Familie und Namen stammen vermutlich aus der von Sorben besiedelten Ober- und Niederlausitz. Dort lebten im 14. und 15. Jahrhundert die ersten bekannten Träger des Namens (bzw. verwandter Formen). Auch wenn eine direkte Nachkommenslinie zu den späteren Namensträgern bislang nicht nachweisbar ist, kann die Herkunft des Namens mit folgenden Namensträgern belegt werden: der Küchenmeister Nathus oder Natusch (1386)[2], ein Bürger Natusch aus Löbau (1432)[3], der Schmied Natusch in Lübben (1437)[4] sowie ein Michel Natusch aus Görlitz (1460).[5][6] Der ursprünglich wendische Name Natisch oder Natusch wandelte sich bei einigen Namensträgern im 16. Jahrhundert in die latinisierte Form Nathusius. Der erste, heutigen Namensträgern mit hoher Wahrscheinlichkeit als Vorfahre zuzurechnende Nathusius war Hans Nettisch (andere, damals noch gebräuchliche Schreibweisen: Natisch, Nätisch, Natusch, Netusch). Er wurde 1548 unter dem Rektorat des Christophorus Schenk von Landsberg an der Universität Frankfurt an der Oder immatrikuliert.[7] 1562 wird Hans Nettisch (Nathusius) als Stadtschreiber von Priebus genannt.[8] Ab 1580 wird er als Ratsherr und/oder Richter in Priebus erwähnt.[9]
Die Nachkommen des Hans Nettisch (Nathusius) waren bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert zum großen Teil studierte Beamte in Niederschlesien, Sachsen und Brandenburg, die evangelisch waren und meist das Bürgerrecht erwarben; neben Stadtschreibern auch Schulmeister[10], Prediger, Hauslehrer[11] und Kantoren.[12] Danach verteilten sich die verschiedenen Familienstämme nach Berlin, Jüterbog, Leipzig und Halle, Göttingen, Plauen im Vogtland sowie Baruth.
Christian Nathusius (* 24. Juni 1625 in Priebus; † 16. Juni 1707 in Sonnewalde) war der Sohn des Rektors der Stadtschule in Lübben (Spreewald), Elisäus Nathusius († 1668)[13] und vermutlich ein Urenkel des Priebusser Ratsherrn und Richters Hans Nettisch (Nathusius). Er besuchte Schulen in Spremberg, Lübben, Cottbus, Guben und Stralsund. Später studierte er Theologie an der Universität Königsberg und war ab 1653 Hauslehrer bei den Reichsgrafen von Solms-Sonnenwalde. Georg Friedrich Graf zu Solms berief ihn ab 1655 auf Pfarrstellen in Gehren, Riedebeck, Schönwalde und Fredersdorf. 1670 trat er eine Stelle als Diakon in Sonnewalde und Pastor in Zeckerin an, eine Position, zu der ihn erneut die Grafen zu Solms ernannt hatten.[14]
Bereits am 11. Februar 1655 hatte Christian Nathusius in Sonnewalde Katharina König (1632–1692) geheiratet. Die Hochzeit war dem geschätzten Ephorus vom regierenden Grafen zu Solms im großen und im kleinen Saal des Solm’schen Schlosses ausgerichtet worden, sie wurde anlässlich der Taufe des Grafensohnes Otto Heinrich gefeiert.[15] Nach dem Tode seiner Frau heiratete der 68-Jährige in zweiter Ehe Anna Sophia Horn (1657–1696). Aus beiden Ehen sind zehn Kinder bekannt, eines davon war Heinrich Wilhelm (I.) Nathusius.
Der Sohn des Christian Nathusius wurde am 28. Dezember 1670 in Sonnewalde geboren, verstorben ist er im November 1737 in Luckenau.[16] Er besuchte mindestens fünf Jahre lang die Lateinschule in Sonnewalde, gleichzeitig oder in Folge erlernte er das Bäckerhandwerk.
Später pachtete er von seinem Patenonkel Heinrich Wilhelm Graf zu Solms-Sonnenwalde dessen Gut Drehna. Die Pacht wurde am 24. Juni 1718 (siehe Abbildung: Auszug aus einem Pachtvertrag) um neun Jahre verlängert. Daneben war Nathusius Pächter weiterer Güter und Vorwerke (Zagelsdorf bei Dahme, Weissack und Waltersdorf bei Lukau[17]) in der Umgebung. Vermutlich 1717 erwarb Nathusius das Gut Zagelsdorf vom Pachtherrn Solms-Sonnenwalde[18], verkaufte es aber bereits 1721 an einen Grafen von Schönburg.
