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Prokon (Unternehmen)

Energiegenossenschaft die Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien entwickelt und betreibt Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Die Prokon Regenerative Energien eG ist eine Energiegenossenschaft mit Sitz in Itzehoe (Schleswig-Holstein), die sich auf die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien sowie auf die Vermarktung des erzeugten Stroms spezialisiert hat.[2] Prokon verfolgt das Ziel, die Energiewende dezentral, genossenschaftlich und wirtschaftlich nachhaltig mitzugestalten und dabei stabile Erträge für ihre Mitglieder zu erwirtschaften.[3]

Schnelle Fakten
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Geschichte

Zusammenfassung
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1995–2014 ProKon GmbH

Das Unternehmen wurde als ProKon Projektierungs- und Betriebsführungsgesellschaft für regenerative Energiesysteme mbH (nachfolgend ProKon GmbH genannt) am 20. Oktober 1995 von Carsten Rodbertus (bis zur Insolvenz 2014)[4], Ingo de Buhr (bis 1997) und Albrecht Schöttle (bis 1999)[5] gegründet. Der Name entstand als Abkürzung von Projekte und Konzepte. Firmensitz war bei Gründung Arkebek.[6] Gesellschaftszweck bei Gründung: die Projektierung, der Erwerb und die Errichtung von Energie- und Umweltschutzanlagen sowie die Übernahme der Geschäftsführung und Komplementärfunktion von Kommanditgesellschaften. Ab 2012 Umfirmierung in: PROKON Regenerative Energien GmbH (nachfolgend Prokon GmbH genannt).[7]

Zwischen 1995 und der Insolvenz im Jahr 2014 kamen weitere Geschäftsbereiche – teilweise ausgelagert in Tochtergesellschaften – dazu:

  • Technische Betriebsführung von Windparks
  • Verkauf von Strom an Endverbraucher
  • Entwicklung einer eigenen Windkraftanlage:
    Thumb
    Zeichnung einer P-3000 Windkraftanlage
    Der erste Prototyp einer selbst entwickelten Windenergieanlage, der P3000, wurde im August 2013 vorgestellt und im Dezember 2013 bei Krackow und Glasow errichtet. Im Januar 2014 wurde eine zweite Anlage dieses Typs fertiggestellt.
  • Biogene Kraftstoffe (Herstellung von Biodiesel)[8]
  • Produktion von Pflanzenöl in einer Olmühle in Magdeburg[9]
  • Zusammenarbeit mit einem holzverarbeitenden Betrieb, der HIT Holzindustrie Torgau. Ab Mitte 2010 vergab die Prokon GmbH Darlehen an die HIT.[10][11]

Finanzierungsmodell bis 2014

Von 1998 bis 2007 bot die Prokon GmbH „ökologische Kapitalanlagen“ als Kommanditbeteiligung an geschlossenen Windpark-Fonds an. Zusätzlich wurden seit dem Jahr 2003 Genussrechte angeboten. Im Jahr 2007 begann die Umstellung des Geschäftsmodells auf Genussrechte als einzige Beteiligungsmöglichkeit. Die Kommanditisten der geschlossenen Fonds wurden vom Unternehmen zum Verkauf oder zur Wandlung ihrer Beteiligung in Genussrechte gedrängt. Das Oberlandesgericht Schleswig erklärte dieses Verfahren für unrechtmäßig, die Kommanditisten hätten Anspruch auf Schadensersatz im Rahmen einer Rückabwicklung.[12]

Die im Jahr 2006 anstehende Auszahlung für das Geschäftsjahr 2005 wurde unter Hinweis auf die schwachen Winderträge verspätet an die privaten damaligen Kommanditisten gezahlt, die sich daraufhin juristisch zur Wehr setzten.[13] Hintergrund der Verspätung war die Tatsache, dass die Lieferzeiten für Windkraftanlagen damals bis zu zwei Jahre mehr betrugen als gewöhnlich, da die Windenergie einen weltweiten Boom erlebte. Im Jahr 2007 zog die Prokon GmbH dafür die anstehende Zahlung der Ausschüttungsgarantie für das Geschäftsjahr 2006 vor und glich damit den Zinsnachteil aus der Verspätung im Vorjahr wieder aus, den einige Kommanditisten reklamiert hatten.[14]

