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Infektionskrankheit Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Cholera („Gallenfluss“, Bezeichnung für ‚Durchfallserkrankung‘,[1] von griechisch χολή cholḗ ‚Galle‘), auch Cholera asiatica (asiatische Cholera), Gallenbrechdurchfall (früher auch Gallenruhr) oder blauer Tod,[2] ist eine schwere bakterielle Infektionskrankheit vorwiegend des Dünndarms, die durch das Bakterium Vibrio cholerae verursacht wird. Die Infektion erfolgt zumeist über verunreinigtes Trinkwasser oder infizierte Nahrung. Die Bakterien können extremen Durchfall (mit „Reiswasserstühlen“) und starkes Erbrechen (Brechdurchfall) verursachen, was zu einer Exsikkose durch Elektrolytverlust mit Untertemperatur und Kollaps führen kann. Obwohl die meisten Infektionen (etwa 85 Prozent) ohne Symptome verlaufen, beträgt die Letalität bei Ausbruch der Krankheit unbehandelt zwischen 20 und 70 Prozent.
Klassifikation nach ICD-10 | |
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A00.0 | Cholera durch Vibrio cholerae O:1, Biovar cholerae |
A00.1 | Cholera durch Vibrio cholerae O:1, Biovar eltor |
A00.9 | Cholera, nicht näher bezeichnet |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Die in Ostasien endemische Cholera („Cholera asiatica“, „Asiatische Cholera“, „Cholera Morbus“) trat auf dem indischen Subkontinent vermutlich (ausgehend vom Gangesdelta[3]) über mehrere Jahrhunderte in Form lokal begrenzter Epidemien auf, war aber auf anderen Kontinenten unbekannt. Die erste Pandemie trat im Zeitraum 1817 bis 1824 auf und betraf Teile Asiens sowie Ostafrika und Kleinasien und in der Folge Russland und Europa. 1830 trat sie in Ostgalizien und Ungarn auf, im Juni 1831 in Wien.[4] Erste Erkrankungen in Deutschland erfolgten 1831.[5][6] Der 1854 vom Arzt John Snow erbrachte Nachweis, dass eine Choleraepidemie im Londoner Stadtteil Soho in Zusammenhang mit verunreinigtem Trinkwasser stand, gilt als Geburtsstunde der modernen Epidemiologie.[7] Die Cholera-Epidemie von 1892, bei der in Hamburg über 8600 Menschen starben, gilt als eine der letzten schweren Choleraepidemien auf dem europäischen Kontinent. Bei der Cholera-Epidemie seit 2017 im Jemen gab es (Stand April 2019) über 1,7 Millionen Verdachtsfälle und fast 3500 bestätigte Todesfälle.
Vibrio cholerae, der Erreger der Cholera, wurde – unbeachtet von der Öffentlichkeit – 1854 von Filippo Pacini beschrieben und 1883 von Robert Koch im Darm von an Cholera Gestorbenen entdeckt. Koch konnte beweisen, dass der von ihm „Kommabakterium“ genannte Erreger von Keimträgern ausgeschieden wird und sich im Wasser weiterverbreiten kann.[8] Ebenfalls 1854 beschrieb der Katalane Joaquim Balcells i Pascual den Erreger[9][10] und 1856 wahrscheinlich die beiden Portugiesen António Augusto da Costa Simões und José Ferreira de Macedo Pinto.[9][11]
Die Krankheit kann epidemisch auftreten und ist in Deutschland und Österreich meldepflichtig; es sind namentlich zu melden: der Krankheitsverdacht, die Erkrankung, der Tod, in Deutschland auch der Nachweis des Erregers. In der Schweiz sind erkrankte, infizierte und exponierte Personen identifizierbar zu melden.
Die Cholera wird durch die Bakterienart Vibrio cholerae ausgelöst, deren Exotoxin (das Choleratoxin) zu starkem, reiswasserartigem Durchfall (nahezu flüssig wie Wasser mit einer weiß-trüben Färbung) mit großem Flüssigkeitsverlust führt.
