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englischer Arzt Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
John Snow (* 15. März 1813 in York; † 16. Juni 1858 in London) war ein britischer Chirurg, Pionier bei der epidemiologischen Erforschung der Cholera und der Einführung der Narkose mit Äther und Chloroform. John Snow gilt als erster ärztlicher Spezialist für Anästhesie.
John Snow entstammte einfachen Verhältnissen und wurde in einem schlichten Haus in der North Street in York in England geboren. Er kam 1813 als ältestes von neun Kindern zur Welt.[1] Sein Vater William Snow (1783–1846) war ursprünglich Bergarbeiter, konnte jedoch durch den Erwerb von Landbesitz seine soziale Stellung verbessern. Der Geburtsname seiner Mutter war Frances Askham (1789–1860). Getauft wurde John Snow in der Kirche All Saints in der North Street zu York.
Nach dem Besuch einer Privatschule in York begann John Snow 1827 als Vierzehnjähriger eine fünfjährige Ausbildung bei dem Apotheker und Arzt William Hardcastle (1794–1860)[2] in Newcastle upon Tyne, der auch als Chirurg und Geburtshelfer am örtlichen Krankenhaus, dem Newcastle Infirmary at Forth Banks,[3] wirkte. Als die Region 1831/32 von der Cholera heimgesucht wurde, wurde Snow von Hardcastle bei der Pflege der Kranken in Killingworth eingesetzt und machte dort erste Erfahrungen mit dieser Krankheit. 1833 verließ er Newcastle und assistierte für ein Jahr dem Arzt John Watson in Burnop Field bei Newcastle. 1834, nach einem kurzen Aufenthalt in York, zog er in das kleine Dorf Pateley Bridge in Yorkshire und arbeitete als Assistent des Apothekers Joseph Warburton. Während seiner Lehrzeit war Snow zum Vegetarier geworden, 1836 schloss er sich dann der Abstinenzbewegung an, in der auch Warburton sich engagierte. Nach achtzehn Monaten in Pateley Bridge kehrte er für einige Monate zurück nach York und begab sich dann im Anschluss an eine Fußwanderung über Liverpool, Wales und Bath im Oktober 1836 zum Medizinstudium nach London.
In London studierte er an der Hunterian School of Medicine zunächst Anatomie und machte ab Oktober 1837 im Westminster Hospital ein Krankenhauspraktikum. Im Mai 1838 legte er seine medizinischen Examina ab und wurde Mitglied des Royal College of Surgeons of England, im Oktober 1838 bestand er auch die Apothekerprüfung. Er trat der Westminster Medical Society bei, deren Vorträge er seit April 1837 besuchte, und praktizierte zunächst ohne eigene Praxis am Charing Cross Hospital. Nachdem er 1838/39 bereits mehrere Beiträge im Lancet und in der London Medical Gazette veröffentlicht hatte, begann er 1841 damit, seine Forschungserkenntnisse und Erfindungen in Vorträgen vor der Medical Westminster Society vorzustellen. 1841 hielt er gleich drei solche Vorträge, die anschließend in der London Medical Gazette gedruckt wurden: über Deformationen von Brustkorb und Wirbelsäule bei Neugeborenen (13. März), über die Wirkungszusammenhänge beim Erstickungstod und ein von ihm erfundenes Beatmungsgerät für Neugeborene (16. Oktober), dessen Neuerung darin bestand, dass nicht nur frische Luft über die Nase zugeführt, sondern zugleich verbrauchte Luft über den Mund abgesaugt wurde; und über ein Gerät für die Punktion der Brusthöhle, bei dem ein Ventilmechanismus das Eindringen von Luft in den Thorax verhindern sollte. Daran schlossen sich in den folgenden Jahren weitere Vorträge über die Bedeutung der Lungenkapillaren für den Austausch von Sauerstoff zwischen Atemluft und Blutkreislauf (21. Januar und 4. Februar 1843) und über einen Fall von Vergiftung durch Bleikarbonat (19. November 1844).
Nachdem Snow sich in London eine allgemeinmedizinische Praxis[4] eingerichtet hatte, erhielt er am 23. November 1843 das Bakkalaureat im Fach Medizin (B. M.) an der Universität London und wurde Mitglied der Royal Medical and Chirurgical Society, am 20. Dezember 1844 bestand er dann auch das Examen als Doktor der Medizin (D. M.). Nachdem er im Sommer 1845 eine Nierenerkrankung auszukurieren und im Herbst eine Reise nach Beckington und auf die Isle of Wight unternommen hatte, kehrte er nach London zurück und erhielt im April 1846 eine Stelle als Dozent (Lecturer) für Rechtsmedizin an der Aldersgate School of Medicine, wo er in den folgenden drei Jahren bis zur Auflösung dieser Schule unterrichtete.
