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Kolonie Kleinwelka

Ansiedlung der Herrnhuter Brüdergemeine in Kleinwelka Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Kolonie Kleinwelka
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Die Kolonie Kleinwelka ist eine Ansiedlung der Herrnhuter Brüdergemeine im Bautzener Ortsteil Kleinwelka in der Oberlausitz in Ostsachsen. Sie entstand ab den 1750er Jahren in einer kleinen sorbischen Ansiedlung um ein Rittergut. Heute gehören 32 denkmalgeschützte Gebäude und der „Gottesacker“ genannte Friedhof zum Ensemble.

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Luftbild der Kolonie Kleinwelka von Süden. Vorn in der Mitte der Gottesacker. Links die ehemalige Knabenschule Peter-Buck-Straße 1. Rechts daneben das Schwesternhäuser-Ensemble. Dahinter der Betsaal mit Gemeingarten. Rechts davon die ehemalige Mädchenschule.
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Ähnlicher Standort 1860. In der Mitte der Gottesacker, dahinter das Diasporahaus. Links daneben der Dachreiter des Kirchensaals, davor das Schwesternhaus.
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Geschichte

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Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf
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Ältestes erhaltenes Haus von 1752

Im Jahr 1457 entstanden insbesondere in Böhmen die Böhmischen Brüder als evangelische Kirche. Sie lebten fast 200 Jahre als evangelische Christen in der Minderheit mitten im katholischen Königreich. Ab 1722 siedelten sich deren Nachfahren auf dem Gut Berthelsdorf des jungen Reichsgrafen Nikolaus Ludwig von Zinzendorf an und nannten die Siedlung Herrnhut.

Kleinwelka (sorbisch: Mały Wjelkow) wurde 1345 das erste Mal urkundlich als „de Welkowe“ erwähnt. Der Ort ist eine sorbische Gründung und wurde als erweiterter Rundweiler angelegt. 1519 fand der Ort als „Manns-Lehngut cleine Wilke“ Erwähnung. 1626 kam es zum Bau eines neuen Rittergutes. Dieses Gut wechselte mehrmals den Besitzer und gelangte 1746 in den Besitz des Sorben Matthäus Lange (Matej Dołhi). Im Jahr 1751 kam es in und um Kleinwelka unter der armen sorbischen Landbevölkerung zu einer christlichen Erweckung. Die Christen trafen sich unter anderen in Teichnitz auf dem Gut des Grafen Gersdorff. Über ihn kam es zu Verbindungen zu Nikolaus Ludwig von Zinzendorf. Matthäus Lange, der der Herrnhuter Brüdergemeine nahestand, stellte ebenfalls sein Gut in Kleinwelka der Brüdergemeine zur Verfügung. Damit begann diese ihre Arbeit in Kleinwelka und nutzte das Gut als Stützpunkt für ihren Missions- und Besuchsdienst unter den Sorben in der Ober- und Niederlausitz. Zunächst dachte Lange nicht an eine Koloniegründung. Die Anhänger der Erweckungsbewegung wollten aber nicht immer zum Gottesdienst ins 35 Kilometer entfernte Herrnhut reisen. Dem reichlichen Zustrom an Teilnehmern zu den Gottesdiensten bot das Gut schnell nicht mehr genügend Platz. Deshalb wurde es sieben Jahre später notwendig, einen Versammlungsort zu errichten.

Mit dem Bau des Betsaals 1757/58 und weiterer Gebäude begann man einen Plan für den neuen Ort der Kolonie Kleinwelka zu entwerfen. Es sollte ein Ort nach dem Vorbild von Herrnhut und Niesky entstehen. Wichtige Merkmale dort sind der zentrale Platz, die rechtwinklige Straßenanordnung und die sogenannten Chorhäuser. Graf von Zinzendorf, der das Projekt begleitete, gab dem entstehenden Ort einen eigenen Namen und nannte ihn „Wendisch-Niska“ (Serbska Niska). Dieser Name hielt sich aber nur bis 1767. In den folgenden Jahren begann eine rege Bautätigkeit. Nach dem Bau des Betsaals wurden neben einigen Wohngebäuden wichtige Häuser wie das Brüderhaus (1764), das Schwesternhaus (1770), das erste Haus der Knabenanstalt (1778) und das Diasporahaus (1778) sowie das erste Haus der Mädchenanstalt (1781) errichtet. 1799 zählte die Kleinwelkaer Kolonie als eigenständiger Ort bereits 433 Bewohner. 40 Jahre früher waren es nur 98 Einwohner gewesen.

