Benediktinerabtei St. Mauritius (Tholey)
Kirchengebäude in Tholey Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Die Abtei Tholey in Tholey im Saarland ist ein Benediktinerkloster im Bistum Trier und gehört der Beuroner Kongregation an. Die Abtei gilt als ältestes Kloster auf deutschem Boden und wurde 634 n. Chr. erstmals urkundlich erwähnt.[1] Die heutige frühgotische Abteikirche aus dem 13. Jahrhundert zählt zu den ältesten gotischen Kirchen Deutschlands.[2][3] Die Abteikirche steht unter dem Patrozinium des heiligen Mauritius. Patroziniumstag der Abteikirche ist der 22. September. Der aktuelle lateinische Wahlspruch der Abtei lautet „fides cum benignitate“ („Glaube mit Menschlichkeit“).[4][5]
Der fränkische Adelige und Diakon der Verduner Kirche, Adalgisel Grimo, bestimmte am 30. Dezember 634 in seinem Testament unter anderem, dass sein Besitz im Ort Tholey mitsamt der dort von ihm errichteten „loca sanctorum“ an das Bistum Verdun, dem zu dieser Zeit Bischof Paulus vorstand, fallen sollte. Auf Bitten Adalgisel Grimos entsandte der Bischof von Trier, der auch die Tholeyer Kirche weihte, Kleriker nach Tholey.
Die Urkunde des Adalgisel Grimo gilt heute als die älteste erhaltene Urkunde des Rheinlandes.[6][7][8][9][10][11][12][13] Sie ist in einer Abschrift des 10. Jahrhunderts erhalten und wird heute im Landeshauptarchiv Koblenz aufbewahrt.[14][15] Adalgisel Grimo verfügte über zahlreiche, weit gestreute Güter im austrasischen Reichsteil, vor allem zwischen der Maas, den Ardennen und dem Hunsrück.
Nach dem Bau seiner Eigenkirche in Tholey hatte sich Adalgisel Grimo an den Trierer Bischof gewandt, Kleriker zu schicken und die Tholeyer Kirche zu weihen. Während Trier die geistlichen Besitzrechte an Tholey zukommen, werden die weltlichen Rechte dem Bischof von Verdun zugesprochen.
Die Verbindung der späteren Abtei Tholey mit dem Bistum Verdun blieb das ganze Mittelalter über bestehen und wurde in den 1680er-Jahren von französischen Gerichten als Rechtsgrund angeführt, in den sogenannten „Reunionen“ das gesamte Schaumberger Land mit dem Königreich Frankreich zu vereinigen.[16]
Die heute noch bestehende Klosteranlage befindet sich auf den Trümmern einer römischen Bäderanlage. Vermutlich noch im 7. Jahrhundert bildete sich an dieser Stelle eine Klerikergemeinschaft zunächst columbanischer Prägung.
Auf Weisung von Magnerich, von 566 bis 600 Bischof von Trier, schlossen sich die Eremiten zu klösterlichen Gemeinschaften zusammen. Einer solchen ersten Gemeinschaft am Fuße des Schaumbergs soll der Legende nach der heilige Wendelin als erster Abt von Tholey vorgestanden haben.
Im Zeitraum der Jahre 662 bis 675 verließ der Tholeyer Abt Craudingus das Kloster und gründete westlich von Verdun in den Argonnen das Kloster St. Maurice de Beaulieu (Waslogium / Beaulieu-en-Argonne). In Tholey setzte er als seinen Nachfolger seinen Neffen Croduin/Froduin ein. Beide hatten als Äbte den Rang eines Bischofs inne. Craudingus wurde später in der Diözese Verdun unter dem Namen St. Rouin als Heiliger verehrt.
