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deutscher Maler Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Horst Bartnig (* 15. November 1936 in Militsch, Schlesien) ist ein zeitgenössischer deutscher Maler, Bühnenmaler, Grafiker, Computergrafiker und Plastiker. Er lebt in Berlin. Als Maler ist er der Konkreten Kunst zuzuordnen.
Horst Bartnig studierte 1954–1957 an der Fachschule für angewandte Kunst Magdeburg. Seit 1964 beschäftigt er sich mit Konkreter Kunst. Neben der Entwicklung seines Œuvres war er als Bühnenmaler für das Deutsche Theater Berlin und das Berliner Ensemble tätig.
Bartnig zeichnet sich innerhalb der konkreten Malerei unter anderem dadurch aus, dass er einmal konzipierte Serien in allen Deklinationen ausarbeitet. So gibt es Serien von z. B. 70, 136, 1044 und 3622 Variationen eines Themas.
Für komplexere Bildfolgen arbeitet er seit 1974 mit dem Physiker Reinhard Koch zusammen, der im Zentralinstituts für Kernforschung Rossendorf bei Dresden tätig war. Das betrifft insbesondere Aufgabenstellungen der abzählenden Kombinatorik, Fragen zu geometrischen Symmetrien und zur Gruppentheorie. Von 1979 bis 1985 widmete sich Bartnig zusammen mit Mitarbeitern des Instituts für Informatik und Rechentechnik der AdW in Berlin-Adlershof der künstlerischen Computergrafik, bei der auch die sowjetische Großrechenanlage BESM-6 genutzt wurde.[1][2] Bartnig war bis 1990 Mitglied des Verbands Bildender Künstler der DDR.
Bartnig fand Wege, Farben in ihrem Zusammenspiel überraschend neu zu entdecken, und die Bandbreite der optischen Wirkung einzelner Bilder je nach Distanz und Winkel des Betrachters zu maximieren.
Zum Jahreswechsel eine individuell gestaltete Karte per Post zu verschicken, ist eine freundliche Geste, die sich insbesondere seit 1990 mit der Demokratisierung von Computern und Druckern weiter verbreitet hat. Unter Künstlern, bei denen grafische Drucktechniken zum Handwerkszeug gehören, gab es Neujahrskarten schon zu Beginn der Neuzeit. So befindet sich in der Zentralbibliothek Zürich eine Neujahrskarte mit dem Text „ayn gut nev Jahr“, die aus dem 15. Jahrhundert stammt. „Auch die Neujahrskarten im modernen Sinn, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bereits in Massen Verbreitung fanden, dürften aus den Visitenkarten hervorgegangen sein.“[3]
Bartnig pflegte die Kunst der Neujahrskarte in einzigartiger Weise, die immer auch eine Art Visitenkarte war. Jahrzehntelang verschickte er Neujahrskarten. Adressaten waren Verwandte, Freundinnen und Freunde, ihm nahestehende Berufskollegen und Kunstwissenschaftler sowie Galerien und Museen, mit denen er im vergangenen Jahr zu tun hatte. Auch sein Orthopäde und sein Schornsteinfeger wurden nicht vergessen. In manchen Jahren musste er bis zu 500 Karten drucken, mit einem handschriftlichen Neujahrsgruß versehen und in Mail-Art-Manier verpacken. Die Umschläge waren meist mit einer ausgewählten Sonderbriefmarke frankiert.
Das Motiv des jeweiligen Jahres wurde speziell für diese Neujahrskarte entworfen. Es entstammt dem Umfeld, mit dem sich der Künstler zu diesem Zeitpunkt beschäftigte. So entstanden in den letzten Jahrzehnten insbesondere Neujahrskarten, die dem Werkkomplex „Unterbrechungen“ zuzuordnen sind. Die Kulturbundgalerie Treptow[4] widmete 2007 den Neujahrskarten eine Ausstellung mit dem Titel horst bartnig / neujahrsgrüße 1964–2007 / mail art / international / hin und zurück. Heute werden seine Neujahrskarten in Museen gesammelt[5] und auf Auktionen, im Internet und im Kunsthandel angeboten.[6] Die, krankheitsbedingt, vermutlich letzten seiner Neujahrskarten verschickte er für das Jahr 2023.
Bartnigs Arbeiten haben Eigenschaften, die dem Betrachter sofort auffallen und solche, die sich erst nach längerer Betrachtung erschließen. Nehmen wir als Beispiel eine Serie von fünf Siebdrucken mit dem Titel Acht Quadrate auf verschiedenen Untergründen. Eine solche Serie befindet sich im Kunstfonds der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.[7] Sie stammt ursprünglich aus dem Kunstbestand des Zentralinstituts für Kernforschung Rossendorf, wurde nach der Ausstellung von Bartnigs Arbeiten 1976 erworben und 1993 von Kunstfonds übernommen.
Bartnig variiert seine Themen häufig. So sind es hier fünf Blätter mit dem gleichen Grundmotiv, die die Untertitel Blau auf Hellgrün, Blau auf Grün, Blau auf Dunkelgrün, Blau auf Blau, und Blau auf Schwarz tragen. Jedes Blatt besteht aus zwei Farben, wobei nur die Farbe Blau gedruckt wurde. Die zweite Farbe ergibt sich aus der Färbung des Papiers, dem Untergrund. Die Blätter sind quadratisch, in den Unterstrukturen finden sich weitere Quadrate.
