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Film von Stanley Kubrick (1971) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Uhrwerk Orange (Originaltitel: A Clockwork Orange) ist Stanley Kubricks Verfilmung des gleichnamigen dystopischen Zukunftsromans von Anthony Burgess. Dem Film liegt die ursprüngliche amerikanische Buchversion des Romans zugrunde, die um das letzte Kapitel gekürzt wurde. Daher unterscheidet sich das Ende im bereits zehn Jahre zuvor erschienenen Buch sehr von dem im Film gezeigten. Kubricks Film tauchte mehrmals in Top-Ten-Listen internationaler Filme auf; am 23. März 1972 wurde er erstmals in deutschen Kinos gezeigt.
Film | |
Titel | Uhrwerk Orange |
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Originaltitel | A Clockwork Orange |
Produktionsland | Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten |
Originalsprache | Englisch |
Erscheinungsjahr | 1971 |
Länge | 131 Minuten |
Altersfreigabe |
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Stab | |
Regie | Stanley Kubrick |
Drehbuch | Stanley Kubrick |
Produktion | Stanley Kubrick |
Musik | Wendy Carlos |
Kamera | John Alcott |
Schnitt | Bill Butler |
Besetzung | |
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→ Synchronisation |
Alex, der den gesamten Film hindurch seine eigene Lebensgeschichte erzählt (Off-Stimme), ist der Anführer einer Jugendbande und zudem ein passionierter Beethoven-Liebhaber. Die Gang lebt in einem trostlosen, zukünftigen Vorort von London. Sie benutzt eine eigenwillige Sprache: einen von russischen Brocken und Cockney-Slang durchsetzten Jargon – „Nadsat“. Ihr Leben dreht sich um Gewalt gegenüber Wehrlosen, Schlägereien mit anderen Gangs, Raubüberfälle und Vergewaltigungen. Vor allem für Alex scheint dabei Geld eine untergeordnete Rolle zu spielen. Das Zelebrieren und lustvolle Genießen der Gewaltexzesse steht für den Anführer der Bande im Vordergrund. So misshandeln sie zu viert einen wehrlosen alten Stadtstreicher. In derselben Nacht dringen sie maskiert in die Villa des Schriftstellers Frank Alexander und seiner Frau ein. Alex vergewaltigt die Frau, nachdem er sie in aller Ruhe mit einer Schere entblößt und währenddessen Singin’ in the Rain gesungen hat und dabei zeitgleich ihren Mann im Takt des Lieds zum Krüppel getreten und geschlagen hat.
Im Laufe der Zeit beginnt es in der Gruppe zu kriseln. Alex’ Führungsstil wird den anderen zu autoritär, außerdem springt bei den Überfällen für sie zu wenig Geld heraus. Alex kann seine Herrschaft vorübergehend festigen, indem er seine beiden Kritiker mit brutalsten Methoden in die Schranken weist; den einen schlägt er heftig in den Unterleib, dem anderen schlitzt er die Hand auf. Und mit einer lockeren „Aussprache“ danach glaubt er, die Machtverhältnisse auf seine Art wieder geklärt zu haben. Bei einem der nächsten Überfälle geschieht dann jedoch das längst Absehbare. Beim Einbruch in das Haus einer alleinstehenden Frau („Cat Woman“), die von Alex mit einer großen Penis-Skulptur brutal erschlagen wird, wird er von seinen „Droogs“ (Nadsat: „Freunde“) nach Verlassen des Hauses mit einer Milchflasche ins Gesicht geschlagen. Dadurch ist sein Sehvermögen für kurze Zeit gestört und die zuvor von der Frau verständigte Polizei kann ihn problemlos festnehmen. Alex wird wegen Mordes zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt.
