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vierdimensionaler Raum mit der Zeit als Koordinate Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Minkowski-Raum, benannt nach Hermann Minkowski, ist ein vierdimensionaler Raum, in dem sich die Relativitätstheorie elegant formulieren lässt. Um 1907 erkannte Minkowski, dass die Arbeiten von Hendrik Antoon Lorentz (1904) und Albert Einstein (1905) zur Relativitätstheorie in einem vierdimensionalen nicht-euklidischen Raum verstanden werden können. Er vermutete, dass in einem solchen der dreidimensionale Raum und die Zeit als sogenanntes Raum-Zeit-Kontinuum miteinander verbunden sind. Dieses wird auch als Minkowski-Welt bezeichnet.
Drei seiner Koordinaten sind die des Euklidischen Raums; dazu kommt eine vierte Koordinate für die Zeit. Der Minkowski-Raum besitzt also vier Dimensionen. Dennoch unterscheidet sich der Minkowski-Raum wesentlich von einem vierdimensionalen euklidischen Raum aufgrund der unterschiedlichen Struktur von Raum- und Zeitkoordinaten (siehe unten).
In der Mathematik betrachtet man auch Minkowski-Räume beliebiger Dimension als Spezialfälle pseudoeuklidischer Räume. Minkowski-Räumen zugrunde liegt ein Vektorraum der Parallelverschiebungen (Minkowski-Vektorraum) mit einem Pseudoskalarprodukt (so wie bei Euklidischen Räumen ein Euklidischer Vektorraum mit Skalarprodukt). Die Punkte des Minkowski-Raumes werden Ereignisse genannt, im Unterschied zu den Vierervektoren genannten Elementen des Vektorraums.
Der Minkowski-Vektorraum ist ein vierdimensionaler reeller Vektorraum, auf dem das Skalarprodukt nicht durch den üblichen Ausdruck, sondern durch eine nichtausgeartete symmetrische Bilinearform vom Index 1 gegeben ist. Diese ist also nicht positiv definit. Man ordnet den Minkowski-Vierervektor vier-komponentige Elemente bzw. zu und setzt in der Regel
wobei eine Kurzschreibweise für ist und die Koordinate ebenfalls reell definiert ist: sie geht mit Hilfe der Lichtgeschwindigkeit aus der Zeitkoordinate hervor.
Statt der hier gewählten Signatur die in der allgemeinen Relativitätstheorie heute am häufigsten verwendet wird (sie ist die Konvention im einflussreichen Lehrbuch Gravitation von Charles Misner, Kip Thorne und John Archibald Wheeler von 1973), wird – vor allem in der neueren Literatur – oft die physikalisch äquivalente umgekehrte Signatur gewählt. Letztere ist auch in der Teilchenphysik weit verbreitet[1] und wird zum Beispiel in der bekannten Lehrbuchreihe von Landau und Lifschitz verwendet. wird im Englischen daher auch Teilchenphysik-Konvention genannt (auch Westküsten-Konvention), und die Relativitätstheorie-Konvention[2] (auch Ostküsten-Konvention). Die Zeit wird zuweilen auch als vierte statt als erste Koordinate geführt.
Eine symmetrische Bilinearform mit einer derartigen Signatur wird auch Minkowski-Metrik oder (bei einer Lorentz-Mannigfaltigkeit für die Tangentialräume) Lorentz-Metrik genannt.
Alternativ kann man das innere Produkt zweier Elemente des Minkowski-Vektorraumes auch als Wirkung des metrischen Tensors auffassen:
indem man kontravariante und kovariante Vektorkomponenten unterscheidet (obere bzw. untere Indizes, z. B. aber ).
In manchen älteren Lehrbüchern[3] wird eine äquivalente Notation mit einer imaginären Zeitachse verwendet, die dadurch die gemischte Signatur des inneren Produkts vermeidet. Durch Setzen von können die mit positiv definiter, euklidischer Metrik verwendet werden und man erhält dennoch die korrekte Minkowski-Signatur
Eine Eigenschaft dieser Konvention ist, dass nicht zwischen kontravarianten und kovarianten Komponenten unterschieden wird. Der Wechsel von Minkowski-Signatur auf euklidische Signatur der Metrik wird dabei als Wick-Rotation bezeichnet. In modernen Lehrbüchern wird diese Konvention nicht verwendet und von der Verwendung abgeraten.[4]
Die Lorentz-Transformationen spielen eine den Drehungen um den Koordinatenursprung in euklidischen Räumen analoge Rolle: Es sind diejenigen homogen-linearen Transformationen, die das Objekt und damit das innere Produkt des Minkowski-Vektorraums invariant lassen, was die Bedeutung des Minkowski-Vektorraums in der speziellen Relativitätstheorie begründet. Auch eignet sich dieser Formalismus zur Verallgemeinerung in der allgemeinen Relativitätstheorie. Im Gegensatz zu den Drehgruppen haben die Lorentz-Transformationen auch die Kausalstruktur der Systeme als Folge.
