Über sein Leben sind wenige Daten gesichert. Vermutlich wurde er um 1450 oder einige Jahre früher in Colmar geboren, wo sich sein Vater Caspar, ein Goldschmied aus Augsburg, gegen 1440 niedergelassen hatte. Die Familie bewohnte das Haus zur Geige, das Eckhaus der später bezeichneten Schongauer- und Schädelgasse. 1445 wurde Caspar Schongauer Mitglied des Stadtrates. Die Söhne Georg und Paul wählten den Beruf des Vaters, Ludwig wurde ebenfalls Maler.[2][3] Die erste Lehrzeit verbrachte Martin wahrscheinlich in der väterlichen Werkstatt oder möglicherweise als Lehrling bei Caspar Isenmann. Anschließend dürfte er eine gewisse Zeit in der Werkstatt des Hans Pleydenwurff in Nürnberg gearbeitet haben, wo er eine frühe Auseinandersetzung mit der neuen naturalistischen Malweise der Ars nova der Niederländer (Jan van Eyck, Rogier van der Weyden) kennenlernte.
1470 soll er sich in Colmar niedergelassen haben. Zu seinen Lebzeiten war er vor allem als Maler berühmt. Er gelangte offenbar zu einigem Wohlstand, war mehrfacher Hausbesitzer und blieb anscheinend unverheiratet.
Dass er anlässlich einer Reise nach Basel im Juni 1489 als „Bürger von Breisach“ bezeichnet wird, beweist, dass er zu dieser Zeit bereits wegen eines großen Auftrags für Wandmalereien im dortigen Münster nach Breisach umgezogen war.
Im Jahr 1492, eben nach dem Tod Martins, empfingen seine Brüder den jungen Albrecht Dürer.[4]
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Vermutlich seiner delikaten Malerei wegen wurde Schongauer von seinen Zeitgenossen „Martin Schön“ oder „Hübsch Martin“ genannt. Erhalten haben sich von seinen Gemälden nur sehr wenige. Aus dem Jahr 1473 stammt sein malerisches Hauptwerk, die Madonna im Rosenhag (Dominikanerkirche Colmar), sein einziges (nicht eigenhändig) datiertes Gemälde, dessen ursprünglicher Standort nicht bekannt ist. Dieses Meisterwerk spätgotischer Madonnenbilder zeichnet sich durch große Klarheit in Komposition und Ausführung aus.
Außer einem Paar Altarflügel, gestiftet von dem Präzeptor Jean d’Orlier für das Antoniterkloster und -hospital in Isenheim (Colmar, Musée d’Unterlinden), dem von Werkstattmitarbeitern ausgeführten ehemaligen Hauptaltar der Dominikaner in Colmar (Colmar, Musée d´Unterlinden) sowie einigen kleineren Tafelbildern, die ebenfalls nicht alle eigenhändig ausgeführt sind, haben sich nur noch die Weltgerichts-Fresken an der inneren Westwand des Breisacher Münsters erhalten, die er möglicherweise wegen seines plötzlichen Todes nicht mehr selbst fertigstellen konnte.
Nicht nur wegen der technischen und künstlerischen Qualität seiner Kupferstiche, die die Möglichkeiten dieser Technik zur Vollendung bringen, gilt Schongauer als einer der bedeutendsten Graphiker vor Albrecht Dürer, den er entscheidend beeinflusste. Im Ganzen verläuft die stilistische Entwicklung von breit erzählendem Detailreichtum zu größerer, ernsterer und repräsentativerer Form. Wohl als erster stellte er Druckgraphik in größerer Zahl her und betrieb ihre kommerzielle Verbreitung.
Als erster Stecher hat er seine Werke signiert: Alle 116 erhaltenen Blätter tragen seine Initialen zu Seiten eines Kreuzes mit einem halbmondförmigen Häkchen.
Lucien Blum: Martin Schongauer. Colmarer Kupferstecher und Maler (= Edit. Nr. 558). Imprimerie Alsatia, Colmar 1958.
Franz Winzinger: Die Zeichnungen Martin Schongauers. Deutscher Verein für Kunstwissenschaft, Berlin 1962.
Jutta Schnack: Der Passionszyklus in der Graphik Israhel van Meckenems und Martin Schongauers (= Bocholter Quellen und Beiträge, Bd. 2). Aschendorff, Münster 1979.
Marianne Bernhard (Hrsg.): Martin Schongauer und sein Kreis. Druckgraphik, Handzeichnungen. Südwest-Verlag, München 1980, ISBN 3-517-00728-5.
Christian Heck: Die Madonna im Rosenhag. Colmar 1990.
Martin Schongauer. Die Restaurierung des Jüngsten Gerichtes in Breisach; Aspekte zu Leben, Werk und Zeit. Katalog der Ausstellung Kunstkreis Radbrunnen Breisach. Breisach 1991.
Albert Châtelet (Hrsg.): Le Beau Martin. Études et Mises au Point. Actes du Colloque organisé par le Musée d’Unterlinden à Colmar. Colmar 1991.
Tilman Falk, Thomas Hirthe: Martin Schongauer. Das Kupferstichwerk. Ausstellungskatalog Staatliche Graphische Sammlung. München 1991.
Hartmut Krohm (Hrsg.): Martin Schongauer. Druckgraphik im Berliner Kupferstichkabinett. Mann, Berlin 1991.
Karin Groll (Bearb.): Martin Schongauer und seine Zeit. Kupferstiche, Holzschnitte und Zeichnungen der Spätgotik aus dem Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Ausstellungskatalog. Karlsruhe 1991, ISBN 3-925212-16-7.
Jane Campbell Hutchinson (Bearb.): Early German artists. Martin Schongauer, Ludwig Schongauer and copyists (= The illustrated Bartsch, Bd. 2). Abaris Books, New York 1996.
Fritz Koreny: Martin Schongauer as a Draftsman. A Reassessment. In: Master drawings. 34/2 (1996), S. 123–147.
Lothar Schmitt (Bearb.): Ludwig Schongauer to Martin Schongauer (= German Engravings, Etchings and Woodcuts 1400–1700, Bd. 49). Sound & Vision Publications, Rotterdam 1999.
Stephan Kemperdick: Martin Schongauer. Eine Monographie. Imhof, Petersberg 2004, ISBN 3-937251-33-2.
Lothar Schmitt: Martin Schongauer und seine Kupferstiche. Materialien und Anregungen zur Erforschung früher Druckgraphik (= Kunst- und Kulturwissenschaftliche Forschungen, Bd. 2). Weimar 2004.
Ulrike Heinrichs: Martin Schongauer – Maler und Kupferstecher. Kunst und Wissenschaft unter dem Primat des Sehens. München/Berlin 2007.