Das Unternehmen versah die Beteiligung der Anleger an den geschlossenen Fonds mit einer Ertragsgarantie. Darin sah die BAFin ein unerlaubtes Bankgeschäft und ordnete die Rückabwicklung der Fonds und Auszahlung der Anleger an. Da die Fonds jedoch in ihrer Anfangsphase bilanziell überschuldet waren, bat die Prokon GmbH um Aufschub: „Vor diesem Hintergrund besteht für die Gesellschaft derzeit nicht die Möglichkeit, das Eigenkapital an die Kommanditisten durch die Aufnahme neuer Kredite und Beleihungen von Vermögenswerten zurückzuzahlen.“[15]

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Ehemaliges Logo der Prokon-Gruppe

Nach Ansicht des Handelsblattes erwirtschaftete die Prokon GmbH im Kerngeschäft Windparks mit bestehenden Windkraftanlagen im ersten Quartal 2011 keine ausreichende Eigenkapitalrendite, um damit die seit 2006 konstanten Auszahlungen von acht Prozent auf Genussrechte zu bedienen; den größeren Teil des Umsatzes und höhere Gewinne erzielte das Unternehmen mit der Entwicklung neuer Windparks.[16] Es ging hierbei um die Frage, ob die ausgeschütteten Gewinne real erwirtschaftet oder zumindest teilweise mit dem Geld neuer Anleger bezahlt wurden.

Die Prokon GmbH, Rechtsnachfolgerin der ProKon GmbH ab 2012, bezifferte den bis zum 31. Oktober 2013 aufgelaufenen Verlustvortrag auf Konzernebene mit 210 Mio. Euro, woraus sich ein negatives Eigenkapital von 171 Mio. Euro ergab.[17] Im Dezember 2013 wies die Stiftung Warentest auf diese Geschäftszahlen hin. Nach ihrer Meinung werde dies nicht ohne Einfluss auf die Höhe des Rückzahlungsanspruches auf die Genussrechte bleiben, da die Genussrechtbedingungen in diesem Fall eine Reduktion der Ansprüche zulassen.[18]

Geschäftsmodell in der Kritik ab 2010

Bereits im Februar 2010 warnte die Berliner Tageszeitung taz vor den gravierenden Risiken des Geschäftsmodells für Anleger: „Prokon-Anleger glauben, in Windräder und biogene Kraftstoffe zu investieren“, wurde Klaus Boe zitiert, ein Unternehmer aus dem Sauerland, der sich 2003 noch als Gesellschafter in einen Windkraftfonds der Prokon GmbH einkaufte. „Faktisch wird das Geld mit totalem Verlustrisiko auf Vertrauensbasis an die Prokon-Genussrechte-Firma verliehen, die es in einem kaum durchschaubaren Geflecht anderer Prokon-Firmen weiterverleiht.“ Boe erhob schwere Vorwürfe: „Die Prokon-Gruppe erwirtschaftet keinen echten Gewinn. Das Geld wird bei Prokon unkontrollierbar hin- und hergeschoben“. Er hielt das Genussschein-Modell im Kern für betrügerisch: „Prokon betreibt ein Schneeballsystem, das in wenigen Jahren komplett crashen und zu einem der größten Skandale der deutschen Windbranche werden könnte.“[19]

Die Stiftung Warentest wies in den Jahren 2010, 2011 und 2013 auf die Risiken der Genussrechte des Unternehmens hin.[20][21][22] Auf Antrag der Verbraucherzentrale Hamburg untersagte das Landgericht Itzehoe mit Urteil vom 15. März 2011 schließlich dem Unternehmen Prokon GmbH irreführende Werbung; insbesondere würden die Anleger in einem Werbeflyer nicht hinreichend über die Risiken der Genussrechte aufgeklärt.[23] Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht bestätigte mit Urteil vom 5. September 2012 das erstinstanzliche Urteil.[24]

Verbraucherberatungen und unabhängige Finanzberater hatten bereits vor der Insolvenz darauf hingewiesen, dass in der Rechtsform GmbH die Anleger nur als Genussrechtsinhaber beteiligt waren und das Genussrecht keine angemessenen Informations- und Mitwirkungsmöglichkeiten bietet.[25][26]

Insolvenz Prokon GmbH 2014

In einer Anlegerinformation vom 10. Januar 2014 informierte die Prokon GmbH darüber, es drohe eine Planinsolvenz noch im Januar 2014, sofern die Anleger nicht bis zum 20. Januar 2014 für mindestens 95 Prozent des Genussrechtskapitals die Zusage gäben, dieses Kapital bis mindestens zum 31. Oktober 2014 im Unternehmen zu belassen und auf eine Kündigung zu verzichten. Künftig solle die Auszahlung gekündigter Gelder in Raten erfolgen und eine Thesaurierung der Zinsen vorgenommen werden.[27]