In der Kolonie Kleinwelka siedelten sich zahlreiche Handwerksbetriebe wie Glockengießerei, Lohmühle, Gerberei und eine Tabakmanufaktur an. Damit geriet die Siedlung aufgrund des Herrnhuter Prinzips der wirtschaftlichen Eigenregie immer wieder in Konflikt mit der Bürgerschaft im nur fünf Kilometer entfernten Bautzen. Der Handel durfte nur konkurrenzlos für die Bautzener gestaltet werden. Selbst Graf von Zinzendorf befürchtete derartige Probleme mit der Ansiedlung der Brüdergemeine in der Bautzener Region. Erst 1795 erhielt die Kolonie Privilegien von Bautzen für einige gewerbliche Tätigkeiten. Schnell konnte sich zum Beispiel der Kupferschmied Friedrich Gruhl mit seiner später berühmten Glockengießerei durchsetzen.

1864 erhielt Kleinwelka eine Postexpedition und etwas später eine Poststation. Mit der Eröffnung der Eisenbahnstrecke Bautzen–Königswartha am 2. Dezember 1890 verbesserten sich die Verkehrsverhältnisse für die Bewohner. 1908 erhielt der Ort eine Stromleitung. Durch die geschaffene Infrastruktur siedelten in Kleinwelka weitere Betriebe an. So gründete ein Kirschauer Fabrikant am Bahnhof eine Baumwollspinnerei, die später in eine Lumpenreißerei umgewandelt wurde. 1912 wurde ein Lager der sächsischen Armeeverwaltung eingerichtet. Dessen Wasserleitung versorgte bis zum Bau eines dorfeigenen Wasserwerks 1931 Kleinwelka mit Trinkwasser. Im Rahmen eines Bürgerentscheides sprachen sich die Bürger für eine Zusammenlegung der Ortsteile Dorf und Kolonie Kleinwelka aus, diese wurde zum 1. Juni 1932 umgesetzt.[1] Offizielle Straßennamen gab es in Kleinwelka erst ab 1934.

Das Leben in dem Teil Kleinwelkas, der von der Entstehung her „Kolonie Kleinwelka“ genannt wird, war auch in den Jahren nach 1930 zunächst wesentlich geprägt durch die zwei großen Internatsschulen der Herrnhuter Brüdergemeine, der Mädchenanstalt und der Knabenanstalt. Im Ort herrschte lebhaftes Geschäftsleben in den Läden und bei den Handwerksbetrieben, die ihre Kundschaft zum großen Teil im Lehr- und Erzieherpersonal hatten. Die Schulen wurden nicht nur von Internatsschülern, Kindern von Missionaren aus aller Welt, sondern auch von Kindern aus den umliegenden Orten, zum Beispiel Bautzen, besucht. Viele Eltern wünschten eine christliche Erziehung ihrer Kinder, besonders in der beginnenden Zeit des Nationalsozialismus, als in den staatlichen Schulen nicht mehr gebetet werden durfte. Am 25. Juli 1942 wurden die beiden kircheneigenen Privatschulen geschlossen. Für die Knabenanstalt war das das Ende nach 166 Jahren. Bis zu 140 Missionarskinder pro Jahr und insgesamt über 2.000 hatten dieses Internat besucht. Mit der Schulschließung verließ auch ein Teil der dort Beschäftigten den Ort.[2]

„In den nächsten Tagen begann ein großes Packen, wie es das Haus noch nie gesehen hatte. Schulmöbel waren schon vorher nach Königsfeld (im Schwarzwald), Bücher nach Herrnhut und Lehrmittel nach Niesky transportiert worden. Ungewiss ist noch die Verwendung der beiden Anstaltshäuser (Mädchenanstalt eingeschlossen). Da das Ministerium gleichzeitig mit dem Auflösungsbescheid vom 9. Dezember 1941 mitteilte, daß es an einer Verwendung der Häuser für schulische Zwecke kein Interesse habe, hat die Leitung der Zinzendorfschulen diese der Lazarettverwaltung angeboten.“

