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Orthodoxe Kirchenbauten

Bauart eines Kirchengebäudes Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Orthodoxe Kirchenbauten unterscheiden sich manchmal äußerlich, vor allem aber in der Gestaltung und Ausstattung des Innenraumes von römisch-katholischen und protestantischen Kirchengebäuden. Kirchengebäude katholisch-unierter Gemeinschaften folgen größtenteils dem Schema der orthodoxen, da sie trotz Unterstellung unter den Papst orthodoxe Riten pflegen.

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Entstehung

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Der römische Kaiser Konstantin der Große legalisierte das frühe Christentum nach der Erringung seiner Alleinherrschaft 324 n. Chr. Er erhob diese relativ neue Religion quasi zur zweiten Staatsreligion im Römischen Reich, neben der die antike Römische Religion zwar weiterbestand, jedoch an Bedeutung abnahm. Indem er sich selbst als Begünstigter des christlichen Gottes darstellte, modifizierte er den Kaiserkult, dem das Christentum bislang in die Quere gekommen war. Daher wurden nun auch die bisher allenfalls geduldeten Gottesdienste von Privathäusern[1] in öffentlich zugängliche Gebäude verlagert, die eigens diesem Zweck dienen sollten; es entstanden daher die ersten Kirchen als Neubauten. Der römische Tempel war als Vorbild für Kirchen allerdings ungeeignet, da seine Cella mit dem Standbild des jeweiligen Gottes nur für die Priester zugänglich war und deshalb viel zu klein, um der Gemeinde Platz zu bieten, die ja an der Liturgie und Eucharistie teilnehmen und die Predigt hören sollte, während bei heidnischen Tempeln die Opfer und Prozessionen immer draußen stattfanden. Daher beauftragte man die Baumeister und Handwerker mit dem Bau von Basiliken, einem Bautyp, der in der römischen Architektur für Markt- oder Gerichtshallen sehr verbreitet war und den sie gut beherrschten.[2] Es handelte sich um hohe, langgestreckte Hallen mit durch Säulen abgetrennten niedrigeren Seitenschiffen. Diesem Bautyp einer dreischiffigen Säulenbasilika entsprachen die von Konstantin dem Großen in Rom erbauten Kirchen Alt-St. Peter, Sankt Paul vor den Mauern und Lateranbasilika. Die Basilikaform der antiken Markthallen-Architektur wurde dann noch bis in die Vorromanik und Romanik für Kirchenbauten der römisch-katholischen Kirche fast ohne Veränderungen verwendet, so etwa in den spätantiken Kirchen von Ravenna oder in der Basilika San Piero a Grado in Pisa aus dem 10. Jahrhundert. Als weiterer Bautyp kam das Baptisterium hinzu, das seine Vorbilder in antiken Brunnenhäusern und Thermen hatte.

Die ebenfalls von Konstantin dem Großen erbaute Kirche Hagia Irene in Konstantinopel hingegen wandelte die tradierte Bauform der Basilika bereits zu gottesdienstlichen Zwecken ab: das Mittelschiff ist überbreit (ähnlich einer römischen Palastaula) und von zwei Kuppeln überwölbt (wie man sie von den Thermen kannte − siehe auch: Liste römischer Kuppeln), während die beiden sehr schmalen Seitenschiffe nur noch Emporen Platz bieten sollen. Auch die Gewährleistung von Helligkeit durch viele Bogenfenster war der Thermen- und Aulen-Architektur entnommen. Für die Priester und Presbyter gibt es hinter dem Altar steinerne Sitzreihen in Form eines Synthronon, wie in einem kleinen Odeon, während sich vor dem Eingang ein Atrium befindet, wie es jedes gehobene römische Haus besaß. In diesen neuen Kombinationen altbewährter Bauformen liegt bereits die Vorform der orthodoxen Kirchenbauten und der Beginn der Byzantinischen Architektur.

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Bauformen

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Äußerlich fallen die zahlreichen Kuppeln auf, die wie im westlichen Kirchenbau den Himmel symbolisieren.

