Remove ads
Magenzugang durch die Bauchdecke Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) ist ein endoskopisch angelegter künstlicher Zugang von außen durch die Bauchdecke in den Magen oder – bei einer perkutanen endoskopischen Jejunostomie (PEJ) – in den Dünndarm. Durch diesen Zugang kann ein elastischer Kunststoffschlauch gelegt werden.[A 1] Die Abkürzungen PEG oder PEJ bezeichnen jedoch regelmäßig die durch den jeweiligen Zugang geführte Sonde. Die PEG-Sonde dient vorwiegend dazu, dem Patienten Nahrung und Flüssigkeit zuzuführen, kann aber auch zur Sekretableitung genutzt werden oder um Medikamente zu verabreichen,[1] die allerdings für diese Applikationsart geeignet sein müssen.[2]
Bei der Entscheidung für eine PEG müssen die anderen Verfahren zur Zufuhr von Nahrung in Betracht gezogen werden. Da das Anlegen einer PEG, einer der häufigsten medizinischen Eingriffe in Deutschland, ein chirurgischer Eingriff ist, müssen rechtliche und ethische Aspekte beachtet und berücksichtigt werden.[3]
Der Begriff „perkutan“ leitet sich aus dem Lateinischen ab und kann mit „durch die Haut hindurch“ übersetzt werden. Gastrostomie setzt sich aus den beiden griechischen Wortteilen gaster für Magen oder Bauch und stoma für Mund oder Öffnung zusammen.
Die erste PEG wurde am 12. Juni 1979 am Rainbow Babies & Children's Hospital, University Hospitals of Cleveland (USA) von Michael W.L. Gauderer (Kinderchirurg), Jeffrey Ponsky (Endoskopiearzt) und James Bekeny (Chirurgie-Assistenzarzt) bei einem 4,5 Monate alten Kind mit ungenügender oraler Nahrungsaufnahme durchgeführt.[4] Die Erfinder, Michael W.L. Gauderer und Jeffrey Ponsky, veröffentlichten diese Technik 1980,[4] Einzelheiten der Entwicklung der Methode wurden durch den Autor 2001 veröffentlicht.[5]
In Deutschland wurden erste derartige Eingriffe 1984 in Köln von Vestweber und von Michael Keymling 1986 im Kreiskrankenhaus Bad Hersfeld vorgenommen.[6]
Mit der PEG-Sonde werden der Nasen-Rachen-Raum, die Speiseröhre und der Mageneingang umgangen. Diese PEG-Sonde wird daher zur teilweisen oder kompletten enteralen Ernährung verwendet, wenn eine orale Nahrungsaufnahme nicht oder nur unzureichend möglich ist. Sie kann aber auch als Ablaufmöglichkeit bei anhaltendem Erbrechen genutzt werden, beispielsweise bei Darmverschluss.
Wird eine Direktpunktion des Jejunums vorgenommen, wird dies als perkutane endoskopische Jejunostomie (PEJ-Sonde) bezeichnet. Eine zweilumige Sonde mit jeweils einem Schenkel im Magen und – über den Magenausgang (Pylorus) und den Zwölffingerdarm (Duodenum) hinaus – im obersten Abschnitt des Dünndarms, dem Leerdarm (Jejunum), ist eine JET-PEG. Eine PEJ oder JET-PEG kann bei einer Verengung (Stenose) des Magenausgangs und anderen Erkrankungen sinnvoll sein.
Ist eine längerfristige ernährungstherapeutische Intervention geplant (länger als vier Wochen), kann die Anlage einer perkutanen Sonde angezeigt sein.[7] Sie eignet sich für Patienten, die nicht oder nicht problemlos schlucken können, also:
Auf diesem Gebiet ist ein eindeutiger Wandel der Indikationsstellung feststellbar.[8] Die Minderung der Aufnahme von Nahrung und Flüssigkeit ist ein Teil des natürlichen Sterbeprozesses.[9] Die Sondenernährung dieser Patientengruppe beruhte auf der intuitiven Annahme, dass dadurch das körperliche und emotionale Wohlbefinden des Patienten erhalten, gesteigert und dadurch die Lebenserwartung erhöht werden kann. Diese Theorie wurde in der Zwischenzeit mit zahlreichen Studien widerlegt.[10] Davon abgesehen muss berücksichtigt werden, dass die Sondenanlage kein pflegerischer, sondern ein therapeutischer Eingriff ist und somit der Einwilligung bedarf bzw. sich in Übereinstimmung mit dem mutmaßlichen Patientenwillen befinden muss.
