Einheit für einen Zeitraum mit verschiedenen Bedeutungen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Tag (mhd. tag tac, asächs. dag, got. dags, urgerm. *dagaz)[1] wird in verschiedener Weise als vom scheinbaren Lauf der Sonne um die Erde bestimmter Zeitbegriff verwendet.
Der mittlere Sonnentag (Einheitenzeichen: d) war traditionell die Basis für die Einheit Sekunde (Einheitenzeichen: s): . Seit 1956 wird deren Länge jedoch anders dargestellt (Atomsekunde). Derzeit ist der mittlere Sonnentag 86.400,003 Atomsekunden lang.[2] Der Kalendertag hat jedoch, abgesehen von wenigen Tagen, in die eine Schaltsekunde eingefügt wird, weiter eine Länge von 86.400 s.
Ausgehend von dem Grundkonzept – in Bezug auf die Phase der Belichtung an einem Aufenthaltsort einen zeitlichen Verhalt anzugeben – sind eingeschränkte oder erweiterte, besondere und allgemeine Begriffe des Tages entwickelt worden:
Die Benennung Tag wird also sowohl für Zeitspannen wie für Maßeinheiten verwendet.
Unterschiedliche Definitionen der Tagesgrenzen – ob dies nun der wahre, scheinbare oder mittlere Aufgang, Untergang oder Durchgang von Rand oder Mitte der Sonne als ein beobachtetes, errechnetes, festgelegtes oder verkündetes Datum sei – sowie verschiedene für präzise Zeitbestimmungen zu berücksichtigende Umstände – wie die Zeitgleichung, Zeitzonen, Schalttage, Schaltsekunden, Referenzorte und Referenzsysteme – führen dazu, dass beispielsweise auch der Anfang eines Kalendertages abhängig vom kulturellen Kontext anders gesetzt werden kann.
Die Begriffe Tag und Nacht können damit einzeln oder zusammen je verschieden gefasst werden. Dem Begriff des lichten Tags – tagsüber gegenüber nachts – entspricht als veränderter Sonnenstand idealisiert der astronomische Begriff Tagbogen der Sonne.
Physikalische Einheit | |
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Einheitenname | Tag |
Einheitenzeichen | [1] |
Physikalische Größen | Zeit, Zeitspanne |
Formelzeichen | |
Dimension | |
System | Zum Gebrauch mit dem SI zugelassen |
In SI-Einheiten | |
Siehe auch: Jahr, Monat, Stunde, Minute |
Im Messwesen wird eine Maßeinheit „Tag“ der physikalischen Größe Zeit (Dauer) als ein bestimmtes Vielfaches der Basiseinheit Sekunde des Internationalen Einheitensystems (SI) definiert. Das Einheitenzeichen ist der kleine Buchstabe „d“, nach dem lateinischen Wort dies für Tag.
Zeit kann in Tagen mit Stunden und Unterteilungen, oder in Tagesbruchteilen angegeben werden.
Die Einheit „Tag“ gehört zwar nicht zum Internationalen Einheitensystem (SI), ist zum Gebrauch mit dem SI aber zugelassen.[4] Sie ist außerdem, ebenso wie Stunde und Minute, gesetzliche Maßeinheit gemäß der EU-Richtlinie 80/181/EWG (Einheitenrichtlinie)[5] sowie auch gemäß der deutschen[6] und der Schweizer[7] Einheitenverordnung. Die Definition ist so gewählt, dass „d“ ungefähr der mittleren Dauer von sonnenbezogenen Tagen auf der Erde entspricht.
Da die natürlich auftretenden Sonnentage infolge der periodischen Schwankungen und auch wegen nicht periodischer Verschiebungen ja verschieden lange dauern, ergeben sich denn Differenzen zu einem Bezugsmuster, dem die Maßeinheit „d“ als Standard für Tag zugrunde gelegt wird. Erst mit einem Referenzsystem im Hintergrund kann dann für die unterschiedlichen Zeitspannen tatsächlicher Tage über die Zeitgleichung ein wiederholbares Zeitmaß konstruiert, auf eine Maßeinheit bezogen und durch Schaltsekunden gegebenenfalls angepasst werden.
In ähnlicher Weise wird heute die Koordinierte Weltzeit (UTC) gebildet.
Der Kalendertag ist in der Kalenderrechnung als Zeitspanne neben dem Kalenderjahr und bisweilen dem Kalendermonat die grundlegende Größe.
In dem heute weltweit gebräuchlichen gregorianischen Kalender ist ein Tag die Zeitspanne von einer Mitternacht bis zur nächsten Mitternacht.
Eine Kombination wie 5. Mai, also bestimmt durch Monat und Tagesnummer, aber ohne Jahr, nennt man einen Kalendertag.
Die Kalendertage werden nach der ISO 8601 innerhalb eines Monats von „1“ ausgehend als Kalenderdatum fortlaufend nummeriert und in einem Datumsformat schriftlich fixiert. Außerdem wird ihnen, von Monat und Jahr unabhängig, in fester Reihenfolge ein Wochentag zugewiesen. Damit beschreibt das Datum des Tages eine fortlaufende Zeitskala (lineare Zeit), in Unterscheidung zum Wochentag, das sich in seinem Ablauf regelmäßig wiederholt (zyklische Zeit).
