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vorzeitige Beendigung eines Erststudiums ohne eine Wiederaufnahme des Studiums zu einem späteren Zeitpunkt Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Studienabbruch bezeichnet die vorzeitige Beendigung eines Erststudiums, also vor Erlangen eines akademischen Grades, durch den Studenten (Studienabbrecher), ohne eine Wiederaufnahme des Studiums zu einem späteren Zeitpunkt. Als Studienabbrecher werden ehemalige Studierende bezeichnet, die ihr Erststudium ohne einen Hochschulabschluss beendet haben. Die Beendigung tritt rechtlich mit der Exmatrikulation ein, wobei noch viele immatrikulierte Studienabbrecher das Studium bereits faktisch aufgegeben haben. Wenn über „Altfälle“ eines Studienabbruchs gesprochen wird, ist zu berücksichtigen, dass es die Möglichkeit zu einem Bachelor-Abschluss noch nicht immer und nicht flächendeckend gab. So gibt es in Deutschland erst seit 2000 Akademiker mit einem Bachelor-Abschluss.[1]
In Deutschland beenden nach einer Studie aus dem Jahr 2014 etwa 28 % der deutschen Studierenden ihr Bachelorstudium ohne Abschluss. Die Abbruchquote an Universitäten liegt bei 33 %, an Fachhochschulen bei 23 %.[2] Diese Zahlen gelten nur für die deutschen Präsenzhochschulen. Fernuniversitäten haben eine darüber hinausgehende Abbruchquote. Nach einer HIS-Studie aus dem Jahr 2002 brechen derzeit durchschnittlich 25 % eines Studienjahrganges ihr Studium ab. Bei Männern brechen durchschnittlich 27 %, bei den Frauen 23 % das Studium ab. Vor allem in den Studiengängen der Mathematik und Naturwissenschaften, der Physik und der Informatik und der BWL ist an den Universitäten eine anhaltend hohe Studienabbruchquote zu verzeichnen. Die Quote liegt hier zum Teil deutlich über 30 %. Ähnlich sieht es in den Studiengängen Maschinenbau, Ingenieurwissenschaften und Elektrotechnik aus. Am höchsten ist die Abbruchquote im Bauingenieurwesen. Bei diesem Studiengang schaffen ca. 51 % der Studenten den Bachelor nicht. Niedrige Abbruchquoten finden sich hingegen in den Rechtswissenschaften und in der Pädagogik. Die niedrigste Abbruchquote hat der Studiengang Psychologie, nur jeder Zehnte bricht sein Bachelorstudium ab. Insgesamt sind die Zahlen in den letzten Jahren leicht gestiegen, von 28 % (2014) auf 29 % (2016).[3] Die Abbruchquote für Master-Studiengänge liegt an Universitäten bei 10 % an Fachhochschulen bei 7 %.[4] Beim Vergleich der Quoten muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Eingangsvoraussetzungen für die Aufnahme eines Studiums in den genannten Fächern nicht gleich sind. So ist es plausibel, dass Fächer, die durch einen strengen Numerus clausus eine hohe Zahl Hochschulzugangsberechtigter vor der geplanten Aufnahme eines Studiums herausfiltern, eine relativ niedrige Zahl an Studienabbrechern vorweisen können.
Die geringere Neigung zum Studienabbruch an den Fachhochschulen hängt unter anderem mit den dort bestehenden Studienbedingungen zusammen. Die stärkere Strukturierung des Studiums sorgt für bessere Orientierung. Auch der intensivere Praxisbezug und die kürzeren Studienzeiten dürften einer Abbrucherwägung an einer Fachhochschule entgegenstehen.
