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deutscher Fotograf und Kurator Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Karsten Thormaehlen (* 1965 in Bad Kreuznach) ist ein deutscher Fotograf, Gestalter und Herausgeber.[1][2][3] Er ist vor allem bekannt durch seine Fotoporträts von Hundertjährigen und Seniorensportlern.
Nach dem Abitur am Stefan-George-Gymnasium in Bingen am Rhein, einer Berufsausbildung zum Bankkaufmann und anschließendem Zivildienst, begann Thormaehlen 1988 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Philosophie, Kunstgeschichte und Politikwissenschaft zu studieren, wechselte aber kurze Zeit später an die Fachhochschule Wiesbaden um sich für ein Kommunikationsdesign-Studium einzuschreiben, das er 1993 mit Auszeichnung abschloss.
Seine berufliche Tätigkeit begann er zunächst als Gestalter und freier Fotograf bei Werbeagenturen, nach dem Studium als Art- und später Creative Director bei einer Werbeagentur mit Dependancen u. a. in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, der Schweiz und den USA. Mitte der 1990er Jahre lebte und arbeitete er in New York, wo er mit namhaften Fotografen Werbekampagnen entwickelte und realisierte.
Thormaehlen arbeitet für deutsche und internationale Unternehmen und Verlage sowie für Architekturbüros, Design- und Werbeagenturen. Er ist außerdem als Lehrbeauftragter[4] sowie Workshop- und Seminarleiter tätig und hält Vorträge auf Fachkongressen[5].
Thormaehlens künstlerisches Werk befasst sich mit demografischen und soziokulturellen Auswirkungen alternder Gesellschaften. Seine Fotoporträts über Hundertjährige wurden in mehreren Bildbänden veröffentlicht und in Ausstellungen im In- und Ausland präsentiert.
Für die Porträtsammlung Aging Gracefully – Portraits of People Over 100[6] recherchierte und besuchte er ca. fünfzig über Hundertjährige, darunter auch Persönlichkeiten wie den Schauspieler Lukas Ammann (Graf Yoster gibt sich die Ehre, Fernsehserie 1967–1976), die französische Schauspielerin Gisèle Casadesus (Das Labyrinth der Wörter, Film 2010), den Maler Prof. K.O. Götz oder den norwegischen Organisten Leif Solberg. Ebenso zwei 116-jährige Frauen, die US-Amerikanerin Susannah Mushatt Jones (1899–2016) und die Italienerin Emma Morano (1899–2017), die beide nachweislich vor 1900 geboren wurden und zu ihren Lebzeiten offiziell als älteste, lebende Personen der Welt gelistet waren, sowie Betty (1916–2018) und Morrie Markoff (1914–2024)[7], den ältesten Mann der Vereinigten Staaten[8], für dessen 2017 erschienene Biografie Keep Breathing er das Vorwort schrieb[9]. Das Buch erschien 2017 bei Chronicle Books, die deutsche Ausgabe wurde unter dem Titel 100 Jahre Lebensglück – Weisheit, Liebe, Lachen beim Knesebeck Verlag publiziert.[10] Buchrezensionen über und Bildstrecken aus seinen Publikationen erschienen im Stern[11], im Spiegel[12], in GEO[13], brand eins[14], The European[15], emotion, der Süddeutschen Zeitung[16] und der Zeit[17].
Das Fotoprojekt Silver Heroes, das Porträts betagter Athleten wie z. B. Heidi Biebl, Nick Bollettieri, Sir Chris Bonington, Jürgen Grabowski oder Hans Herrmann in einem gleichnamigen Bildband vereint, wurde als Bildstrecke im Stern (Ausg. 13/2010)[18] veröffentlicht und 2013 von der Robert Bosch Stiftung für den Deutschen Alterspreis nominiert[19].
