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Protein Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Als Pyrophosphatasen werden meist Enzyme bezeichnet, die Anionen der Diphosphorsäure (Pyrophosphate) zu Phosphat aufspalten. Die aktuell gültige Bezeichnung für diese Pyrophosphatasen ist anorganische Diphosphatasen.[1] PPase ist die verbreitete Abkürzung, die im Folgenden verwendet wird.
Pyrophosphatasen | ||
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Abb. 1: Links: Anorganische Pyrophosphatase (PPi). Rechts: Diphosphatase ("organische Pyrophosphatase", oP), R1 = organischer Rest, R2 = organischer Rest oder H | ||
Enzymklassifikation | ||
EC, Kategorie | 3.6.1.-, Hydrolasen | |
Reaktionsart | Exergonische Hydrolyse | |
Substrat | Anionen oder organische Derivate der Diphosphorsäure | |
Produkte | Anionen oder organische Derivate der Phosphorsäure | |
Vorkommen | ||
Übergeordnetes Taxon | Lebewesen |
Daneben werden auch noch (organische) Diphosphatasen, die (organische) Derivate der Pyrophosphorsäure unter Wasseraufnahme spalten, als Pyrophosphatasen bezeichnet.
Anorganisches Diphosphat (Pyrophosphat, PPi) entsteht unter anderem bei allen[2] Biosynthesen von Makromolekülen (Proteine, DNA, RNA, Zellwände, Cellulose etc.).
Seine Spaltung zu Phosphat ist nötig, um dieses Substrat der ATP-Synthase zu regenerieren. Zudem muss die Diphosphat-Konzentration im Cytosol gering gehalten werden, damit die Reaktionen, bei denen es entsteht, nicht ins Stocken kommen.
Die von PPasen katalysierte Hydrolyse von Pyrophosphat (PPi) zu Phosphat (Pi) ist exergon:[3]
Pyrophosphatasen findet man von der Bakterienzelle bis zum menschlichen Organismus in allen Lebewesen. Es gibt drei unterschiedliche Gruppen von PPasen, die sich in ihrer Struktur, ihrer Evolution und ihrem Reaktionsmechanismus grundlegend unterscheiden.
Verglichen mit der langsamen, nicht katalysierten Hydrolyse steigern alle Pyrophosphatasen die Geschwindigkeit der Diphosphatspaltung um viele Größenordnungen. Allerdings sind die in Membrane integrierten mPPasen und vPPasen deutlich langsamer.
Sie alle benötigen zu ihrer Funktion Mg2+-Ionen. Diese bilden im Reaktionszentrum die Bindeglieder zwischen negativ geladenen Aminosäuregruppen des Enzyms und den beiden Substraten Pyrophosphat und Wasser. Weil bei den drei Gruppen die Reaktionszentren ganz verschieden strukturiert sind, reagieren sie unterschiedlich sensibel auf selektive Hemmstoffe. Sie werden vom Pyrophosphat-Analogon AMDP (Aminomethylen-Diphosphonat, PO3-CHNH2-PO34-) bei unterschiedlichen Konzentrationen kompetitiv gehemmt, ebenso durch Fluorid, das sich störend an die H2O-Bindungsstelle anlagern kann.[4]
Lösliche cPPasen der Gruppe I finden sich in allen drei Domänen der Lebewesen. Dazu zählen die cPPasen von Escherichia coli (EPPase) und der Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae (YPPase). Beide sind seit langem bekannt und intensiv untersucht.[8] Die eukaryotischen cPPasen leiten sich von prokaryotischen Vorgängern ab und sind größer. Die cPPase aus Escherichia coli bildet ein Hexamer (also sechs Protein-Domänen). eukaryotische cPPasen, z. B. die aus menschlichen Zellen und Hefezellen bilden Dimere.[4]
In Abb. 3 sind Bakterien in roter und Archaeen in lila Schrift dargestellt. Inzwischen hat sich gezeigt, dass die cPPasen der Archaeen und der Bakterien zwei getrennte Gruppen bilden[9] Klar davon abgegrenzt finden sich die pflanzlichen (grün) cPPasen, die eng miteinander verwandt sind. Die zu den Opisthokonta gehörenden Tiere (blau) und der Pilz S. cervisiae (cyan) haben eng verwandte cPPasen.[7]
Bemerkenswert ist, dass Mitochondrien eigene cPPasen der Gruppe I besitzen. Das trifft auch auf die mitochondriale PPase von S. cervisiae (rot dargestellt) zu. In der Abbildung nicht dargestellt sind die mitochondriale und cytosolische cPPase der Maus, die auch beide in die Opisthokonta-Gruppe einzuordnen sind.[10] Bei vielen Pflanzen finden sich cPPasen der Gruppe I nicht im Cytosol, sondern in den Mitochondrien und Plastiden. Die Diphosphat-Konzentration im Cytosol kann Werte von 0,2–0,3 mM annehmen und wird dort von vPPasen energetisch genutzt (siehe unten).[11]
Anorganische cPPase I | ||
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Abb. 4. Bändermodell der cPPase I (Thermococcus litoralis) | ||
Bezeichner | ||
Externe IDs |
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Enzymklassifikation | ||
EC, Kategorie | 3.6.1.1 |
Das Bakterium Thermus thermophilus besitzt eine für die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) geeignete, temperaturbeständige Pyrophosphatase. Bei der PCR entsteht durch die Polymerisation der Desoxyribonukleosidtriphosphate (dNTP) Pyrophosphat, das inhibierend auf den Prozess wirken kann. Durch den Abbau von Pyrophosphat lässt sich die Effizienz und Ausbeute der PCR steigern.