Waldemar Fried im „Welkebrief“ Nr. 24, 1947 (Der Welkebrief war ein Jahresgruß an ehemalige Schüler)

Es ist nicht genau belegt, ab wann beide Anstaltshäuser als Lazarett benutzt wurden. Im Februar 1943 wurde es jedenfalls schon wieder aufgelöst. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges, im April 1945, gab es in und um Kleinwelka starke Kämpfe. Die Bewohner hatten aufgrund eines Räumungsbefehls den Ort verlassen müssen und fanden bei der Rückkehr zahlreiche beschädigte Gebäude vor.

„Unsere KA [Knabenanstalt] steht noch. Doch wurde sie schrecklich ausgeplündert und demoliert….und die Hinterfront hatte arg unter Beschuß gelitten.[…] Seit 1946 hat die Landesverwaltung diese beiden Anstalten als Durchgangs- und Quarantänelager für Schlesier in Benutzung.“

Waldemar Fried im „Welkebrief“ Nr. 24, 1947

1948 standen die Gebäude wieder leer und so plante die Direktion der Evangelischen Brüderunität in Herrnhut, hier ein Altenheim einzurichten. Im Juni 1948 begann die neue Leiterin Dora Schmitt unter schwersten Nachkriegs-Bedingungen mit der schrittweisen Einrichtung eines Altenpflegeheims. Heute befindet sich das vollständig sanierte „Dora-Schmitt-Haus“ in der Trägerschaft der Herrnhuter Diakonie.

Der große Komplex des früheren Mädchenschulheimes wurde in der DDR-Zeit viele Jahre als Sorbisches Lehrerbildungsinstitut und Internat der Sorbischen Oberschule genutzt. Später in der Trägerschaft des Landkreises Bautzen diente es als Außenstelle eines Pflegeheimes.

In der DDR-Zeit war ein zunehmender Verfall der alten Gebäude zu verzeichnen, seien es die kleinen Wohnhäuser der ersten Bewohner der Kolonie oder die stattlichen Barockgebäude der Brüdergemeine. Ab 1990 setzte eine schrittweise Sanierung des Ortes ein, die 2020 noch nicht abgeschlossen ist. Um den weiteren Verfall zu verhindern und eine neue Nutzung des einmaligen Gebäudekomplexes der Schwesternhäuser zu unterstützen, gibt es seit einigen Jahren den Verein Remise e. V., und im November 2019 wurde der Verein „Schwesternhäuser Kleinwelka e. V.“ gegründet.

Die nach 1942 zahlenmäßig kleiner gewordene Brüdergemeine von Kleinwelka konzentrierte ihre Finanzkraft auf die Renovierung des Kirchensaals und des Pfarrhauses. Baumaßnahmen und Verschönerungen in der DDR-Zeit erfolgten hauptsächlich durch Eigenleistungen und in Feierabendarbeit, durch Spenden unterstützt.[3] Im Jahr 2008 feierte die Gemeine mit zahlreichen Gästen das 250-jährige Bestehen des Kirchensaals. Er ist sehenswert in seiner typischen schönen weißen Schlichtheit nach Herrnhuter Art. Die Kleinwelkaer Gemeine der Evangelischen Brüder-Unität hat heute circa 120 Mitglieder. Die erste in Kleinwelka vom ortsansässigen Glockengießer Friedrich Gruhl gegossene Glocke läutet seit 1813 bis heute vom Dachreiter des Kirchensaals.

Seit 1999 ist Kleinwelka ein Ortsteil der 5 Kilometer entfernten Stadt Bautzen.

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Karte von Kleinwelka mit den Gebäuden der Kolonie (rot)
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Gebäude

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Betsaal und Gemeingarten

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Gemeingarten und Betsaal

In den Gründungen der Herrnhuter Brüdergemeine bildete immer der Betsaal mit einem angrenzenden Platz das Ortszentrum. Der Betsaal in Kleinwelka gehört zu den ältesten Gebäuden der Kolonie. Eine Besonderheit hier ist die Lage des Betsaals, der sich nicht am Rande des Platzes, sondern auf dem Platz befindet.

