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großes historisches Ritterschauspiel in fünf Akten von Heinrich von Kleist Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das Käthchen von Heilbronn oder Die Feuerprobe (1807–1808) ist ein großes historisches Ritterschauspiel in fünf Akten von Heinrich von Kleist (1777–1811). Es wurde am 17. März 1810 in Wien am Theater an der Wien uraufgeführt. Die Handlung spielt in Württemberg.
Daten | |
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Titel: | Das Käthchen von Heilbronn oder Die Feuerprobe |
Gattung: | Märchendrama |
Originalsprache: | Deutsch |
Autor: | Heinrich von Kleist |
Erscheinungsjahr: | 1810 |
Uraufführung: | 17. März 1810 |
Ort der Uraufführung: | Wien, Theater an der Wien |
Ort und Zeit der Handlung: | Schwaben |
Personen | |
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Vor dem Femegericht klagt der Waffenschmied Theobald Friedeborn den Grafen vom Strahl an, seine Tochter Katharine mit Hilfe der Magie entführt zu haben. Denn nachdem der Graf seinen Harnisch in Theobalds Schmiede hatte richten lassen, hatte sich das Mädchen aus dem Fenster gestürzt und war ihm gefolgt, sobald ihre Knochenbrüche verheilt waren. Es stellt sich aber heraus, dass sie ihm freiwillig gefolgt ist.
Graf vom Strahl befreit Kunigunde von Thurneck und glaubt, in ihr die Kaisertochter zu erkennen, da ihm eine solche in einem weissagenden Traum als Ehefrau angekündigt wurde (Motiv des Fernidols). Diese ist jedoch auf seine Ländereien aus und nutzt die Gunst der Stunde, um nicht auf kriegerische Weise, sondern durch Heirat an ihr Ziel zu gelangen.
Der Rheingraf vom Stein, voriger Verlobter Kunigundes, erfährt von ihren Heiratsabsichten und will sich an ihr rächen, da Kunigunde ihn zum Narren gehalten habe. Er greift erzürnt Burg Thurneck an, wo sich Kunigunde als Gast des Grafen Wetter vom Strahl aufhält, wobei die Burg in Brand gerät. Kunigunde bittet Käthchen, das für sie wichtige Bild des Verlobten (in dessen Futteral die Besitzurkunden für die strittigen Ländereien sind) aus den Flammen zu retten. Sie hofft, das Mädchen damit in den sicheren Tod zu schicken oder bei Erfolg des Auftrages die Schenkungsbriefe wiederzuerlangen. Ein Cherub aber kommt Käthchen zur Hilfe und rettet sie und das Bild aus den Flammen. Graf vom Strahl erkennt die Intrige jedoch erst später, als er das im Schlaf sprechende Käthchen befragt. Er entdeckt, dass das Mädchen eine uneheliche Tochter des Kaisers ist, der bei einem Besuch in Heilbronn mit der Frau des Waffenschmieds Theobald geschlafen hatte. Käthchen und Graf vom Strahl heiraten, nachdem der Kaiser auf Drängen des Grafen die uneheliche Tochter anerkannt und in ihren angestammten Stand versetzt hat. Dabei lässt der Graf Kunigunde bis zuletzt in dem Glauben, dass er sie heiraten wolle. Zu guter Letzt nimmt das Paar den alten Theobald in seiner Burg auf.
