Loading AI tools
Bezeichnung für eine Vielzahl von naturspirituellen Bräuchen, Traditionen und Religionen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das Hexentum ist ein Überbegriff für naturspirituelle Bräuchen, Traditionen und Religionen, meist aus Großbritannien, Zentral- und Osteuropa und Nordamerika. Der Begriff „Hexentum“ aufgrund der negativen Besetzung des Wortes Hexe durch die Hexenverfolgung erst im 20. Jahrhundert populär.[1]
Das englische witch wurde, wie das deutsche Hexe als Fremdzuschreibung für Personen verwendet, die Anderen mit Mitteln der Magie schadet, also Schadenzauber anwenden. Im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit waren englischsprachigen Ländern als Selbstbezeichnung und im Volksglauben Cunning Folk oder Wise Folk üblich.[2]
Im modernen Hexentum wird Hexe auch als Selbstbezeichnung verwendet. Als Hexe (Frau) oder Hexenmeister (Mann) werden nun im deutschsprachigen Europa alle Personen bezeichnet, die Rituale vollzogen, großes Wissen über die Natur und Kräuterheilkunde hatten und die häufig auch Wahrsagen betrieben. Hexenmeister (englisch warlock) gilt im heutigen Hexentum eher als Beleidigung und bezeichnet einen Verräter (jemand, der z. B. geheime Traditionen verrät), oder Betrüger (die z. B. behauptet, übernatürliche Kräfte zu haben, um damit Geld zu verdienen).[3]
Das Wort Hexe (zu mhd. hecse, hesse, ahd. hagzissa, hagazussa) leitet sich vom althochdeutschen hag (Zaun, Hecke) ab; die genaue Bedeutung des Wortes ist ungeklärt, jedoch wird es häufig mit „Zaunreiter“ übersetzt.[1][4]
Im Hexentum ist Hexe die Bezeichnung für eine Person, die eine naturspirituelle Praktik ausübt oder einer Naturreligion angehört, die dem Hexentum zugerechnet werden kann.[5] Das Wort wird geschlechtsneutral genutzt, d. h., auch ein Mann wird als Hexe, nicht etwa als Hexer bezeichnet. Hexen versuchen stark im Einklang mit der Natur zu leben und nutzen dazu verschiedene psychologische und meditative Techniken, die im Hexentum häufig als Magie bezeichnet werden;[6][7][8] siehe hierzu Glaubensinhalte.
Als Burning Times (dt. Zeit des Brennens) wird im Hexentum der modernen Wiccas der Zeitraum der Hexenverfolgung in Europa und Nordamerika in der frühen Neuzeit bezeichnet.[9] Für Wicca-Anhänger, für die eine Kontinuität zwischen ihren Vorstellungen und den historischen Beschreibungen von Hexen und deren Verfolgung gegeben ist, ist der Bezug sehr wichtig. Allerdings neigen sie dazu, die Dauer und Intensität der Verfolgung und insbesondere die Zahl der Opfer gegenüber den Angaben von Historikern weit zu überschätzen.[10] Auch in Amerika kam es zu Hexenprozessen, die größten waren 1692 in Salem.[11]
1951 wurde das Verbot der Hexerei in England aufgehoben. Dadurch wurde es möglich über das Hexentum zu schreiben und 1954 erschien ein Buch über das Hexentum in England unter dem Titel Witchcraft Today.[12] Davor wurden Bücher über das Hexentum oft als Fantasyroman getarnt, so zum Beispiel High Magic’s Aid aus dem Jahr 1949.[13] Autoren wie Gerald Gardner, Doreen Valiente, Raymond Buckland und Scott Cunningham machten das Hexentum und die Religion Wicca, welche die größte Untergruppe des Hexentums ist, populär. 2011 waren in Deutschland 400 Wicca in Coven organisiert.[14]
Der Mythos des Hexenkults ist eine Hypothese der Anthropologin und Ägyptologin Margaret Murray, die heute als widerlegt angesehen wird. In ihrem Werk Der Hexen-Kult in Westeuropa beschrieb sie einen angeblichen heidnischen Widerstand gegen das Christentum aus Gruppen von Hexen, die einen männlichen Gott anbeten. Dieser Kult soll angeblich seit dem Neolithikum bis zum Beginn der Hexenverfolgung bestanden haben.[15] Der Historiker C. L. Ewen und der Experte für das Hexentum Ronald Hutton kritisierten die Hypothese von Murray, als schlecht belegt. In manchen Punkten schrieb Murray zwar korrekte Dinge, jedoch ist vor allem die Behauptung, dass Hexen sich in Gruppen getroffen hätten und dass dieser Kult eine Art Widerstand gegen das Christentum gewesen wäre, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit falsch.[16] Das Buch Murrays sorgte aber dafür, dass das Hexentum wieder populärer wurde, und inspirierte unter anderem Gerald Gardner.
