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Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

Ministerium der Bundesrepublik Deutschland Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz[3] (BMJV)[4] ist eine oberste Bundesbehörde der Bundesrepublik Deutschland. Es hat seinen Hauptsitz bzw. ersten Dienstsitz in Berlin und seinen zweiten Dienstsitz in der Bundesstadt Bonn. Hervorgegangen ist das am 20. September 1949 seine Tätigkeit aufnehmende Bundesministerium aus dem Reichsministerium der Justiz (bis 23. Mai 1945). Mit der Ernennung des Kabinetts Merkel III wurde das Bundesministerium der Justiz (BMJ) kraft Organisationserlass vom 17. Dezember 2013 um den Bereich Verbraucherschutz erweitert und in Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) umbenannt. In den Medien wurde das BMJV – je nach Fokus der Berichterstattung – häufig kurz als Bundesjustizministerium oder als Verbraucherschutzministerium bezeichnet. Im Kabinett Merz erhielt das Ministerium am 6. Mai 2025 erneut diverse Zuständigkeiten im Bereich Verbraucherschutz.[3] Leiterin der Behörde ist die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz; Amtsinhaberin ist seit demselben Tage Stefanie Hubig (SPD).

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Stefanie Hubig, Bundesministerin der Justiz und Verbraucherschutz

Dienstsitz des Ministeriums war von 1949 bis 1973 die Rosenburg in Bonn-Kessenich. Seit 1999 ist der Dienstsitz in Berlin.

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Geschichte

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Klassisches Ressort

Das Justizministerium gehört zusammen mit den Innen-, Außen-, Finanz- und Verteidigungsministerien zu den sogenannten klassischen Ressorts. Diese Bezeichnung rührt daher, dass es in der ersten deutschen Reichsregierung nur diese Geschäftsbereiche gab.

Gleichzeitig gehört es nach Art. 96 Abs. 2 GG zu den drei vom Grundgesetz vorgeschriebenen Ministerämtern (Finanzen, Justiz und Verteidigung), den sogenannten Pflichtressorts.

Das Ministerium begann 1949 mit etwa 80 Beschäftigten und hat heute über 897 Mitarbeiter (Stand: Juni 2023). Die Arbeit des Ministeriums ist in Fachabteilungen für bestimmte Rechtsgebiete (Abteilungen I bis IV), abteilungsübergreifende Zuständigkeiten (Abteilungen D und R) sowie eine Verwaltungs- und eine Leitungsabteilung unterteilt.

Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit

Im Januar 2012 setzte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger die „Unabhängige Wissenschaftliche Kommission beim Bundesministerium der Justiz zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit“ aus Historikern und Juristen unter Leitung von Manfred Görtemaker und Christoph Safferling ein, die die nationalsozialistische Vergangenheit erforschen und darstellen sollte.[5] Ein Vorbericht wurde 2013,[6] die Ergebnisse vierjähriger Forschungsarbeit unter Einbezug aller Akten wurden 2016 veröffentlicht.[7] Schon der Vorbericht machte folgende Feststellungen:[8]

  • Manfred Görtemaker wies auf die Statistik der Verurteilungen hin, sie zeige, dass es von 1945 bis 1986 bei 90.921 Ermittlungen nur 6.479 Verurteilungen gab.
  • Ulrich Herbert stellte dar, dass Juristen bei der „vergangenheitspolitischen Selbstverteidigung“ erfolgreicher gewesen seien als andere Berufsgruppen, was aber zu den Fragen führe, was Juristen angetrieben habe, mehrfache Mörder vor Verfolgung zu schützen, ob es zur Rückkehr der alten Justizeliten in Spitzenpositionen keine Alternative gegeben habe und wie es habe gelingen können, mit einem der NS-Zeit entstammenden personellen Justizapparat ein liberales Rechtssystem zu etablieren. Herbert vermutet, der Justizapparat „habe stets nur dem Recht gedient, und zwar jeweils unter den gegebenen Umständen“.
  • Joachim Rückert stellte zur Personalentwicklung fest, dass 1959 48 % des Personals und 1966 von den Abteilungsleitern sogar 60 % Parteigenossen der NSDAP gewesen seien.
  • Bernd Rüthers wies auf die „weitgehende personelle Kontinuität der Funktionseliten“ hin.
  • Thomas Vormbaum kommt zu dem Schluss, zu Beginn der 1950er-Jahre habe der Eifer der Verfolgung von NS-Verbrechen deutlich nachgelassen. „Juristische Konstruktionen“ hätten die Verfolgung erschwert oder verhindert.