In einem erneuten Aufruf teilte die Prokon GmbH am 16. Januar 2014 mit, dass ein vom Unternehmen hinzugezogener Insolvenzberater zu der Einschätzung gelangt sei, dass gekündigte Genussrechte als nicht fällig zu bewerten wären und infolgedessen ein von der Prokon GmbH bei Nicht-Erreichen der Zustimmung von 95 Prozent des Genussrechtskapitals avisierter Insolvenzantrag vom Gericht abzulehnen sei.[28]

Der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv) beantragte am 16. Januar 2014 beim Landgericht Itzehoe einen Erlass auf einstweilige Verfügung, da nach seiner Einschätzung in der Anlegerinformation der Prokon GmbH vom 10. Januar 2014 unangemessener Druck auf die Anleger ausgeübt und dadurch gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoßen würde.[29] Am 22. Januar 2014 wurde der Antrag durch das Landgericht Itzehoe abgewiesen.[30] Bis 22. Januar 2014 waren laut Prokon GmbH Genussscheine in Höhe von 109 Mio. Euro gekündigt und zusätzlich gekündigte Genussscheine in Höhe von 98 Mio. Euro zurückgenommen worden. Das Genussscheinkapital insgesamt betrug 1.400 Mio. Euro. Für knapp 757 Mio. Euro waren Zusagen abgegeben worden, das Kapital im Unternehmen zu lassen.[31]

Am 22. Januar 2014 stellte die Prokon GmbH beim Amtsgericht Itzehoe Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.[32] Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Rechtsanwalt Dietmar Penzlin, Schmidt-Jortzig Petersen Penzlin Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, Hamburg, bestellt. Laut dessen Aussagen sind von der vorläufigen Insolvenz ca. 480 Mitarbeiter betroffen.[33]

Am 19. März 2014 wurde berichtet, dass der Verlust bei der Prokon GmbH bei ca. 400 Mio. Euro liegen soll. Außerdem seien inzwischen Kündigungen von Genussrechtkapital in einem Nominalvolumen von ca. 400 Mio. Euro ausgesprochen worden.[34] Die Größenordnung des Verlustes wurde am 21. März 2014 von den Verantwortlichen der Prokon GmbH bestätigt. In einer Aufarbeitung der Vorgänge wurde mitgeteilt, dass der Wert der Genussrechte bei vermutlich 70 % liegt. Eine der Ursachen für den weiter gestiegenen Verlust soll Abschreibungsbedarf auf den von der Prokon GmbH an die HIT Holz vergebenen Kredit sein.[35]

Insolvenzbedingt wurde die Zusammenarbeit mit der HIT Holzindustrie Torgau beendet und der Geschäftsbereich mit Pflanzenöl wurde an Glencore veräußert.[36] Auch wurde die Produktion der Windenergieanlage P3000 eingestellt.[37]

Am 26. März 2014 teilte das Amtsgericht Itzehoe mit, zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse und zur Aufklärung des Sachverhalts ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt zu haben. Die bisherigen Geschäftsführer der Prokon GmbH dürfen damit keinerlei Verfügungen – das Unternehmen betreffend – mehr vornehmen.[38] Der vorläufige Insolvenzverwalter teilte am 1. April 2014 mit, dass Carsten Rodbertus von seinen Geschäftsführungsaufgaben bei der PROKON Regenerative Energie GmbH und allen Tochtergesellschaften abberufen wurde.[39][40]

Am 4. April 2014 wurde im Bundesanzeiger der Jahresabschluss der Prokon GmbH für das Geschäftsjahr 2012 veröffentlicht.[41] Aus diesem ging hervor, dass die Gesellschaft in 2012 einen Verlust in Höhe von 128,8 Mio. Euro erwirtschaftete und die Genussrechteinhaber durch eine Reduktion ihrer Rückzahlungsansprüche in Höhe von 106,9 Mio. Euro diesen Verlust ausgleichen mussten. Der Nominalwert der Genussrechte sank damit zum Jahresende 2012 um ca. 10 %. Die Abschlussprüfer haben das Testat unter Angabe der dafür maßgeblichen Gründe verweigert.[42]

Der vorläufige Insolvenzverwalter Rechtsanwalt Dietmar Penzlin informierte am 16. April 2014 darüber, dass ein Insolvenzverfahren für die Prokon GmbH im Mai 2014 eröffnet werde.[43] Am 1. Mai 2014 teilte Penzlin mit, dass der vorläufige Jahresabschluss 2013 des Unternehmens einen Verlust von rund 478 Mio. Euro ausweise und die unbesicherten Gläubiger (einschließlich der Genussrechtsinhaber) demzufolge voraussichtlich auf mehr als 40 % ihrer Forderungen gegenüber Prokon verzichten müssten.[44] Dem Unternehmensgründer und bisherigen Geschäftsführer Carsten Rodbertus sowie dem bisherigen Vertriebsleiter Rüdiger Gronau sei fristlos gekündigt worden.[45]

