kanadischer Historiker Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Quinn E. Slobodian (* 1978 in Edmonton) ist ein kanadischer Historiker, der zur Zeitgeschichte und Globalisierung forscht und seit 2024 als Professor an der Boston University lehrt.
Slobodian begann das Studium der Geschichtswissenschaft mit einem Stipendium am Lewis & Clark College in Portland (Oregon) und schloss 2000 mit dem Bachelor ab. 2008 promovierte er an der State University of New York in Modern History. Seine 2015 aufgenommene Lehrtätigkeit am Wellesley College unterbrach er 2017 für ein Jahr als Residential Fellow am Weatherhead Center for International Affairs der Harvard University.[1] Seit 2024 ist Slobodian Professor für Internationale Geschichte an der Boston University.
Seine Forschungsgebiete sind die Geschichte des Neoliberalismus und die Epoche des Kalten Krieges.[2]
Sein Buch über den Crack-Up Capitalism („Zersplitterungskapitalismus“, 2023, S. 15) analysiert, wie Finanzmagnaten wie Peter Thiel sich den nationalen Regulierungen durch die Politik zunehmend entziehen. Die moderne Welt sei einerseits zunehmend vernetzt und zugleich zunehmend fragmentiert durch die Bildung abgeschottener Zonen, die durch „sanfte Sezession“ dem Einfluss der Nationalstaaten und ihrer Regierungen entzogen seien: „Wir können austreten, indem wir unsere Kinder aus dem staatlichen Schulsystem nehmen, unser Geld in Gold oder Kryptowährungen tauschen, in Länder mit niedrigeren Steuern umziehen, uns einen zweiten Reisepass zulegen und uns in einem Steuerparadies niederlassen.“ In den USA sind inzwischen viele neue Siedlungen eingezäunte Planstädte, global gibt es sie von Lagos über Buenos Aires bis Indien, oft neben Sonderwirtschaftszonen. Es gehe darum, „Löcher in das soziale Gewebe zu bohren, auszusteigen und dem Kollektiv den Rücken zu kehren“. (S. 17) Es gehe um einen „Kapitalismus ohne Demokratie“ anders als in der bisherigen Erzählung des Westens. Ein erstes historisches Beispiel sei die Sonderverwaltungszone Hongkong unter britischer Herrschaft gewesen, für die Zukunft könnten auch künstliche Inseln erwogen werden, wie Patri Friedman im Auftrag Thiels 2009 erläuterte. Dieser Enkel Milton Friedmans führte die Vision einer demokratiefreien Wirtschaft weiter aus, wo Sozialprogramme den freien Markt weniger belasten würden. Bei der Tagung der Mont Pèlerin Society in Hongkong 1978 (S. 39) sei diese Idee entstanden. Das Basic Law der neuen Machthaber aus der Volksrepublik China lese sich wie ein „Auszug aus Milton Friedman“ (S. 47).
In einer Rezension von Kapitalismus ohne Demokratie geht Marc Buggeln von der Darstellung Slobodians aus, wie eine neue Generation von Neoliberalen den Nationalstaat angreife. Er kritisiert, dass der Autor kaum Archivmaterialien verwendet habe, sondern sich vor allem auf Literatur und Presseartikel stütze. Außerdem bündele er seine Erkenntnisse nicht und liefere keine Thesen, sodass unklar bleibe, ob er die libertären Zonenpläne und Vorstellungen zur Entstaatlichung für wenig erfolgreich halte oder in ihnen eine reale Gefahr für die moderne Staatenwelt und ihre Ordnung sehe. Trotzdem erachtet der Rezensent das Buch als lesenswert.[3]
Slobodian ist 2019 für sein Werk Globalists mit dem von der American Historical Association (AHA) verliehenen George Louis Beer Prize ausgezeichnet worden.[4]
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