Im Abschlussbericht und seiner offiziellen Kurzfassung[9] wurde die erste Bestandsaufnahme bestätigt, besondere Brisanz zeigten die Ergebnisse zur Auswirkung der personellen Kontinuität auf die Rechtsprechung und Gesetzgebung der Bundesrepublik bis zum Ende der 1960er Jahre:

  1. Die Strafverfolgung der NS-Täter wurde weitgehend verhindert. Die 1949 und 1953 verabschiedeten Straffreiheitsgesetze, führten dazu, dass bis 1958 praktisch alle NS-Täter wieder frei kamen. „Und es hat auch dann später dazu geführt, dass etwa 1968 mit dem sogenannten Einführungsgesetz zum Ordnungswidrigkeitengesetz praktisch alle Beihilfetaten rückwirkend 1961 verjährt waren.“[10]
  2. Viele Gesetzestexte wurden nicht oder nicht gründlich vom Einfluss der nationalsozialistischen Ideologie befreit, so etwa der Mordparagraph oder der Jugendarrest.

Die genaue Recherche erwies, dass bis zu 77 % der Juristen eine Nazi-Vergangenheit hatten, dabei hatten 94 % der untersuchten Juristen in Spitzenpositionen ein Prädikatsexamen und 58 % den Doktortitel.

Eine Abteilung des Ministeriums, die 1953 ins Auswärtige Amt verlegt wurde, habe sich bis 1968 damit befasst, Verdächtige rechtzeitig zu warnen und flüchtige Täter im Ausland zu betreuen.

Bundesminister Heiko Maas zog aus den „erschreckenden Befunden“ die Konsequenz, dass dieser Teil der Geschichte Teil der Juristenausbildung werden müsse.[11]

Bekannte Mitarbeiter dieser Zeit waren Eduard Dreher, Verantwortlicher für die nachträgliche Verjährung von Straftaten, Heinrich Ebersberg, Josef Schafheutle, Franz Massfeller, Max Merten, Walter Roemer, Hans Gawlik und Ernst Kanter.

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Zuständigkeit

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Hauptsitz des Bundesministeriums der Justiz in der Mohrenstraße in Berlin. Es handelt sich um das ehemalige Geschäftshaus Prausenhof, das in der DDR als Internationales Pressezentrum diente, in welchem Günter Schabowski am 9. November 1989 den Mauerfall einleitete; vorne die Mohrenkolonnaden
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Zweitsitz des BMJ in Bonn

Oberster Dienstvorgesetzter im Ministerium ist der Bundesminister. Diesem stehen Staatssekretäre zur Seite.

Das Bundesjustizministerium ist innerhalb der Bundesregierung gemeinsam mit der Bundesministerium des Innern für das Verfassungsrecht federführend zuständig.[12] Im föderativen System Deutschlands ist die Verwaltung der Justiz, Rechtspflege und Strafverfolgung in erster Linie Sache der Bundesländer. Zentrale Aufgabe des Bundes auf dem Gebiet der Justiz ist die Sicherung und Fortentwicklung des Rechtsstaats. Diesem Ziel entspricht die gesetzgeberische Tätigkeit. Sie umfasst die Vorbereitung neuer Gesetze und die Vorbereitung und Änderung oder die Aufhebung von Gesetzen in den klassischen Gebieten des Rechts, nämlich dem bürgerlichen Recht, dem Strafrecht, dem Handels- und Gesellschaftsrecht, dem Urheberrecht und dem gewerblichen Rechtsschutz, dem Gerichtsverfassungs- und Verfahrensrecht für die einzelnen Gerichtsbarkeiten (außer Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit) sowie dem Dienst- und Berufsrecht der Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte und Notare. Ferner ist das Ministerium für die mit der Herstellung der Einheit Deutschlands erwachsenen Aufgaben im Bereich der strafrechtlichen, verwaltungsrechtlichen und beruflichen Rehabilitierung und der „offenen Vermögensfragen“ zuständig. Das Ministerium prüft ferner bei allen von anderen Ministerien vorbereiteten Gesetzes- und Verordnungsentwürfen die Rechtsförmlichkeit, um zu gewährleisten, dass die gesetzlichen Regelungen mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Seit 2013 bis zur Regierungsneubildung im Dezember 2021 war dem Ministerium zudem der rechtliche und wirtschaftliche Verbraucherschutz zugeordnet, welcher bis zu diesem Zeitpunkt dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unterstellt war. Im Kabinett Scholz wurde die Zuständigkeit für den Verbraucherschutz auf das Umweltministerium übertragen, im Gegenzug erhielt das BMJ die Zuständigkeit für Bürokratieabbau und den Nationalen Normenkontrollrat vom Bundeskanzleramt.[13] Im Kabinett Merz wurde das Ministerium wieder als Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bezeichnet. Es erhielt aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit die Zuständigkeiten für „den Verbraucherschutz“, „die Verbraucherpolitik, insbesondere den Verbraucherschutz im digitalen Raum bei Waren und Produkten, Online-Handel oder Online-Geschäften“, „die Verbrauerrechtsdurchsetzung“ und „das Verbraucherinfomationsgesetz“.[3]