Kleist selbst bezeichnete sein Werk als eine „treffliche Erfindung“.[1] Der Begriff „Erfindung“ kann zu Kleists Zeit und auch in der heutigen Zeit Verschiedenes bedeuten. Er steht nicht einfach für „Fiktion“ (Beispiel: „Das Automobil ist eine treffliche Erfindung“). Der klassisch-philologisch gebildete Autor Kleist konnte an den bekannten rhetorischen Terminus „inventio“ im Sinne von „Stoff-Findung“ anschließen. Da eine eindeutige Aussage des Dichters fehlt, konnte die Deutung innerhalb der Rezeptionsgeschichte verständlicherweise umstritten bleiben. Zur Entstehungsgeschichte selbst gibt es nur ganz wenige Zeugnisse, die sich in seinen Briefen finden[2] bzw. die der Kleist-Forscher und -Herausgeber Helmut Sembdner in seinem Standardwerk Heinrich von Kleists Lebensspuren zusammengestellt hat und die jetzt auch im Internet recherchiert werden können.[3] Darüber hinaus existieren keinerlei historischen Quellen, sondern nur fragwürdige Indizienketten und Spekulationen ohne Beweiskraft. Das hat die Lokalpatrioten allerdings nicht davon abgehalten, immer wieder Vorbilder, sog. „Ur-Käthchen“, aus Heilbronn, ja sogar solche aus Stuttgart zu präsentieren.
Der Oldenburger Germanist Dirk Grathoff († 2000) hat drei Einflussstränge aus den zahlreichen literaturwissenschaftlichen Untersuchungen zu den Quellen des Stücks herausdestilliert:
Dabei kommt er zu dem Schluss: „Ironisch zugespitzt könnte man sagen, daß nahezu die gesamte Weltliteratur herbeizitiert wurde, um stoff- oder motivgeschichtliche Bezüge zum 'Käthchen' herzustellen.“[5]
Die älteste Überlieferung zu einem sog. „Ur-Käthchen“ mit einem gewissen Wahrscheinlichkeitscharakter (Eduard von Bülow, 1848) nennt keine Heilbronnerin, sondern die Dresdnerin Julie Kunze[6], die Kleist im Haus des Schillerfreundes Christian Gottfried Körner kennengelernt hat.[7]
Obwohl das Stück mit historischen Fakten sehr großzügig umgeht und keiner Faktenüberprüfung standhält, gab es im Zuge des Historismus lokalhistorische Bemühungen, ein Heilbronner Vorbild für die Titelheldin zu finden. In der Heilbronner Lokalgeschichtsschreibung galt so zeitweise Lisette Kornacher (1773–1858), Patientin des im Tierischen Magnetismus mit Hypnose arbeitenden Arztes Eberhard Gmelin, als Vorbild von Kleists Käthchen, da Kleist ihre Krankengeschichte 1807 gehört haben könnte. Neuere lokalgeschichtliche Forschungen brachten eine weitere Patientin Gmelins, die Heilbronner Kaufmannstochter Charlotte Elisabethe Zobel (1774–1806) ins Gespräch.[8] Ein Forscher vertritt die Ansicht, dass Kleist bei der Ausgestaltung der Käthchenfigur von überhaupt keiner Heilbronnerin, sondern von einer Stuttgarter Bürgertochter inspiriert war, nämlich von Johanna Christina Carolina Heigelin, nachmals verehelichte (von) Scheffauer (1768–1808).[9]
Der Kleist-Forscher und Direktor des Kleist-Archivs Sembnder, Günther Emig, interpretiert „Erfindung“ germanistisch als „Fiktion“ und urteilt daraufhin: Aus genauso unerfindlichen Gründen wie man der Aussage des Dichters keinen Glauben geschenkt hat, hat man auch die Mitteilung des sehr gut informierten Dresdner Augenzeugen Karl August Böttiger von 1819 ignoriert, wonach Kleist „die ganze Legende vom Käthchen als einer Volkssage“ auf einem gedruckten Flugblatt gefunden habe, das er auf einem Jahrmarkt gekauft habe.[10] Dass man dieses Flugblatt bis heute nicht gefunden hat, spricht nicht gegen seine Existenz, denn die Flugblattüberlieferung aus dieser Zeit ist in Archiven und Sammlungen äußerst spärlich und lückenhaft. Nach Ansicht Günther Emigs könnte es sich um ein Flugblatt mit der Griseldis-Geschichte gehandelt haben, die Boccaccio in seinem Decamerone erzählt (100. Geschichte) und die über Jahrhunderte hin weite Verbreitung gefunden hat.[11] Inzwischen sind Griseldis-Flugblätter aus der Kleist-Zeit bekannt, wenn auch noch nicht aus dem süddeutschen Raum.[12]
Der klassisch-philologisch gebildete Germanist und Rhetorikexperte Reinhard Breymayer weist demgegenüber darauf hin, dass „inventio“ in der von Heinrich von Kleist rezipierten klassischen Philologie nicht einfach „Fiktion“ bedeutet, sondern die Findung des Stoffes in der Rhetorik. Dazu ist die Diskussion des Artikels „Das Käthchen von Heilbronn“ zu beachten: Breymayer rechnet mit der möglichen Anregung mehrerer Mädchengestalten auf Kleist.