Im Jahr 781 kam es zwischen dem Tholeyer Abt Anno und Bischof Petrus von Verdun zu einem Gütertausch, bei dem das Haupt des heiligen Bischofs Paulus von Verdun als Reliquie nach Tholey überführt wurde. Im Jahr 853 beschenkte die Witwe des Grafen Nithad, Erkanfrida, zu ihrem Jahrgedächtnis das Kloster Tholey mit hundert Solidi. Kaiser Lothar I. und dessen Sohn Lothar II. entzogen Tholey im Zeitraum der Jahre 843 bis um 865 dem Bischof von Verdun und gaben es an Laienäbte. Um das Jahr 865 erwarb Bischof Hatto von Verdun das Kloster mit Unterstützung des Papstes für das Bistum Verdun zurück. Die Bischöfe von Verdun besetzten von nun an für etwa die nächsten hundert Jahre den Abtsstuhl von Tholey in Personalunion. Bischof Hatto hatte vor dem Jahr 869 Reliquien der heiligen Verduner Bischöfe Maurus, Salvinus und Arator nach Tholey überführen lassen. Am 31. Dezember 879 starb Bischof Bernhard von Verdun in Tholey und wurde im Kloster beigesetzt, wo er noch im 16. Jahrhundert als Heiliger verehrt wurde.[18]
Das benediktinische Leben begann in Tholey vermutlich um die Mitte des 8. Jahrhunderts. Erstmals schriftlich als Benediktinerkloster bezeugt wurde Tholey in den Jahren 916/917 unter dem Verduner Bischof Dabo. Um das Jahr 947 gab Bischof Bernger von Verdun dem Kloster Tholey einen regulären Abt.
Abt Eberwin verfasste nach dem Tod von Simeon am 1. Juni 1035 dessen Vita und betrieb dessen Heiligsprechung; Simeon wurde 1035 durch Papst Benedikt IX. heiliggesprochen. Simeon war nach Ulrich von Augsburg der zweite Heilige, der offiziell kanonisiert wurde.
Im 10. Jahrhundert geriet die Abtei Tholey in zunehmendem Maße unter den Einfluss des Erzstiftes Trier und wurde eines von fünf unter Erzbischof Radbod eingerichteten Archidiakonaten.
Der am 1. Juni 1066 in Ürzig ermordete Trierer Erzbischof Kuno I. von Pfullingen, der Neffe des Kölner Erzbischofs Anno II., wurde auf Betreiben des Verduner Bischofs Theoderich am 25. Juli 1066 in einer an die Tholeyer Abteikirche angebauten Grabkapelle bestattet und wurde ab diesem Zeitpunkt als Mitpatron neben dem heiligen Mauritius verehrt. Autor der Vita Kunos war der Tholeyer Mönch Theoderich. Sein zwischen 1056/1080 verfasstes Werk schildert zahlreiche Wunder des Ermordeten. In der Folgezeit entwickelte sich eine blühende Wallfahrt zum Grabe des Kuno. Noch im 18. Jahrhundert wurde Pilgern in Tholey die von Schwertstößen durchbohrte Tunika des Heiligen gezeigt.[19][20]
Um das Jahr 1142 schwor Abt Theoderich von Tholey dem Trierer Erzbischof Albero von Montreuil den Oboedienzeid. Im Jahr 1171 wurde der Tholeyer Abt Gregor aus dem Hause der Grafen von Blieskastel zusätzlich Abt des Klosters Prüm.[21]
Abt Hugo (1264–1280) begann mit dem Bau der heute noch bestehenden frühgotischen Abteikirche. Im Jahr 1332 brannte die Tholeyer Abteikirche aus, wobei Reliquien auf als Wunder gedeutete Weise gerettet werden konnten.
Abt Thomas II. aus dem Geschlecht der Herren von Sötern leitete im Jahr 1422 eine benediktinische Reformsynode in Trier. Unter Abt Damian von Lommersweiler wurde im Jahr 1485 die Reform des Klosters Tholey durchgeführt, sodass nach einer Phase des Niedergangs der Konvent der Abtei im Jahr 1483 der Bursfelder Kongregation beitrat. Sieben Reformmönche aus der Abtei Maria Laach und einer aus St. Pantaleon in Köln sorgten unter dem aus den Niederlanden stammenden Abt Gerhard von Hasselt (1489–1517) für einen neuen Aufschwung der Abtei. Abt Gerhard von Hasselt war zuvor Mönch in Maria Laach gewesen und gilt als eine der führenden Persönlichkeiten der Bursfelder Reformkongregation. Sein Werk wurde von Abt Balthasar aus Utrecht fortgeführt.
