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Diphenylketen

chemische Verbindung Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Diphenylketen wurde 1905 zuerst von Hermann Staudinger isoliert und als erster Vertreter der außerordentlich reaktiven Stoffklasse der Ketene[5] mit der allgemeinen Formel R1R2C=C=O (R1=R2=Phenylgruppe) identifiziert.[8] Mit den kumulierten Doppelbindungen in der Ketenstruktur R1R2C=C=O stellt Diphenylketen ein Heterokumulen dar. Die wichtigste Reaktion des Diphenylketens ist die [2+2]-Cycloaddition an C-C-, C-N-, C-O-, C-S-Mehrfachbindungen.[9]

Schnelle Fakten Strukturformel, Allgemeines ...
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Vorkommen und Darstellung

Zusammenfassung
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Die erste Synthese von H. Staudinger ging aus von Chlor-diphenyl-acetylchlorid (aus Benzilsäure und Thionylchlorid[10]), aus dem mit Zink in einer Dehalogenierungsreaktion zwei Chloratome abgespalten werden.[5]

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Synthese von Diphenylketen nach Staudinger

Eine frühe Synthese nutzt Benzilmonohydrazon (aus Benzil und Hydrazinhydrat[11]), das mit Quecksilber(II)-oxid und Calciumsulfat zum Mono-diazoketon oxidiert und anschließend bei 100 °C unter Stickstoffabspaltung in 58%iger Ausbeute in das Diphenylketen umgelagert wird.[12]

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Synthese von Diphenylketen aus Benzilmonohydrazon

Eine weitere frühe Diphenylketen-Synthese stammt von Eduard Wedekind, der bereits 1901 bei der Dehydrohalogenierung von Diphenylacetylchlorid mit Triethylamin Diphenylketen erhielt, ohne es jedoch zu isolieren und zu charakterisieren.[13] Diese Variante wurde auch 1911 von H. Staudinger beschrieben.[14]

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Synthese von Diphenylketen Diphenylessigsäure

Eine Laborstandardvorschrift[1] basiert auf dem Staudinger-Verfahren und liefert Diphenylketen als orangefarbenes Öl in Ausbeuten von 53 bis 57 %.

In einem jüngeren Verfahren wird 2-Brom-2,2-diphenylacetylbromid mit Triphenylphosphin in Ausbeuten bis 81 % zu Diphenylketen umgesetzt.[3]

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Synthese von Diphenylketen durch Debromierung

Unlängst wurde eine Synthese von Diphenylketen aus Diphenylessigsäure und dem Hendrickson-Reagenz (Triphenylphosphoniumanhydrid-Triflat, aus Triphenylphosphinoxid und Trifluormethansulfonsäureanhydrid)[15][16] unter Wasserabspaltung in 72%iger Ausbeute berichtet.[17]

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Synthese von Diphenylketen Hendrickson-Reagenz
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Eigenschaften

Diphenylketen ist bei Raumtemperatur ein orangefarbenes bis rotes Öl – mit der Farbe konzentrierter Kaliumdichromat-Lösung[5] –, das sich mit unpolaren organischen Lösungsmitteln wie z. B. Diethylether, Aceton, Benzol, Tetrahydrofuran, Chloroform mischt[6] und in der Kälte zu gelben Kristallen erstarrt.[5] Die Verbindung wird durch Luft leicht oxidiert, kann aber in dicht verschlossenen Behältnissen bei 0 °C mehrere Wochen ohne Zersetzung[1] bzw. in einer Stickstoffatmosphäre unter Zusatz einer kleinen Menge Hydrochinon als Polymerisationsinhibitor[12] aufbewahrt werden.

Die hohe Reaktivität des Diphenylketens manifestiert sich auch in der Bildung von drei definierten Dimeren:[18]

  • das cyclische Diketon 2,2,4,4-Tetraphenylcyclobutan-1,3-dion (I) durch Erhitzen mit Chinolin
  • das β-Lacton 4-(Diphenylmethylen)-3,3-diphenyloxetan-2-on (II) durch Erhitzen mit Natriummethanolat und
  • das Tetralin-derivat 2,2,4-Triphenylnaphthalin-1,3-(2H,4H)-dion (III) durch Erhitzen mit Benzoylchlorid
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Dimere von Diphenylketen

und daraus abgeleiteten höheren Oligomeren.

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Anwendungen

Zusammenfassung
Kontext

In ihrer Konstitution wie in ihrer Reaktivität zeigen Ketene der allgemeinen Formel R1R2C=C=O viele Parallelen zu Isocyanaten der allgemeinen Formel R-N=C=O.

Diphenylketen addiert Wasser unter Bildung von Diphenylessigsäure, Ethanol zum Diphenylessigsäureethylester oder Ammoniak zum entsprechenden Amid.[5] Mit Carbonsäuren entstehen gemischte Anhydride der Diphenylessigsäure, die zur Aktivierung von geschützten Aminosäuren für die Peptidverknüpfung herangezogen werden können.

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Gemischtes Anhydrid mit Diphenylketen zur Dipeptidverknüpfung

So entsteht bei der Aktivierung von Z-Leucin mit Diphenylketen und anschließender Umsetzung mit Phenylalanin-ethylester in 59%iger Ausbeute das geschützte Dipeptid Z-Leu-Phe-OEt (N-Benzyloxycarbonyl-L-leucyl-L-phenylalanin-ethylester).[19]

Diphenylketen neigt zur Autoxidation, bei der sich über ein intermediär entstehendes Diphenyl-Acetolacton bei Temperaturen über 60 °C der entsprechende Polyester bildet.[20]

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Autoxidation und Polymerisation von Diphenylketen

In einer Wittig-Reaktion können aus Diphenylketen Allene dargestellt werden.[21]

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Bildung von Tetrapehnylallen aus Diphenylketen

Mit Triphenylphosphindiphenylmethylen und Diphenylketen entsteht z. B. bei 140 °C unter Druck Tetraphenylallen in 70%iger Ausbeute.[22]

Die synthetisch interessantesten Reaktionen des Diphenylketens sind [2+2]-Cycloadditionen, wie z. B. die Reaktion mit Cyclopentadien zu einem Diels-Alder-Addukt.[23]

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Addition von Diphenylketen an Cyclopentadien

Imine wie z. B. Benzalanilin bilden mit Diphenylketen β-Lactame

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beta-Lactambildung mit Diphenylketen

und mit Carbonylverbindungen entstehen analog β-Lactone.[23]

Die [2+2]-Cycloaddition von Diphenylketen mit Phenylacetylen führt zunächst zu einem Cyclobutenon, das thermisch zu einem Phenylvinylketen aromatisiert und in einer [4+2]-Cycloaddition in 81%iger Ausbeute zu 3,4-Diphenyl-1-naphthol cyclisiert.[24]

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Cycloaddition von Diphenylketen zu Diphenylnaphthol

Aus dieser so genannten Smith-Hoehn-Reaktion hat sich eine allgemeine Synthesemethode für substituierte Phenole und Chinone entwickelt.[8]

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Einzelnachweise

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