Auch das Käthchenhaus in Heilbronn, ein spätmittelalterliches, steinernes Gebäude am Marktplatz, erhielt seine Bezeichnung erst nach Veröffentlichung des Schauspiels und bildet keinen geschichtlichen Hintergrund für Kleists Werk.
Wie kaum ein Theaterstück wurde das Werk immer wieder bearbeitet, um es „theaterfähig“ zu machen, wobei ein zentraler Stein des Anstoßes war, dass Käthchen das uneheliche Kind des Kaisers ist. Hinzu kommt, dass ihr vermeintlicher Vater damit zum gehörnten Ehemann wird. Goethe, der sich mit Kleist ein Leben lang nicht anfreunden konnte, bezeichnete das „Käthchen von Heilbronn“ als ein wunderbares Gemisch von Sinn und Unsinn und weigerte sich, das Stück aufzuführen.[13]
Zu den Bühnenfassungen des 19. Jahrhunderts gehören die von Franz von Holbein (1822), Eduard Devrient (1852), Heinrich Laube (1857), die des Meininger Hoftheaters (1879), die von Karl Siegen (1890) sowie die Fassung für das Papiertheater von Inno Tallavania (1900).
Der hohe Bekanntheitsgrad des Stückes im 19. Jahrhundert hat zu verschiedenartigsten Formen der Wirkung geführt: Von Sammelbildchen (Liebigs Fleischextrakt) bis hin zu Kolportageromanen wie dem von Robert Frankenburg mit über 3.000 Seiten und 100 ganzseitigen Abbildungen, der die Geschichte des angeblichen Heilbronner Bürgermädchens, das in Wahrheit die Tochter des Kaisers ist, um die Geschichte der verfeindeten Familien Rossitz und Warwand (Kleist, Die Familie Schroffenstein) und weitere, bisher nicht entschlüsselte Literaturversatzstücke erweitert.
Gerade die zahlreichen und zum Teil in hohen Auflagen erschienenen volkstümlichen Bearbeitungen und Nacherzählungen des Käthchen-Stoffes sind bis heute noch unerforscht, weil sich in der Regel Bibliotheken um solche „minderwertigen“ Produkte nicht gekümmert haben.
Eine weitere Schiene der Wirkungsgeschichte vollzieht sich auf der Opernbühne. Bis heute sind insgesamt neun Käthchen-Opern bekannt, meist von weniger bekannten Komponisten.
Die gleichnamige Vertonung durch Carl Martin Reinthaler (1822–1896), die nach ihrer Uraufführung 1881 in Frankfurt a. M. an den großen deutschen Opernhäusern gespielt wurde, gelangte am 21. März 2009 am Theater Erfurt zur Wiederaufführung.
Vorbemerkung: Die Literatur zu Heinrich von Kleist und seinen Stücken, darunter das Käthchen von Heilbronn, ist unübersehbar. Sie wird ab Berichtszeit 1990 in der von Günther Emig bearbeiteten Kleist-Bibliographie nachgewiesen, die in den Heilbronner Kleist-Blättern erscheint. Eine retrospektive Bibliographie (bis 1990) erschien 2007.
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