Beispiele für orthodoxe Kirchenbauten verschiedener Stile der Baugeschichte und regionaler Bautraditionen:

Grundformen

In Griechenland, den slawischen Ländern Südosteuropas und in Russland ist die Kreuzkuppelkirche Standardschema. Ein großer Teil der orthodoxen Kirchenbauten ist nicht viel länger als breit, denn man bevorzugte den Grundriss der höheren Teile des Gebäudes einem Griechischen Kreuz anzunähern (Kreuzkirche im engeren Sinne). In Russland, Ukraine, Belarus und ruthenisch geprägten Gegenden Polens bestehen orthodoxe und unierte Kirchenbauten nicht selten aus einer Aneinanderreihung mehrerer Bauteile von jeweils annähernd quadratischem Grundriss. Die Bauform der Basilika, aus der auch die orthodoxen Kirchen hervorgingen, kommt in der Orthodoxie in der Variante der Kreuzbasilika mit zumeist sehr kurzen Kreuzarmen vor.

Landestypische Besonderheiten

Die zeitliche Entwicklung des orthodoxen Kirchenbaus zeichnet sich durch eine stärkere Verbundenheit an der spätrömischen Architektur und dem weniger häufigen Aufgreifen architektonischer Moden aus, als etwa bei den westkirchlichen (katholischen und protestantischen). Nicht unbedeutend für diese Entwicklung ist die Hagia Sophia von Konstantinopel, heute Istanbul sowie deren Verlust für die Orthodoxie. Ebenso wie bei anderen Konfessionen finden sich jedoch auch bei Orthodoxie herausragende Beispiele aller Architekturepochen.

Es gibt auch regionale Unterschiede, begünstigt dadurch, dass ein großer Teil der ostkirchlichen Gemeinschaften autokephal ist, andererseits durch regionale Baustoffe oder das Zusammenleben mit anderen religiösen Gemeinschaften. So griffen Griechen wie auch Kopten oder Assyrer (darunter Aramäer), welche sich Kirchen im byzantinisch beherrschten Armenien, Ägypten, Georgien oder Syrien bauten, auch dortige lokale Bauformen auf (siehe: Orientalisch-orthodoxe Kirchen).

In Griechenland, der heutigen Türkei und auf dem Balkan sind die Kirchenkuppeln in der Regel einschalig, was sie äußerlich gedrungen erscheinen lässt. In russischen Landen baute und baut man dagegen vorzugsweise Zwiebeldächer über die Kuppeln. Die stilistische Besonderheit der Moskauer Basilius-Kathedrale und einiger ähnlich gestalteter kleinerer Kirchen aus derselben Zeit wird dahingehend gedeutet, dass hier die Architektur der Moschee der kurz vorher eroberten und zerstörten tatarischen Hauptstadt Kasan Pate gestanden hat.

In die ostkirchliche Architektur Polen-Litauens fanden sich häufiger barocke Elemente (Ukrainisches Barock) Aufnahme. Freskenbemalung der Außenwände und zu deren Schutz weit überstehende Dächer sind eine Spezialität der rumänischen Kirche (Moldauklöster im Gebiet des ehemaligen Fürstentums Moldau und die Holzkirchen in der Maramureș).

Klöster

Ein großer Anteil der kunsthistorisch bedeutenden orthodoxen Kirchen sind Klosterkirchen. Beispiele:

In orthodoxen Klöstern steht oft mehr als nur eine Kirche; einen Kreuzgang haben sie dagegen fast nie.

Historische Bedingungen

Wie bei jeglichen religiösen Gebäuden verbreitet, ist die Größe ostkirchlicher Kirchenbauten nicht zuletzt davon beeinflusst, ob jeweilige Kirchengemeinschaft eng mit dem Staat verbunden war, oder unter islamischer oder katholischer Herrschaft nur geduldet. So wurden in Griechenland und den Balkanländern nach deren Loslösung vom Osmanischen Reich vielerorts Kirchen gebaut, die größer sind als die dort erhaltenen mittelalterlichen, so die Alexander-Newski-Kathedrale in Sofia.

