwa 1,2 Milliarden Mitglieder. Man unterscheidet 23 eigenständige Teilkirchen mit eigener Hierarchie, davon ist die Lateinische Kirche (Westkirche) die größte, sie befolgt den Römischen oder Lateinischen Ritus. Die übrigen unierten Teilkirchen (Katholische Ostkirchen) haben den Ritus beibehalten, den sie vor ihrer Union mit der Römischen Kirche besaßen. Zusammen bilden die unierten Ostkirchen und die römische Kirche die Katholische Kirche (Universalkirche). Sie werden hier unter ihren jeweiligen Riten oder Traditionslinien aufgeführt.
In der Lateinischen Kirche existieren traditionell zwei Patriarchen:
Die Ehrenpatriarchate von Lissabon, Venedig und die Ehrentitel Patriarch von Ostindien, Patriarch von Westindien haben keine eigene Jurisdiktion. Sie werden daher auch als Titular-Patriarchate bezeichnet.
Der Primatsanspruch des Bischofs von Rom wurde schon früh für die ganze Kirche erhoben (Ignatius von Antiochien), von der Ostkirche nur zeitweise vor 1054 akzeptiert, meist aber zurückgewiesen (z. B. auch auf dem Konzil von Chalcedon 451).
Die Liturgiesprache der Römischen Kirche ist Lateinisch; in historischen Sonderfällen sowie allgemein seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) sind die jeweiligen Landessprachen ebenfalls in der Liturgie zugelassen.
Neben dem Römischen Ritus (Lateinischer Ritus) im engeren Sinn gehören zur römischen Ritusgruppe (Westriten) folgende Varianten:
Liturgiesprachen dieser Kirchen sind Griechisch, Georgisch, Kirchenslawisch, Rumänisch, Arabisch und moderne Volkssprachen.
Diese vier Patriarchate sind die antike Keimzelle der gesamten orthodoxen Kirche. Auf die Nachfolge der altkirchlichen Patriarchate von Antiochien und Alexandrien berufen sich auch Kirchen, die nicht zum byzantinisch-orthodoxen Ritus zu rechnen sind.
Die orthodoxen Patriarchate von Alexandrien, Antiochien und Jerusalem werden auch als melkitisch („königstreu“) bezeichnet. Gemeint ist damit die Treue zum byzantinischen Kaiser, der in den östlichen Sprachen durchgängig als „König“ bezeichnet wurde.
Es gibt heute folgende elf autokephale byzantinisch-orthodoxe Kirchen, die selbstständig ihre Oberhäupter bestimmen können:
Die Autokephalie einiger orthodoxer Kirchen ist nach orthodoxem Kirchenrecht bisher nicht bestätigt worden und wird von den anderen byzantinisch-orthodoxen Kirchen deshalb nicht anerkannt. Dies sind:
Folgende byzantinisch-orthodoxe Kirchen gelten als autonom. Sie genießen zwar eine relative Unabhängigkeit, bei der Bestimmung ihres Oberhauptes hat aber eine übergeordnete orthodoxe Kirche ein Mitspracherecht.
Es gibt 15 mit der römisch-katholischen Kirche unierte ehemals byzantinisch-orthodoxe Teilkirchen.
Die weiteren 14 unierten Kirchen mit byzantinisch-orthodoxen Ritus entstanden durch mehrere Unionen, zum Beispiel:
Im sowjetischen Machtbereich erfolgte nach 1945 eine starke Zwangs-Reorthodoxisierung und die Auflösung der Unionskirchen. Die ukrainische, russische und rumänische Unionskirche bestehen heute primär in den USA weiter, inzwischen auch wieder in der Ukraine und in Rumänien, wo ihre jeweiligen Großerzbischöfe residieren.
Es entstanden folgende unierte Kirchen mit byzantinischem Ritus:
Die Liturgiesprachen dieser orientalischen Kirchen sind klassisches Syrisch (eine aramäische Sprache) und Arabisch.
Die Liturgiesprachen dieser Kirchen sind Koptisch, Arabisch bzw. Altäthiopisch.
Die Liturgiesprache der beiden Kirchen mit armenischem Ritus ist Alt-Armenisch.
Die Liturgiesprache der ostsyrischen Kirchen ist klassisches Syrisch-Aramäisch. Die Christologie dieser Traditionslinie ist ursprünglich „nestorianisch“, vor-ephesinisch und nicht-chalzedonisch. Die unierten Kirchen aus dieser Ritusgruppe haben die Lehren des Konzils von Chalcedon anerkannt und damit die nestorianische Christologie verworfen.
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