Der Erreger wurde erstmals von Filippo Pacini 1854 als gekrümmtes, kommaförmiges und hochbewegliches Bakterium beschrieben. John Snow erkannte ebenfalls 1854, dass die herrschende Cholera in London nicht durch Dünste (Miasmen) verbreitet wurde, wie seinerzeit allgemein angenommen wurde. Robert Koch züchtete 1884 zusammen mit Bernhard Fischer und Georg Gaffky in Indien den Erreger aus dem Darm verstorbener Patienten in Reinkultur an.
Neuere Erkenntnisse zeigten außerdem, dass das letztlich krankheitsauslösende (pathogene) Choleratoxin durch einen DNA-Abschnitt des Vibrio cholerae exprimiert wird, der ursprünglich von einem Bakteriophagen der Art Vibrio virus CTXphi stammt.
Cholera tritt häufig in Ländern auf, in denen Trinkwasser- und Abwassersysteme nicht voneinander getrennt sind und daher das Trinkwasser häufig mit Choleraerregern verunreinigt ist. Diese Erreger finden sich vor allem in Kot sowie in Fluss- und Meerwasser, in welche Fäkalien eingeleitet werden. Außerdem können Fische und andere Nahrungsmittel aus Flüssen und dem Meer mit Cholera-Erregern verunreinigt sein.
In Industrieländern ist durch Wasserwerke und Kläranlagen eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser gewährleistet, so dass Cholerafälle selten sind.
Eine Modellierungsstudie von 2015 schätzte die Fallzahl weltweit auf 1,4 bis 4 Millionen und 21.000 bis 143.000 Todesfällen. Nur ein Bruchteil des Infektionsgeschehens wird durch das Meldesystem der WHO erfasst.[12]
Cholerabakterien gelangen in erster Linie über fäkalienverunreinigtes Trinkwasser, weniger über erreger-kontaminierte Lebensmittel oder Gebrauchsgegenstände in den Verdauungstrakt des Menschen. Während das Bakterium im Wasser in einem harmlosen Stadium ist, kann es dank der Proteine ToxR und ToxS Gallensäuren erkennen. Erst danach baut sich das Bakterium um und beginnt mit der Produktion des Cholera-Toxins.[13]
Bei Gesunden ist die Aufnahme von mehr als einer Million Bakterien notwendig um die Erkrankung auszulösen, da das Bakterium durch die Magensäure abgetötet wird. Bei Menschen mit einer herabgesetzten Säurebarriere des Magensaftes reduziert sich diese Infektionsdosis auf rund 100–1000 Bakterien.[14]
Eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch wird für möglich gehalten, gilt aber als eher seltenes Ereignis.[15]
Erkrankte scheiden das Bakterium meist rund eine Woche aus, wobei es auch Fälle mit deutlich längerer Ausscheidungsdauer gibt. Asymptomatisch Infizierte eliminieren den Erreger zumeist binnen eines Tages.[12]
Nur in etwa 15 Prozent der Fälle führt eine Infektion mit dem Erreger zum Ausbruch der Krankheit – nach einer Inkubationszeit von 2 bis 3 Tagen.
Die Cholera verläuft dann meist in drei Stadien:
Menschen mit der Blutgruppe 0 erscheinen besonders gefährdet,[16][17] solche mit der Blutgruppe AB am wenigsten.
Zur Diagnose führen die typischen Beschwerden, die bei einer Person in einem Gebiet mit bekannter Choleragefahr auftreten. Akut erfolgt eine Mikroskopie und Stuhlkultur. Die Anzucht geschieht mittels des Selektivmediums Thiosulfate-Citrate-Bile-Sucrose-Agar (TCBS).[18][19] Zusätzlich können Stuhlproben in alkalischem Peptonwasser (APW) bei pH 8,4 über Nacht inokuliert werden. Das Inokulat wird nach 4 bis 8 Stunden Inkubationszeit bei 20 bis 40 °C (ideal 37 °C) auf TCBS ausgestrichen. Eine definitive Labordiagnose erfolgt mit Hilfe von Antiserum.[20] Weitere Methoden sind unter Nachweise von Vibrio cholerae aufgeführt.
Die wichtigste Behandlungsmaßnahme ist der ausreichende Ersatz von Flüssigkeit, Zucker und Salzen. Dieser Ersatz erfolgt am besten intravenös, weil so der entzündete Magen-Darm-Trakt umgangen wird. In Ländern der Dritten Welt wird aber auch der von Richard A. Cash und David Nalin entwickelte[21] orale Flüssigkeitsersatz (WHO-Trinklösung) einfach und erfolgreich praktiziert: Die WHO empfiehlt eine oral zu verabreichende Salz- und Glucoselösung in Wasser.