Die Lorentz-Transformationen setzen sich zusammen aus einer räumlichen Drehung und einem sog. „Boost“ (alias Spezielle Lorentz-Transformation), d. h. dem Übergang zu einem relativ zum ursprünglichen Beobachtersystem mit gleichnamiger Geschwindigkeit (kleiner als die des Lichts) bewegten System. Die Drehung kann vor oder nach dem Boost erfolgen, da beide Operationen aber nicht vertauschbar sind, sind die erforderlichen Drehungen und Boosts (im Allgemeinen) jeweils unterschiedlich; insbesondere die Drehungen sind im Gegensatz zu einer Galilei-Transformation der nichtrelativistischen Physik deshalb unterschiedlich, weil der Boost infolge der Längenkontraktion Einfluss auf den Raum bzw. die Raumkoordinaten hat.
Der Minkowski-Raum ist die vierdimensionale Raumzeit, seine Punkte werden in der Relativitätstheorie Ereignisse genannt. So wie man in der Analytischen Geometrie dem Euklidischen Raum einen Euklidischen Vektorraum als Vektorraum zuordnet – etwa als Menge der Parallelverschiebungen, unterliegt der Raumzeit ein pseudoeuklidischer Vektorraum (Minkowski-Vektorraum) . Die Stelle der Parallelverschiebungen nehmen hier die Raum-Zeit-Translationen ein, die Vektoren werden auch Vierervektoren genannt. Beispiele für raumzeitliche Parallelverschiebungen sind die Übergänge zu einem räumlich verschobenen Beobachter (Inertialsystem) mit im Allgemeinen nicht synchronisierter Uhr: Ein solcher Übergang von einem Inertialsystem zu einem anderen wird im Minkowski-Vektorraum beschrieben durch die Lorentz-Transformation (Drehung und Boost), in der Raumzeit durch die Poincaré-Transformation (mit zusätzlicher Parallelverschiebung, d. h. Raum-Zeit-Translation).
In der Mathematik, speziell der Differentialgeometrie betrachtet man auch Minkowski-Räume und -Vektorräume beliebiger Dimension > 1. Letztere sind -dimensionale Vektorräume mit einer symmetrischen Bilinearform der Signatur . In einer geeigneten („kanonischen“) Basis lässt sich als
darstellen, diese Form bezeichnet man als Lorentzform. Dabei sind und die Koordinaten der Vektoren . Für schreibt man wieder kurz , für dann auch .
Die kanonischen Koordinatensysteme der Raumzeit sind die Inertialsysteme, gekennzeichnet durch einen raumzeitlichen Ursprung (räumlicher Bezugspunkt zur „Stunde Null“) mit einem Kartesischen Koordinatensystem der Raumkoordinaten. Idealerweise benutzt man natürliche Einheiten (etwa Sekunden als Zeit- und Lichtsekunden als Entfernungseinheit). Im Minkowski-Vektorraum entspricht dies einer kanonischen Basis drei aufeinander senkrecht stehenden raumartigen Vektoren, die zusammen eine räumliche Orthonormalbasis bilden, und einem zeitartigen Vektor.
Die Elemente des Minkowski-Vektorraums können nach dem Vorzeichen von (bzw. ) in drei Klassen eingeteilt werden:
Die Invarianz dieser Einteilung bei allen Lorentz-Transformationen folgt aus der Invarianz des Lichtkegels. Dabei beschreibt das zeitartige Innere des Lichtkegels die kausale Struktur: mögliche Ursachen eines Ereignisses liegen in der „Vergangenheit“ (Rückwärtsbereich des Lichtkegel-Inneren), mögliche Auswirkungen in der „Zukunft“ (Vorwärtsbereich des Lichtkegel-Inneren); außerdem gibt es noch den raumartigen Außenbereich des Lichtkegels, der mit dem betrachteten Ereignis im Zentrum gar nicht „kausal zusammenhängt“, weil dazu Informationsübertragung mit Überlichtgeschwindigkeit nötig wäre.
In einem Minkowski-Raum gibt es zu jedem (Raum-Zeit-)Punkt (d. h. Ereignis) einen Lichtkegel. Entsprechend ergeben sich für Paare von Raumzeitpunkten in einem Minkowski-Raum folgende Relationen:
Anmerkungen:
Nach einem Theorem von Erik Zeeman (1964) gilt:
Sei ein Minkowski-Raum der Dimension mit . Dann bilden die chronologischen Automorphismen (d. h. die bzgl. der chronologischen Relation treuen Bijektionen) eine Gruppe, und diese ist zur Gruppe der inhomogenen Lorentz-Transformationen und Dehnungen isomorph.[11] Dies besagt, dass die mit assoziierten physikalischen Invarianten auf natürliche Weise aus der Kausalstruktur folgen, wobei die oben definierte Kausalbeziehung auf der Ereignismenge bezeichnet.[8]
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