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Verhältnis zwischen Deutschland und Kroatien Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Deutschland und Kroatien unterhalten seit dem 15. Januar 1992 diplomatische Beziehungen. Beide Staaten sind Mitglieder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), des Europarates, der Europäischen Union und der NATO.
Deutschland | Kroatien |
Deutschland verfügt über eine Botschaft in Zagreb und einen Honorarkonsul in Split.[1] Kroatien unterhält eine Botschaft in Berlin und fünf Generalkonsulate in Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, München und Stuttgart.[2]
Laut den Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge lebten 2018 in Deutschland 375.932 Personen kroatischer Staatsangehörigkeit in Deutschland, welche damit die sechstgrößte Ausländergruppe darstellen.[3]
Bei der kroatischen Volkszählung von 2001 erklärten sich 2902 Personen als ethnische Deutsche. Die Minderheit „Deutsche und Österreicher“ wird in Kroatien offiziell anerkannt. Die Kroatenseelsorge ist ein kirchliches Angebot für die katholischen Kroaten in Deutschland.
Eine Episode aus der Frühzeit der Beziehungen zwischen Kroaten und Deutschen stellt die Aufnahme des durch die Franken verfolgten Gottschalk von Orbais durch den kroatischen Fürsten Trpimir I. im 9. Jahrhundert dar. Zu dieser Zeit kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Franken und Kroaten. So schickte zum Beispiel im Jahr 838 der bayerische Herzog Ludwig der Deutsche (der spätere König des Ostfrankenreiches) seine Streitkräfte gegen den pannonischen Fürsten Ratimir aus und wurde zurückgeschlagen.
In der frühen Neuzeit erhielten die kroatischen Beziehungen zum deutschsprachigen Raum durch die Angliederung Kroatiens an Österreich (1527, siehe Charta von Cetingrad) eine neue Qualität – stellten doch die österreichischen Herrscher dieser Zeit auch den deutschen beziehungsweise Heilig-Römischen Kaiser.
Ab dem 17./18. Jahrhundert ließen sich infolge einer planmäßigen staatlichen Politik deutschsprachige Siedler, die sogenannten Donauschwaben, in dem durch Kriege entvölkerten Grenzgebiet zwischen Österreich und dem Osmanischen Reich nieder. Siedlungsschwerpunkte im späteren Kroatien waren dabei Ost-Slawonien mit Osijek (deutsch: Esseg) und (West-)Syrmien. In Osijek existierte ein Deutsches Theater Esseg. Mit dem erwachenden Nationalismus der europäischen Völker im 19. Jahrhundert wurde das Zusammenleben auch von Deutschen und Kroaten schwieriger. Um noch einmal das Beispiel des Osijeker Theaters anzuführen: Auf Grund von nationalistischen Angriffen wurde der deutschsprachige Theaterbetrieb immer weiter reduziert, bis es 1911 nur noch Vorstellungen in kroatischer Sprache gab.[4]
Im Ersten Weltkrieg kämpften die Kroaten als Bürger Österreich-Ungarns an deutscher Seite. Mit dem Zerfall der Habsburgermonarchie am Ende des Krieges fanden sich die Kroaten und die Kroatiendeutschen im Königreich Jugoslawien wieder. Die Deutschen versuchten, sich mit dem neuen schwierigen Status der Minderheit zu arrangieren, indem sie zum Beispiel den Kulturbund und die Deutsche Partei Jugoslawiens gründeten – diese wurden aber im Laufe der Zeit wieder verboten. Auch viele Kroaten konnten sich mit dem neuen Gesamtstaat nicht anfreunden, sie fühlten sich von den Serben oftmals marginalisiert. So fiel es den Deutschen nach der erfolgreichen Zerschlagung Jugoslawiens 1941 relativ leicht, die südslawischen Völker gegeneinander auszuspielen und mit dem kollaborationswilligen Teil der Kroaten unter Führung der faschistischen Ustascha den (territorial vergrößerten) Unabhängiger Staat Kroatien zu installieren. Eine deutsche Besatzungsarmee blieb im Land. Verstärkt ab 1942/1943 kam es zu vielfältigen bewaffneten Konflikten mit verschiedenen Beteiligten. Hauptgegner