Die optimale Mischung enthält die Lösung Oral Rehydratation Solution, die als Fertigpulver zu kaufen ist.
Die WHO empfiehlt eine Gabe von Antibiotika nur in schweren Verlaufsformen von Cholera.[23] Kinder unter 12 Jahren sollten für drei Tage Erythromycin erhalten, 12,5 mg/kg viermal täglich.[23] Kinder unter 5 Jahren sollten zudem 20 mg Zink für zehn Tage erhalten, bzw. bei Kindern unter 6 Monaten 10 mg.[23] Für Menschen über 12 Jahren sollte für drei Tage 12,5 mg/kg viermal täglich Tetrazyklin oder eine einzelne Dosis von 300 mg Doxycyclin verabreicht werden.[23] Allerdings sollten Antibiotikumresistenzen bestimmt werden, da in allen Regionen resistente Stämme beschrieben wurden.[23] Teilweise werden auch Chinolon-Antibiotika wie Ciprofloxacin und bei Kindern Trimethoprim-Sulfamethoxazol[24] oder bei Kindern und Schwangeren Azithromycin verwendet.[25]
Bei ausreichender Behandlung liegt die Sterblichkeit der Erkrankten deutlich unter einem von Hundert. Ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe gibt es bei Menschen mit bestehenden Herz- oder Nierenerkrankungen, Schwangeren oder Menschen mit einer gestörten Magensaftbarriere.[12]
Zur Vorbeugung empfiehlt sich vor allem die Einhaltung hoher hygienischer Standards, vor allem die Bereitstellung hygienisch einwandfreien Trinkwassers. Eine besonders einfache, aber bislang kaum bekannte Möglichkeit der Trinkwasserdesinfektion ist die Nutzung einer PET-Flasche zur Sonnenlichtaussetzung von Wasser unterschiedlichen Ursprungs. Dieses auch SODIS genannte Verfahren[26] ist von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in seiner Wirksamkeit anerkannt. Sogar Wasserfilter aus gefaltetem Stoff (z. B. ein alter Sari)[27] senken das Risiko einer Erkrankung um immerhin fast die Hälfte, wie Forscher der National Science Foundation um Rita R. Colwell in Bangladesch feststellten.
Die frühere intramuskuläre Impfung ist als veraltet und wirkungslos zu beurteilen. Neuere Entwicklungen (Schluckimpfung) sind wirksamer und verträglicher und schützen auch zu einem gewissen Grad vor dem klassischen Reisedurchfall.[28] Das Robert Koch-Institut verwies 2013 auf die Angaben der WHO, nach denen eine Impfung nicht generell empfohlen wird, jedoch für Personen angebracht sein kann, die an Hilfseinsätzen in Epidemiegebieten beteiligt sind.[29] Für eine Impfung gegen Cholera wird ein Totimpfstoff (inaktivierte Zellen von Vibrio cholerae) verwendet, der oral verabreicht wird. Dieses orale Cholera Vakzin (OCV) wird seit 2012 in einigen Gebieten Haitis in einem Impfprogramm eingesetzt.[30]
Darüber hinaus ist ein oraler Lebendimpfstoff verfügbar, bei dem abgeschwächte Erreger ohne die Fähigkeit zur Toxinbildung verabreicht werden. Studien bei Erwachsenen ergaben Schutzraten von rund 80 % zum Zeitpunkt drei Monate nach der Impfung.[12]
In Deutschland ist Cholera eine meldepflichtige Krankheit nach § 6 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes. Die namentliche Meldepflicht besteht bei Verdacht, Erkrankung und Tod. Meldepflichtig sind hinsichtlich der Erkrankung die feststellenden Ärzte usw. (§ 8 IfSG).
In Österreich ist Cholera auch eine anzeigepflichtige Krankheit gemäß § 1 Absatz 1 Epidemiegesetz 1950. Die Anzeigepflicht bezieht sich auf Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle. Zur Anzeige verpflichtet sind unter anderen Ärzte und Labore (§ 3 Epidemiegesetz 1950).
