Die Mausohren (Myotis) – auch Mausohrfledermäuse – sind eine Fledermausgattung, die zur Familie der Glattnasen (Vespertilionidae) gehört. Zu den Mausohren werden im Handbook of the Mammals of the World 128 Arten gezählt. Die Gattung ist Gegenstand intensiver Forschungen, wobei immer wieder neue Arten beschrieben werden, was sich beispielsweise an der erst im Jahr 2001 beschriebenen Nymphenfledermaus (Myotis alcathoe) zeigt. Der Name Myotis setzt sich aus dem Griechischen mys (=Maus) und otos (=Ohr) zusammen, was auch dem deutschen Gattungsnamen entspricht.
Schnelle Fakten Systematik, Wissenschaftlicher Name ...
Ihren Namen verdanken die Mausohren der Ähnlichkeit ihrer Ohren mit denen von Mäusen. Im Gegensatz zu diesen besitzen die Mausohrfledermäuse einen funktionalen Tragus, der beweglich ist und mit dem der Gehörgang verschlossen werden kann. Die Form und Größe der Ohren und Tragen sind wichtige Unterscheidungsmerkmale bei der Artbestimmung ruhender Tiere. Auch anhand unterschiedlicher Unterarmlängen, Habitus und Charakteristika der Flughäute können die jeweiligen Arten unterschieden werden. Die Fellfärbung variiert auf dem Rücken der Tiere zwischen unterschiedlichen Grau- und Brauntönen. Die Unterseite ist meist deutlich heller bis hin zu nahezu weiß. Die Abgrenzung zwischen dunkler gefärbtem Fell auf der Oberseite und hellerem auf der Unterseite ist meist scharf. Mausohren erreichen eine Kopfrumpflänge von 35 bis 100 Millimetern, ihr Schwanz wird 28 bis 65 Millimeter lang. Ihr Gewicht variiert von 3 Gramm bei den kleinsten Arten bis zu 45 Gramm beim Großen Mausohr.
Die Zahnformel der Mausohren lautet 2133/3133. Damit verfügen die Mausohren über die Maximalanzahl von 38 Zähnen. Die Anzahl der Zähne ist bei der Unterscheidung der einzelnen Myotisarten nicht hilfreich.
Als Kosmopoliten sind die Mausohren die artenreichste und am weitesten verbreitete Fledermausgattung weltweit. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich über alle Kontinente bis auf die Antarktis. Ferner kommen keine Mausohren in der Arktis sowie auf einigen ozeanischen Inseln vor. In Europa leben dreizehn Arten:
Mausohren kommen in einer Vielzahl von Lebensräumen vor, von Wüsten bis zu Regenwäldern und Bergländern. Alle Arten sind nachtaktiv, tagsüber schlafen sie in Höhlen, Minen, Gebäuden, Baumhöhlen oder anderen Unterschlupfen. Die meisten Arten leben in Gruppen, deren Größe von einigen wenigen bis zu hunderttausenden Tieren variieren kann. In kühleren Regionen halten sie während der kalten Jahreszeit einen Winterschlaf, wozu sie sich oft in eigene Winterquartiere zurückziehen, oder migrieren in wärmere Gebiete.
Ernährung
In Europa ernähren sich alle Arten der Mausohren fast ausschließlich von kleineren Arthropoden. Hierbei stellen Insekten die Hauptnahrung dar, aber auch Spinnen und Tausendfüßer werden erbeutet. Die Beutetiere werden meist im Flug gegriffen. Einige Arten landen aber auch auf dem Boden oder anderen Oberflächen wie Blättern oder Wänden, um ihrer Beute dort teilweise krabbelnd nachzustellen. Einige Arten, am bekanntesten ist Myotis vivesi aus Mexiko, ernähren sich vorrangig von Fischen. Diese Arten sind durch lange Hinterbeine mit großen Krallen an diese Ernährungsweise angepasst.
In gemäßigten Regionen erfolgt die Paarung meist im Herbst oder im Frühwinter, dann wird das Sperma des Männchens im Fortpflanzungstrakt des Weibchens aufbewahrt und es kommt erst im Frühjahr zur Befruchtung und zum Beginn der Schwangerschaft. In tropischen Regionen hingegen kann die Paarung das ganze Jahr über erfolgen. Nach einer Tragzeit von 50 bis 70 Tagen kommt meist ein einzelnes Jungtier zur Welt. In den meisten Arten ziehen sich die Weibchen zur Geburt und Aufzucht der Jungen mit anderen Weibchen in Wochenstuben zurück.
Die Lebenserwartung der Mausohren in freier Wildbahn dürfte bei sechs bis sieben Jahren liegen. Manche Tiere werden aber deutlich älter, ein Exemplar von Myotis lucifugus erreichte ein Alter von 29 Jahren.
Es werden mehr als 100 Arten der Mausohren unterschieden. Einige Arten sind sich so ähnlich, dass sie anhand äußerlicher Merkmale kaum zu unterscheiden sind. Dies erklärt auch die späte Beschreibung einzelner Arten, deren Individuen zuvor anderen Arten zugeordnet worden sind, so die Unsicherheiten zu den verwandtschaftlichen Beziehungen innerhalb der Gattung.[2]
Die Singapur-Bartfledermaus (Myotis oreias) ist bislang nur aus Singapur bekannt.
Myotis ozensis ist auf der japanischen Insel Honshū endemisch. Die Art gilt als bedroht.
Das Flachköpfige Mausohr (Myotis planiceps) lebt im östlichen Mexiko. Die Art wurde bereits für ausgestorben gehalten, ehe man sie wiederentdeckte. Trotzdem gilt sie als stark bedroht (critically endangered).