Das Ministerium ist Herausgeber der Veröffentlichungsorgane Bundesgesetzblatt und Bundesanzeiger und bereitet die Wahl der Richter des Bundesverfassungsgerichts und der Richter an den obersten Gerichtshöfen des Bundes vor.

Zum Geschäftsbereich des Ministeriums gehören

Außerdem ist es für das Verfahrensrecht und die Regelungen zur Organisation und Zuständigkeit der Gerichte in zivil-, straf-, verwaltungs- und finanzgerichtlichen Prozessen zuständig.[17]

Europäische Union und internationale Aspekte

Der Bundesjustizminister ist Teil der Gesetzgebung der Europäischen Union im Rahmen des Ministerrates für Justiz und Inneres.

Während in Deutschland eine strikte Trennung zwischen Gefahrenabwehr (präventiver Gewalt  Innenministerium) und Strafverfolgung (repressiver Gewalt → Justizministerium) stattfindet, bestehen in einigen Staaten keine derartigen Trennungen. In Großbritannien wird die Strafverfolgung und die Gefahrenabwehr unter den Secretary of State for the Home wahrgenommen. In den Vereinigten Staaten heißt der Justizminister Attorney General. Im US-amerikanischen System besteht keine Trennung zwischen Strafverfolgungsaufgaben und der Gefahrenabwehr. Sowohl dem Justizministerium (United States Department of Justice) als auch dem neugeschaffenen Department of Homeland Security und diversen anderen Ministerien sind sowohl Strafverfolgungsbehörden als auch Gefahrenabwehrdienste (Intelligence Services) unterstellt.

Das BMI ist zusammen mit dem BMJ federführend für die verfassungsrechtliche Prüfung nach Art. 59 GG zuständig. Das bedeutet, dass alle völkerrechtlichen Verträge der Bundesregierung und aller Ressorts insbesondere dahingehend überprüft werden, ob für die innerstaatliche Anwendung ein Vertragsgesetz notwendig ist.[18]

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Bundesminister seit 1949

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Nachdem Fritz Neumayer das Kabinett verlassen hatte, übernahm der damalige Bundesminister für Angelegenheiten des Bundesrates Hans-Joachim von Merkatz auch das Justizministerium und führte kurzzeitig bis zur Bundestagswahl 1957 zwei Ressorts.

Stefanie HubigVolker WissingMarco BuschmannChristine LambrechtKatarina BarleyHeiko MaasSabine Leutheusser-SchnarrenbergerBrigitte ZypriesHerta Däubler-GmelinEdzard Schmidt-JortzigSabine Leutheusser-SchnarrenbergerKlaus KinkelKlaus KinkelHans A. EngelhardJürgen SchmudeHans-Jochen VogelGerhard JahnHorst EhmkeGustav HeinemannRichard JaegerKarl Weber (Politiker, 1898)Ewald BucherWolfgang StammbergerFritz SchäfferHans-Joachim von MerkatzFritz NeumayerThomas Dehler
Weitere Informationen Nr., Bild ...
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Parlamentarische Staatssekretäre

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Beamtete Staatssekretäre

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Frühere Ministerien

Frühere Ministerien mit ähnlichen Aufgaben waren[19]:

Literatur

  • Bundesministerium der Justiz (Hrsg.): Vom Reichsjustizamt zum Bundesministerium der Justiz. Festschrift zum 100jährigen Gründungstag des Reichsjustizministeriums. Mit einem Geleitwort von Hans-Jochen Vogel. Bundesanzeiger Verlag, Köln 1977, DNB 770445101 (476 S.).
  • Gerd J. Nettersheim, Doron Kiesel (Hrsg.), Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Vergangenheit – Bewertungen und Perspektiven, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2021, ISBN 978-3-525-35218-2 (400 S.)
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Einzelnachweise

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