Beginn und Ende eines solchen Tages sind abhängig von der Zeitzone, auf die sich die Angabe bezieht.
Der Tagesbeginn um „Mitternacht“ ist eine Übereinkunft angelehnt an Konventionen der Astronomie. Andere Kalendersysteme setzen den Tagesbeginn auf den „Sonnenaufgang“. Im jüdischen und islamischen Kalender umfasst der Tag die Zeit von einem „Sonnenuntergang“ bis zum nächsten Sonnenuntergang. Diese Auffassung war im europäisch-vorderasiatischen Raum insgesamt lange vorherrschend. Die römische Zählung der Nachtstunden (vigiliae) und bestimmte Elemente des christlichen Ritus können als Beispiele genannt werden. Das bekannteste Beispiel dürfte der Beginn des Weihnachtsfestes (25. Dezember) bereits an seinem Vorabend sein, der nach moderner Rechnung noch zum 24. Dezember gehört (Heiligabend). Die Setzung des Tagesbeginns auf den Sonnenuntergang ist besonders in Kombination mit Mondkalendern zweckmäßig, bei denen der Monat ebenfalls abends mit der dann sichtbaren neuen Mondsichel beginnt.
Noch heute werden viele Feiertage schon am Vorabend begangen, zum Beispiel als Heiligabend oder Nikolausabend, denn in manchen früheren Kalendern im europäischen Raum begann der neue Tag ähnlich wie in jüdischen und islamischen Kalendern nicht erst um Mitternacht, sondern schon mit der lokalen Abenddämmerung, und so ein Feiertag mit dem Feierabend.
Siehe auch:
Eine Besonderheit sind die synodischen lunaren Tage Tithi der vedischen Zeitrechnung, die in ihrer Dauer zwischen 19 und 26 Stunden variieren, mit 1 masa (Lunarmonat) = 30 tithi.
Herkömmlich wird die Dauer eines Tages definiert als jener Zeitumfang, den die Erde oder ein Himmelskörper braucht, um eine einzelne Drehung in Bezug auf einen Stern zu vollziehen, präzise gemessen von einer Kulmination zur nächsten beziehungsweise zwischen einem Meridiandurchgang und dem nachfolgenden gleichartigen. In Hinsicht auf einen fernen Stern, als fixiert angenommen, ist dies ein Siderischer Tag und gleichwertig einer vollständigen Umdrehung des Körpers um sich selbst. Im Hinblick auf die Sonne, bezogen als zentrales Gestirn, ist solch ein Sonnentag nicht gleich einer ganzen Rotationsperiode des Körpers um seine Achse – denn der Lauf um die Sonne bringt ja für sich genommen während des jährlichen Umlaufes schon einen Tag-Nacht-Zyklus hervor.
Es gibt verschiedene dem Kalendertag ähnliche Größen, die ihren Ursprung in den komplexen Bewegungen der Himmelskörper und den verschiedenen Bezugspunkten himmelsmechanischer Berechnungen haben:
Für die Festlegung der Weltzeit oder zum Auffinden von Sternörtern wird die Sonnenzeit beziehungsweise die Sternzeit in Referenz auf den Nullmeridian angegeben.
In allgemeinerer Form wird unter einem Tag die Zeitspanne zwischen zwei aufeinanderfolgenden gleichen oder vergleichbaren Belichtungsphasen auf einem Himmelskörper verstanden. Bezogen auf dessen Belichtung durch das umlaufene Zentralgestirn ergibt sich ein Tag daraus, dass die Rotationsbewegung des Körpers und seine Umlaufbewegung zueinander ins Verhältnis gesetzt werden nach ihrer Dauer, Ebene und Richtung.
So gibt es neben dem Tag auf der Erde beispielsweise auch einen „Marstag“ („Sol“ genannt) und einen „Merkurtag“ in Bezug auf die Sonne; gemessen in irdischen Zeitnormen – d als Maßeinheit Tag auf Basis der SI-Sekunde – dauert ein Tag auf dem Mars etwa 1 d und 40 Minuten und ein Tag auf Merkur etwa 176 d. Der „Mondtag“ als Tag auf dem Erd-Mond ist im Mittel etwa 29,53 d lang; diesem entspricht dann eine Periode der Mondphasen, wenn sie von der Erde aus betrachtet werden – von einem Neumond bis zum nächsten Neumond ist das gleich einem synodischen Monat.
Da die Rotation der Erde im Laufe der Zeit abgebremst wird – insbesondere durch Gezeitenwirkungen des Mondes –, werden künftige Erdtage tendenziell länger; umgekehrt dauerte ein Tag auf der Erde früher nicht so lange wie heute. Vor etwa 600 Millionen Jahren vollzog die Erde eine volle Drehung um sich selbst in etwa 22 heutigen Stunden. Da der Umlauf um die Sonne etwa genauso lange wie heute dauerte, hatte ein Jahr damals knapp 400 Sonnentage. Belege dafür finden sich unter anderem in den zyklisch abgelagerten Sedimenten (Warven) präkambrischer Gesteine.
