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Die cessio bonorum (extra ius) – übersetzt: „Abtretung von Hab und Gut“ – war Bestandteil eines julianischen Vollstreckungsgesetzes, das dem Schuldnerschutz diente.[1] Das Rechtsinstitut regelte, zur Abwendung der ihm sonst drohenden Personalexekution, die Vermögensübertragung des zahlungsunfähigen Schuldners an seine(n) Gläubiger.[2] Adressat der Bestimmung war der rechtsprechende Prätor. Sie galt zunächst nur im stadtrömischen Jurisdiktionsbereich.[3] Der Zusatz extra ius weist auf eine Prozesserleichterung hin und grenzt zum Verfahren in iure cessio ab. Eingerichtet wurde die „Güterabtretung“ möglicherweise bereits von Caesar, wohl aber eher von Augustus im Jahr 17.[4]
Die im schottischen Recht noch heute gültige cessio bonorum[5] wurde in Europa ab dem Mittelalter rezipiert. Mit der zur Anfangszeit des Deutschen Reichs begründeten – und 1994 durch Ablösung aufgehobenen – Konkursordnung wurde die Güterabtretung dieses Zuschnitts in Deutschland endgültig aufgegeben, soweit sie außerhalb des Wirkungsbereichs des preußischen Allgemeinen Landrechts überhaupt noch galt.
Wer überschuldet war, konnte sich durch freiwillige Übertragung seiner Gütergesamtheit privilegieren. Statt Personalexekution zuzüglich gerichtlicher Einweisung der Gläubiger in sein Vermögen (missio in possessionem)[6] wurde ihm eine anerkennende Gegenleistung zuteil. Er erhielt den gerichtlichen Schutz seiner bürgerlichen Ehrenrechte, andernfalls hätte Infamie gedroht. Je nach Ära der römischen Entwicklungsgeschichte war sogar seine persönliche Integrität geschützt, denn zu Zeiten der Republik drohte ihm die Hinrichtung, später Leibesstrafen. Zweifel bestehen, inwieweit die privilegierte Behandlung noch statthaft war, nachdem die Gläubiger bereits unaufgefordert Zwangsmaßregeln (missio, ductio) erwirkt hatten,[7] auch wird in Frage gestellt, wie wirksam die Bestimmungen überhaupt waren.[8]
Unmittelbare Rechte erwarben die Gläubiger an den Sachen des Schuldners nicht, denn mit dem Zuschlag war keine Eigentumsbegründung verbunden. Die Gläubiger erhielten die durch Abtretung bedingte Befugnis, vom Prätor in die Güter „eingewiesen“ (missio) zu werden.[3] Nach Übertragung wurden die Vermögensgegenstände verkauft (venditio, später: distractio bonorum) und der Erlös unter den Gläubigern verteilt. Erst die Erlösverteilung führte zur Gläubigerbefriedigung. Reichte das Vermögen nicht zur vollen Tilgung der Forderungen aus, so blieb der zedierende Schuldner zur Nachzahlung verpflichtet. Im Laufe der Zeit wurden ihm Notbedarfe für den Selbstbehalt zugesprochen.[9] Bis zum Verkauf konnte der Schuldner die Abtretung rückgängig machen, indem er die Gläubiger abfand oder indem er Einwendungen (Litiskontestation) erhob.
Quiritisches Eigentum konnten die Käufer aufgrund fehlender Formalakte nicht erwerben. Einer Konstitution des Alexander Severus zufolge konnte Schuldbefreiung erst eintreten, wenn die Gläubiger vollständig befriedigt waren.
Bereits 326 v. Chr. wurde die lex Poetelia Papiria erlassen.[10][11] Ungewiss ist, ob sie bereits die Befreiung der „Person“ des Schuldners (nisi qui noxam meruisset) bestimmte, um darauf zu setzen, nur dessen „Eigentum“ (bona) für die aufgelaufenen Schulden haften zu lassen. Das Gesetz soll jedenfalls ermöglicht haben, die Personalvollstreckung wegen Darlehensschulden durch Ablegung eines Insolvenzeides auf die Göttin des Überflusses abzuwenden.[12] Jedenfalls brachte die Norm eine Haftungserleichterung für Vollstreckungshäftlinge insoweit mit sich, als Beschränkungen der allgemeinen Bewegungsfreiheit – etwa Fesseln – aufgehoben wurden. Das hatte wiederum Einfluss auf die Vollstreckungsmaßnahme der manus iniectio, die im Zwölftafelgesetz statuiert war. Mit der Bestimmung war noch unbeschränkter Zugriff auf die Person des Schuldner erlaubt. Zwar waren in den XII Tafeln der Verkauf, sogar die Tötung eines ungelösten Schuldners vorgesehen, schnell aber wurde es noch im altzivilen Recht übliche Praxis, dass der Schuldner die Haftungssumme in Schuldknechtschaft ableistete.[13]
Da die klassischen Quellen schweigen, kann über das Verhältnis der lex Poetelia zur cessio bonorum, abgesehen von den Ehrschutzbestimmungen, nur spekuliert werden. In justinianischer Zeit konnte man sich der persönlichen körperlichen Haftung aber wieder mittels Insolvenzeides entziehen, geregelt in den Novellae (135).[14] Geschworen wurde fortan allerdings auf die Heilige Schrift.[15]
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