Das Amtsgericht Itzehoe eröffnete am 1. Mai 2014 das Hauptinsolvenzverfahren und ernannte Penzlin zum Insolvenzverwalter.[46] Das Gericht stellte in seinem Beschluss fest, dass die Prokon GmbH zahlungsunfähig und überschuldet sei. Weiter kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass Teile der Genussrechtbedingungen gegen das Transparenzgebot verstoßen und deshalb ungültig seien.[46][47] Gegen den Beschluss des Amtsgerichts Itzehoe, das Insolvenzverfahren über die Prokon GmbH zu eröffnen, legten mehrere Anleger Beschwerde ein. Infolgedessen erlangte der Beschluss zunächst keine Rechtskraft.[48] Am 15. Juli 2014 wies das Landgericht Itzehoe diese Beschwerden zurück und erklärte, dass die Prokon GmbH zahlungsunfähig im Sinne der Insolvenzordnung sei.[49]

Am 22. Juli 2014 fand in Hamburg eine Gläubigerversammlung statt. Auf dieser Versammlung wurden die Mitglieder des Gläubigerausschusses und der Insolvenzverwalter von den anwesenden Gläubigern bzw. den von Gläubigern Bevollmächtigten bestätigt. Darüber hinaus wurde beschlossen, den Insolvenzverwalter mit der Erstellung eines Insolvenzplans zu beauftragen. Dieser sollte zunächst bis spätestens Ende Januar 2015 vorliegen.[50][51] Im Februar 2015 präzisierte der Insolvenzverwalter das weitere Vorgehen. Danach sollten dem zuständigen Amtsgericht Itzehoe bzw. den Gläubigern im Mai 2015 zwei verschiedene Insolvenzpläne vorgelegt werden. Über diese Insolvenzpläne sollte dann auf einer Gläubigerversammlung am 2. Juli 2015 abgestimmt werden.[52][53]

Gegen ehemalige Verantwortliche der Prokon GmbH nahm die Staatsanwaltschaft Lübeck Anfang 2014 außerdem Ermittlungen auf wegen des Anfangsverdachts hinsichtlich Betrugs und Insolvenzverschleppung.[54][55] Der Insolvenzverwalter teilte mit, dass er Schadensersatzansprüche gegen Carsten Rodbertus insbesondere wegen Vergabe unzureichend gesicherter Darlehen prüfen lasse. Ferner soll geprüft werden, inwieweit eine firmeneigene Cessna unrechtmäßig zu privaten Zwecken genutzt wurde. Rodbertus begründete die bezüglich der Cessna bestehenden Vorwürfe mit dem Hinweis darauf, dass die Cessna als Firmenflugzeug genutzt und darüber hinaus verchartert worden sei.[56] Die Staatsanwaltschaft Lübeck gab am 15. Juli 2014 bekannt, dass offizielle Ermittlungen gegen Rodbertus und andere Verantwortliche wegen des Verdachts auf Insolvenzverschleppung und anderer Delikte eingeleitet wurden, die voraussichtlich ein Jahr dauern sollten. Der Insolvenzverwalter spezifizierte in einer Mitteilung an die Gläubiger der Prokon GmbH, dass die Staatsanwaltschaft wegen Betrugs und Untreue jeweils in besonders schwerem Falle ermittelt.[57]

2015: Gründung der Prokon Regenerative Energien eG

Am 2. Juli 2015 tagte die zweite Gläubigerversammlung und stimmte mehrheitlich für die Umwandlung des Unternehmens in eine Genossenschaft. Die Umwandlung zur Genossenschaft erfolgte am 21. Juli 2015, die Eintragung in das Genossenschaftsregister erfolgte am 24. Juli 2015.[58] Mit Beschluss vom 29. Juli 2015 des Amtsgerichts Itzehoe wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Prokon eG (vormals Prokon GmbH) mit Ablauf des 31. Juli 2015 aufgehoben. Die neue Prokon Regenerative Energien eG (nachfolgend auch Prokon eG) trat noch im Juli 2015 dem Rheinisch-Westfälischen Genossenschaftsverband (heute Geno verband e.V.) bei. Mit rund 38.000 Mitgliedern zählte die Prokon eG bei Gründung zu den größten Energiegenossenschaften Deutschlands.[59]