Während des Siebenjährigen Kriegs errichtet, wurde der Betsaal nach nur einjähriger Bauzeit am 2. Juli 1758 eingeweiht. Es ist ein schlichter Putzbau im Stil des Herrnhuter Barocks mit Rundbogenfenstern und hohem Krüppelwalmdach mit Fledermausgauben. Für den Dachreiter fehlte anfangs noch das Geld. Ein kleiner wurde 1764 auf das Dach gesetzt, der heutige 1835, wie in der Wetterfahne zu lesen ist. Die erste Glocke wurde 1758 von dem Dresdner Glockengießer August Sigismund Weinhold gegossen und anfangs noch zu einem Dachfenster hinaus geläutet. Heute klingt im Dachreiter eine 1812 von Glockengießer Gruhl gegossene Glocke. Die heutige Uhr im Dachreiter ersetzte 1844 eine kleinere Vorgängerin von 1764.

Im Inneren befindet sich ein rechteckiger, schlichter Saal mit flacher Holzdecke und Holzemporen. Die Fenster aus klarem Glas geben einen Blick auf die Umgebung frei. In dem nichtsakralen Raum feiert die Gemeine ihre Wort-, Lied- und Sakramentsversammlungen. Die Bänke sind flexibel aufstellbar, damit kann der Raum auch für Feierlichkeiten und Ähnliches genutzt werden. Die mechanische Orgel wurde 1938 vom Hermann Eule Orgelbau Bautzen pneumatisiert. Das Kreuz hinter dem „Liturgustisch“ war ein Geschenk zur 150-Jahr-Feier des Saals 1908, genau wie die Kronleuchter, die damals mit der Elektrifizierung des Ortes angebracht wurden.

Heute gehören etwa 130 Mitglieder zur Brüdergemeine Kleinwelka.[4]

Anfangs wurde der Gemeingarten vom Gemeindiener (Pfarrer) und dem Vorsteher (Bürgermeister) als Nutzgarten bewirtschaftet. Darin befanden sich eine Laube und ein Schuppen mit der „Gemeinrolle“; außerdem in der Anfangszeit in den Ecken zwei Zisternen mit Löschwasser. 1892 gestaltete man die Anlage zu einem öffentlichen Park um. Das regelmäßige, kreuzförmige Wegesystem mit den begleitenden Baumreihen stellt eine Verlängerung der Ost-West-Achse des Betsaals dar. In der Mitte des Parks befindet sich eine platzartige Erweiterung mit einem Baumrondell von ehemals acht (jetzt sechs) Spitzahornen. Am westlichen Ende des Mittelweges markiert ein Säuleneichen-Paar den Zugang. Entlang der äußeren Wege stehen lückenhafte Reihen aus Winterlinden. An der Südseite des Platzes sind noch Reste einer ehemaligen Ligusterhecke vorhanden.

Schulen

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Knabenschule Peter-Buck-Straße 1
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Mädchenschule Zinzendorfstraße 1

Mit Gründung der Kolonie 1751 wurde im Herrenhaus eine Schule mit Internat eingerichtet. Nach mehrfachem Ortswechsel wurde zunächst 1776 im Brüderhaus mit der „Ortsanstalt“ das erste richtige Internat mit fünf Knaben und zwei Brüdern gegründet. Nur zwei Jahre später baute die Gemeine das erste eigene Anstaltshaus als Anbau an das bestehende „Jäckelsche Haus“. Es bot 24 Kindern in zwei Stuben Platz. 1787 musste ein Gebäudeflügel aufgestockt werden. 1838 wurde aufgrund des gewachsenen Platzbedarfs auch das ursprüngliche Gebäude aufgestockt. An dieser Lehranstalt, einem wichtigen Bildungszentrum der Oberlausitz, erhielten hauptsächlich Kinder von Missionaren der Herrnhuter Kolonien aus Afrika, Asien, Amerika sowie Europa über mehrere Jahre ihre schulische Ausbildung, bis sie in die höheren Klassen an das Herrnhuter Pädagogium in Niesky wechselten. 1838 wurden fünf Klassen unterrichtet, unter anderem in Latein, Englisch und Französisch. 1905 waren von 70 Schülern 45 Missionskinder.