„Old“ George Pickingill (* 1816 in Hockley; † 10. April 1909 in Canewdon) war ein englischer Okkultist, der sich zum Cunning Folk zählte. Pickingill behauptete von einer angeblichen Hexe namens „Julia von Brandon“ abzustammen, welche im Jahr 1071 n. u. Z. ein Ritual vollzogen haben soll, um Hereward Schutz und Erfolg im Kampf zu geben.[17] Ob Julia von Brandon tatsächlich gelebt hat, ist unsicher, jedoch liegen dem Hexenmuseum Schweiz[18] Exponate vor, die ihre Existenz bestätigen sollen.
Pickingill hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts mehrere Coven gegründet und wurde „Neun Coven Vater“ genannt, wobei es keine Belege dafür gibt, dass er tatsächlich neun Gruppen gegründet hat. Vermutlich gründete Pickingill den New Forest Coven, welcher Dafo als seine Hohepriesterin einsetze. Der Coven praktizierte regionale Traditionen des Hexentums aus Südengland.[19] Gardner wurde im September 1939 von Dafo in den Coven initiiert.[8][20]
Gerald Gardner wollte Wicca klar vom allgemeinen Hexentum abgrenzen und den New Forest Coven in den 1940er Jahren mit dem neuen Bricket Wood Coven ab, um dort mehr Autorität ausüben zu können.[8] Aufgrund von Uneinigkeit verließ die Hohepriesterin Doreen Valiente den Coven und gründete einen neuen Coven.[8][21] Die Abspaltungen des Coven führten dazu, dass sich Wicca in ganz England, später auch im Rest Europas, Nordamerika und schließlich auf der ganzen Welt verbreitete.[8]
Das Hexentum ist ein naturspiritueller Pfad; der wesentliche Bestandteil des Hexentums ist ein Leben im Einklang mit der Natur. Sie wird als heilig oder sogar gottgleich angesehen, sie gilt als Ursprung allen Seins, als allumfängliche lebensspendende Kraft.[22]
Für die meisten Rituale innerhalb des Hexentums werden keine künstlichen Dinge, sondern nur der eigene Körper und Gegenstände genutzt, die man entweder in der Natur finden kann, oder die aus Dingen gefertigt wurden, die man in der Natur findet. Fast alle Rituale, Andachten und Festtage werden im Freien verbracht. In vielen Traditionen wird auch vorher andere Kleidung angelegt, um einen genauen Übergang vom Alltag in die magische Arbeit zu symbolisieren. Geburt, Leben und Tod, der Kreislauf von Tag und Nacht und der Wandel der Jahreszeiten werden als Naturwunder wahrgenommen und gefeiert. In Ritualen zu den Jahreskreisfesten wird der Natur unter anderem für ihre Gaben gedankt.[23]
Im Hexentum wird Magie (engl. Magick) von Zauberei (engl. Magic), welche im Deutschen ebenfalls oft als Magie bezeichnet wird, klar abgegrenzt. Die Magie im Hexentum hat nichts Übernatürliches an sich; sie bezeichnet lediglich das aktive Ausüben von Ritualen und anderen Praktiken innerhalb des Hexentums, welche sich fast immer rational erklären lassen. Die meisten magischen Praktiken basieren auf meditativen oder psychologischen Techniken und dienen dazu, sein eigenes Leben glücklicher zu gestalten oder sich mehr mit der Natur zu verbinden.[24][25]
Häufig werden im Hexentum Ritualwerkzeuge genutzt, welche als Unterstützung in der magischen Arbeit dienen sollen. Sie erfüllen unterschiedliche Aufgaben, wie beispielsweise die Förderung der Konzentration.[26]
Im Gegensatz zur klassischen Fünf-Elemente-Lehre wird im Hexentum das fünfte Element nicht als Quintessenz, sondern als Geist oder Äther bezeichnet und steht nicht über den anderen Elementen, sondern bildet ein eigenständiges. Die Elemente werden als Bestandteil aller Dinge gesehen, die natürlich vorkommen und somit als heilig betrachtet werden. In Ritualen werden die Elemente häufig genutzt, beispielsweise beim Schaffen eines Schutzkreises, um sich mehr mit der Natur verbinden zu können.[28][29]
Element | Beispiele für Assoziationen | Beispiele für Vorkommen in der Natur |
---|---|---|
Äther (Geist) | Gedanken, Spiritualität, Macht | Tag und Nacht, Jahreszeiten, Gezeiten |
Wasser | Gefühle, Intuition, Träume | Meer, Seen, Flüsse, Regen |
Feuer | Geburt und Tod, Wille, Erfolg | Sonne, Wüsten, Vulkane, Flammen |
Erde | Schutz, Bann, Fruchtbarkeit | Mond, Wälder, Felder, Gesteine |
Luft | Weisheit, Hingabe, Freiheit | Himmel, Stürme, Wellen, Klippen |
Im Modernen Hexentum gibt es verschiedenen Strömungen, die Traditionen genannt werden.