In der Schweiz ist Cholera ebenfalls für Ärzte, Spitäler usw. eine meldepflichtige Krankheit[31] und zwar nach dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 1 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen. Meldepflichtig ist ein positiver laboranalytischer Befund.
Seit dem ausgehenden Mittelalter hatte es zwei Haupttheorien über die Ausbreitung von Seuchen gegeben: die Miasmentheorie (Übertragung durch üble Dünste)[32] und die Kontagionstheorie (Übertragung durch Berührung eines Kranken). Die empirischen Befunde bei den ersten Cholera-Epidemien waren für die Medizin zunächst niederschmetternd, weil sie beide Theorien widerlegten. Ein halbes Jahrhundert lang fehlte eine neue Theorie.
Unter der Leitung von Edwin Chadwick wurde 1832 als Reaktion auf erste Cholerafälle in London angeordnet, Abwässer und Verschlammungen aus den übelriechenden Abwasserkanälen in die Themse zu spülen. Da die Unternehmen, die London mit Trinkwasser versorgten, dieses aber der Themse entnahmen, führte die Maßnahme zur Verseuchung des Trinkwassers und einer Epidemie mit 14.000 Toten. Mitte des 19. Jahrhunderts gab es noch weitere große Cholera-Epidemien auf dem Festland und in Großbritannien.
Joseph Griffiths Swayne,[33] Frederick Brittan[34] und William Budd (1811–1880)[35][36] untersuchten Abwasser und fanden Komma-förmige Mikroorganismen.[37] 1849 legten die englischen Ärzte John Snow und William Budd eine Abhandlung vor, in der sie die Auffassung vertraten, dass Cholera von lebenden Organismen im Trinkwasser hervorgerufen würde.[38] Diese Hypothese konnte sich jedoch nur langsam durchsetzen.[39]
Filippo Pacini beschrieb 1854 das Komma-förmige Bakterium Vibrio cholerae als Erreger der Cholera. Er war mit seiner Vermutung eines Mikroorganismus als Auslöser der Cholera nicht allein. John Snow untersuchte 1854 erneut die Übertragung der Cholera über verschmutztes Trinkwasser. Zusammen mit Arthur Hill Hassall berichtete er im gleichen Jahr in London dem Medical Council of the General Board of Health, dass die Hypothese Pacinis eine ernstzunehmende Überlegung sei, würden doch in den charakteristischen reiswasserartigen Ausscheidungen der Kranken „Myriaden von Vibrionen“ wimmeln.[40]
1855 zeigte Snow in seiner „East“-Studie, dass die schwere Cholera-Epidemie des Spätsommers 1854 im Londoner Stadtteil Soho ihre Ursache in verunreinigtem Trinkwasser aus einer Pumpenanlage in der Broad Street hatte. Hassall untersuchte auf Wunsch von John Snow das Wasser der Pumpenanlage und der Themse[41] und die Stuhlproben der Patienten und fand in allen Fällen Cholera-Erreger.[42] Wichtig wurde dann aufgrund der Wiederkehr der Seuche der Bau des großen Londoner Abwassernetzes unter Joseph Bazalgette. In „Cholera-Zeitungen“ wurden die Maßnahmen gegen die Cholera verkündet. Sie enthielten auch lange Namenslisten der an Cholera Erkrankten und Verstorbenen.[43]
Pacinis Hypothese, dass die Cholera durch Mikroorganismen hervorgerufen würde, konnte schließlich nach der Entdeckung des Ansteckungsmechanismus durch Robert Koch zusammen mit Bernhard Fischer und Georg Gaffky bewiesen werden. In Kalkutta züchteten sie im Januar 1884 den Erreger aus dem Darm verstorbener Patienten in Reinkultur.[44] Dass ein Enterotoxin der Auslöser der Cholera ist, wurde erst 1959 von Sambhu Nath De entdeckt.
