Tschetschenische Sprache

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Tschetschenische Sprache

Tschetschenisch (Eigenbezeichnung: Noxçiyŋ mott/Нохчийн мотт) gehört zur Gruppe der nachischen Sprachen innerhalb der nordostkaukasischen Sprachen. Es ist gegenseitig verständlich mit dem Inguschischen und dazwischenliegenden Dialekten und ist eine agglutinativ-flektierende Sprache. Beide Sprachen bilden zusammen die Gruppe der vainachischen Sprachen.

Schnelle Fakten Tschetschenisch (Noxçiyŋ Mott / Нохчийн мотт), Offizieller Status ...
Tschetschenisch (Noxçiyŋ Mott / Нохчийн мотт)

Gesprochen in

Republik Tschetschenien (Russische Föderation)
Sprecher ca. 1.354.000[1]
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache in Tschetschenien (Russische Föderation)
Anerkannte Minderheiten-/
Regionalsprache in
Dagestan (Russische Föderation)[2]
Sprachcodes
ISO 639-1

ce

ISO 639-2

che

ISO 639-3

che

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Mehrheitssprache Tschetschenisch (Nr. 3 in Hellgrün) im Umfeld der Nordostkaukasischen Sprachfamilie

Geschichte

Die tschetschenische Schriftsprache wurde nach der Oktoberrevolution geschaffen, und in den 1920ern begann man das lateinische anstatt des arabischen Alphabets zu verwenden. 1938 wurde das kyrillische Alphabet mit Anpassungen (Digraphen) für die tschetschenischen Phoneme, für die es im kyrillischen Alphabet keine Entsprechungen gibt (zum Beispiel аь [æ], оь [ø], уь [y], хӀ [h]), übernommen. In den letzten Jahren wird auch wieder eine Variante des lateinischen Alphabets benutzt, die unter Einfluss des Türkischen entstanden ist (zum Beispiel /ş/ für [ʃ]). Die in Jordanien, in der Türkei und in Syrien lebenden Tschetschenen können diese Sprache im Allgemeinen zwar fließend sprechen, aber nicht schreiben. Weiterhin haben die Varianten des Tschetschenischen in Jordanien, Syrien und der Türkei Lehnwörter aus den entsprechenden Verkehrssprachen aufgenommen, die im Kaukasustschetschenischen unbekannt sind, und daher zu (geringen) Verständnisschwierigkeiten führen können. Zum Beispiel das Wort für „Bus“ ist im Kaukasustschetschenischen aus dem Russischen entlehnt (автобус/ in lateinischer Schrift awtobus, Plural автобусаш/awtobusasch), Tschetschenen in der Türkei haben das türkische Wort otobüs entlehnt (отобуьс/ otobüs, Plural отобуьсаш/ otobüsasch).

Phonologie

Zusammenfassung
Kontext

Ein Charakteristikum der tschetschenischen Sprache ist ihr reiches Konsonanten- und Vokalsystem.

Die tschetschenische Sprache verwendet ungefähr 31 Konsonanten (abhängig vom Dialekt und der Analyse). Im Gegensatz zu den meisten anderen kaukasischen Sprachen gibt es auch viele Vokale und Diphthonge, ungefähr 27 (abhängig vom Dialekt und der Analyse). Kein Schriftsystem, das bis jetzt für diese Sprache verwendet wurde, konnte die Vokale genau wiedergeben.

Konsonanten

Weitere Informationen bilabial, alveolar ...
bilabial alveolar post-
alveolar
palatal velar uvular pha-
ryngal
glottal
ej. sl. sh. ej. sl. sh. ej. sl. sh. ej. sl. sh. ej. sl. sh. ej. sl. sh. ej. sl. sh. ej. sl. sh.
Plosive p,
pp
b t,
tt
d k,
xk
g q,
qq
ʔ
Affrikaten tsʼ ts dz tʃʼ
Frikative s,
ss
z ʃ ʒ x ɣ ħ ʕ h
Nasale m n
Vibranten r
()
laterale Approximanten l
zentrale Approximanten w j
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Vokale