Im Oktober 1846 führte William Thomas Green Morton in den USA die erste erfolgreiche öffentliche Narkose mit Diethylether (damals Schwefeläther, englisch sulphuric ether, genannt) durch. Die Nachricht wurde rasch durch die Presse verbreitet. Am 28. Dezember 1846 fand dann auch in London im Haus des Zahnmediziners James Robinson eine derartige Vorführung statt, der John Snow beiwohnte. Durch seine Untersuchungen zur Asphyxie und ihrer Wirkursachen im Blutkreislauf bestens vorbereitet, machte er sich sofort an die Untersuchung des neuen Verfahrens und entwickelte innerhalb von nur drei Wochen eine verbesserte Apparatur zur Verdampfung und Inhalation des Äthers.[5][6] Mithilfe von Tierversuchen und Selbstversuchen erschloss er sich ein grundlegendes Verständnis für die Zusammenhänge zwischen der Dosierung des Narkosemittels, der Konzentration der Wirkstoffe im Blut und den Symptomen der Wirkung, das ihn befähigte, das Verfahren bei Operationen am St. George’s Hospital und am University College erfolgreich anzuwenden und die anfangs noch skeptischen Fachkollegen von der Praktikabilität der Methode zu überzeugen. Seit Januar 1847 stellte er seine Erkenntnisse zur Äthernarkose der Öffentlichkeit auch durch Vorträge und durch eine Reihe von Publikationen (drei Artikel und 1847 eine Monografie) vor, die heute als Gründungsdokumente der Anästhesiologie gelten. Wie Marie-Jean-Pierre Flourens kannte auch er 1847 Stadien beim Ablauf einer Narkose,[7] wie sie später durch Arthur Ernest Guedel genauer beschrieben wurden. Die meisten Londoner Chirurgen ließen Narkosen bei ihren Patienten inzwischen durch Snow durchführen.[8] Als im selben Jahr James Young Simpson in Edinburgh auch die anästhetische Wirkung von Chloroform bekannt machte, wandte Snow sich alsbald auch diesem neuen Mittel zu, veröffentlichte seit 1848 darüber und stellte seine praktischen Anwendungen darauf um.
Durch seine Erfolge bei der Einführung der neuen Narkoseverfahren verschaffte sich Snow bald eine herausgehobene Rolle in der Londoner Ärzteschaft. 1850 wurde er Mitglied der Pathological Society of London, 1856 Präsident der Westminster Medical Society und 1857 Mitglied des Beirates der Royal Medical and Chirurgical Society of London. Seine Erfolge vermochten auch den Hof zu überzeugen: 1853 führte er bei der Königin Victoria eine geburtshilfliche Anästhesie (Durchtrittsnarkose) mit Chloroform durch, als diese von Prinz Leopold entbunden wurde. Diese Narkoseform nannte man später unter anderem Narcose à la reine[9] (französisch für „Narkose nach Art der Königin“). Auch 1857 war er damit bei der Geburt von Prinzessin Beatrice erfolgreich.
Im Jahr 1858 war Snow der Erste, der (im Tierversuch) die endotracheale Intubation als Hilfsmittel zur Narkose anwendete. Dazu ließ er über ein Tracheostoma intubierte Kaninchen aus einem Beutel Chloroform atmen (Bei Menschen wurde diese Methode dann 1871 von Friedrich Trendelenburg eingesetzt).[10][11]
Joseph Griffiths Swayne,[12] Frederick Brittan[13] und William Budd (1811–1880)[14][15] untersuchten Abwasser und fanden komma-förmige Mikroorganismen.[16] 1849 legte John Snow zusammen mit William Budd die Abhandlung The Mode of Communication of Cholera vor, in der sie (35 Jahre vor der Entdeckung von „Vibrio comma“ durch Robert Koch) die Auffassung vertraten, dass Cholera von spezifischen lebenden Mikroorganismen im Trinkwasser hervorgerufen würde.[17][18]
John Snow erkannte 1854 in einer weiteren Untersuchung, dass die herrschende Cholera in London nicht durch Dünste (Miasmen) verbreitet wurde, wie seinerzeit allgemein angenommen wurde: Bei dem Versuch, die offenen, übelriechenden Abwasserkanäle in die Themse zu spülen, war es in Soho zu einer Trinkwasser-Vergiftung und einer Cholera-Epidemie mit 14.000 Toten gekommen.[19] John Snow konnte nachweisen, dass sich die Todesfälle im Bereich einer Wasserpumpe in der Broad Street konzentrierten (siehe Karte), während es gleichzeitig Areale in der Nähe der Pumpe ohne Cholerafälle und -tote gab – wie in der Lion-Brauerei, deren Mitarbeiter kein Wasser tranken.[20] Nachdem die verantwortliche Behörde die Pumpe am 8. September 1854 auf Snows Empfehlung außer Betrieb setzte, indem sie deren Schwengel entfernte, kam es zum Stillstand der Epidemie.[21] Er arbeitete dabei eng mit dem Arzt und Mikrobiologen Arthur Hill Hassall zusammen, der die mikrobiologischen Untersuchungen an Wasser aus Pumpenanlagen und aus der Themse sowie an Stuhlproben der Patienten durchführte und den Erreger der Cholera, Vibrio cholerae, nachweisen konnte.[22][23]
Seine Theorie wurde jedoch zu seiner Lebenszeit durch die damaligen Wissenschaftler und Ärzte nicht anerkannt und erst einige Jahre nach seinem Tod bestätigt.[24]
Seine Kartenzeichnung mit den Epidemiefällen gilt über die Epidemiologie hinaus als eine der ersten nachgewiesenen räumlichen Analysen.[25]
Siehe auch: Londoner Abwassersystem
Nachdem John Snow am 10. Juni 1858 einen leichten Schlaganfall in seiner Praxis erlitten hatte, starb er sechs Tage später an einem weiteren Schlaganfall.[26][27]
Aufgenommen sind nur postume Ausgaben. Ein Online-Verzeichnis der Veröffentlichungen zu Lebzeiten des Autors, mit Online-Version zahlreicher Texte, bietet der John Snow Archive and Research Companion der Michigan State University.[29]
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