Eine Krankheit, die nach heutigem Wissensstand möglicherweise die Cholera war, wurde seit etwa 600 v. Chr. im Gangestal in Indien beobachtet. Es wird vermutet, dass der Krankheitserreger permanent in einigen Wasserläufen vorkam, aber über einen langen Zeitraum periodisch in einer vergleichsweise milden und jeweils lokal begrenzten Form auftrat.[45]
Abgesehen von Epidemien (regional begrenzte Ausbreitung der Krankheit) lassen sich seit 1817 sechs Pandemien (länder- und kontinentübergreifende Ausbreitung) unterscheiden:
Neben diesen Pandemien gab es gravierende lokale Epidemien. Allein Berlin wurde in 42 Jahren zwischen 1831 und 1873 dreizehnmal von der Cholera heimgesucht. In ganz Preußen waren die Epidemien von 1848/49, 1852, 1855 und 1866 besonders schwer; bei der letztgenannten starben offiziell 114.683 Menschen an der Cholera. Flächendeckend wurde Deutschland zum letzten Mal im Jahre 1873 von der Cholera erfasst. In Süddeutschland hatte vor allem München schwer zu leiden.[59] Ein Cholera-Ausbruch 1848/1849 war in London weit schwerwiegender als der Choleraausbruch 1832/1832. Während dieses Ausbruchs starben in London 15.000 Menschen, mehr als 0,5 Prozent bei einer damaligen Stadtbevölkerung von etwa 2,5 Millionen. In der ersten Woche des September 1849 starben 300 Menschen pro Tag.[60]
Die WHO spricht bei den seit 1961 aufgetretenen Ausbrüchen, teilweise in Form von Epidemien, von der 7. Pandemie. Sie sei die längste derzeit (Stand Februar 2019) grassierende Pandemie.[61] Von Indonesien aus gelangte die Epidemie in die Sowjetunion und dann nach Mittel- und Westeuropa. Auslöser ist der Subtyp El Tor des Vibrio cholerae.
Die letzte größere Epidemie des 20. Jahrhunderts breitete sich in Peru 1991 aus. Am 9. Februar rief die peruanische Regierung den nationalen Notstand aus, trotzdem trat die Epidemie auch in Ecuador, Kolumbien, Mexiko und Nicaragua auf. Von den rund 400.000 damals in Südamerika Erkrankten starben etwa 12.000.
Eine während des Ruanda-Krieges ausgelöste Cholera-Epidemie forderte im Jahr 1994 ungefähr 40.000 Opfer.[62]
Im Jahr 2007 breitete sich eine Cholera-Epidemie in weiten Teilen Iraks aus, rund 4.700 Menschen erkrankten. Weltweit wurden im Jahr 2007 177.963 Cholera-Erkrankungen gemeldet, der Anteil tödlicher Verläufe an allen der WHO gemeldeten Cholerafällen betrug 2,3 Prozent.[63]
Anfang Dezember 2008 wurde in Simbabwe der nationale Notstand infolge einer schweren Cholera-Epidemie ausgerufen, da das Land die zu diesem Zeitpunkt 18.000 Verdachtsfälle nicht mehr selbst versorgen konnte.[64] Die Epidemie breitete sich auf den benachbarten Grenzgebiets-Distrikt Vhembe von Südafrika aus, wo mehr als 500 Erkrankungen registriert wurden. Er wurde am 11. Dezember 2008 zum Katastrophengebiet erklärt.[65] Nur einen Tag später erklärte Simbabwes Präsident Mugabe die Cholera-Epidemie in seinem Land für beendet, obwohl zum damaligen Zeitpunkt nach Angaben der unabhängigen Hilfsorganisation Oxfam noch mindestens 60.000 Menschen an der Krankheit litten.[66] Nach Angaben der Vereinten Nationen sind seit dem Ausbruch der Epidemie im August 2008 mittlerweile fast 98.000 Menschen in Simbabwe an Cholera erkrankt, über 4.200 kamen ums Leben (Stand: 7. Mai 2009).[67]
Ende Oktober 2010 rief Haiti nach dem Ausbruch von Cholera-Erkrankungen den sanitären Notstand aus.[68] Die Infektionen traten zunächst in der ländlichen Provinz Artibonite, nördlich der Hauptstadt Port-au-Prince, auf. Am 9. November 2010 wurden erstmals Cholera-Erkrankungen in der Hauptstadt gemeldet. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits mehr als 550 Menschen an der Krankheit gestorben, mehr als 8000 Haitianer waren infiziert.[69] Anfang des Jahres 2010 hatte ein schweres Erdbeben die Region erschüttert. Nach der Katastrophe waren mehr als 500.000 Menschen an Cholera erkrankt und über 7.000 gestorben.[70] Seit Beginn der Regenzeit 2012 hat sich die Situation erneut verschärft. Nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen hat sich die Zahl der Patienten in weniger als einem Monat mehr als verdreifacht.[71] Grund hierfür war ein Bakterium, das von nepalesischen UNO-Soldaten eingeschleppt wurde.