Das Äußere konfessionell umgewidmeter Gotteshäuser, zum Beispiel in früher zu Polen-Litauen gehörigen Orten in Belarus und der Ukraine oder in der Oblast Kaliningrad, spiegelt wie überall die Konfession der ursprünglichen Bauherren wider.

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Ausstattung

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Ikonostase der Kathedrale von Uglitsch (Russland)
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Innenraum der St. Wladimir-Kirche, Kiew

Der Innenraum orthodoxer Kirchengebäude ist nach den Erfordernissen des ostkirchlichen Ritus, in Europa zumeist Byzantinischen Ritus gestaltet:

  • Das Kirchengebäude ist in der Regel geostet und folgt einer bestimmten dreiteiligen Raumaufteilung:
    Der Altarraum (Allerheiligstes) im Osten ist vom Gemeinderaum – dem Naos, Viereck oder viereckiger Raum genannten Kirchenschiff (altgriechisch ναός naós ‚Tempel‘) – optisch durch eine mit Bildern bedeckte Trennwand geschieden, die Ikonostase. Diese Trennung kann als Rückgriff auf vorchristliche griechische Tradition verstanden werden; der wichtigste Teil altgriechischer und altrömischer Tempel war die Cella, zu der nur Priester Zugang hatten. Im Mittelalter gab es auch in westlichen Kirchen eine Trennung, die aber den Blick in der Regel nicht ganz verstellte, den Lettner. Für die orthodoxe Theologie steht das Verbergen des Allerheiligsten hinter der Ikonostase dafür, dass Gott ohne Vermittlung durch Christus unerreichbar sei. Die Bildinhalte der Ikonostase vermitteln nach dieser Lehre zwischen der Gemeinde und dem Allerheiligsten. Die Ikonostase ist so angelegt, dass trotz dieser Raumteilung die hinter der Trennwand gesprochene und gesungene Liturgie im Gemeinderaum verstanden werden kann.
    Der Naos wird betreten durch den Narthex, eine Vorhalle in der Breite des Kirchengebäudes, auch Refektorium genannt; hier werden Kerzen, Ikonen und kirchliche Gegenstände verkauft, und von hier aus sind die Diensträume der Kirche erreichbar.[3]
  • Die Gestaltung der Bilder (Ikonen) unterliegt traditionell strengen Regeln.
  • Orthodoxe Kirchen haben keine Orgel, da die orthodoxe Christenheit die menschliche Stimme als einzig zulässiges Instrument betrachtet, um Gott Lobpreis darzubringen.
  • Russische orthodoxe Kirchen haben oft keine Kirchenbänke oder Bestuhlung, sondern nur eine Sitzreihe an den Wänden des Naos, wo Alte und Schwache Platz nehmen können, während der Großteil der Gemeinde während der Liturgie steht.

Auch über die Ikonostase hinaus sind nicht wenige orthodoxe Kirchen prächtig ausgemalt. Historisch ist dabei der Byzantinische Bilderstreit des frühen Mittelalters bemerkenswert, in dem sich die Ikonoklasten gegen den Bilderschmuck der Kirchen wandten, Jahrhunderte vor den Bilderstürmern zur Zeit der westkirchlichen Reformation. Auf dem Zweiten Konzil von Nicäa (787) wurde dieser Streit beendet, indem unter Verweis auf die Fleischwerdung Christi die bildliche Darstellung Christi, der Engel und der Heiligen ausdrücklich gebilligt wurde. Dies gilt jedoch nur für zweidimensionale (Ab-)Bilder. In dieser Erinnerung an das biblische Bilderverbot sind Skulpturen in orthodoxen Kirchen nicht üblich und werden gemeinhin skeptisch gesehen. In Griechenland wie in Russland schmückte man die Innenwände und Gewölbe der Kirchen gerne mit Mosaiken. Während diese in der Frühzeit vorzugsweise aus einfachem Material waren (Glasmosaiken), geizte man später nicht mit Gold.

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Bilder

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Siehe auch

Literatur

Commons: Orthodoxe Kirchenbauten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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