Dort schmeichelt er sich in den ersten beiden Jahren beim Gefängnispastor ein. Bei einem Besuch des Innenministers wird er prompt als Versuchsobjekt für eine neu entwickelte Aversionstherapie ausgewählt. Die mit überfüllten Gefängnissen konfrontierte Regierung erhofft sich von dieser sogenannten „Ludovico-Technik“ einen Beitrag zur Resozialisierung von Kriminellen. In der medizinischen Anstalt Ludovico wird Alex immer wieder in einer weißen Zwangsjacke an einen Kinosessel zwangsfixiert und stundenlang mit durch Klammern an den Lidern gewaltsam aufgesperrten Augen brutalen Filmen ausgesetzt, wobei ein vorab verabreichtes Serum beim Anblick von Gewalt starke Übelkeit hervorrufen soll. So soll er schrittweise dahingehend konditioniert werden, körperliche und sexuelle Gewalt nicht mehr ertragen zu können.
Am Ende der 14 Tage dauernden Therapie wird Alex als angeblich geheilt entlassen. Die Auswirkungen der Therapie sind jedoch zwiespältig; beim geringsten Gedanken an Gewaltausübung oder sexuelles Begehren überfallen ihn Übelkeit, akuter Brechreiz und große Schmerzen. Alex ist nun scheinbar wehr- und willenlos. Als unbeabsichtigter Nebeneffekt treten diese Symptome auch beim Hören von Beethovens 9. Sinfonie auf, der Hintergrundmusik während einer der Konditionierungen im Rahmen der Psychotherapie.
Nach seiner Entlassung muss Alex feststellen, dass seine Eltern sein Zimmer einem Untermieter namens Joe überlassen haben. Die Gewalt, die er einst anderen gegenüber ausübte, fällt nun mehr und mehr auf ihn selbst zurück: An der Themse trifft er jenen alten Stadtstreicher, den er einst mit seiner Gang zusammengeschlagen hat und der nun seine Wut mit anderen Obdachlosen an ihm auslässt. Alex wird von zwei Polizisten gerettet, die sich dann aber als seine beiden alten „Droogs“ entpuppen. Sie rächen sich an ihm, indem sie mit ihm in den Wald fahren, ihn dort eine Minute lang in einer Viehtränke unter Wasser halten und dabei mit Gummiknüppeln auf ihn einschlagen. Verletzt kann sich Alex zu einer Villa schleppen, ohne zu bemerken, dass es sich um das Wohnhaus des Schriftstellers Alexander handelt. Der Schriftsteller ist durch die damaligen Tritte und Schläge zum Invaliden geworden und muss im Rollstuhl sitzen; seine Frau hat sich infolge der Demütigung durch die Vergewaltigung das Leben genommen.
Alexander betrachtet Alex zunächst als Opfer der Regierung und erkennt ihn nicht; er pflegt ihn und plant, ihn für eine politische Kampagne gegen die amtierende Regierung zu benutzen. Als Alex aber in der Badewanne das Lied Singin’ in the Rain singt und dazu rhythmisch mit der Hand ins Wasser schlägt, begreift der Schriftsteller: Alex war es, der ihn und seine Frau überfallen hat. Nach dem Bad stellt ihm der Schriftsteller, der nun auf Rache sinnt, eine Portion Spaghetti und eine Flasche Wein hin. Er befragt ihn zusammen mit Freunden, die er zu sich bestellt hat, zu Einzelheiten der Psychotherapie und deren Folgen. Dabei erfahren sie auch, was die 9. Sinfonie seit der Konditionierung bei ihm auslöst, sperren den durch den präparierten Wein betäubten Alex in ein Zimmer im Obergeschoss und spielen lautstark die 9. Sinfonie ab, was Alex nicht mehr aushalten kann – er will nicht mehr leben und stürzt sich aus dem Fenster.
