Hellerau
Stadtteil der Landeshauptstadt Dresden, Sachsen, Deutschland Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Hellerau ist ein Stadtteil und ehemaliger Vorort von Dresden im Stadtbezirk Klotzsche und wurde 1909 als erste deutsche Gartenstadt gegründet. Am 1. Juli 1950 wurde die Gemeinde nach Dresden eingemeindet.
Hellerau Landeshauptstadt Dresden | |
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Koordinaten: | 51° 7′ N, 13° 45′ O |
Höhe: | 187–227 m ü. NN |
Eingemeindung: | 1. Juli 1950 |
Postleitzahl: | 01109 |
Vorwahl: | 0351 |
Lage der Gemarkung Hellerau in Dresden |
Fußend auf dem Gartenstadtgedanken von Ebenezer Howard gründete der Möbelfabrikant Karl Schmidt 1909 an der nördlichen Peripherie von Dresden am Heller auf den Fluren von Rähnitz und Klotzsche die Gartenstadtsiedlung Hellerau zusammen mit dem Neubau seiner Dresdner Werkstätten für Handwerkskunst. Die Einheit von Wohnen und Arbeit, Kultur und Bildung, in einem von der Lebensreform geprägten Organismus, ist der gebaute Anspruch der Gartenstadt Hellerau.
Der von Schmidt beauftragte Architekt Richard Riemerschmid plante den Bau der Werkstätten und dazu eine Siedlung mit Wohnhäusern für die Arbeiter, geräumigen Landhäusern, Markt, Geschäften, Wasch- und Badehaus, Praxen, Ledigenwohnheim, Schule und Schülerwohnheim. Neben Riemerschmid gehörten Heinrich Tessenow, Hermann Muthesius und Kurt Frick, aber auch Theodor Fischer zu den renommierten Architekten, von denen in Hellerau ganze Straßenzüge oder zumindest Häuserreihen realisiert wurden. Während der Zeit ihrer Errichtung war Hellerau, wie sonst nur die Essener Gartenstadt Margarethenhöhe, durch einen Regierungserlass von allen Bauvorschriften befreit.
Reformbegeisterte aus ganz Europa kamen, um Zeuge der real praktizierten Lebensreform zu werden. Einige besuchten Hellerau nur für kurze Zeit, andere blieben.
Auch wurde um 1912 ein „Hellerauer Verlag“ zur anspruchsvollen künstlerischen Gestaltung von Büchern in höchster handwerklicher Qualität von Jakob Hegner[1] gegründet, der 1918 Werke von Theodor Haecker und Übersetzungen von Paul Claudel veröffentlichte.[2]
Émile Jaques-Dalcroze, ein Komponist und Musikpädagoge aus der Schweiz, der mit Aufführungen seiner selbst entwickelten „Rhythmischen Gymnastik“ in Deutschland Menschen zu begeistern suchte, kam auf Einladung von Schmidt und dessen „rechter Hand“ Wolf Dohrn nach Hellerau, wo er zunächst im Schulsaal der Werkstätten unterrichtete. Der damals junge Architekt Heinrich Tessenow errichtete unterdessen für ihn ein eigenes Gebäude, die „Bildungsanstalt für Rhythmische Gymnastik“, das spätere „Hellerauer Festspielhaus“.
Mit dem Entwurf dieses Ensembles – dem Festspielhaus, dem Vorplatz, der durch die pavillongleichen Pensionshäuser eingefasst wird, der rückwärtigen Freiluftarena und den umlaufenden Licht- und Sonnenhöfen – setzte Tessenow bedingungslos die Vorstellungen von Émile Jaques-Dalcroze und die Bühnenentwürfe seines Bühnenbildners Adolphe Appia um.
In den Folgejahren bis 1914 versammelten sich dort zu den jährlichen Festspielen viele bekannte Vertreter der europäischen Kulturelite, u. a. Emil Nolde, George Bernard Shaw, Franz Kafka, Oskar Kokoschka, Henry van de Velde, Djagilew und Stefan Zweig sowie der US-amerikanische sozialkritische Schriftsteller Upton Sinclair.
Der Tod Wolf Dohrns und der Ausbruch des Ersten Weltkrieges beendete die Sturm-und-Drang-Zeit Helleraus.