in Kroatien waren dabei die deutsche Wehrmacht und Ustascha-Einheiten auf der einen Seite und den (multiethnischen, kommunistisch dominierten) jugoslawischen Partisanen unter Führung von Josip Broz Tito auf der anderen Seite. Auch unter den Kroatiendeutschen gab es nicht wenig Kollaboration mit dem Dritten Reich, das Ausmaß ist bis heute in der Forschung umstritten. Ein kleiner Teil der Deutschen war auch im Widerstand tätig. Gegen Ende des Krieges kam es dann zu Flucht und Vertreibung eines Großteils der Donauschwaben. Die Verbliebenen waren gerade in der direkten Nachkriegszeit massiven Repressionen ausgesetzt. Ideologisch begründet wurde das Vorgehen gegen die Deutschen mit der Behauptung einer kollektiven Kollaboration. Rechtliche Grundlage waren die AVNOJ-Beschlüsse bezüglich der deutschen Minderheit von 1943. Das wieder gegründete Jugoslawien wurde kommunistisch, es ging jedoch seinen eigenen Weg und wurde eine treibende Kraft in der Bewegung der Blockfreien Staaten, so dass es zu keiner so extremen „Eiszeit“ in den Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland kam, wie es bei der Bundesrepublik und den Ostblockstaaten der Fall war. Allerdings wurden auf Grund der Hallstein-Doktrin die deutschen Beziehungen zu Jugoslawien 1957 abgebrochen, da das Land diplomatische Beziehungen zur DDR aufgenommen hatte, was dem westdeutschen Alleinvertretungsanspruch widersprach. Mit den Jahren verlor die Hallstein-Doktrin ihre Bedeutung und 1968 wurden die diplomatischen Beziehungen wieder aufgenommen. Außerdem wurde in diesem Jahr ein Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Jugoslawien geschlossen, im Zuge dessen auch viele Kroaten als Gastarbeiter nach Deutschland kamen. Mehrere deutsche Urlauber reisten bereits in den Jahrzehnten der Nachkriegszeit nach Jugoslawien, ein beliebtes Ziel war hierbei die kroatische Adriaküste.[5] Vertraglich vereinbarte Zahlungen wurden aber fortgesetzt und ein Generalkonsulat im Lande belassen.
Auch im zweiten Jugoslawien fühlten sich wieder viele Kroaten gegenüber den Serben benachteiligt. So kam es nach dem Tod Titos und mit den weltpolitischen Umwälzungen im Zuge von Michail Gorbatschows Perestrojka zu immer größeren Spannungen zwischen den Ethnien in dem südslawischen Staat.
1991 spielte das gerade wiedervereinigte Bundesrepublik Deutschland eine aktive Rolle bei der europäischen Anerkennung der zuvor von diesem verkündeten staatlichen Unabhängigkeit Kroatiens. Kritisiert wurde teilweise, die (zu) schnelle Anerkennung habe eine Lösung des Gesamtkonfliktes erschwert und Deutschland habe zu wenig Wert auf die Abstimmung mit befreundeten Staaten gelegt. Neben anderen vertritt der damalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher eine Gegenmeinung: nur der Beschluss der Anerkennung sei in Deutschland besonders früh gefasst worden. Außerdem habe sich Deutschland eng mit den EU-Partnern abgestimmt.[6] Der Jugoslawienkrieg und damit auch der Kroatienkrieg konnte jedenfalls auch von der deutschen Diplomatie nicht mehr verhindert werden. Während der Feindseligkeiten kam es zu einem großen humanitären Engagement von Deutschen für kroatische Kriegsopfer. In dieser Zeit kamen viele Kroaten als Flüchtlinge nach Deutschland. Zusammen mit den bereits erwähnten Gastarbeitern bilden sie heute einen bedeutenden Anteil an der Kroatischen Gemeinde in Deutschland. Die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft um einen Frieden in Kroatien wurden 1995 mit dem Abkommen von Erdut von Erfolg gekrönt. In der Folge bemühte sich Deutschland um die Einbindung Kroatiens in europäische Strukturen. Seit 2009 ist der Staat NATO-Mitglied, am 1. Juli 2013 trat er der Europäischen Union bei. Heute sind die Beziehungen eng und freundschaftlich.
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