Alex wacht schwer verletzt in einem Krankenhaus auf. Er glaubt, sich an eine Gehirn-OP zu erinnern, wird von der Psychiaterin aber beruhigt, dass es nur ein Traum gewesen sei. Er kann nun wieder ohne Schmerzen Beethoven hören. Die Regierung, die wegen der bekannt gewordenen Nebeneffekte von Alex’ Konditionierung im laufenden Wahlkampf um ihre Wiederwahl bangt, nutzt dies aus, um vor laufender Kamera mit seiner „Heilung“ auf Stimmenfang zu gehen. Der Film endet mit einer Sexszene im Schnee vor applaudierenden Zuschauern, offenbar einer Vision des von der Musik berauschten Alex, und mit seinen Worten: „Ich war geheilt, all right“.
A Clockwork Orange ist ein typischer Kubrick-Film: Er ist im ersten Moment irritierend und schockierend. Kritisiert wird häufig, dass die Gewalt ästhetisiert wird (wobei die Handlung zur Zeit der Filmproduktion bereits realitätsnäher war als im damals vorliegenden Buch). Die Selbstverständlichkeit, die Alex bei seinen gewalttätigen Handlungen zunächst an den Tag legt, zeigt Kubrick, indem er die von brutaler Gewalt dominierten Szenen durch heitere klassische Musik untermalt. Das Leid seiner Opfer scheint Alex nicht im Geringsten zu berühren.
Kubricks Ablehnung des Establishments kommt auch in diesem Film zum Ausdruck, wenn er der Regierung Machthunger und der Wissenschaft Allmacht unterstellt. Der Film bezieht sich auf das „zunehmende Unsicherheitsgefühl der westlichen Gesellschaft […]. In England verbreiteten Jugendbanden wie Rocker, Mods und Skinheads Angst und Schrecken. Zur selben Zeit begannen die Anhänger der Antipsychiatrie, sich gegen die Techniken der psychologischen Konditionierung zu wenden und den Missbrauch der Psychopharmakatherapie anzuprangern, der der Protagonist Alex zum Opfer fällt.“[1]
Die Gesellschaftskritik wird darin am deutlichsten, dass Alex der permanente Verlierer ist; von seinen Droogs verraten, als Mörder eingesperrt, als Versuchsobjekt von der Wissenschaft missbraucht, von einem zynischen Schriftsteller als politisches Vehikel eingespannt – und zu guter Letzt entschuldigt sich der Innenminister bei Alex, denn er diente nur dazu, das Image der angeschlagenen Regierung wieder aufzupolieren. Jede Institution tut das aus ihrer Sicht moralisch Richtige, verfolgt dabei aber stets nur die eigenen Interessen auf Kosten des Individuums.
Über die Bedeutung der Botschaft des Films herrscht Uneinigkeit. Eine Interpretation des Films sowie der Buchvorlage geht beispielsweise dahin, dass jedem Menschen die Freiheit zugestanden werden sollte, sich schlecht und falsch zu verhalten; denn ein Individuum, das gezwungen wird, sich gut zu verhalten, ist indoktriniert und zu keiner eigenständigen Persönlichkeitsentfaltung fähig.
In diesem Sinn äußerte sich auch der Buchautor Anthony Burgess 1982: „Es ging mir nicht um Gewalt als solche, sondern darum, was Regierungen dagegen unternehmen würden. […] Diese Jungkriminellen […] sollten einer Gehirnwäsche unterzogen werden, um zu guten Bürgern zu werden. […] Ich sah darin ein böses Übel. Diesen Jugendlichen wäre die Freiheit der Wahl genommen.“[2]
Burgess erklärte den Titel seines Buches so: „1945, als ich von der Army kam, hörte ich einen achtzigjährigen Cockney in einem Londoner Pub von jemandem sagen, er sei schräg wie eine aufgezogene Orange (as queer as a clockwork orange). Der Ausdruck faszinierte mich als eine Äußerung volkstümlicher Surrealistik. Die Gelegenheit, die Redensart auch als Titel zu benutzen, kam 1961, als ich mich daranmachte, einen Roman zu dem Thema Gehirnwäsche zu schreiben. Der Mensch ist ein Mikrokosmos, er ist ein Gewächs, organisch wie eine Frucht, er hat Farbe, Zerbrechlichkeit und Süße. Ihn zu manipulieren, zu konditionieren, bedeutet ihn in ein mechanisches Objekt zu verwandeln – eine Uhrwerk-Orange.“[3]
Beim Drehen einer Szene in der Ludovico-Klinik wurde eine Augenhornhaut von Malcolm McDowell angekratzt, so dass er vorübergehend erblindet sein soll. Der Arzt, der im Film neben ihm sitzt und eine Salzlösung in seine gewaltsam offen gehaltenen Augen tropft, war ein echter Arzt, der McDowells Augen vor dem Austrocknen bewahren sollte. Außerdem erlitt McDowell während der Dreharbeiten zu der Bühnenvorstellung, in der Alex Erniedrigungen erdulden muss, mehrere Rippenbrüche.