Bei anhaltendem schweren Erbrechen bzw. Miserere durch inoperablen gastroduodenalen Verschluss – z. B. bei ausgeprägter Peritonealkarzinose – kann eine PEG zur Ableitung der Sekrete angelegt werden.[11] Das ist beispielsweise sinnvoll, wenn eine medikamentöse Behandlung versagt, der Patient die Sonde voraussichtlich länger als zwei Wochen benötigt und seine wahrscheinliche Lebenserwartung ebenso noch mehrere Wochen beträgt.[12]
Es gibt Gründe, die gegen eine PEG-Sonde sprechen. Diese werden im Folgenden aufgelistet:[11]
Bei der Entscheidung, welche Sondenform für den individuellen Patienten eingesetzt werden soll, sind folgende Aspekte zu beachten:
Die transnasale Magensonde ist vorwiegend für eine kurzzeitige Verwendung im stationären Umfeld geeignet.[13] Sie ist für einen kurzfristigen, schnellen Einsatz geeignet, da kein operativer Eingriff oder eine Gastroskopie nötig ist. Eine Sonde, die durch Mund oder Nase verläuft, kann ästhetisch stören, den Nasen-Rachenbereich unangenehm reizen und zu Drucknekrosen und Entzündungen führen.
Die PEG ist für mittel- und langfristigen Gebrauch geeignet. Die Form der Buttonsonde ist für einen mittleren Zeitraum (Nutzungsdauer 6 Monate) geeignet.[14] Gegenüber der transnasalen Magensonde bietet die PEG den Vorteil, dass sie so lange belassen werden kann, wie sie benötigt beziehungsweise voraussichtlich Bedarf besteht.
Die Aspirationsgefahr ist verringert. Auch wird der Schluckakt nicht beeinträchtigt, so dass der Patient weiterhin Nahrung und Flüssigkeit über den Mund aufnehmen kann – wenn es keine anderen Gründe gibt, die dagegen sprechen. Eine PEG ermöglicht somit eine enterale Ernährung, also eine Ernährung über den Magen-Darm-Trakt, die der parenteralen Ernährung, das heißt der Ernährung durch Infusionen, grundsätzlich vorzuziehen ist.
Die PEG ist ästhetisch weniger störend, da die äußere Schlauchöffnung nicht im Gesicht, sondern an der Bauchdecke fixiert ist. Zwar ist die perkutane endoskopische Gastrostomie ein risikoarmer Eingriff,[15] deren Risiko dem einer Magenspiegelung entspricht,[16] doch ist die Belastbarkeit des Patienten ebenso wie Kontraindikationen für eine Operation zu prüfen.
Eine PEG kann im Rahmen einer palliativmedizinischen Symptombehandlung auch zur Entlastung des Darmes bei Darmverschluss eingesetzt werden.[12]
Gegenüber der Anlage einer Witzelfistel ist die PEG ein weniger belastender operativer Eingriff.
Eine Ballonsonde erfordert zusätzlich zur Wartung bei Nutzung die Wartung der Ballonfüllung.[21] Die Ballonsonde ist leicht austauschbar[21] und kann zum Ersatz einer Sonde mit Halteplatte verwendet werden.
Die Anlage einer PEG wird im Rahmen einer Gastroskopie durchgeführt. Am häufigsten geschieht dies mit der sogenannten Fadendurchzugsmethode. Zunächst wird beim Patienten der Magen durch Einblasen von Luft entfaltet. Mittels Diaphanoskopie wird im abgedunkelten Raum eine günstige Position für die Sonde gesucht. Nach dem Anbringen einer örtlichen Betäubung und entsprechender Desinfektion wird ein wenige Millimeter langer Schnitt in die Bauchhaut durchgeführt. Durch diesen Schnitt wird eine Stahlkanüle bis in den Magen eingeführt. Über die Stahlkanüle ist ein Plastikröhrchen gestreift, das beim Zurückziehen der Stahlkanüle eine Verbindung durch die Haut in den Magen herstellt. Durch dieses Röhrchen wird jetzt ein Faden geschoben, der im Magen mit einer kleinen, durch das Endoskop geschobenen Zange gegriffen wird. Das Endoskop wird jetzt zurückgezogen, bis der Faden durch die Bauchwand, den Magen und die Speiseröhre führt und aus dem Mund des Patienten ragt. An dieses Ende wird nun die Sonde geknotet und schließlich durch Zug an dem aus dem Bauch ragenden Fadenende durch den Mund, die Speiseröhre und den Magen nach außen gezogen. Am inneren Ende der Sonde ist eine Plastikplatte (innere Halteplatte) befestigt, die ein Durchrutschen der Sonde nach außen verhindert. Von außen wird die Sonde durch eine Gegenplatte, auch äußere Halteplatte genannt, fixiert. Die Gegenplatte sollte über Nacht auf leichtem Zug, jedoch für die ersten drei Tage nach der Sondenanlage auf relativ festen Zug halten, damit die durchstochenen Schichten der Bauchwand und des Magens zusammenwachsen und sich ein dichter Kanal bildet.