Das Kirchenbuch von Gossmar weist ihn von 1688 bis 1699 fünfmal als Paten von Kindern Gossmarer Honoratioren aus.[19] Nathusius heiratete am 29. September 1706 die Tochter eines Sonnewalder Bürgers, Anna Sophie Dieter (* 1684). Vier ihrer sieben Kinder studierten Jura oder Theologie an der Universität Wittenberg, darunter der spätere Generalakzise-Einnehmer Heinrich Wilhelm (II) Nathusius (1717–1786), der Vater von Johann Gottlob Nathusius.
Aus dem Baruther Zweig der Familie stammte Johann Gottlob Nathusius, Sohn des Steuerbeamten Heinrich Wilhelm II. Nathusius, war er der wohl bedeutendste Vertreter der Familie. Aus einfachen Verhältnissen kommend wurde er zu einem der reichsten und angesehensten Männer im heutigen Sachsen-Anhalt. Seine Söhne (sowie ein Neffe) begründeten die sechs Linien im Magdeburger Raum:
Einige Familienmitglieder trugen den Ortszusatz zum Familiennamen.
- Elias Nathusius (1628–1676), Kirchenmusiker, Nikolaikantor in Leipzig
- Christian Nathusius (1664–1689), Rechtswissenschaftler
- Johann Georg Nathusius (1722–1792), Pastor in Sadisdorf
- Johann Gottlob Nathusius (1760–1835), Kaufmann und Großindustrieller
- Hermann Engelhard von Nathusius (1809–1879), Gutsbesitzer, Züchter und Politiker
- Philipp Engelhard von Nathusius (1815–1872), Publizist und Gründer des Lindenhofes (Neinstedter Anstalten), Ehe mit Marie Nathusius, geb. Scheele (1817–1857), Schriftstellerin und Komponistin
- August Engelhard von Nathusius (1818–1884), Gutsbesitzer und Züchter
- Wilhelm von Nathusius (1821–1899), deutscher Politiker und Zoologe
- Heinrich von Nathusius (1824–1890), deutscher Gutsbesitzer, Züchter und Politiker
- Simon von Nathusius (1865–1913), Tierzüchter, Wissenschaftler und Hochschullehrer
- Thomas von Nathusius (1866–1904), Landschafts- und Tiermaler
- Heinrich von Nathusius (1900–1964), Ehe mit Viktoria, geb. Varnhagen
- Johanne Philippine Nathusius (1828–1885), Gründerin des Elisabeth-Stiftes (Neinstedter Anstalten)
- Gottlob Engelhard von Nathusius (1838–1899), preußischer Landrat und Polizeipräsident in Posen
- Hans von Nathusius (1841–1903), Preußischer Offizier und Landstallmeister
- Philipp von Nathusius (Politiker), genannt Nathusius-Ludom (1842–1900), Publizist und Politiker
- Susanne von Nathusius (1850–1929), Porträtmalerin in Halle (Saale) und Paris
- Walter von Nathusius (1873–1943), Textilunternehmer in Erfurt
- Gottlob Moritz Nathusius (1876–1936), Magdeburger Kaufmann und Unternehmer
- Martin Nathusius (Fabrikant) (1883–1941), Offizier und Großindustrieller in Magdeburg
- Gottlob Karl von Nathusius (1884–1948), Züchter und Ornithologe
- Wilhelm von Nathusius (Ministerialbeamter) (1893–1952), deutscher Politiker und politischer Beamter
- Wolfgang von Nathusius (1911–1986), deutscher Arzt und Medizinalbeamter
- Mark Heinrich von Nathusius (1932–2020), Generalmajor der Bundeswehr
- Heinrich von Nathusius (Unternehmer) (* 1943), deutscher Manager und Unternehmer
- Suzanna von Nathusius (* 2000), deutsch-polnische Schauspielerin
Ehemalige Unternehmen im Besitz der Familie:
Unternehmen im Besitz der Familie:
Die Nachkommen des Christian Nathusius (1625–1707) und seiner ersten Ehefrau, der Katharina, geb. König (1632–1692) schlossen sich am 20. September 1895 in einem Verband zusammen, der heute als „Verein der Familien von Nathusius und Nathusius e.V.“ unter der Nummer VR 3835 im Vereinsregister des Amtsgerichts Stendal eingetragen ist; bis 2014 war der Verein unter der Nummer VR 1401 im Vereinsregister des Amtsgerichts Kassel eingetragen.[25] Dieser Verein umfasst die Angehörigen der sechs Nathusius-Linien aus dem Magdeburger Raum. Vorsitzender ist Hans-Jochen Nathuisius (* 1950).[25]
- Heinrich von Nathusius-Neinstedt: Beiträge zur Geschichte der Familie Nathusius. 1. Heft, als Manuskript gedruckt. Abel, Greifswald 1902.
- Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Briefadeligen Häuser 1907, Jahrgang 1, Justus Perthes, Gotha 1906, S. 558 ff.
- Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. Alter Adel und Briefadel. 1921, Jahrgang 15, Justus Perthes, Gotha 1920, S. 607 ff.
- Stammfolge der Familie Nathusius, von Nathusius, aus Priebus in der Lausitz. in: Deutsches Geschlechterbuch (Genealogisches Handbuch bürgerlicher Familien). 39. Band, C. A. Starke, Görlitz 1923, S. 551–562.
- Hans-Friedrich von Ehrenkrook: Brüder Hans und Alfred Nathusius, geboren 1907 und 1912. In: Ahnenreihen aus allen deutschen Gauen. Beilage zum Archiv für Sippenforschung und allen verwandten Gebieten. Dritter Band, Ausgabe A, Verlag für Sippenforschung und Wappenkunde C. A. Starke, Görlitz 1937–1940, S. 211–240.
- Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser 1940, Teil B (Briefadel). Jahrgang 32, Zugleich Adelsmatrikel der Deutschen Adelsgenossenschaft, Justus Perthes, Gotha 1939.
- Walter von Hueck, Friedrich Wilhelm Euler: Genealogisches Handbuch des Adels, (GHdA), Adelige Häuser B (Briefadel), Band XI, Band 57 der Gesamtreihe GHdA, C. A. Starke, Limburg/Lahn 1974, S. 312–314. ISSN 0435-2408
- Martin Nathusius: Nathusius. Eine Entdeckungsreise durch 450 Jahre Familiengeschichte (1548–1997). Saint-Sulpice/VD, 1997.
- Gottfried Graf Finck von Finckenstein, Christoph Franke: (GHdA), Adelige Häuser B (Briefadel), Band XXXV, Band 156 der Gesamtreihe GHdA, C. A. Starke, Limburg/Lahn 2014. ISSN 0435-2408
Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Potsdam, Signatur Pr. Br. Rep. 37 Herrschaft Sonnewalde, Akte Nr. 2289, abgedruckt in: Martin Nathusius: Eine Entdeckungsreise durch 450 Jahre Familiengeschichte (1548–1997), sh. Lit.
Woldemar Lippert: Urkundenbuch der Stadt Lübben. Band 2: Die Lübbener Stadtrechnungen des 15. und 16. Jahrhunderts. Baensch-Stiftung, Dresden 1919
Erich Wentscher (Hrsg.): Die ältesten Görlitzer Bürgerrechtslisten, 1379–1600. Hrsg. Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften, Selbstverlag, Görlitz 1928, S. 53.
Hans Bahlow: Deutsches Namenlexikon, Familien- und Vornamen nach Ursprung und Sinn erklärt. S. 353.
Ernst Friedländer (Hrsg.): Ältere Universitätsmatrikeln. I. Universität Frankfurt a. O. Erster Band (1506–1648), S. 106. Die Eintragung unter der Nummer 14, fol. 98 lautet: Johannes Netusch Bribussensis (Digitalisat). Im Jahre 1561 wurde an der gleichen Universität unter der Nummer 143, fol. 159 der Georgius Netusch Pribucensis immatrikuliert, eventuell ein Bruder des Hans Nettisch (Nathusius) (Digitalisat).
gem. Heinrich von Nathusius-Neinstedt, siehe Literaturverzeichnis
Arthur Heinrich: Geschichtliche Nachrichten über Priebus. Aus den Quellen zusammengestellt. Druck von A. Menzel, Sagan 1898, S. 28 f.
wie z. B. Elisäus Nathusius († 1668), gem. Kirchenbuch Spremberg N./L., 1618–1663, S. 85
wie z. B. Christian Nathusius (1625–1707) gem. Hermann Grote, Stammtafeln. S. 132.
wie z. B. Jeremias Nathusius (* 1590), gem. Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Außenstelle Lübben, Pr. Br. Rep. 10 Lübbener Kirchenrechnungen, Nr. 4, S. 163
Lübbener Subscriptionsbuch, Teil A (Geistliche), 1661–1816, veröffentlicht in: Archiv für Sippenforschung. Jahrgang 11, C. A. Starke, Görlitz 1934 (8020).