Als Alex aus dem Fenster springt, um seiner Qual ein Ende zu bereiten, sieht der Zuschauer den Boden auf sich zukommen, bevor Alex aufschlägt. Dieser Effekt wurde in Szene gesetzt, indem eine tragbare Kamera mit nach unten gerichtetem Objektiv vom zweiten oder dritten Stockwerk aus fallen gelassen wurde, um einen realistischen Eindruck vom Sturz zu vermitteln, wenngleich Alex eigentlich mit dem Gesicht nach oben hätte aufkommen müssen. Die Kamera soll dabei einen Objektivschaden erlitten haben, aber ansonsten noch funktionsfähig gewesen sein.
Der Filmeditor Bill Butler stieß zwei Wochen vor dem Ende der Dreharbeiten zur Produktion. Ray Lovejoy hatte ihn dem Regisseur vorgestellt. Gemeinsam mit Kubrick arbeitete Butler rund ein Jahr lang täglich am Schnitt des Films.[4]
Der Regisseur Stanley Kubrick war ein notorischer Perfektionist und verlangte demzufolge beim Drehen viele Einstellungen. Malcolm McDowell soll jedoch, glaubt man seinen Aussagen, gewöhnlich alles schnell richtig verstanden haben, so dass Kubrick nicht allzu viele Einstellungen benötigt habe. Kubrick wollte dem Film eine traumähnliche, fantastische Qualität verpassen und verwendete für viele Szenen Ultraweitwinkelobjektive. Außerdem benutzte er Zeitraffer und Zeitlupe, die er zuvor in einem seiner Lieblingsfilme, Toshio Matsumotos Pfahl in meinem Fleisch, in bestimmten Szenen bewundert hatte.
Uhrwerk Orange ist fast zur Gänze an Schauplätzen in und um London entstanden; es fanden relativ wenige Studioaufnahmen statt.