2014 entstand im Auftrag des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderte Ausstellung Aktiv in die Zukunft – 2730 Jahre in 16 Bildern, die ebenfalls in mehreren deutschen Städten gezeigt wurde.[20] Unter dem Titel Wer rastet, der rostet! realisierten die Marie-Luise und Ernst Becker Stiftung zusammen und Karsten Thormaehlen eine weitere Ausstellung mit sportlich aktiven Seniorinnen und Senioren, die am 7. Juni 2022 im Foyer des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von Ministerin Lisa Paus eröffnet wurde.[21]
Der japanische Papierhersteller Tokushu Tokai Paper und die Supermarktkette COOP Sapporo konzipierten 2015 zwei Ausstellungen in Tokio und Sapporo mit zwanzig Porträts über hundertjähriger Japaner und Deutscher, die Thormaehlen in Sapporo, Berlin und Brandenburg fotografierte. Die Ausstellungen, die von der Agentur Hiromura Design Office gestaltet und umgesetzt wurden, erhielten zahlreiche Preise, darunter eine Auszeichnung bei den ADC Global Awards in New York City.[22]
Anlässlich des 100-jährigen Firmenjubiläums realisierte das Bielefelder Modeunternehmen Seidensticker zusammen mit der Designagentur Bel Epok und Thormaehlen 2018 eine Testimonial-Kampagne mit über hundertjährigen Protagonisten[23]. Insgesamt nahmen acht Damen und Herren, alle zwischen 99 und 103 Jahren alt, aus Kronberg, Berlin und Potsdam teil.
2019 entstand im Auftrag von SAGE und des amerikanischen Residenzenbetreibers Watermark Retirement Communities die Kampagne zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit Not Another Second, die sich mit Belangen von LGBTQ+ Seniorinnen und Senioren auseinandersetzt. Die gleichnamige, mithilfe von AR-Technologie präsentierte Ausstellung wurde wegen der COVID-19-Pandemie verschoben. Die Eröffnung fand im Januar 2021 in der Galerieräumen der Residenz Watermark at Brooklyn Heights statt, eine zweite Präsentation war 2023 im Art Pavillon des Watermark at Westwood Village in Los Angeles zu sehen.[24]
Young at Heart ist der Titel eines 2021 entstandenen Ausstellungs- und Buchprojekts, das die Gerontologin und Direktorin der 2019 gegründeten Abteilung Geriatrie an der Universitätsmedizin Göttingen, Christine von Arnim, zusammen mit Thormaehlen und dem Verleger Gerhard Steidl initiierte.[25] Das gleichnamige Buch erschien Ende des Jahres im Steidl Verlag.[26]
2024 wurde Thormaehlen mit der künstlerischen Ausgestaltung eines Untersuchungszentrums der Universitätsmedizin Greifswald im Kreiskrankenhaus Wolgast betraut. Die Gesundheitsstudie MV-Fit (Mecklenburg-Vorpommern Frailty Interventional Trial) wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt und setzt sich mit dem Thema „Gesundes Altern“ auseinander.[27][28]
Karsten Thormaehlens Arbeiten sind in öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten, u. a. im Museum der Weltkulturen in Frankfurt am Main, dem Design Museum London, der Allianz-Kunstsammlung, der Agaplesion Bethesda Klinik in Ulm, dem Pfalzklinikum Klingenmünster, dem Institut für Regenerative Medizin (IREM) der Universität Zürich, dem Lebensspuren-Museum in Wels oder der Freien Universität Amsterdam.