Weitere Informationen vorne, hinten ...
vorne hinten
ung. ger. ung. ger.
geschlossen i, y, u,
geschlossener Diphthong ie uo
halbgeschlossen e, o,
offener Diphthong
fast offen æ, æː
offen a,
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Grammatik

Zusammenfassung
Kontext

Das Tschetschenische verfügt über 6 Nominalklassen bzw. Genera sowie 13 Kasus (inklusive Lokalkasus) und ist eine Ergativsprache. Die Morphologie zeigt sowohl beim Substantiv als auch beim Verb eine Reihe von Ablauterscheinungen. Es existieren zahlreiche Tempusformen. Die Grundwortstellung ist Subjekt-Objekt-Verb, aber auch Objekt-Verb-Subjekt kommt vor.

Nominalmorphologie

Substantive flektieren nach Kasus und Numerus, in der Regel durch Kasussuffixe. Die Lokalkasus kommen hauptsächlich in Verbindung mit Ortsbezeichnungen (im Singular) vor:

Weitere Informationen Kasus, Singular ...
Kasus Singular IPA Plural IPA
Nominativбедар/bʲɛdər/бедарш/bʲɛdərʃ/
Genitivбедаран/bʲɛdarən/бедарийн/bʲɛdariːn/
Ergativбедаро/bʲɛdaruo/бедарша/bʲɛdarʃə/
Dativбедарна/bʲɛdarnə/бедаршна/bʲɛdarʃnə/
Instrumentalбедарца/bʲɛdərtsʰ/бедаршца/bʲɛdarʃtsʰə/
Materialisбедарах/bʲɛdarəx/бедаршех/bʲɛdarʃɛx/
Komparativбедарал/bʲɛdarəl/бедарел/bʲɛdarɛl/
Allativбедаре/bʲɛdarie/бедаршка/bʲɛdarʃkʰə/
Ablativ IIбедарехьара/bʲɛdarieʜarə/бедаршкара/bʲɛdarʃkʰarə/
Allativ IIбедарехьа/bʲɛdarieʜə/бедаршкахьа/bʲɛdarʃkʰaʜə/
Essivбедарехь/bʲɛdarieʜ/бедаршкахь/bʲɛdarʃkʰəʜ/
Komparativ IIбедаралла/bʲɛdaralːə/
Prolativбедарехула/bʲɛdariexulə/бедаршкахула/bʲɛdarʃkʰaxulə/
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Pronomina

Bei den Personalpronomina unterscheidet man in der 1. Person Plural einen „Inklusiv“ und einen „Exklusiv“. Im ersten Fall bedeutet das, dass der Sprecher die Hörer mit einbezieht. Zum Beispiel „wir (inkl.) essen“ muss als „ich esse und ihr esst auch“ verstanden werden. Im Fall des Exklusiv sind die Hörer von der Handlung ausgeschlossen.

Weitere Informationen Kasus, 1SG ...
Kasus 1SG IPA 2SG IPA 3SG IPA 1PL Inklusiv IPA 1PL Exklusiv IPA 2PL IPA 3PL IPA
Nominativсо/sʷɔ/хьо/ʜʷɔ/и, иза/ɪ/, /ɪzə/вай/vəɪ/тхо/txʷʰo/шу/ʃu/уьш, уьзаш/yʃ/, /yzəʃ/
Genitivсан/sən/хьан/ʜən/цуьнан/tsʰynən/вайн/vəɪn/тхан/txʰən/шун/ʃun/церан/tsʰierən/
Ergativас/ʔəs/ахь/əʜ/цо/tsʰuo/вай/vəɪ/оха/ʔɔxə/аша/ʔaʃə/цара/tsʰarə/
Dativсуна/suːnə/хьуна/ʜuːnə/цунна/tsʰunːə/вайна/vaɪnə/тхуна/txʰunə/шуна/ʃunə/царна/tsʰarnə/
Instrumentalсоьца/sɥœtsʰə/хьоьца/ʜɥœtsʰə/цуьнца/tsʰyntsʰə/вайца/vaɪtsʰə/тхоьца/txʰɥœtsʰə/шуьца/ʃytsʰə/цаьрца/tsʰærtsʰə
Materialisсох/sʷɔx/хьох/ʜʷɔx/цунах/tsʰunəx/вайх/vəɪx/тхох/txʰʷɔx/шух/ʃux/царах/tsʰarəx/
Komparativсол/sʷɔl/хьол/ʜʷɔl/цул/tsʰul/вайл/vəɪl/тхол/txʰʷɔl/шул/ʃul/царел/tsʰarɛl/
Allativсоьга/sɥœgə/хьоьга/ʜɥœgə/цуьнга/tsʰyngə/вайга/vaɪgə/тхоьга/txʰɥœgə/шуьга/ʃygə/цаьрга/tsʰærgə/
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Possessivpronomina