Martin Nathusius: Nathusius. Eine Entdeckungsreise, sh. Lit., S. 43 ff.
gem. Kirchenbuch Sonnewalde, Baptisati 1654, Dezember 1654, S. 107: „Bei diesem gräflichen Taufakte wurden folgenden Tages, als am 11. Februar 1655, Herr Christianus Nathusius, … der jungen gräflichen Herren Ephorus und vorcierter Pfarrer zu Gehren und Riedebeck, und Jungfrau Catharina König, … , unserer gnädigen Gräfin und Frau Kammerdienerin, im grossen Saal durch den Herrn Superintendenten, Magister Johann Georg Kretzl ehelich zusammengegeben. Die Hochzeit wurde ihm von unserem gnädigen Grafen und Herrn ausgerichtet im kleinen Saal.“
Martin Nathusius: Nathusius. Eine Entdeckungsreise, sh. Lit., S. 56 ff.
gem. Entwurf zu einem Mahnbrief des Herzogs Moritz Wilhelm zu Sachsen-Merseburg an Heinrich Wilhelm Nathusius vom 15. September 1722: „Von Gottes Gnaden Wir Moritz Wilhelm Herzog zu Sachsen … geben Dir, Heinrich Wilhelm Nathusio, Pachtern zu Weissag, hiermit in Abschrift zu vernehmen“, in: Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Potsdam, Pr. Br. Rep. 40 C, Niederlaus. Konsistorium, Nr. 1843, Acta Consistorialia. Paulus Davidis.
Elsbeth von Nathusius: Johann Gottlob Nathusius. Ein Pionier, siehe Literaturverzeichnis, erwähnt eine solche Möglichkeit
im Einzelnen waren die Taufkinder: 25. Februar 1688, Christian Michael Lehmann, Sohn des Custodis Gottfried Lehmann; 3. April 1694, Maria Hilges, Tochter des Peter Hillges; 21. September 1695, Elisabeth Dübigs, Tochter des Hüfners und Richters Hans Dübigs; 20. Oktober 1697, Johannes Richters, Sohn des George Richters; 28. März 1699, Peter Heenen, Sohn des Hüfners und Gerichts-Schöppen Hans Heenen
geadelt 1861, gem.: Nathusius (1840, 1861), V. Linie, Heinrich Engelhard v. Nathusius (preußischer Adelsstand Königsberg i. Pr., 18. Oktober 1861), in: Genealogisches Handbuch des Adels, Band 57 der Gesamtreihe, Adelige Häuser B Band XI, C. A. Starke Verlag, Limburg a. d. Lahn 1974, S. 320.
geadelt 1840, gem.: Nathusius (1840, 1861), I. Linie, Hermann Engelhard v. Nathusius (preußischer Adelsstand Königsberg i. Pr., 15. Oktober 1840, Diplom Ostende 24. August 1859), in: Genealogisches Handbuch des Adels, Band 57 der Gesamtreihe, Adelige Häuser B Band XI, C. A. Starke Verlag, Limburg a. d. Lahn 1974, S. 308
geadelt 1861, gem.: Nathusius (1840, 1861), IV. Linie, Wilhelm Engelhard v. Nathusius (preußischer Adelsstand Königsberg i. Pr., 18. Oktober 1861), in: Genealogisches Handbuch des Adels, Band 57 der Gesamtreihe, Adelige Häuser B Band XI, C. A. Starke Verlag, Limburg a. d. Lahn 1974, S. 317
geadelt 1861, gem.: Nathusius (1840, 1861), III. Linie, August Engelhard v. Nathusius (preußischer Adelsstand Königsberg i. Pr., 18. Oktober 1861), in: Genealogisches Handbuch des Adels, Band 57 der Gesamtreihe, Adelige Häuser B Band XI, C. A. Starke Verlag, Limburg a. d. Lahn 1974, S. 314.
geadelt 1861, gem.: Nathusius (1840, 1861), II. Linie, Philipp Engelhard v. Nathusius (preußischer Adelsstand Königsberg i. Pr., 18. Oktober 1861), in: Genealogisches Handbuch des Adels, Band 57 der Gesamtreihe, Adelige Häuser B Band XI, C. A. Starke Verlag, Limburg a. d. Lahn 1974, S. 311
AG Stendal, VR 3835, chronologischer Abdruck vom 19. Januar 2024.