Die deutsche Synchronisation wurde 1972 durch die Cineforum GmbH Berlin unter der Regie von Wolfgang Staudte erstellt.[7]
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Auf der Internetseite Rotten Tomatoes fielen 90 % der insgesamt 52 Rezensionen positiv aus. Der zusammengefasste Konsens beschreibt den ebenso „aufwühlenden“ wie „nachdenklich stimmenden“ Film als „kalten, dystopischen Albtraum mit einem sehr düsteren Sinn für Humor“.[8] Auf Metacritic ergaben 22 ausgewertete Kritiken einen Metascore von 77 von 100.[9]
„Bitterböse Filmfarce, die die Vergewaltigung und Mechanisierung des Individuums in einer bis zur Leblosigkeit bürokratisierten und technisierten Zivilisation mit grimmiger Konsequenz analysiert. Ein filmisch brillanter Diskurs über den hysterischen Hedonismus der Konsumkultur, über die perverse Ästhetik der Gewalt und über die Wirkungs- und Manipulationsmöglichkeiten visueller Medien.“
„Kubricks Film erscheint wie eine satirische, bitterböse Farce über diesen Prozess, zu einer Zeit, als sich Menschen aufmachten, die Schrecken der Vergangenheit aus ihrer Verdrängung zu treiben, sich aber gleichzeitig neuen (alten) Ideologien über den ‚neuen Menschen‘ verschrieben. […] ‚A Clockwork Orange‘ ist nach 30 Jahren ein für mich noch immer aktueller, sehr gegenwärtiger und gegenwartsbezogener Film.“
Die moralisch zweifelhaften Werte, die durch den Film vermittelt werden, haben seit der Erstaufführung dazu geführt, dass er von vielen Seiten verurteilt und zensiert wurde. Die Filmkritikerin Pauline Kael schrieb ihm die „Glorifizierung sadistischer Gewalt“ zu, die Publizistin Susan Sontag nannte ihn gar „faschistisch“. Die Science Fiction Times kommentierte den Film in ähnlichem Ton: „Laßt uns töten, Kameraden, bevor eine zukünftige Gesellschaft uns gut und harmlos macht: Das ist die Botschaft des Films.“[14]
In den Vereinigten Staaten, wo der Film uraufgeführt wurde, kürte die New Yorker Presse ihn zum Besten Film des Jahres. Bei Produktionskosten von 2 Mio. Dollar spielte Uhrwerk Orange 14 Mio. Dollar ein – einer der größten kommerziellen Erfolge Kubricks überhaupt.[15]
Uhrwerk Orange erhielt dennoch ein X-Rating, später wurde zudem eine gekürzte Fassung mit R-Rating in die Kinos gebracht. Die katholische Kirche in den USA setzte den Film auf den Index und verbot ihren Mitgliedern, ihn sich anzusehen.
In Großbritannien nahm Kubrick den Film nach kurzer Anlaufzeit sogar ganz aus den Kinos. Man mutmaßte damals, er habe aus Reue gehandelt, nachdem die Presse einen tätlichen Angriff auf einen Obdachlosen mit dem Film in Verbindung gebracht hatte. In einem späteren Interview bestätigte seine Frau Christiane Kubrick jedoch Vermutungen, dass die Polizei ihn zum Aufführungsstop genötigt habe (Kubricks Familie soll bedroht worden sein). Insgesamt 27 Jahre lang wurde der Film in Großbritannien bis nach Kubricks Tod weitgehend unter Verschluss gehalten.
Im deutschsprachigen Raum hatte die Kritik des Filmhistorikers Ulrich Gregor einigen Einfluss. Für ihn wurde der Film inszeniert als „prätentiöser soziologischer Traktat, angereichert mit unnötigen Grausamkeiten und Monstrositäten. Kubrick läßt sich über die Beziehungen zwischen Sexualität, Psychoanalyse, Faschismus, Brutalität, Religion und vielen anderen Dingen aus, anhand von stilisierten Sequenzen und Bildern, die effektvoll und schockierend sind, letztlich aber nur Konfusion hinterlassen. Grausamkeit wird hier pseudokritisch und mit dem Air des Sensationellen versehen vorexerziert; die ‚Zeitkritik‘ dieses Films ist nur Attitüde“.[16]
Der Filmkritiker Peter W. Jansen mochte in Kubricks Verwendung von Stilmitteln des klassischen Balletts ebenso wie des Ausdruckstanzes, unterfüttert vom Einsatz der Musik, „eine rigorose Stilisierung der Gewalt“ sehen. Der „Zeige-Gestus“ des Films, die outrierte Sprache und Mimik sowie die ironisch genutzte musikalische Feierlichkeit und Triumphalität könne als Distanzierung von dieser Gewalt interpretiert werden.[17]
Ronald Hahn und Volker Jansen räumten ein, dies könne man zwar, aber eher „schon dürften sie [d. h. Kubricks Kunstgriffe] dazu dienen, dass der Zuschauer ohne schlechtes Gewissen seiner ganz privaten Lust am Sadismus frönen“ könne. Sie bezeichneten Uhrwerk Orange als eine „überaus raffiniert geschriebene Bibel der sinnlosen, ultrabrutalen Gewalt.“[18]
Das Ende des Films entspricht nicht der von Burgess intendierten Buchversion (siehe Abschnitt „Das 21. Kapitel“ im Buch).