Für die sehr junge Erde vor etwa 4,5 Milliarden Jahren ergaben numerische Simulationen eine Tagesdauer von etwa 6 Stunden. Die Verhältnisse noch früherer Zeiten vor der Entstehung des Mondes und einer mutmaßlich vorangegangenen Kollision des hypothetischen Protoplaneten Theia mit der Protoerde lassen sich kaum rekonstruieren.
Im täglichen Leben wird der „subjektive Tag“, englisch auch awake time period, durch den Rhythmus von Aufstehen und Schlafengehen bestimmt. Der Tag wird oft in die Abschnitte Morgen, Vormittag, Mittag, Nachmittag, Abend und Nacht gegliedert.
Biologische Rhythmen treten mit verschiedener Periodendauer auf – mehrere Jahre, etwa ein Jahr oder ein Monat oder ein Tag oder auch kürzere, ultradiane Zeitspannen – und können als wiederholte Muster der Anpassung innerer Zustände an äußere Umstände verstanden werden. Dabei wird die Änderung der inneren Prozessbereitschaft eines Organismus als endogener Rhythmus organisiert und über gewisse Signale an die zeitlichen Schwankungen im Ablauf von Veränderungen seiner Umgebung gekoppelt. Verändert sich die Umgebung kaum oder fehlen entsprechende externe Signale, so läuft der endogene Rhythmus frei mit einer eigenen Periodenlänge. Beträgt die ungefähr einen Tag, wird von Circadianem Rhythmus gesprochen. Erzeugt wird dieser endogene Circadiane Rhythmus in einem Organismus – man findet ihn bei Pflanzen und Tieren wie dem Menschen – durch ein schwingendes Teilsystem, Oszillator oder Innere Uhr genannt, das als Schrittmacher fungierend nun mögliche Takte als Phase vorgibt, deren Länge oder Intervall dann über äußere Reize, Zeitgeber genannt, feiner abgestimmt wird. Dadurch können innere und äußere Verhältnisse hinsichtlich ihrer zeitlichen Struktur in Einklang gebracht werden und so synchron sein, wie innere Schwingungen veränderten äußeren Schwankungen angeglichen worden sind (Entrainment).
Die meisten chronobiologisch untersuchten Lebewesen konstruieren den passenden tatsächlichen Tagesrhythmus mit Licht als dem wichtigsten Zeitgeber; für die Organisation passender natürlicher Bezüge wirkt also das Licht des Tages zeitgebend.
Daher bildet der lichte Tag auch die Basis der sozialen und subjektiven Tagesbegriffe: Bis zur Einführung künstlicher Beleuchtung musste für fast alle Arbeiten das natürliche Licht ausgenutzt werden – in vielen Branchen und auch Weltgegenden bis heute. Für die überwiegende Mehrzahl der Menschen fallen innerlich erlebter subjektiver Tag und äußerlich verlangter „objektiver“ Zeitbezug wenig auseinander. In den gemäßigten Breiten korrespondiert allerdings der Tagesablauf gegenwärtig zumeist nicht mehr mit dem lichten Tag; im Sommerhalbjahr erwacht man im Allgemeinen erst lange nach Tagesanbruch, im Winter wird man schon vorher wach, und während die Sonne über dem Horizont steht, halten sich viele Menschen gar nicht im Freien auf. Das wird als eine der Ursachen der saisonalen Depression (Winterdepression) gesehen; die Stärke künstlicher Beleuchtung beträgt nur Bruchteile der Leuchtdichte eines natürlich hellen Tages.
Weniger leicht ist die Situation für Menschen, deren subjektiver Tag oft oder regelmäßig nicht dem bürgerlichen Tagesablauf (sozialer Tag) folgt. Nach Schichtarbeit bis, über oder ab Mitternacht empfinden manche dieser Personen intuitiv die nachfolgende Zeit als zum vorhergehenden Tag gehörig. Die Verschiebung zum Kalendertag fällt ihnen dann etwa beim Verfassen schriftlicher Datumsangaben auf. Problematischer aber ist die Verschiebung des Schlafrhythmus gegen den lichten Tag, die auch zu gesundheitlichen Störungen (Schichtarbeitersyndrom) führen kann. Bei manchen zirkadianen Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen verschiebt sich der persönliche Tag so weit, dass er sich mit dem nächsten sozialen Tag überschneidet. Menschen, deren persönlicher Tag als individueller Lebensstil permanent gegenüber dem lichten Tag verschoben scheint, bezeichnet man als Nachtmenschen.[8]
Eine andere Problematik ergibt sich aus der möglichen Zeitverschiebung gegenüber anderen Zeitzonen. Im modernen Alltag helfen Zeitzonenuhren abzuklären, welcher Tag an anderem Ort heute ist, oder es werden E-Mails in UTC datiert und erst vor Ort umgerechnet. Bei Fernreisen in andere Zeitzonen kann aufgrund des fehlenden Entrainments der inneren Uhr ein Jetlag auftreten.
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