Mit einzelnen reformpädagogischen Konzepten und kulturellen Projekten konnte Hellerau in den Folgejahren unter der Leitung von Wolf Dohrns Bruder Harald kurzfristig noch an die anfänglichen Glanzzeiten anknüpfen. So nahm zum Beispiel im Festspielhaus eine reformpädagogisch orientierte Schule ihre Arbeit auf. Deren internationaler Zweig wurde im Dezember 1921 von Alexander Neill gegründet (gilt auch als Gründungsdatum der international renommierten Summerhill-Schule). Hier unterrichtete 1924 für einige Monate auch Hermann Harless, bevor er zum 1. September 1924 die Leitung des Nordsee-Pädagogiums übernahm.[3]
1939 wurde die Bildungsanstalt für Rhythmische Gymnastik von den Nationalsozialisten in einen Kasernenhof umgebaut, in dem die Polizeischule Hellerau, ab August 1943 Polizei-Waffenschule Hellerau I, untergebracht war.[4]
Nach 1945 wurde das Festspielhaus Hellerau von der Sowjetarmee erst als Lazarett und später als Kaserne und Sporthalle genutzt. 1979 wurde das Gebäude in die Zentrale Denkmalliste der DDR eingetragen.[5] 1992 wurde es zunächst an das Bundesvermögensamt zurückgegeben und im selben Jahr an Sachsen. Seit 1993 steht ganz Hellerau nach Sächsischem Denkmalschutzgesetz als Sachgesamtheit mit Einzeldenkmalen unter Denkmalschutz.[6]
Das durch die Nutzung der sowjetischen Armee stark heruntergekommene Festspielhaus wurde ab 1993 saniert und für kulturelle Aufführungen genutzt. In das westliche Seitengebäude des Festspielhauses zog 2003 das Dresdner Zentrum für zeitgenössische Musik ein, das 2004 in Europäisches Zentrum der Künste Hellerau umbenannt wurde.
Die Deutschen Werkstätten Hellerau knüpften in benachbarten neuen Werkhallen an ihre alte handwerkliche Traditionen an und sind international erfolgreich im hochwertigen Innenausbau tätig.
Die historischen Räumlichkeiten der Werkstätten, das sogenannte GebäudeEnsemble Deutsche Werkstätten Hellerau, sind heute Standort für Ingenieur- und Dienstleistungsunternehmen.
Die Interessengruppe Hellerau wurde unter dem Dach des Kulturbundes der DDR gegründet, um das Architekturdenkmal zu schützen. 1990 wurde das Bürgerkomitee Hellerau gegründet, aus dem der Verein Bürgerschaft Hellerau, der in der von Riemerschmid gestalteten, restaurierten, ehemaligen Waldschänke Hellerau seinen Sitz hat, entstand und sich um die Aufnahme von Hellerau in die UNESCO-Welterbe-Liste bemüht.[7]
Die Am Pfarrlehn/Kirchsteig/Am Schulfeld/Meisensteig befindlichen Gebäude sind Teil einer Siedlungserweiterung der Gartenstadt Hellerau bei Dresden. Der Gebäudekomplex verbindet die Gestaltungsansätze Helleraus aus der Wende zum 20. Jahrhundert mit den modernen Ansprüchen zeitgenössischen Wohnens. Diese Verbindung sei dabei „hervorragend gelungen“.[8]
Wolfram Baltin hatte den ersten Preis bei dem im 1993 von der Stadt Dresden ausgeschriebenen offenen Ideen- und Realisierungswettbewerb erhalten[9] und entwarf gemeinsam mit Höhne+Langenbrunner, Grünewald+Heyl die Erweiterungssiedlung für Hellerau.
Die Architekten entwickelten drei unterschiedliche Haustypen. So gibt es zum einen den Zeilenbau sowie zwei- oder dreigeschossige Häuser. Geschwungene Hausfronten, ein hervorgehobenes Treppenhaus, aufgeweitete Wege, durchquerbare Gärten, bunte und lebensfrohe Farben sind Kennzeichen der Siedlung. Gleichzeitig vermittelt der Komplex Intimität und eine „puritanische Gesamthaltung“.[8]
Auswahl/chronologisch geordnet
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