Unter Abt Antonius von Trier kam es in den Jahren 1613–1616 zu einem Konflikt zwischen der Abtei Tholey und dem lothringischen Herzog Heinrich II., der Tholey seinem unehelich geborenen Sohn Heinrich als Eigentum übergeben wollte. In den Jahren 1617–1638 führte der Tholeyer Abt Martinus Nennich eine erneute innere Reform des Konventes durch, die jedoch durch die Wirren des Dreißigjährigen Krieges unterbrochen wurden. Der Abt musste mehrere Male nach Trier flüchten und am Weihnachtsabend des Jahres 1631 plünderten schwedische Truppen das Kloster.
Zu weiteren kriegerischen Plünderungen kam es unter Abt Mauritius Groffius im Jahr 1655 durch französische Truppen und unter Abt Mauritius Gralinger im Jahr 1696 durch kaiserliche Truppen.[22]
Erst in den Jahren 1712–1730 konnte das Kloster unter Abt Caspar de Roussel renoviert werden. Ein neues Dormitorium wurde errichtet und die Abteikirche mit barocken Altären ausgeschmückt. Die Bauarbeiten wurden unter Abt Theobert d’Hame aus St. Wendel weitergeführt, der das Kirchendach restaurieren ließ und eine neue Orgel anschaffte. Nach seinem Tod im Jahr 1759 gelang es dem Herzogtum Lothringen und dem Königreich Frankreich mit wachsendem Erfolg, Kommendataräbte für Tholey zu ernennen. Somit wurden die Tholeyer Einkünfte des Kirchen- und Klostervermögens auf eine Person unter Befreiung von den Amtspflichten übertragen, was zur wachsenden Zerrüttung der Vermögensverhältnisse und der klösterlichen Disziplin führte. Im Jahr 1787 wechselten Tholey und das Amt Schaumburg durch Tausch von der französischen Krone an das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken.
Im Jahr 1793 wurde das Kloster durch französische Revolutionstruppen besetzt, geplündert und gebrandschatzt sowie im gleichen Jahr aufgehoben. Der Konvent flüchtete. Das Klosterarchiv und die Bibliothek wurden weitgehend vernichtet oder zerstreut.[23][24] Das Kloster wurde als französische Domäne eingezogen.[25] Im Jahr 1798 wurden die Klostergebäude versteigert und von einem Privatmann angekauft.
Im Jahr 1806 wurden die Abteikirche als Pfarrkirche und die an die Kirche angebauten Abbatialgebäude als Pfarrerwohnung Eigentum der Gemeinde. Weitere Klostergebäude waren abgerissen worden.
Die Abtei wurde am 8. Dezember 1949 durch Papst Pius XII. kanonisch wiedererrichtet und am 23. April 1950 von Mönchen aus der Benediktinerabtei St. Matthias in Trier besiedelt.[27] Der Konvent von St. Matthias wurde 1941 im Dritten Reich aufgehoben. Der Konvent übersiedelte zum Teil in die Abtei Maria Laach. Erst im Jahr 1945 konnte sich der Konvent in Trier wieder sammeln, doch herrschte noch eine unklare Situation zwischen Pfarrei und Abtei, sodass sich der Großteil der Gemeinschaft auf das Angebot der saarländischen Landesregierung unter Ministerpräsident Johannes Hoffmann einließ, die aufgehobene Abtei Tholey wiederzubesiedeln. Eine kleinere Konventsgruppe widersetzte sich dieser Verlegung der Abtei und blieb in Trier; so entstanden schließlich zwei getrennte Gemeinschaften. Die Abtei Tholey verblieb in der Beuroner Kongregation, der Konvent in Trier wurde direkt dem Abtprimas unterstellt.[28]
Die Renovierung der Kirche wurde zur Zeit des Abtes Petrus Borne in den Jahren 1957 bis 1963 mit staatlicher und diözesaner Unterstützung der Regierung des Saarlandes und des Bistums Trier durchgeführt. Dabei wurde der Kirchenraum nach liturgischen Gesichtspunkten neugestaltet. In dieser Zeit gründete Pater Maurus Sabel (1912–2012) die Tholeyer Sängerknaben (1950–1978), einen überregional viel beachteten Knabenchor.