Der Umwandlung in eine Genossenschaft vorausgegangen war Anfang 2014 die Gründung des Vereins der Freunde von Prokon e.V. Ziel des Vereins war, eine Zerschlagung der Unternehmenswerte zu verhindern und eine genossenschaftliche Weiterführung des Unternehmens durch den Betrieb vorhandener Windparks und den Verkauf von selbsterzeugtem Strom zu ermöglichen. Fast 12.000 Genussrechtsinhaber der ehemaligen Prokon GmbH wurden Mitglieder des Vereins. Sie repräsentierten ein Kapital von über 250 Mio. Euro. Durch intensive Begleitung des Insolvenzverfahrens gelang es dem ehrenamtlich ausgerichteten Verein, ein Kaufangebot der EnBW von 550 Millionen Euro erfolgreich abzuwehren und mit dem Insolvenzverwalter Penzlin gemeinsam das Unternehmen auf eine genossenschaftliche Basis zu stellen.[60]

Kurz vor der ersten ordentlichen Generalversammlung der Genossenschaft am 14. April 2016 nahmen die neuen Vorstände Henning von Stechow (bis heute / Stand November 2025) und Heiko Wuttke (bis Ende 2020) ihre Arbeit auf.[61]

Mit Gründung der Genossenschaft wurden Teile der Genussrechtsforderungen in Genossenschaftsanteile umgewandelt. Nicht zum Kerngeschäft gehörendes Vermögen sollte über eine Verwertungsgesellschaft veräußert werden.

Im Mai 2016 emittierte die Prokon eG gemäß dem Insolvenzplan eine börsennotierte Anleihe für ehemalige Genussrechtsgläubiger. Der im Rahmen des öffentlichen Angebots erzielte Verwertungserlös diente ausschließlich der Befriedigung der ehemaligen Genussrechtsgläubiger, die sich gegen den Bezug der Anleihe entschieden.[59] Im September 2016 erhielt die Prokon eG auf eigenes Betreiben ein Rating durch Euler Hermes. Das Emittentenrating liegt danach bei BB, das Rating der Anleihe bei BBB-.

Im August 2016 konnten zwei rumänische Wälder durch die Verwertungsgesellschaft an Ikea verkauft werden.[62] Ein Teil des Verkaufserlöses fließt Prokon eG zu.

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Geschäftsbereich Windenergie

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Projektentwicklung

Zum Kerngeschäft der Prokon eG gehört die Entwicklung von Windenergieprojekten. Dafür hat das Unternehmen aktuell Projektierungsbüros in Itzehoe (auch Hauptsitz der Genossenschaft), Mainz, Potsdam, Danzig, Posen, Madrid und Vaasa. Mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2017 wurden Ausschreibungen als verpflichtendes Verfahren für die Förderung neuer Windenergieprojekte eingeführt. Zuvor hatte die Prokon eG vor allem eigene Windparks geplant, gebaut und betrieben. Nach der Gesetzesänderung erweiterte das Unternehmen seine Strategie: Neben dem Ausbau des eigenen Anlagenbestands unterstützt die Genossenschaft auch kleinere Bürgergesellschaften – etwa Energiegenossenschaften – bei der Planung neuer Windparks. Diese Kooperationen können die Genehmigungsphase, den Bau sowie die technische und kaufmännische Betriebsführung der Anlagen umfassen.[63]

Windkraftanlagen-Services

Die Prokon Renewable Energy Service GmbH (Pros) ist eine Tochtergesellschaft der Prokon eG und bietet hersteller- und betreiberunabhängige Dienstleistungen für Windenergieanlagen an Land an.[64] Ihr Schwerpunkt liegt auf dem Service für Anlagen der Prokon eG und anderer Windparkbetreiber. Das Leistungsangebot umfasst Wartung, Fernüberwachung, technische Unterstützung, Instandsetzungen, wiederkehrende Prüfungen, Gutachten, Rückbau- und Repowering-Projekte sowie Retrofits zur Leistungsoptimierung älterer Anlagen.[65] Zudem betreibt Pros ein zentrales Ersatzteillager mit Komponenten für verschiedene Anlagentypen. Die Prokon eG erbringt darüber hinaus auch Service- und Instandhaltungsleistungen für ihre eigenen Windparks und ist für den Großkomponenten-Service verantwortlich.[66]

Im Jahr 2022 fusionierte Pros mit dem norddeutschen Serviceanbieter SH Wind. Durch die Zusammenlegung wurde das Standortnetz auf über zehn Service- und Logistikstützpunkte erweitert und die Kapazitäten im Bereich Instandsetzung und Großkomponententausch ausgebaut. Nach Unternehmensangaben betreut Pros rund 500 Windkraftanlagen und beschäftigt etwa 60 Servicetechnikerinnen und -techniker.[67]