„Wenn der Skandalerfolg von A Clockwork Orange in England den Ruf nach Zensur verstärkte, weil einige Szenen in ihrer Brutalität und Frauenfeindlichkeit tatsächlich schwer zu ertragen sind, ist dies auch der emotionalen Manipulation des Films zuzuschreiben, der kein Zurück in die moralische Parabel kennt. Der eigentliche Skandal aber besteht darin, dass durch die Bilder im Erlebnisraum des Betrachters ein Werk entsteht, dessen subversive Kraft sich über leitartikelhafte Erörterungen hinwegsetzt. Kubrick gestaltet nämlich einen visuell sinnfälligen Konflikt zwischen einer zwar bösen, aber energiegeladenen Libido und einer auf öden Triebverzicht drängenden ‚Kulturgesellschaft‘, ein Konflikt, der anders als bei Burgess (dessen in England erschienenes Schlusskapitel Kubrick nicht kannte) unüberwindbar bleibt.“
Anthony Burgess begegnete der Filmadaption seines Romans mit gemischten Gefühlen. Öffentlich mochte er Malcolm McDowell und Michael Bates und den Gebrauch von Musik in dem Film, den er als „brillant“ lobte, ja sogar als einen so brillanten Film, dass es schon gefährlich sein könnte. Seine erste Reaktion fiel sogar sehr enthusiastisch aus, er beharrte einzig darauf, dass ihn die Entfernung des letzten Kapitels des Romans störte; dafür machte er jedoch den amerikanischen Verlag und nicht Kubrick verantwortlich.
Glaubt man seiner Autobiografie, verstanden sich Burgess und Kubrick ziemlich gut miteinander. Beide Männer teilten dieselben philosophischen und politischen Ansichten. Beide waren sehr an Literatur, Kino, Musik und Napoleon Bonaparte interessiert; Burgess widmete Kubrick sein Buch Napoleon Symphony (1974, dt. Napoleonsymphonie). Die Beziehungen sollen sich jedoch verschlechtert haben, als Kubrick es Burgess überließ, den Film gegenüber dem Vorwurf der Gewaltverherrlichung zu verteidigen. Als (ausgetretener) Katholik versuchte Burgess des Öfteren, empörten christlichen Organisationen, die satanische Einflüsse auf die Gesellschaft vermuteten, seinerseits die Punkte christlicher Moral in der Geschichte zu erläutern. Zudem verteidigte er den Film gegen journalistische Vorwürfe, nach denen er ein „Faschistendogma“ unterstütze. Burgess nahm sogar Auszeichnungen für Kubrick entgegen.
Burgess zeigte sich tief verletzt, da er sich von Kubrick als Geisel zur Filmwerbung missbraucht fühlte. Malcolm McDowell, der mit Burgess zusammen eine Werbetour unternahm, teilte seine Empfindungen und äußerte zeitweise harsche Kritik an Kubrick. Burgess und McDowell hielten es für einen Beleg für Kubricks übermäßigen Stolz, dass allein sein Name im Vorspann erscheint. Burgess parodierte Kubrick in einigen seiner späteren Werke, darunter die Musicalversion von Uhrwerk Orange, die eine Stanley Kubrick gleichende Figur enthält, die im frühen Verlauf zusammengeschlagen wird, sowie die Romane The Clockwork Testament (dt. Das Uhrwerk-Testament), in dem der fiktive Poet F. X. Enderby wegen angeblicher Gewaltverherrlichung in einer Filmadaption angegriffen wird, und Earthly Powers (dt. Der Fürst der Phantome), worin ein gerissener Regisseur namens Zabrick vorkommt.