Damit der Direktor der Anstalt in der Schule wohnen konnte und das Essen für die Schüler nicht mehr vom Brüderhaus geholt werden musste, erfolgte 1876/1877 der Neubau des sogenannten Direktorenhauses (links neben dem heutigen Gebäude Peter-Buck-Straße 1). Darin befand sich neben der Direktorenwohnung im ersten Stock der Speisesaal und im Erdgeschoss die Küche.

Ein weiteres Anwachsen der Schülerzahlen erforderte Ende des 19. Jahrhunderts den Abriss des immer wieder ausgebauten Schulgebäudes von 1838 und den Neubau der Knabenschule (heute Peter-Buck-Straße 1). Der dreigeschossige Putzbau mit einer ornamentreichen Fassadengliederung im eklektischen Gemisch von Renaissance- und Gotikformen wurde 1898 bezogen. Die Grundmauern wurden weitgehend wiederverwendet. Den Mittelrisalit mit Staffelgiebel schmückt ein florales Ornament. Das Erdgeschoss ist rustiziert. Am rückwärtigen Bau sind Jugendstilformen erkennbar.

Hinter der Knabenschule wurde 1894 das Kleinwelkaer Wasser als Bade- und Schlittschuhteich für die Schüler aufgestaut.

Schon 1781 war die Anzahl der Schüler so gewachsen, dass eine Mädchenanstalt eingeweiht werden musste. Der Unterbringung und dem Unterricht der Mädchen dienten die drei zusammenhängenden Häuser, die heute die Anschrift Zinzendorfstraße 1 tragen. Der linke Teil des Hauses ist der älteste; hier befand sich von 1760 bis 1781 ein Gasthof mit Fremdenzimmern. Anschließend war ein Witwenhaus darin untergebracht. Später erwarb die Mädchenanstalt das Haus und ließ es zum Mädchenhaus oder Mädchenschulheim umbauen und erweitern. Es diente zuerst der Ausbildung der Mädchen des Ortes, nahm aber später mehr und mehr Töchter der Familien in den Missionsgebieten auf. Der mittlere Teil des Komplexes ist ein Gebäude von 1759, das 1832 von der Mädchenanstalt gekauft wurde. Umfangreiche Umbauarbeiten fanden 1894 statt. An der Stelle des rechten Gebäudeteils stand seit 1757 ein Vorgängerbau. Dort wohnten die Kinder bis 1781 in gemieteten Räumen. Im Jahr 1860 erfolgte der Neubau eines dreigeschossigen Gebäudes mit spätklassizistischen Putzfassaden. Damit konnten zum Beispiel 1868 84 Mädchen im Heim untergebracht werden. Um das Essen nicht mehr aus dem Schwesternhaus holen zu müssen, hatte man 1875 im Erdgeschoss neben dem Speisesaal eine Küche eingerichtet. Das Obergeschoss der Anstalt wurde 1894 um zwei Meter erhöht, sodass dort eine Direktorenwohnung eingerichtet werden konnte.

Nach 1918 ließ der Zuspruch der bis dahin sehr gefragten Bildungsanstalt langsam nach. Insgesamt hatten im Laufe der Zeit etwa jeweils eintausend Jungen und Mädchen die Schulen besucht. In nationalsozialistischer Zeit wurden die nichtstaatliche „Zinzendorfschule für Mädchen“ und das „Schulheim für Knaben“ 1942 geschlossen. Die Gebäude dienten als Kriegslazarette. Nach 1945 war das Mädchenschulheim Quarantänelager für Umsiedler und Heim für elternlose Umsiedlerkinder. Später waren darin das Sorbische Institut für Lehrerbildung, das Internat der sorbischen Oberschule und bis 2006 eine Außenstelle des Pflegeheims Bautzen-Seidau untergebracht.

Ein Schulstandort wurde Kleinwelka erst wieder von 1952 bis 1959 durch den Umzug der 1946 in Radibor gegründeten Neulehrerschule, später Sorbisches Institut für Lehrerbildung. Zur selben Zeit wurde auch die bis dahin in Bautzen befindliche zwölfklassige sorbische Oberschule in Kleinwelka angesiedelt.