Wind Onshore

Prokon eG betreibt 77 Windparks in Deutschland, Polen und Finnland mit insgesamt 426 Windenergieanlagen.[68] Davon befinden sich 348 in Deutschland mit 684,44 Megawatt, 53 in Polen mit 107,6 Megawatt und 51 in Finnland mit 283,5 Megawatt (Stand Ende November 2025). Insgesamt beträgt die installierte Leistung 1075,5 Megawatt. Eine aktuelle Übersicht aller Standorte ist auf der Unternehmenswebseite abrufbar.[69]

Entwicklung Energieertrag

Produktionszahlen aller Windparks, die der Prokon eG zu 100 Prozent gehören oder an denen die Prokon eG mehrheitlich beteiligt ist. Die aktuellen Ertragszahlen sind auf der Unternehmenswebsite abrufbar.[70]

Weitere Informationen Gesamtenergieertrag der Prokon-Windparks pro Jahr in Kilowattstunden ...
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Weitere Geschäftsbereiche

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Prokon Strom

Seit 2013 vertreibt die Prokon eG unter der Marke „Prokon Strom“ Strom an Privat- und Geschäftskunden mit einem Jahresverbrauch von bis zu 100.000 kWh. Der gelieferte Strom stammt ausschließlich aus den unternehmenseigenen Windparks in Deutschland.[71] Prokon eG verpflichtet sich, nicht mehr Strom zu verkaufen, als in den eigenen Anlagen erzeugt wird.[72] Seit 2016 ist der Prokon Strom von EnergieVision mit dem ok-power-Siegel (seit 20217 mit dem ok-power-plus-Siegel) ausgezeichnet und vom TÜV Nord als Ökostrom zertifiziert.[73] Zum Angebot gehören auch spezielle Tarife für Gewerbebetriebe, Wärmepumpen sowie dynamische Stromtarife mit Börsenpreisbindung. Laut Unternehmensangaben belieferte Prokon eG im Jahr 2021 bereits rund 24.000 Kundinnen und Kunden.[74]

Solarenergie

Prokon eG hat in Walshausen (Rheinland-Pfalz) einen Photovoltaik-Freiflächenanlage mit einer installierten Leistung von rund 8,5 Megawatt peak (MWp) entwickelt und umgesetzt. Die Anlage ist mit einem Batteriespeicher ausgestattet, der über eine Kapazität von etwa 2 Megawattstunden (MWh) und eine Leistung von 2 Megawatt verfügt. Weitere Photovoltaik-Freiflächenprojekte befinden sich in fortgeschrittener Planung. Sie werden voraussichtlich in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein realisiert.[75] Nach Unternehmensangaben liegt der Schwerpunkt im Bereich Solarenergie auf der Entwicklung neuer Projekte, wobei Prokon eG sämtliche Phasen von der Planung über die technische Begleitung bis zum späteren Betrieb abdeckt und auch Projekte für Dritte realisieren kann.[76]

Speichersysteme

Prokon eG integriert Speicherlösungen zunehmend in die Projektentwicklung, um den Ertrag von Photovoltaik und Windenergie zu optimieren. Beispiele hierfür sind der bereits realisierte Batteriespeicher im Solarpark Walshausen sowie ein in Planung befindlicher Stand-alone-Speicher, der direkt an ein Umspannwerk angeschlossen werden soll. Dieser Speicher dient dazu, Netzengpässe abzufedern und die Flexibilität der Stromeinspeisung zu erhöhen.[75][77]

Biomethan

Prokon eG hat in der Vergangenheit Projekte zur Erzeugung von Biomethan aus organischen Reststoffen entwickelt. Das aufbereitete Biogas kann CO₂-neutral in bestehende Gasnetze eingespeist werden. Ein operativer Anlagenbetrieb besteht derzeit nicht. Der Bau einer Biogasanlage in Ströhen mit einer geplanten jährlichen Produktion von 5,49 Mio. Normkubikmeter Biogas wurde nach Genehmigung zurückgestellt. Grund hierfür waren laut Prokon eG die aktuell unsicheren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und langfristige Anschlusszeiten.[78]

