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deutscher Historiker und Sozialforscher Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Harry Waibel (* 20. Juni 1946 in Lörrach) ist ein deutscher Historiker. Seine Themenschwerpunkte in Forschung und Publikationen sind Neonazismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus in der DDR sowie Rassismus in Deutschland von 1945 bis zur Gegenwart.
Harry Waibel kommt aus einer Arbeiterfamilie, er machte 1962 die mittlere Reife und danach eine Lehre als Industriekaufmann. Nach seiner Entlassung aus der Bundeswehr arbeitete er in verschiedenen Unternehmen als kaufmännischer Angestellter. Er beteiligte sich nach eigenen Angaben in Lörrach im Republikanischen Club und in Basel an Aktionen der außerparlamentarischen Opposition und war 1969 gegen die NPD aktiv, die seit 1968 im Landtag von Baden-Württemberg vertreten war.
Über den zweiten Bildungsweg begann er an der PH Freiburg ein Lehramtsstudium.[1] Als Mitglied des Sozialistischen Büros Offenbach und des Sozialistischen Bunds Südbaden engagierte er sich nach eigenen Angaben politisch in Freiburg, unter anderem auch für Hausbesetzungen. Harry Waibel schrieb für die Zeitungen Sumpfblüte und Links unten.
An der Freien Universität Berlin setzte er sein Studium fort und beendete dies als Diplom-Pädagoge.[1] Am Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin wurde er 1993 promoviert mit einer Dissertation zum Thema Rechtsextremismus in der DDR bis 1989.[2] Beide Studiengänge und die Promotion wurden nach eigenen Angaben von der gewerkschaftseigenen Hans-Böckler-Stiftung finanziell gefördert.[3]
Harry Waibel forscht in den Archiven des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit und im Bundesarchiv (SAPMO) zum Rassismus in der DDR.
Er lebt und arbeitet als freier Publizist und Historiker in Berlin.
Seine 1996 als Buch erschienene Dissertation Rechtsextremisten in der DDR bis 1989 wurde in politikwissenschaftlichen Arbeiten von Steffen Kailitz und Christoph Butterwegge rezipiert. Waibel vertritt unter anderem die These, dass die autoritäre Struktur der DDR gegenüber Jugendlichen besonders wirksam gewesen sei und eine wesentliche Voraussetzung dafür war, dass Jugendliche fremdenfeindliche und profaschistische Einstellungen übernehmen konnten.[4] Bürokratismus und Zentralismus seien der ideale Nährboden für rechtsextremistische Einstellungen gewesen. Die DDR-Führung habe einen Obrigkeitsstaat geschaffen, der es für Rechtsextreme leicht gemacht habe, gesellschaftliche Anknüpfungspunkte zu finden.[5]
Im Jahre 2011 legte Harry Waibel das Buch Diener vieler Herren vor. Darin stellte er 1500 Kurzbiografien von Personen der Jahrgänge 1880–1925 zusammen, die „sowohl für Nazi-Deutschland als auch in der SBZ/DDR aktiv“ in mehr oder weniger wichtigen Berufen, wie Politiker, Soldaten und Polizisten, Mediziner, Wissenschaftler, Manager, Theologen und Pfarrer, Künstler und Sportler tätig gewesen waren. Dafür wertete er Personennachschlagewerke aus und verglich sie mit der Überlieferung des Berlin Document Center. In der Rezension im Portal für Politikwissenschaft wird angemerkt, dass bloße Mitgliedschaften allein für die endgültige Einschätzung einer Person nicht ausreichten, „bestimmte Tendenzen lassen sich aber in jedem Fall feststellen. Es ist zu wünschen, dass die umfangreiche Materialsammlung zu weiteren Forschungen anregt“.[6]
Unter dem Titel Die braune Saat. Antisemitismus und Neonazismus in der DDR erschien 2017 Waibels Studie, die neonazistische, rassistische und antisemitische Propaganda- und Gewalttaten belegte. Sie stützte sich laut Micha Brumlik auf 2000 als „streng geheim“ klassifizierte Quellenmaterialien, u. a. des „Ministeriums für Staatssicherheit“. Anlässlich des Anschlags auf die Synagoge in Halle 2019 stellte Brumlik fest, dass die Studie „noch immer und skandalöserweise viel zu wenig“ rezipiert sei.[7]
Waibel gilt als einer der wenigen Historiker, der rassistische und rechte Gewalt in der sich als antifaschistisch darstellenden DDR erforschte. Er ist jedoch nicht unumstritten. Laut der Taz kritisierte der Soziologe Hartmut M. Griese in einer Rezension, dass Waibel zu oft „konsistente Analysen weitgehend schuldig“ bleibe. Bemängelt wird auch, dass seine Kritik an der deutschen Geschichtswissenschaft mitunter zu pauschalisierend ausfalle. Die unterschiedlichen Rezensenten seien sich jedoch darin einig, dass es ein Verdienst Waibels ist, Hunderte von Akten durchleuchtet zu haben. „Denn damit begegnet er dem größten Problem der Forschung: Es gibt kaum Belege für die Taten.“[8]
Die Journalistinnen Anja Reich und Jenni Roth warfen Waibel in der Berliner Zeitung in Bezug auf den Fall Manuel Diogo vor, mittels „Halbwahrheiten und Manipulationen“ Geschichte umzuschreiben.[9]
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