Die cPPasen der Gruppe II finden sich nur bei Prokaryoten, insbesondere bei den bakteriellen Firmicutes (Bacilli und Clostridien). Die wenigen Vertreter dieser cPPasen außerhalb dieser Gruppe sind wahrscheinlich durch horizontalen Gentransfer zu den Organismen gelangt. Zu ihrer Funktion benötigen sie Mangan2+ (oder Co2+). Diese Enzyme hydrolysieren Pyrophosphat noch im nanomolaren Bereich. Mn2+ bedingt vermutlich ihre höhere Affinität gegenüber ihren Substraten und ihre höhere Umsatzgeschwindigkeit. Man geht davon aus, dass es die Nukleophilie des hydrolysierenden H2O steigert und auch für die größere Sensibilität gegenüber F- verantwortlich ist.[4]
Die cPPase des pathogenen Bakteriums Staphylococcus aureus gehört zur Gruppe II. Sie wird intensiv als mögliches Ziel für neu zu entwickelnde Antibiotika untersucht.[12]
Die Membran gebundenen Pyrophosphatasen (mPPasen und vPPasen) unterscheiden sich nicht nur strukturell, sondern noch mehr funktionell von den im Cytosol gelösten Pyrophosphat hydrolysierenden cPPasen. Sie koppeln die Hydrolyse von PPi an den Export von H+ oder Na+-Kationen aus dem Cytosol durch eine Membran:
Die exergone Hydrolyse ist an einen endergonen Vorgang gekoppelt, nämlich an den Transport der Ionen gegen ein Membranpotential. Die darin enthaltene potentielle Energie steigt durch die gekoppelte Hydrolyse. Ein Teil der im Pyrophosphat enthaltenen Energie wird also in dem Membranpotential konserviert.
Die membrangebundenen PPasen dienen nicht nur als Ionenpumpen, denn Prozess ist reversibel. Beim Rückstrom der Kationen wird Pyrophosphat produziert.[4] Diese Rückreaktion ist nach Substratkettenphosphorylierung und ATP-Bildung durch die ATP-Synthasen ein dritter Weg zum Aufbau energiereicher Phosphatbindungen.[13]
Nachgewiesen wurde die Chemiosmotische Kopplung der Pyrophosphat-Synthese an einen Protonengradienten bereits 1966, als Membranvesikel eines phototrophen Bakteriums der Familie der Rhodospirillaceae Phosphat zu Pyrophosphat umsetzten.[14] Eine durch ein Membranpotential ermöglichte Synthese einer energiereichen Phosphatverbindung war damals nur von der ATP-Synthase bekannt, die allerdings eine völlig andere Struktur als die PPase aufweist.[15] Allerdings gibt es bei Rhodospirillum offenbar noch einen funktionellen Unterschied zur ATP-Synthase, denn seine PPase ist primär nicht wie jene in der Zellmembran, sondern in der Membran der Acidocalcisomen (saure Polyphosphat-haltige Organellen[16]) angesiedelt.[17]
Membranständige PPasen sind bei 25 % aller Prokaryoten nachgewiesen. Bei Pilzen und mehrzelligen Tieren scheinen sie dagegen nicht vor zu kommen.[6] Eine wesentliche Rolle spielen sie als vPPasen bei tierischen Einzellern wie dem Krankheitserreger Trypanosoma brucei, einzelligen Algen und insbesondere bei allen Landpflanzen. Sie sind bei Organismen besonders verbreitet, die regelmäßig unter Energie-, Sauerstoffmangel, Salz- und anderen Stressbedingungen leiden.[4]