Soziale Herkunft nach Exmatrikulationsgruppe in Prozent | ||
---|---|---|
Soziale Herkunftsgruppe |
Studienabbrecher | Hochschulabsolventen |
untere | 16 | 12 |
mittlere | 22 | 20 |
gehobene | 31 | 32 |
hohe | 31 | 37 |
(Ulrich Heublein, Heike Spangenberg, Dieter Sommer: Ursachen des Studienabbruchs. Analyse 2002, S. 46 ) |
Studierende mit niedriger sozialer Herkunft stellen nur 12 % der Hochschulabsolventen, aber 16 % der Studienabbrecher. Studierende mit hoher sozialer Herkunft stellen 37 % der Hochschulabsolventen, aber nur 31 % der Studienabbrecher. Die Autoren der Studienabbruchstudie 2002 Heublein/Spangenberg/Sommer vermerken hierzu, dass ein Einfluss der sozialen Herkunft auf den Studienabbruch vorhanden ist. Hiermit bestätigen sie Studien von Tino Bargel und die Österreichische Studienabbruchstudie von Franz Kolland.
Auch die Motivlage für einen Studienabbruch scheint abhängig zu sein von der sozialen Herkunft. So gaben aus der niedrigen sozialen Herkunftsgruppe überproportional viele Studierende an, aus finanziellen und aus gesundheitlichen Gründen das Studium abgebrochen zu haben. Letzteren Grund führen Heublein/Spangenberg/Sommer darauf zurück, dass diese Gruppe sich aufgrund ihrer Bildungsbiographie in einer besonderen Anspannungs- und Anforderungssituation befänden. Kein Zusammenhang zeige sich hingegen zwischen der sozialen Herkunft und dem Studienabbruch aus Gründen mangelnder Studienleistungen.
Allerdings muss zwischen den Fächern unterschieden werden. Während in den Fächern Medizin und Jura, in denen sowieso schon der Anteil von Studierenden mit niedriger sozialer Herkunft sehr gering ist, für diese Gruppe ein sehr viel höherer Risikofaktor für den Studienabbruch besteht, ist dies in den Fächern Erziehungswissenschaft und an den Fachhochschulen, insbesondere in den Ingenieurwissenschaften, keineswegs der Fall.
In einer Studie des BMBF zu den Ursachen von Studienabbrüchen zeigten sich folgende Abbrechertypen in der angegebenen Verteilung:
Dabei führt ein Studienabbruch nicht unbedingt zu einem Karriereknick, teilweise wird das Studium aufgrund vorzeitiger beruflicher Chancen beendet.
Der Bayerische Oberste Rechnungshof hat 2019 festgestellt, dass in Bayern hohe Abbruchquoten besonders bei MINT-Fächern anzunehmen sind. Genaue Angaben ließen sich aber nicht treffen, weil der Begriff „Studienabbrecher“ nicht eindeutig definiert sei.[5]
Um die Quote der Studienabbrecher zu reduzieren, erhalten Hochschulen in NRW für jeden erfolgreichen Studienabschluss ab 2016 einen Erfolgsbonus von 4.000 Euro. Andere Bundesländer wollen diesbezüglich in Zukunft nachziehen.[6] Sachsens Hochschulen arbeiten seit 2016 am Aufbau von Frühwarnsystemen, mit denen abbruchgefährdete Studierende datengestützt frühzeitig identifiziert werden sollen, um gesondert beraten zu werden.[7][8]
Im Zuge der Neuregelung des Numerus clausus-Verfahrens in den letzten Jahrzehnten in Deutschland wurde der Anteil derer, die allein aufgrund ihres guten Notendurchschnitts im Abitur einen Zugang zu einem Studienplatz in einem NC-Fach bekommen, auf 20 % reduziert. Weitere 20 % erhalten aufgrund ihrer Wartezeit einen automatischen Zugang zu „ihrem“ Studienplatz. Die verbleibenden 60 % werden nach Verfahren vergeben, bei denen die betreffende Hochschule eigene Maßstäbe anlegen kann. Das ermöglicht ihr, Bewerber nicht aufzunehmen, die sie für nicht hinreichend geeignet hält, sofern die Bewerber nicht Ansprüche aus den erstgenannten Verfahren erheben können.
Nach Berechnungen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (2013) sind Studienabbrecher folgendermaßen absteigend auf die Fraktionen im Deutschen Bundestag verteilt:[9]
Insgesamt haben 5,6 % aller Mitglieder des Deutschen Bundestages ihr Studium abgebrochen.
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