Die Knabenschule ist seit 1948 ein Alten- und Pflegeheim. 1998 folgten umfangreiche Neu- und Umbauten.

Gottesacker

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Gottesacker Kleinwelka

Schon kurz nach Gründung der Kolonie Kleinwelka entstand der Bedarf nach einem Friedhof. Dieser „Gottesacker“ liegt am südlichen Rand der Siedlung und wurde 1756 mit der ersten Beisetzung eingeweiht. Der Rittergutsbesitzer Matthäus Lange hatte dafür ein nur etwa 20 Schrittes langes quadratisches Stück Land gestiftet. Eine Spitze des Quadrats lag etwa an der Stelle des heutigen Eingangstors. Im ältesten Grab liegt der Däne und Suriname-Missionar Nils Randrup (* 5. Januar 1714; † 28. August 1756). Sein Begräbnis fand zwei Tage nach seinem Tod statt.

Gestaltet ist der Gottesacker entsprechend seinem 1730 in Herrnhut eingeweihten Vorbild. Der regelmäßig angelegte Friedhof mit den einheitlich gestalteten Grabanlagen vermittelt ein Bild der Gleichheit und Gemeinsamkeit und spiegelt als liturgischer Raum die einfache und tiefreligiöse Lebensweise der Brüdergemeine wider. Anfangs wurden die Verstorbenen in der Reihenfolge ihres Sterbedatums beerdigt, später unterschied man Brüder-, Schwestern- und Kinderfelder. Die Gräber haben flache, in den Boden eingelassene Grabplatten aus Sandstein, die die Vergänglichkeit symbolisieren. Bis auf wenige Ausnahmen wurde keine der Grabstellen ein zweites Mal vergeben. Die schlichten Aufschriften beinhalten einen für den Verstorbenen wichtigen Bibelvers. Auf dem Eingangstor zum Gottesacker stand zur Erbauungszeit die Inschrift: „Ruhe mit Zuversicht, aufzuerstehen zum ewigen Leben.“ Bei einer Erneuerung im Jahr 1855 wurde das Gitterwerk im Biedermeierstil verändert und der neue Spruch „Das Fleisch ruhet in Hoffnung“ angebracht. Der Gottesacker ist mit Buchenhecken eingefriedet. Die regelmäßig angelegten Wege sind mit Alleen und Baumreihen aus Winterlinden bepflanzt. Das nach Westen und Süden abfallende Gelände wurde nach und nach terrassiert. Erweiterungen des Friedhofs fanden 1806, 1835 und 1883 statt. Der Friedhof ist weitgehend unverändert erhalten.

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Schwesternhäuser
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Ministerpräsident Kretschmer besucht 2019 die Schwesternhäuser zur Diskussion von Sanierungsmitteln[5]

Schwesternhaus-Ensemble

Die Schwesternhäuser in Kleinwelka sind ein Kulturdenkmal der Oberlausitz. Hier errichtete die Herrnhuter Brüder-Unität in den Jahren 1770 bis 1896 die 6 Gebäude mit teils barockem Charakter. Für die Schwestern der Glaubensgemeinschaft der Herrnhuter Brüder-Unität war das Gebäudeensemble in Kleinwelka nicht nur Wohnstatt und geistliches Zuhause, sondern auch Arbeitsstätte für verschiedenste handwerkliche Tätigkeiten. Bereits 1793, keine 2 Jahrzehnte nach Baubeginn, lebten im gesamten Areal der Schwesternhäuser 25 größere Mädchen und 72 ledige Schwestern.

Im Jahr 1770 wurde das Schwesternhaus durch Bischof August Gottlieb Spangenberg, den Nachfolger Zinzendorfs, eröffnet. 54 „ledige Schwestern und große Mädchen“ beziehen das Haus.[6] Der erste Anbau erfolgte 1787: direkt an das Schwesternhaus wurde das Schwesternchorhaus angebaut. Es folgen mehrere Erweiterungen rund um das Schwesternhaus, so 1795 das Gartenhaus mit Remise. 1805 wurde eine Apothekenstiftung ins Leben gerufen und in der Zuckerbäckerei eine Apotheke eingerichtet. 1817 wurde das Ensemble abermals erweitert, diesmal um einen Anbau für das kleine Schwesternhaus, das spätere Waschhaus. Der letzte Neubau wurde 1896 mit der Villa Anna als Wohngebäude der Schwestern (Neues Schwesternhaus) fertiggestellt.