„Karsten Thormaehlen setzt neue Maßstäbe,“ schrieb der 99-jährige Psychoanalytiker und Altersforscher Helmut Luft in einer Eröffnungsrede.[29] „Er bricht mit dem Tabu, dass man von alten Menschen besser wegschaut, um nicht an sein eigenes Altern erinnert zu werden. Im Gegenteil macht er auf die Gesichter sehr alter Menschen aufmerksam und erinnert daran, dass Jung und Alt aufeinander angewiesen sind. (...) Thormaehlen will nicht die äussere, puppenhafte Schönheit zeigen, die moderne Kosmetik zustande bringt, sondern lebendige Gesichter – mit Runzeln und Falten. Nicht die starre Maske, sondern den Menschen dahinter, die Person, ist das Wesentliche. Die Gesichter, wie Thormaehlen sie aufnimmt, zeigen die Person, erzählen ihre Geschichte, teilen uns etwas mit.“
Die Kunst- und Kulturhistorikerin Sabine Kampmann schrieb zu der Serie Jahrhundertmensch (2006–2008)[30][31]: „Thormaehlens Greisinnen und Greise scheinen in einigen Aspekten mit Lievens Bildschöpfungen verwandt. Besonders auffällig ist dabei die Anwendung einer nahezu barocken Lichtregie, die auch von Rembrandt und den Caravaggisten bekannt, mit dramatische Helldunkelzonen arbeitet und uns dabei im hellsten Licht besonders realistisch wiedergegebene Körperpartien präsentiert. (...) Der Künstler nutzt das Potential der Fotografie, um einen enormen Detailreichtum wiederzugeben, wenn er durch große Tiefenschärfe die spezifische Textur der Faltenwürfe, Hautporen und Altersflecken zu sehen gibt (...). Die barock anmutende Chiaroscuro-Ästhetik erreicht er auch dadurch, dass er seine Modelle an der natürlichen Lichtquelle eines Fensters positioniert und die Möglichkeiten digitaler Bildbearbeitung nutzt, um das Spiel von Hell und Dunkel herauszuarbeiten sowie dem Inkarnat seinen warmen, lebendigen Farbton zu geben.“
„Thormaehlens Fotos von Hundertjährigen sind geeignet, immer wieder kritisierte, hartnäckig haftende Altersbilder durch reale Gegenbilder subversiv in Frage zu stellen“, schrieb der Publizist Henning von Vieregge.[32] „Unser Gesicht ist mehr als eine Oberfläche. Wir versuchen aus ihm über den Menschen herauszulesen, der unser Gegenüber ist. Fotograf Karsten Thormaehlen suchte Gesichter, aus denen man ein ganzes Jahrhundert herauslesen kann“, moderierte Tom Buhrow in den Tagesthemen.[33] „In Thormaehlens Porträts von Hundertjährigen auf der ganzen Welt ist das Älterwerden eine Sache der Schönheit“, titelte die Huffington Post[34] und das Online-Magazin BuzzFeed schrieb: „So sieht das Glück mit 100 Jahren aus. Die Porträts des Fotografen Karsten Thormaehlen lassen den Alterungsprozess charmanter erscheinen.“[35] „Dass auch der betagte Körper Erstaunliches vollbringen kann, zeigen die Bilder des Fotografen Karsten Thormaehlen, der fitte Menschen im Rentenalter porträtiert hat“, schrieb der Stern über das Ausstellungs- und Buchprojekt Silver Heroes.[36]
Die Weltgesundheitsorganisation WHO produzierte für den Weltgesundheitstag 2012 mit Motiven aus der gleichen Serie erstmalig eine Kampagne gegen Altersdiskriminierung.[37] Die Ausstellung Mit hundert hat man noch Träume, mit freistehenden, überlebensgroßen Porträts und gerahmten Arbeiten von über Hundertjährigen in der Stadtkirche Jena, besuchten zwischen September und November 2014 über 15.000 Menschen.[38]
Thormaehlens Projekte finden regelmäßig breites Medienecho. Er war in Interviews u. a. auf hr1, SWR Kultur[39], WDR 3[40] und Deutschlandfunk[41][42] zu hören und trat in Fernsehdokumentationen auf, darunter in den Reportage-Reihen betrifft (Folge 100 Jahre jung[43]), Kunscht! – Kultur im Südwesten[44] und 37 Grad (Folge Mit 100 ist noch nicht Schluss)[45] sowie in der ZDF-Produktion Forever Young – Wie können wir das Altern stoppen?[46]
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