Umspannwerke

Prokon eG betreibt derzeit zehn eigene Umspannwerke. Diese komplexen Anlagen sind Gegenstand geplanter und laufender Projekte, etwa in Friedersdorf und Nadrensee. Diese beiden Umspannwerke werden vom sächsischen Unternehmen WT Energiesysteme geplant und errichtet, wobei moderne luftisolierte Schaltanlagen (ohne das klimaschädliche Gas SF₆) eingesetzt werden. Die Umspannwerke ermöglichen den Anschluss von Erzeugungs- und Speichersystemen an das Hoch- bzw. Mittelspannungsnetz.[79]

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Beteiligungsmöglichkeiten

Mitgliedschaft in der Genossenschaft

Mitglied der Prokon eG kann jede natürliche oder juristische Person werden, die mindestens einen Genossenschaftsanteil im Wert von 50 Euro zeichnet. Unabhängig von der Zahl der gezeichneten Anteile verfügt jedes Mitglied über eine Stimme in der Generalversammlung, welche unter anderem den Aufsichtsrat wählt.[80]

Prokon-Anleihe

Die Prokon-Anleihe (ISIN: DE000A2AASM1), mit einem Volumen von bis zu 500Millionen Euro, wird seit dem 13. Juli 2016 an der Hanseatischen Wertpapierbörse Hamburg sowie an der Niedersächsischen Börse Hannover gehandelt.[81] Sie entstand im Zuge des Insolvenzplans der Prokon Regenerative Energien GmbH und richtete sich vorrangig an ehemalige Inhaber von Genussrechten. Die Anleihe ist mit einem jährlichen Kupon von 3,5% ausgestattet, hat eine Laufzeit bis zum 25. Juni 2030 und wird ab 2017 jährlich mit rund 7,2% vom anfänglichen Nennwert getilgt. Als Sicherheit dienen die Windparks im Bestand der Prokon eG zum Zeitpunkt der Emission. Der Erwerb der Anleihe ist im Börsenhandel möglich; die Prokon eG bedient die Schuldverschreibung gemäß den vertraglich festgelegten Bedingungen mit Zins- und Tilgungszahlungen.[82]

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Unternehmenskennzahlen

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Weitere Informationen Geschäftsjahr ...

Nach der Neugründung als Genossenschaft im Jahr 2015 konnte die Prokon eG zunächst keine Gewinne erzielen. Das Jahr 2016 schloss das Unternehmen mit einem deutlichen Verlust ab, was unter anderem auf politische Rahmenbedingungen in Polen und schwache Winderträge zurückgeführt wurde.[93] Bereits ab dem Geschäftsjahr 2017 wurde ein positiver Trend sichtbar: Prokon erzielte einen Jahresüberschuss von 7,6Mio.Euro bei einem Vorsteuerergebnis von 10,3Mio.Euro.[94] Damit begann eine Phase mit überwiegend positiven Jahresergebnissen. Die Dividende betrug in den Jahren vor 2023 in der Regel zwischen 3 % und 5 %. Im Geschäftsjahr 2022 erzielte die Genossenschaft infolge gestiegener Energiepreise einen Jahresüberschuss von rund 23 Millionen Euro.[95] Für 2023 wurde daraufhin eine Dividende von 4,65 % pro Anteil ausgeschüttet.[96] Für das Jahr 2024 lag die Dividende bei 3,16 %.[97] Laut Prokon eG lag die Mitgliederzahl zum 31. Dezember 2023 bei 40.142. Ende 2024 war sie auf 40.811 angestiegen, bei einer Nettoneuzeichnung von Geschäftsguthaben in Höhe von 16,9 Millionen Euro.[98] Die Eigenkapitalquote stieg auf 48,7%.[97]

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Unternehmensstruktur

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Prokon ist seit dem Jahr 2015 als eingetragene Genossenschaft (eG) geführt und bildet die Muttergesellschaft der Prokon-Unternehmensgruppe.

Internationale Beteiligungen

Neben dem deutschen Markt ist die Genossenschaft über Tochtergesellschaften auch in Polen, Finnland und Spanien tätig.

  • Prokon New Energy Poland Sp. z o.o. – gegründet 2007, Sitz in Danzig; betreut eigene Windparks und Entwicklungsprojekte in Polen.[99]
  • Prokon Wind Energy Finland Oy [KB4] – gegründet 2011, Sitz in Vaasa; realisiert Windparks in Finnland und verantwortet Projekte mit über 200 geplanten oder im Bau befindlichen Windkraftanlagen.[100]
  • Prokon New Energy Spain, S.L. – gegründet 2021, Sitz in Madrid, als Planungsbüro für Photovoltaik-Freiflächen tätig.