Ab 1930 zogen auch Familien in das Haus. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Schwesternhäuser teilweise als Wohnungen genutzt. Auch Läden, das Sorbische Bildungsinstitut und Verwaltungsräume der Brüdergemeine Kleinwelka waren darin untergebracht.

Heute besteht das Ensemble Schwesternhäuser aus den Gebäuden Apotheke, Schwesternhaus, Chorhaus, Villa Anna, Waschhaus und Gartenhaus sowie einem Innenhof und einem großen Garten. Seit 2000 sind die Gebäude ungenutzt. Sie sind sanierungsbedürftig und befinden sich in der Vorbereitung für Sanierung, Restaurierung und Nutzung. Unter der Leitung von Mike Salomon bemüht sich der Verein Remise e. V. im Rahmen eines kulturgeleiteten Rettungsprojekts seit 2014, Investoren zu finden. Der Förderverein Schwesternhäuser Kleinwelka e. V. arbeitet seit seiner Gründung 2019 daran, das einzige weitgehend im spätbarocken Originalzustand erhaltene Chorhausensemble der Herrnhuter Brüdergemeine in Deutschland zu erhalten und einer neuen Nutzung zuzuführen. Im November 2022 stellte der Haushaltsausschuss des Bundestages Fördermittel in Höhe von 222.500 Euro aus dem Denkmalschutzsonderprogramm der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Ziel war es, die Schwesternhäuser als attraktiven Arbeits-, Lebens- und Kunstort zu entwickeln. Die Gebäude sollen als eine Kombination aus Begegnungsstätte, Seminarräumen und Kunstwerkstatt genutzt werden.[7]

2023 wurden die Schwesternhäuser als einziger Ort in Deutschland in eine Liste der elf bedrohtesten Kulturerbestätten Europas aufgenommen. Die Liste ist eine Vorauswahl für die 7 Most Endangered 2023 des Verbands Europa Nostra – die europäische Stimme der Zivilgesellschaft für das Kultur- und Naturerbe.[8] Mit der Aufnahme in die Liste verbunden ist den Angaben nach ein Zuschuss von 10.000 Euro, als Katalysator für Maßnahmen und Anreiz für öffentliche und private Unterstützung.[9]

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Panorama Schwesternhausensemble von der Gartenseite. v. l. n. r.: Remise, Waschhaus (ehemals Kleines Schwesternhaus), Chorhaus, Schwesternhaus, Apotheke, Diasporahaus
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Ehemalige Apotheke

Apotheke

Das heute als Apotheke bezeichnete Gebäude mit der Adresse Friedhofsweg 1 wurde 1800 als eine wesentliche Erweiterung der alten Zuckerbäckerei, was an dieser Stelle stand, errichtet. Auf Veranlassung der Gräfin von Hohenthal wurde das Gebäude 1805 umgebaut, um die von ihr gestiftete Apotheke aufzunehmen. Die Bewohnerinnen des Schwesternhauses erhielten die Arzneimittel der Apothekenstiftung kostenfrei, die anderen Einwohner Kleinwelkas zum Selbstkostenpreis. Die Apotheke stand unter der Aufsicht des Gemeinarztes und wurde von einer Schwester verwaltet.

Das giebelständige Gebäude ist ein massiver zweigeschossiger Bau mit Resten von Putzgliederung. Mit dem Schwesternhaus ist es durch einen Verbindungsgang im ersten Obergeschoss baulich verbunden. Im Krüppelwalmdach überzieht eine lange Hechtgaube die gesamte Länge des Hauses.

Im Erdgeschoss befinden sich ein Laden bzw. Verkaufsraum, dahinter ein mittelgroßer Raum mit Kreuzgewölbe und Anbau. Im Obergeschoss der Apotheke liegen zwei Wohnungen.