Weitere Informationen 1SG, 2SG ...
1SG 2SG 3SG 1PL Inklusiv 1PL Exklusiv 2PL 3PL
attributiv (mein, dein)сайнхьайншенвешантхайншайншайн
substantivisch (das Meine, das Deine)сайнигхьайнигшенигвешанигтхайнигшайнигшайниг
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Verbalmorphologie

Verben kongruieren (wenn überhaupt) nur mit der Klasse des Aktanten im Nominativ. In diesem Fall ändert sich der Klassenbuchstabe (unten mit д* gekennzeichnet).


Со цхьан сахьтехь вогІур ву Ich (Mann) werde in einer Stunde kommen

Со цхьан сахьтехь йогІур ю Ich (Frau) werde in einer Stunde kommen


Tempora werden durch Ablaut oder Suffixe oder beides gebildet (es gibt insgesamt fünf Konjugationen, wir führen hier nur eine an). Viele Verben können mittels Suffixen abgeleitet werden (Kausativ etc.):

Weitere Informationen Tempus, Beispiel ...
Tempus Beispiel
Imperativ (=Infinitiv)д*ига
Einfaches Präsensд*уьгу
Zusammengesetztes Präsensд*уьгуш д*у
Nahes Präteritumд*игу
Bezeugtes Präteritumд*игира
Perfektд*игна
Plusquamperfektд*игнера
Wiederholtes Präteritumд*уьгура
Mögliches Futurд*уьгур
Reales Futurд*уьгур д*у
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Weitere Informationen Tempus, Grundform („trinken“) ...
Tempus Grundform („trinken“) Kausativ („tränken“) Permitiv („trinken gestatten“) Permitiver Kausativ („tränken gestatten“) Potential („fähig sein zu trinken“) Inzeptiv („zu trinken beginnen“)
Imperativ (=Infinitiv)маламаломалийтамалад*айтамалад*аламалад*āла
Einfaches Präsensмолумалад*омолуьйтомалад*ойтумалаломалад*олу
Nahes Präteritumмалумалиймалийтималад*айтималад*елималад*ēли
Bezeugtes Präteritumмелирамалийрамалийтирамалад*айтирамалад*елирамалад*ēлира
Perfektмелламалийнамалийтинамалад*айтинамалад*елламалад*аьлла
Plusquamperfektмеллерамалийнермалийтинерамалад*айтинерамалад*елерамалад*аьллера
Wiederholtes Präteritumмолурамалад*орамолуьйтурамалад*ойтурамалалора
Mögliches Futurмолурмалад*ермолуьйтурмалад*ойтурмалалурмалад*олур
Reales Futurмолур д*умалад*ийр д*умолуьйтур д*умалад*ойтур д*умалалур д*умалад*олур д*у
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Dialekte

  • Äkkisch, auch Akkinisch oder Auchowisch (meist von der tschetschenischen Minderheit im Westen Dagestans gesprochen),
  • Tschäntisch,
  • Tschebarloisch, auch Tscheberloisch,
  • Mälchisch, auch Melchinisch,
  • Orstchoisch, auch Akkinisch-Orstchoisch oder Galantschochisch (Südwest-Tschetschenien),
  • Scharoisch (im Südosten Tschetscheniens),
  • Lamaroisch,
  • Itum-Kalinisch, auch Itumkalinischisch oder Itonchalisch (Region Itum-Kale im äußersten Südwesten),
  • Kistisch, auch Kistinisch der tschetschenischen Kisten in Georgien.