Beethoven ist für Alex von großer Bedeutung, was beispielsweise mit dem großen Porträt seines Idols auf seinem Rollladen deutlich wird. In seinem Zimmer legt Alex eine Mikrokassette mit seiner Lieblingssinfonie, Beethovens Neunte, ein. Der nun erklingende zweite Satz (Molto vivace) wird einerseits durch die Nahaufnahme des Rollladens mit dem Bild von Beethoven hervorgehoben, andererseits durch die Nahaufnahme mit für die damalige Zeit schnellen Schnitten der vier „tanzenden“ Jesus-Figuren auf seinem Tisch. Der letzte dieser exakt den Akzenten der Musik angepassten Schnitte zeigt Alex’ Kopf mit einem besessenen Blick. Die Kamera verweilt so, während Alex diese Musik aus dem Off mit reger Begeisterung beschreibt. Die Musik fährt auch in den folgenden Szenen fort. In der Totalen seines Zimmers fällt der im Wind wehende Rollladen erneut auf und es wird noch ein Poster von Beethoven mit Notenauszug sichtbar. Als er später den Raum verlässt, öffnet sich die Tür einen Spalt und der Rollladen steht wieder im Mittelpunkt. Die Musik endet kurz darauf. In der darauffolgenden Szene im Plattenladen taucht Beethoven in zwei Varianten auf. Die klare, deutliche Hintergrundmusik, das Allegro assai vivace (alla Marcia) des vierten Satzes der 9. Sinfonie, ist weit bekannt. Die Marschvariation des bekannten Themas Freude schöner Götterfunken wurde aber von der Filmkomponistin Wendy Carlos als Synthesizer-Fassung stark verändert. Dadurch hat sie einen etwas metallischen Klang. Hinzu kommen noch gefilterte Stimmen, die den deutschen Text unverständlich machen und leicht englisch klingen lassen. Außerdem wird Beethoven durch Alex selbst verkörpert. Er schlendert durch den Laden, während er einen langen purpurnen Mantel mit einem hellen, auffälligen Kragen und weißen Knöpfen trägt, der aus Beethovens Zeit stammen könnte. Mit seinem Gehstock, den er locker über der Schulter liegen hat, stolziert er durch den Laden und strahlt Wichtigkeit aus. Hinzu kommt sein Klopfen mit dem Stock auf den Boden, bevor er einen Mann etwas fragt. Auch schon zuvor in der Milchbar tritt Beethoven in den Vordergrund. Während die vier Droogs dort sitzen, wird plötzlich die ganze Aufmerksamkeit auf eine Frau gerichtet, die Freude schöner Götterfunken aus der Neunten Sinfonie zu singen beginnt. Alex ist begeistert. Seine Wahrnehmung von Beethovens Musik spielt eine große Rolle im Film und für Alex’ persönliche Entwicklung darin. Besonders die 9. Sinfonie scheint wie eine berauschende Droge, die Alex immer weiter treibt. Szenen wie der Mord an der Katzenfrau sind mit klassischer Musik hinterlegt. Für Alex, der nur darauf bedacht ist, seine Lust zu befriedigen, erscheint alles eher harmlos. Gegen Ende des Films gibt es mit Beendigung des Ludovico-Versuchs eine Umkehrung in der Wirkung der Musik. Diese erregt bei Alex nun aufgrund seiner Konditionierung heftige Übelkeit. Er kann diese Musik nun genauso wenig ertragen wie Gewaltszenen zu sehen. Und das erzwungene Anhören von Beethovens Neunter endet in einem Suizid-Versuch.
Sowohl die gesamte Handlung als auch einzelne Elemente von A Clockwork Orange übten großen Einfluss auf die Popkultur aus, insbesondere auf die Popmusik – wobei dies eher auf die Bekanntheit des Films und weniger auf den Roman zurückzuführen sein dürfte.
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