Die Komplikationsrate der PEG-Anlage ist ziemlich gering (geschätzte Rate schwerer Komplikationen < 1 %), da die meisten endoskopischen Abteilungen sie schon in größerer Zahl durchgeführt haben und mit der Methode vertraut sind. Trotzdem kann es zu einigen typischen Komplikationen kommen.
Drei Tage nach der Anlage sollte die äußere Halteplatte gelöst werden und die Sonde 3–4 cm vorsichtig in den Stomakanal geschoben und anschließend wieder weich bis zum Widerstand zurückgezogen werden (innere Halteplatte stößt an Magenwand an). Mit dieser Sondenmobilisation wird verhindert, dass die innere Halteplatte in die Magenwand einwächst (Buried-Bumper-Syndrom) und die PEG möglicherweise nicht mehr endoskopisch, sondern nur noch operativ zu entfernen wäre. Die Sonde sollte anschließend mit einem Spielraum von einem halben bis einem Zentimeter in der äußeren Halteplatte auf einer Schlitzkompresse fixiert werden. In den ersten zehn Tagen ist ein täglicher Verbandwechsel unter aseptischen Bedingungen indiziert, anschließend – bei reizlosem Stoma – zwei- bis dreimal je Woche. Wenn der Stomakanal nach etwa zwei bis vier Wochen vollständig abgeheilt und reizlos ist, wird kein Verband mehr benötigt. Die Sondenmobilisation muss dennoch regelmäßig erfolgen.[22]
Die künstliche Ernährung kann etwa einen Tag nach der Anlage beginnen.
Sondennahrung, Flüssigkeit und für diese Verabreichungsart geeignete Medikamente können
Kann der Patient wieder ausreichend selber essen, dann kann die PEG-Sonde wieder entfernt werden. Dazu gibt es zwei Wege:
Bislang ist nicht völlig klar, welche der beiden erstgenannten Methoden besser ist. Bei der ersten Methode besteht eine höhere Ileusgefahr durch das Fremdmaterial der Sonde. Die zweite Methode ist aufwändiger und erfordert eine erneute Magenspiegelung wie beschrieben.
Die Bauchhautfistel schließt sich in der Regel innerhalb von wenigen Stunden und bereitet meist keine Probleme.[A 6]
Bei Säuglingen oder Kleinkindern kann es bei langer Verweildauer der PEG zu einer Sondenabhängigkeit bzw. -dependenz kommen. Darunter versteht man die unbeabsichtigte physische und emotionale Abhängigkeit von einer ursprünglich als nur vorübergehend geplanten Sondierung bei gleichzeitigem Fehlen einer medizinischen Indikation. Die permanente Ernährung über eine Sonde hat ein Entwicklungsdefizit in der Entwicklung des Kindes zur Folge, weswegen ihre Entfernung oftmals als unabdingbar erscheint.[28]
Die Anlage einer PEG-Sonde und jede Form der künstlichen Ernährung ist ein ärztlicher Eingriff in die Körperintegrität des Menschen. Der Arzt braucht deshalb die Einwilligung des Patienten bzw. seines Vertretungsberechtigten. Ob eine PEG-Sonde weiter erforderlich ist oder entfernt werden kann, muss in regelmäßigen Abständen geprüft werden. Auch wenn eine PEG häufig die einzige Möglichkeit darstellt, die Ernährung eines Menschen langfristig sicherzustellen, ist zu bedenken:
Nach den grundlegenden Prinzipien der Medizinalethik („Informierte Einwilligung“, Alleinrang der medizinischen Indikation) ist es nicht gerechtfertigt, eine PEG-Sonde bei einem Patienten anzulegen, nur um z. B. die zeitraubende Essensprozedur zu beschleunigen.[31]
Inwieweit bei einem Patienten, der kein Verlangen nach Nahrungsaufnahme mehr hat, von bewusster Nahrungsverweigerung oder nur von besonders schwerwiegender Appetitlosigkeit gesprochen werden kann, ist fraglich. Wo kein Bedürfnis besteht, kann auch nicht von einer Verweigerung gesprochen werden. Die Sichtweise, dass Patienten, die „nichts mehr essen wollen“, damit signalisierten, in den Tod gehen zu wollen, und jede künstliche Ernährung gegen den Patientenwillen verstieße, ist somit genauso problematisch wie das Zwangsernähren für eine Lebensverlängerung um jeden Preis. Eine Entscheidung für oder gegen die Anlage einer PEG kann daher immer nur individuell und situationsbezogen getroffen werden.
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.