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Schwesternhaus

Schwesternhaus

Das traufständige zweistöckige Schwesternhaus (Zinzendorfplatz 7) wurde 1770 als Ausbildungs-, Arbeits- und Wohnstätte für Mädchen und ledige Frauen erbaut. Zum Garten hin hat es einen Anbau. Das Haus zeigt ein für den Herrnhuter Barock typisches Krüppelwalmdach mit Satteldachgauben. Das Obergeschoss besteht aus verbrettertem Fachwerk. Das Schwesternhaus und das Chorhaus sind im Inneren miteinander verbunden.

Im Erdgeschoss des Schwesternhauses sind heute noch zwei ehemalige Verkaufsräume und mehrere früher vermutlich als kleine Lager genutzte Räume. Dort verkauften die Schwestern, wahrscheinlich ab 1781, ihre Handarbeiten und Süßigkeiten aus der Zuckerbäckerei. Bis in die 2000er Jahre war in den Räumen ein Laden eingerichtet.

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Chorhaus

Chorhaus

Im direkten Anschluss an das Schwesternhaus steht das 1788 errichtete Chorhaus (Zinzendorfplatz 6) als westliche Eckbebauung der Schwesternhäuser. Es ist das größte Gebäude der Schwesternhäuser in Kleinwelka und enthielt den großen Speisesaal. Im ersten Stock befand sich der Versammlungssaal (Chorsaal), im ausgebauten Dachstuhl ein großer Schlafraum. Daneben gab es im Haus eine Küche sowie weitere Arbeits- und Wohnräume.

Das Chorhaus ist ein mächtiger zweigeschossiger Massivbau mit Putzgliederung und Krüppelwalmdach sowie Dachhäuschen.

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Villa Anna (Kleines Schwesternhaus)

Villa Anna

Am westlichen Eck des Schwesternhaus-Areals steht die Villa Anna (auch Neues Schwesternhaus genannt), die mit einer Durchfahrt zum Chorhaus verbunden ist. Als letztes Gebäude der Schwesternhäuser Kleinwelka wurde die Villa Anna 1896 anstelle eines dort befindlichen Stalls erbaut. Das Gebäude diente den Schwestern überwiegend als Wohnhaus und steht seit Anfang der 2000er Jahre leer.

Die Villa ist ein massiver, zweigeschossiger Putzbau mit Putzgliederung, angedeuteter Rustizierung im Erdgeschoss, Gurtgesims und originalen Sprossenfenstern.

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Waschhaus

Waschhaus

An die Villa Anna schließt sich in südlicher Richtung das Waschhaus der Schwesternhäuser (ehemals kleines Schwesternhaus) an (Peter-Buck-Straße 2). Das Waschhaus wurde in mehreren Etappen zwischen 1795 und 1817 erbaut und war im Laufe seiner Geschichte durch unterschiedliche Nutzungen geprägt.

Das Gebäude ist ein langer Putzbau über zwei Etagen mit Kniestock und Satteldach mit Hechtgaube. Ein großer Dachboden wurde früher als Trockenraum genutzt. Das Objekt ist innen weitgehend unverändert erhalten.

Gartenhaus mit Remise

Im großen Garten hinter den Schwesternhäusern liegt das massive Gartenhaus mit Remise, erbaut um 1795. Charakteristisch sind die fünf Arkadenbögen aus Granit, das Krüppelwalmdach und der lang gestreckte Dachhecht. Die Hofpflasterung aus Granit stammt aus der Erbauungszeit.

Das Gartenhaus ist derzeit als Veranstaltungsraum eingerichtet. Die Remise erhielt 2014 einen neuen Lausitzer Naturlehmboden.

Weitere Gebäude

Weitere Informationen Bild, Bezeichnung ...
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Persönlichkeiten

Literatur

  • Konrad Balcke und Waldemar Fried: Führer durch Kleinwelka und Ortsteile. Gustav Winter, Herrnhut 1942.
  • Helmfried Klotke, Albrecht Fischer, Friedemann Koban und Holger Jatzke: Geschichtspfad Kleinwelka. Hrsg.: Stadtverwaltung Bautzen/Ortschaftsrat Kleinwelka. Lausitzer Druckhaus GmbH, Görlitz Mai 2015.
Commons: Kolonie Kleinwelka – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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