Zuordnungstabelle der verschiedenen Alphabete

Weitere Informationen Moderneskyrillisches Alphabet, Name der Buchstaben ...
Modernes
kyrillisches
Alphabet
Name der
Buchstaben
Lateinisches
Alphabet
1992–2000[3]
Lateinisches
Alphabet

1925–1938
Arabisches
Alphabet
1922–1925
Kyrillisches
Alphabet
nach Uslar
IPA
А ааA a, Ə əA aآа/ə/, /ɑː/
Аь аьаьÄ äÄ äا/æ/, /æː/
Б ббэB bB bبб/b/
В ввэV vV vوв/v/
Г ггэG gG gگг/g/
ГӀ гӀгӀаĠ ġGh ghغг̧/ɣ/
Д ддэD dD dدд/d/
Е ееE e, Ie ie, Ye yeE e, Je jeەе/e/, /ɛː/, /je/, /ie/
Ё ёёYo yo/jo/
Ж жжэƵ ƶŽ žجж/ʒ/, /dʒ/
З ззэZ zZ zزз/z/, /dz/
И ииI iI iاىі/ɪ/
Й йдоца иY yJ jیј/j/
К ккаK kK kکк/k/
Кх кхкхаQ qQ qڤk/q/
Къ къкъаQ̇ q̇Qh qhقq/qʼ/
КӀ кӀкӀаKh khKh khк̧/kʼ/
Л лэлL lL lلл/l/
М мэмM mM mمм/m/
Н нэнN n, Ŋ ŋN n, Ŋ ŋنн, н̧/n/, /ŋ/
О ооO o, Uo uoO oاو̃о/o/, /ɔː/, /wo/, /uo/
Оь оьоьÖ öÖ öيۇ/ɥø/, /yø/
П ппэP pP pفп/p/
ПӀ пӀпӀаPh phPh phڥп̧/pʼ/
Р рэрR rR rرр/r/
С сэсS sS sسс/s/
Т ттэT tT tتт/t/
ТӀ тӀтӀаTh thTh thطт̧/tʼ/
У ууU uU uاوу/uʊ/
Уь уьуьÜ üÜ üۇ/y/
Ф фэфF fF fف/f/
Х ххаX xX xخх/x/
Хь хьхьаẊ ẋX̌ x̌حх̀/ʜ/
ХӀ хӀхӀаH hH hھһ/h/
Ц ццэC cC cц/ts/
ЦӀ цӀцӀаĊ ċCh chڗ/tsʼ/
Ч ччэÇ çČ čچч/tʃ/
ЧӀ чӀчӀаÇ̇ ç̇Čh čhݗ/tʃʼ/
Ш шшаŞ şŠ šشш/ʃ/
Щ щщаŞç şçŠč šč
Ъ ъчӀогӀа
хьаьрк
'/ʔ/
Ы ыыi
Ь ькӀеда
хьаьрк
Э ээE eE eاە/e/
Ю ююYu yuJu ju/ju/
Юь юьюьYü yüJü jü/jy/
Я яяYa yaJa ja/ja/
Яь яьяьYä yäJä jä/jæ/
ӀӀаJ jY yع/ʡ/, /ˤ/
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Literatur

  • Gugiev, Ch. G. [u. a.] 1940. Noxçiyn mettan grammatika. Groznyj. (auf Tschetschenisch)
  • Klimov, Georgij A. 1994 [1986]. Einführung in die kaukasische Sprachwissenschaft, aus dem Russischen übersetzt und bearbeitet von Jost Gippert. Hamburg: Buske.
  • Nichols, Johanna. 1994. "Chechen". In: The Indigenous Languages of the Caucasus, Bd. 4, hrsg. von Rieks Smeets. Delmar/New York: Caravan Books S. 1–77.
  • Nichols, Johanna; Vagapov, Arbi (2004): Chechen-English and English-Chechen Dictionary. London: Routledge. 0-415-31594-8
  • Алироев, Ибрагим Юнусович, Хамидова, З. Х. (2005): Чеченско-Русский Словарь. Москва (tschetschenisch-russisches Wörterbuch; enthält Kurzgrammatik)
  • Мациев, Ахмат Гехаевич (1961): Чеченско-Русский Словарь. Москва: Государственное Издательство Иностранных и Национальных Словарей.
Wiktionary: Tschetschenisch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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