Die Ridley-Langfußfledermaus (Myotis ridleyi) ist in Malaysia, Sumatra und Borneo beheimatet.
Die Dickdäumige Langfußfledermaus (Myotis rosseti) kommt nur in Thailand und Kambodscha vor.
Die Stalker-Langfußfledermaus (Myotis stalkeri) ist auf zwei kleinen Molukken-Inseln endemisch. Auch diese Art wird von der IUCN als bedroht gelistet.
Das Höhlenmausohr (Myotis velifer) lebt im Süden der USA und in Mittelamerika.
Das Langfüßige Mausohr (Myotis volans) ist im westlichen Nordamerika, und Mexiko beheimatet.
Die Yuma-Fledermaus (Myotis yumanensis) lebt im westlichen Nordamerika.
Untergattung Pizonyx
Das Fischfressende Mausohr (Myotis vivesi) ist durch ihre vorwiegend auf Fisch ausgerichtete Nahrung bekannt. Die Art lebt im westlichen Mexiko.
Cistugo hatte in der Vergangenheit ebenfalls den Rang einer Untergattung von Myotis. Inzwischen gilt Cistugo nicht nur als eigenständige Gattung, sondern es wurde noch eine neue, monotypische Familie für Gattung Cistugo eingeführt, die Cistugidae.[10]
In der Anime-Serie Digimon existiert ein Antagonist namens Myotismon. Dieser stellt einen Vampir dar, welcher seine Gegner mit einem Schwarm von Fledermäusen angreift.
J. Niethammer, F. Krapp (Hrsg.):Handbuch der Säugetiere Europas. Band 4/1: Fledertiere. AULA Verlag, Wiesbaden 2001, ISBN 3-89104-638-3. (sehr detailliertes Fachbuch)
Ronald M. Nowak:Walker's Mammals of the World. Johns Hopkins University Press, 1999, ISBN 0-8018-5789-9.
Benoît Stadelmann, David S. Jacobs, Corrie Schoeman, Manuel Ruedi: Phylogeny of African Myotis bats (Chiroptera, Vespertilionidae) inferred from cytochrome b sequences. In: Acta Chiropterologica. Band 6, Nr.2, S.177–192, September 2004, doi:10.3161/001.006.0201.
Javier Juste, Manuel Ruedi, Sébastien Puechmaille, Irene Salicini, Carlos Ibáñez: Two new cryptic bat species within the Myotis nattereri species complex (Vespertilionidae, Chiroptera) from the Western Palaearctic. In: Acta Chiropterologica. Band 20, Nr. 2, 2018, S. 285–301, doi:10.3161/15081109ACC2018.20.2.001.
Manuel Ruedi, Gábor Csorba, Liang-Komg Lin & Cheng-Han Chou: Molecular phylogeny and morphological revision of Myotis bats (Chiroptera: Vespertilionidae) from Taiwan and adjacent China. In: Zootaxa. Band 3920, Nr. 1, S. 301–342, Februar 2015, doi:10.11646/zootaxa.3920.2.6.
Gábor Csorba, Cheng-Han Chou, Manuel Ruedi, Tamás Görföl, Masaharu Motokawa, Sigit Wiantoro, Vu Dinh Thong, Nguyen Truong Son, Liang-Kong Lin and Neil Furey The Reds and the Yellows: A Review of Asian Chrysopteron Jentink, 1910 (Chiroptera: Vespertilionidae: Myotis). In: Journal of Mammalogy. Band 95, Nr. 4, 2014, S. 663-678, doi:10.1644/13-mamm-a-200.
Nancy B. Simmons, Jon Flanders, Eric Moïse Bakwo Fils, Guy Parker, Jamison D. Suter, Seinan Bamba, Mory Douno, Mamady Kobele Keita, Ariadna E. Morales, Winifred F. Frick: A New Dichromatic Species of Myotis (Chiroptera: Vespertilionidae) from the Nimba Mountains, Guinea. In: American Museum Novitates. Band 3963, 2021, (online).
Ricardo Moratelli, Don E. Wilson, Roberto L. M. Novaes, Kristofer M. Helgen, Eliécer E. Gutiérrez: Caribbean Myotis (Chiroptera, Vespertilionidae), with Description of A New Species from Trinidad and Tobago. In: J Mammal. 2017, gyx062, doi:10.1093/jmammal/gyx062.
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Denis V. Kazakov, Ilya V. Artyushin, Tolibjon K. Khabilov, Dilbar E. Tadzhibaeva and Sergei V. Kruskop: Back to Life and to Taxonomy: New Record and Reassessment of Myotis bucharensis (Chiroptera: Vespertilionidae). In: Zootaxa. Band 4878, Nr. 1, S. 129–144, 2020, doi:10.11646/zootaxa.4878.1.5.
Manuel Ruedi, Gábor Csorba, Liang-Kong Lin, Cheng-Han Chou: Molecular phylogeny and morphological revision of Myotis bats (Chiroptera: Vespertilionidae) from Taiwan and adjacent China. In: Zootaxa. Band 3920, Nr. 1, 2015, S. 301–342, doi:10.11646/zootaxa.3920.2.6.
Ricardo Moratelli, Don E. Wilson: A new species of Myotis (Chiroptera, Vespertilionidae) from Bolivia. In: Journal of Mammalogy. Band 95, Nr. 4, 2014, S. E17-E25, doi:10.1644/14-MAMM-149.
J. B. Lack, Z. P. Roehrs, C. E. Stanley, M. Ruedi, R. A. Van Den Bussche: Molecular phylogenetics of Myotis indicate familial-level divergence for the genus Cistugo (Chiroptera). In: Journal of Mammalogy. Band 91, Nr. 4, 2010, S. 976–992, doi:10.1644/09-MAMM-A-192.1.
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