Zwischen dem 30. Mai und dem 6. Juni 2011 berichtete die Ukraine der WHO von 14 Cholera-Fällen.[72]
Am 2. Juli 2012 wurden aus dem ostkubanischen Manzanillo 53 Cholera-Erkrankungen und drei Todesfälle gemeldet.[73] Am 28. August bezeichnete das kubanische Gesundheitsministerium den Cholera-Ausbruch für beendet. Demzufolge gab es insgesamt 417 bestätigte Fälle. Neben der Provinz Granma, wo ein Großteil der Erkrankungen registriert wurden, gab es noch vereinzelte Fälle in den Provinzen Santiago de Cuba, Guantánamo und in der Hauptstadt Havanna. Es sei jedoch bei den drei Todesfällen geblieben.[74] Nichtoffiziellen Berichten zufolge gab es jedoch allein in der Provinz Granma mindestens 15 Tote.[75] Nur einen Monat nachdem die Epidemie für beendet erklärt worden war, gaben die Behörden neun neue Cholerafälle in der Provinz Granma bekannt.[76] Infolge des Hurrikans Sandy gab es gemäß offiziell nicht bestätigten Meldungen ein erneutes starkes Ansteigen der Neuinfektionen. Schwerpunkt der Epidemie waren diesmal die Provinzen Santiago de Cuba und Guantánamo sowie Einzelfälle in der Provinz Holguín.[77] Im Januar 2013 mussten die kubanischen Behörden auch 51 Fälle in Havanna zugeben,[78] nachdem unabhängige Quellen schon länger davon berichteten und von einer weit höheren Zahl der Betroffenen ausgingen.[79]
Im August 2012 rief die Regierung von Sierra Leone wegen einer Cholera-Epidemie den nationalen Notstand aus. Laut dem Auswärtigen Amt in Berlin gab es über 10.000 Erkrankte und mehrere hundert Tote. In der Hauptstadt Freetown und der Umgebung sollen seit Beginn des Jahres 176 Menschen an der Krankheit gestorben sein.[80]
Ab September 2013 trat die Cholera auch in Mexiko auf. Bis Mitte Oktober wurden 171 Fälle registriert, davon 157 im Bundesstaat Hidalgo. Ein Betroffener ist gestorben. Der Cholera-Erreger weist laut WHO eine 95-prozentige Ähnlichkeit mit den in Haiti, der Dominikanischen Republik und in Kuba gefundenen Varianten auf.[81]
Im September beziehungsweise Oktober 2016 kam es zu einem ersten Ausbruch der Cholera im Jemen. Ab 24. April 2017 gab es im Jemen nach Bericht der WHO einen rasanten Anstieg um mehr als 23.000 neue Cholera-Verdachtsfälle.[82] Ende Juni 2017 waren laut Angaben der WHO bereits 200.000 Menschen infiziert und mehr als tausend Menschen an der Infektionskrankheit gestorben.[83] Anfang November 2017 waren im Jemen 900.000 Menschen erkrankt.[84] Im Dezember 2017 wurde nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz die Marke von einer Million Verdachtsfällen überschritten, die Weltgesundheitsorganisation nennt knapp unter einer Million, davon mehr als 2200 Todesfälle.[85] Es gilt als der größte bekannte Cholera-Ausbruch in der Geschichte der Menschheit.[86] Bis zum 30. April 2019 wurden 1.702.246 Verdachtsfälle auf Cholera und 3.438 bestätigte Todesfälle erfasst.[87]
Der 1951 erschienene Roman Der Husar auf dem Dach von Jean Giono spielt 1832 in der Provence, in welcher eine Cholera-Epidemie wütet. Das Buch wurde 1995 von Jean-Paul Rappeneau mit Juliette Binoche in der weiblichen Hauptrolle verfilmt.
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