Als traditionelles Hexentum bezeichnet man alle Traditionen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, sich so weit wie möglich an den ursprünglichen Traditionen der Kräuterhexen, Druiden und anderen ehemaligen Naturreligionen zu orientieren und diese fortzuführen. Diese Aufgabe gestaltet sich oft schwierig, denn viele Dinge sind nur aus zweiter Hand überliefert worden, oder es handelt sich lediglich um Vermutungen anhand von archäologischen Fundstücken. Die meisten Personen, die sich heute als traditionelle Hexen sehen, folgen den Traditionen aus England und dem ehemaligen Germanien um das 17. bis 20. Jahrhundert.[8]
In der Romantik kam ein Interesse an den alten Traditionen der Kelten auf und in der Folge entstand ein neuzeitliches Druidentum als Teil der neopaganen Bewegung.[30]
Wicca ist im Gegensatz zum allgemeinen Hexentum nicht nur ein spiritueller Pfad oder eine Lebensart, sondern auch eine Religion; sie wird dem traditionellen Hexentum zugerechnet. Die Traditionen des Wicca stammen vermutlich aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert aus der Region des New Forest. Der Begriff Wicca wurde von Gardner etabliert, welcher die Traditionen schriftlich fixierte, zusammenfasste und so den Grundstein für den Wandel von einem spirituellen Pfad in eine organisierte Religion legte.[8][31]
Das wesentliche Merkmale des Wicca ist die Arbeit mit der großen Göttin und dem gehörnten Gott, wobei diese meist nicht als real existierende Gottheiten, sondern eher als Verkörperungen für Elemente des Lebens gesehen werden; die Göttin steht hierbei für Geburt, Leben und Tod, der Gott für den Kreislauf des Jahres.[32] Wer sich als traditioneller Wicca bezeichnen möchte, der muss von einer anderen Person initiiert werden, die bereits als (Hohe-)Priester initiiert wurde; im Wicca gibt es drei Grade, in welche man durch einen Coven eingeweiht wird. Manche Traditionen und Rituale werden nur mündlich weitergegeben und man erfährt sie nur durch die Arbeit mit einem Coven. Außerdem werden so genannte Geheimnisse bei der Initiation weitergereicht.[21][33]
Stregheria ist eine italienische Tradition des Hexentums, die erstmals 1899 schriftlich erwähnt wurde.[34]
Seinen Ursprung hat Stregheria vermutlich im 14. Jahrhundert. Es orientiert sich sehr stark an okkulten Vorstellung und ist dem Wicca sehr ähnlich, mit dem wesentlichen Unterschied, dass es keine Coven gibt und dass Göttin und Gott nicht nur als Sinnbilder, sondern tatsächlich als real existent angesehen werden.[35]
Viele Hexen des 21. Jahrhunderts, vor allem in Europa und Nordamerika, nutzen das Hexentum mehr als spirituelle Lebensweise und konzentrieren sich weniger auf eine spezielle Tradition. Die beiden häufigsten „Arten“ von solchen Hexen sind eklektische und grüne Hexen.
Das eklektische Hexentum ist eine Wicca-Tradition und zeichnet sich dadurch aus, dass es sehr individuell ist. Anhänger dieser Tradition kombinieren verschiedene Vorstellungen und Praktiken aus vielen verschiedenen anderen Traditionen des Hexentums und Religionen. Eklektische Hexen praktizieren meist alleine und passen ihre Tradition an die aktuellen Gegebenheiten und ihre eigenen Bedürfnisse an.[26]
Das grüne Hexentum kann als Abwandlung des traditionellen Hexentums angesehen werden, in das Elemente aus dem Wicca und dem Schamanismus eingeflossen sind. Im Fokus steht die Verehrung der Natur und Rituale nehmen eine eher untergeordnete Rolle ein. Die enge Arbeit mit der Natur und ein hohes Wissen über Flora und Fauna sind für grüne Hexen bezeichnend.[36]
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.