Die mPPasen und vPPasen haben einen prinzipiell gleichen Aufbau (vgl. Abb. 5) und eine gemeinsame evolutionäre Wurzel, die wohl bis zum Urvorfahr aller Lebewesen zurückreicht. Es wird auch vermutet, dass sie aus einer Phase der chemischen Evolution stammen, als abiotisch entstandenes Pyrophosphat vielleicht die zentrale Rolle als Energieüberträger für die Bildung von Nukleinsäuren spielte.[3][22][23]
Die erste membranständige PPase hat vermutlich Na+ transportiert.[6][24] Das legt die vergleichende Untersuchung der Aminosäurensequenzen dieser Enzyme nahe. Zur selben Vermutung, nämlich dass Na+-Pumpen den H+-Pumpen vorausgingen, kam man auch bei den ATP-Synthasen.[25] Biomembrane sind generell leichter für H+-Ionen zu durchdringen als für Na+, und so erforderte es eine ganze Zeit der Koevolution von Membranproteinen und Membranen, bis eine H+-ATP-Synthase funktionieren konnte.[26][27] Aus den Na+ PPasen haben sich in ihrer weiteren Evolution verschiedene H+-PPasen entwickelt, die zum Teil K+für ihr Funktionieren benötigen.[24]
Seit 2012 konnte die genaue Struktur einer Na+-mPPase des Bakteriums Thermotoga maritima und einer davon evolutionär weit entfernten pflanzlichen H+-abhängigen vPPase ermittelt werden. Beiden unterscheiden sich im Wesentlichen nicht (Abb. 5). Sie bestehen beide aus zwei funktionell gleichen Proteinketten. Diese durchdringen die Membran in 16 Segmenten. Ihre reaktiven Zentren befinden sich auf der Cytosol-Seite etwa 20 Å entfernt von der Membran in einer hydrophilen Trichter-förmigen Struktur.[4]
In Abb. 5 ist die bakterielle mPPase und die pflanzliche vPPase schematisch dargestellt. In der Frontansicht sind die dimeren Enzyme 85 Å breit und 75 Å hoch.
Das reaktive Zentrum liegt auf Seiten des Cytosols unterhalb der Membran. Beide Enzyme bieten nach der Cytosolseite hin einen hydrophilen Zugang zu dem Enzym und oben einen hydrophilen Kanal (Pfeil), durch den die Kationen die Membran durchdringen können.
Im reaktiven Zentrum sind die Substrate dargestellt. Pyrophosphat ist mit 4 Mg+-Ionen an beide Proteine gekoppelt. Das zur Hydrolyse dienende Wasser ist durch zwei Asparaginsäure-Gruppen an das Enzym assoziiert[5] (in Abb. 5 nicht dargestellt).
In Abb. 6 findet sich ein Arbeitsmodell für die reversible, Ionen transportierende Hydrolyse. Man kann sich den hydrolytischen Weg (in Abb. 6 im Uhrzeigersinn) folgendermaßen vorstellen:
Jeder dieser Schritte ist reversibel. Wenn kaum Pyrophosphat vorhanden ist, steigt die Wahrscheinlichkeit in der P+-Phase, dass das zweite Phosphat nicht ausgetauscht wird. Nach Entweichen des Kations nach innen kann ein zweites Phosphat (im Austausch gegen OH-) in das Enzym eindringen. Eine hohe Kationenkonzentration außen erhöht dann die Chance, dass die Kondensationsreaktion zu Pyrophosphat gelingt.
Die im Vergleich zu den cPPasen langsame Reaktionsgeschwindigkeit ergibt sich aus der Reversibilität der Teilschritte. Die oben erwähnte schwache Fluorid-Hemmung (erst im millimolaren Bereich) liegt vermutlich an der schwachen Bindung des Substrats H2O.[4]
Als „Pyrophosphatasen“ werden bisweilen auch Hydrolasen bezeichnet, die organische Substrate spalten. Sie folgen in der Regel dem Schema oben in der nebenstehenden Abbildung.
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