Organe

  • Generalversammlung: oberstes Organ der Genossenschaft. Sie beschließt unter anderem über die Entlastung des Vorstands, die Verwendung des Jahresüberschusses und wählt den Aufsichtsrat.
  • Aufsichtsrat: besteht aus fünf Mitgliedern. Diese werden von den Genossenschaftsmitgliedern auf der Generalversammlung gewählt. Er überwacht den Vorstand.[101]
  • Vorstand: besteht aus zwei Mitgliedern. Diese werden vom Aufsichtsrat gewählt.[101]

Beiräte

Prokon eG unterhält seit 2017 regionale Beiräte, die als Verbindungsglied zwischen Vorstand, Genossenschaftsverwaltung und den Mitgliedern vor Ort fungieren. Ihre Hauptaufgaben sind die Kommunikation regionaler Anliegen und Vorschläge an den Vorstand sowie die Unterstützung bei regionalen Projektaktivitäten. Darüber hinaus repräsentieren sie Prokon in lokalen Gremien und bei Veranstaltungen. Die Genossenschaft ist in fünf Beiratsregionen gegliedert: Nord, Ost, Südost, Südwest und West. In jeder Region können Mitglieder sich zur Wahl stellen und für drei Jahre in den jeweiligen Beirat gewählt werden. Diese Mitgliederverwaltung ist in der Beiratsordnung geregelt, die die Funktion als Multiplikator vor Ort und beratendes Organ beschreibt.[102]

Jugendbeirat

Neben den regionalen Beiräten unterhält Prokon eG einen Jugendbeirat für Mitglieder im Alter zwischen 15 und 30 Jahren.[102] Er dient als Plattform, um Vorschläge und Perspektiven junger Genossenschaftsmitglieder in die Arbeit der Genossenschaft einzubringen und den Austausch mit dem Vorstand zu fördern. Der Jugendbeirat organisiert Bildungs- und Begegnungsformate, darunter mehrtägige Veranstaltungen wie das Jugendwochenende in Essen (2025)[103] oder in Glücksburg (2024)[104], sowie thematische Aktionen, beispielsweise eine Fotoaktion unter dem Titel „Bilder einer sauberen Zukunft“.[105]

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Verbindungen, Kooperationen & Sponsoring

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Windauf eG

Die Energiegenossenschaft Windauf eG ist eine von Mitgliedern der Prokon eG gegründete Bürgerenergiegenossenschaft. Sie arbeitet eng mit Prokon zusammen und verfolgt das Ziel, durch den Betrieb oder Erwerb von Wind- und Photovoltaikanlagen zur Energiewende beizutragen.[106]

Sponsoring im Sport

Seit der Saison 2022/23 ist Prokon eG offizieller Premium-Partner der Basketballmannschaft Itzehoe Eagles, die in der drittklassigen ProB spielen.[107] Für die Saison 2024/25 trat das Unternehmen als „Exclusive Partner“ auf.

Kooperation mit WEtell

Im Windpark Friedersdorf (Landkreis Märkisch-Oderland, Brandenburg) wurde 2025 ein Kooperationsmodell mit dem Mobilfunkanbieter WEtell umgesetzt.[108] WEtell erwarb Genossenschaftsanteile in Höhe von 100.000 € und übernahm die Patenschaft für eine der vier Windenergieanlagen des Projekts. Die Anlage produziert jährlich rund 645.000 kWh Strom.[109] Prokon stellt zudem schrittweise seine Mobilfunkverträge auf WEtell um.[110]

Fördermodelle in Kommunen

Prokon eG schließt mit Gemeinden, in deren Umfeld Windparks entstehen, Sponsoringrahmenverträge und unterstützt lokale Vereine, Fördervereine und Projekte. Die Förderungen umfassen finanzielle Zuwendungen, Sachspenden und vergünstigte Stromtarife für Anwohnerinnen und Anwohner.[111]

Initiative „Klima vor acht“

Prokon eG ist gemeinsam mit der GLS Bank Hauptsponsor der Initiative „Klima vor acht“, die sich für regelmäßige Klimaberichterstattung im Fernsehen zur Hauptsendezeit einsetzt.[112]

GermanZero

Als Teilnehmer der Initiative „1-2-3-Zero“ von GermanZero übernimmt Prokon eG eine Vorreiterrolle im unternehmerischen Klimaschutz und berichtet offen über Fortschritte, Herausforderungen und Maßnahmen auf dem Weg zur Klimaneutralität.[113]

Verbandsmitgliedschaften

Prokon eG ist Mitglied im Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), im Bündnis Bürgerenergie e.V., bei watt_2.0 sowie im Genoverband e.V.[114]

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Liste der Prokon-Windparks

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Weitere Informationen Platz, Land ...
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Einzelnachweise

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