Zur Veranschaulichung der Struktur wurde das Blatt Blau auf Grün vektorgrafisch mit dem Zeichenprogramm CorelDraw nachgezeichnet. Die erste Grafik in diesem Abschnitt zeigt dieses Blatt, in die zweite Grafik wurden weitere Objekte und Zahlen eingezeichnet.
Das kleinste einfarbige Bauelement ist ein rechtwinkliges Dreieck, von dem zwei zu einem kleinen Quadrat zusammengesetzt werden. Diese kleinsten Quadrate sind entweder einfarbig oder zweifarbig mit diagonaler Teilung. Es gibt vier Arten: homogen grün, homogen blau, grün-blau oder blau-grün, jeweils diagonal geteilt („Elementarquadrat“). Acht Quadrate im Titel der Serie bezieht sich auf die acht homogen gefärbten Elementarquadrate.
2 × 2 solcher Elementarquadrate bilden das nächstgrößere Quadrat („Atomquadrat“). Atomquadrate sind in der zweiten Grafik mit einer dickeren schwarzen Linie umrandet. Von diesen unterscheiden sich nur drei, die mit weißen Zahlen beschriftet sind. Die Typen 1 und 3 kommen jeweils viermal, Typ 3 jedoch achtmal auf dem gesamten Blatt vor. 2 × 2 solcher Atomquadrate bilden ein weiteres Quadrat („Molekülquadrat“). Die vier Molekülquadrate des Blattes sind alle gleich und bilden zusammen eine Art Kristall („Kristallquadrat“).
Eine weitere Besonderheit betrifft die „Randbedingungen“ der Atomquadrate (Grafik 2). An den Außenrändern trifft jeweils eine grüne Fläche eines Atomquadrats auf eine blaue Fläche des benachbarten Atomquadrats und umgekehrt. Dies ähnelt einer chemischen Bindung, bei der sich ein positiv geladenes „Ion“ mit einem negativ geladenen verbindet.
Alle Quadrate sind so angeordnet, dass sich bestimmte Symmetrien ergeben. So ist das gesamte Blatt spiegelsymmetrisch zu der roten Geraden („Hauptdiagonale“), die von der linken oberen Ecke zur rechten unteren Ecke verläuft. Das Blatt ist auch spiegelsymmetrisch zu der olivfarbenen Geraden, die von der rechten oberen Ecke zur linken unteren Ecke verläuft („Gegendiagonale“), wenn man gleichzeitig die Farben vertauscht. Außerdem ist das Blatt rotationssymmetrisch, wenn man es um 180° dreht und dabei die Farben vertauscht. Wie bei graphischen Darstellungen der geometrischen Symmetrie üblich, ist im Zentrum der Figur ein hier violetter Kreis eingezeichnet, der die gelbe Zahl 2 enthält, die sogenannte Zähligkeit. Von den Atomquadraten besitzt nur das vom Typ 2 die gleichen Symmetrien.
Der starke optische Eindruck, den das Blatt auf den dafür empfänglichen Betrachter macht, beruht wahrscheinlich auch auf diesen Symmetrien, die ein Ordnungsprinzip erahnen lassen, ohne dass jeder Betrachter es benennen kann. Hervorzuheben ist, dass alle Arbeiten Bartnigs intuitiv und experimentell entstanden sind, da er keine Ausbildung in höherer Mathematik oder Naturwissenschaft genossen hat. Eine Rezensent schrieb über eine verwandte Arbeit Bartnigs: Man glaubt seinen Augen nicht trauen zu dürfen, wenn man die abstrakten Farbkompositionen von Horst Bartnig im Kunstmuseum Moritzburg Halle sieht. Dem Berliner Maler gelingt es auf seinen Gemälden, Farbelemente so zu strukturieren, dass sie im Auge des Betrachters zu faszinierenden Überlagerungen führen.[8]
Mathematisch gesehen bilden die vier Symmetrieelemente Neutrales Element, Spiegelung an der Hauptdiagonalen, Spiegelung an der Gegendiagonalen mit Farbtausch und Drehung um 180° mit Farbtausch eine Symmetriegruppe der Ordnung 4. Weitere symmetrietheoretische Untersuchungen zu Bartnigs Arbeiten finden sich in einem Aufsatz von Peter Scharfenberg in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Computers & Mathematics with Applications aus dem Jahr 1986.[9] Scharfenberg fasst dort zusammen: Ein Teil der grafischen Arbeiten des Künstlers sind das Ergebnis von Experimenten mit Operationen wie Rotation, Translation und (gelegentlich) Farbaustausch, die an elementaren Figuren quadratischer Form durchgeführt wurden. Anhand von neun Beispielen werden einige der den Figuren zugrunde liegenden theoretischen Rahmenbedingungen im Licht der Symmetrie diskutiert. Kombinatorische sowie graphentheoretische Probleme werden berührt.
Die hier gewählte Benennung der Quadrate (Atomquadrat, Molekülquadrat usw.) weist auf eine hierarchische Struktur hin, wie sie in der Natur vorkommt (Atom, Molekül usw.). Tatsächlich finden sich solche Strukturen auch in vielen anderen Arbeiten Bartnigs, insbesondere im Variablen System 70.[8]
Diese Liste folgt der Liste öffentliche sammlungen (auswahl) im Katalog einer Ausstellung im Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen Magdeburg.[10]
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