Am 11. März 1985 wählte der Konvent Pater Makarios Hebler zum neuen Abt von Tholey. Hebler, der aus Essen stammte und am 28. Oktober 1971 in die Abtei gekommen war, begann im Jahr 1985 die Restaurierung des Abtsgebäudes. Im November 1997 übernahm Abt Makarios auch das Amt des Pfarrers von Tholey. Mehr als ein Jahrzehnt hatte er die Leitung und Herausgabe der „Studia Regulae Benedicti – interdisziplinäre Studien zur Klosterregel des Hl. Benedikt“ inne.[29]
Im Jahr 2008 stand die Abtei kurz vor dem finanziellen Ruin. Abt Makarios Hebler resignierte darauf am 31. August 2008. Durch den Verkauf von etwa 80 Hektar Land an die Gemeinde Tholey, Unterstützung durch den rund 200 Mitglieder umfassenden Förderverein sowie durch Sponsoren und Finanzmittel vom saarländischen Wirtschaftsministerium und der EU konnte sich die Abtei wirtschaftlich konsolidieren und Bau- und Renovierungsmaßnahmen in Angriff nehmen.[30]
Es entstanden unter anderem eine barockisierende Grünanlage, ein neues Gewächshaus, eine Imkerei und neue Zugangstore. Die Umgestaltung des Umfeldes der Abtei in historisierender Weise konnte durch Spendengelder einer der Abtei nahestehenden Familie realisiert werden. Zu diesen Maßnahmen zählen eine in Würzburg gefertigte barockisierende Brunnenanlage mit Statuen der Jungfrau und Gottesmutter Maria, umgeben von den vier Evangelisten und überreiche barockisierende schmiedeeiserne Arbeiten an mehreren Toranlagen. Ebenfalls wurde der Abtei von der in der Metallbranche tätigen Spenderfamilie (Gebr. Meiser) ein Florentiner Gemälde der Madonna mit Kind (Meister der Angiolini) vom Beginn des 16. Jahrhunderts übergeben. Die im Jahr 2002 nach den Plänen des Architekten Alexander von Branca errichtete Privatkapelle der Familie, die sogenannte Statio Dominus Mundi in Wustweiler, untersteht der kirchlichen Jurisdiktion der Benediktinerabtei Tholey.[31]
Das ehemalige Schwesternwohnheim, das im Jahr 2014 von der katholischen Kirchengemeinde Tholey erworben wurde, gestaltete man zu einem Wohnheim für Flüchtlingsfamilien um. Als Käufer des ehemaligen Schwesternwohnhauses trat der im Jahr 2009 gegründete gemeinnützige Förderverein „Geistliches Zentrum Benediktinerabtei Tholey“ auf.[32][33]
Die Mönche arbeiten in der Seelsorge und betreiben eine Gastwirtschaft und ein Gästehaus. Im Jahr 2019 lebten 11 Mönche in der Abtei.[4][34]
Die heutige Abteikirche ist eine querhauslose dreischiffige gotische Anlage aus der Mitte und zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts.[35][36]
Der erste rechteckige Kirchenbau des fränkischen Adeligen Adalgisel Grimo wurde Anfang des 7. Jahrhunderts in den Resten einer römischen Badeanlage errichtet. Da sich jeder Neubau der Klosterkirche im Verlauf der Jahrhunderte an der Ursprungsausrichtung der römischen Badeanlage orientierte, ist der heutige Sakralbau nicht vollständig geostet.
Um das Jahr 750 wurde die Kirche durch eine rechteckige Choranlage erweitert. Nach dem Jahr 1066 wurde die Klosterkirche unter Einbeziehung der Grablege des als Märtyrer verehrten Trierer Bischofs Kuno von Pfullingen unter dem Sakramentsaltar zu einem dreischiffigen Rechteck erweitert. In den Jahren 1216 bis 1230 wurde dieser Bau zum Schutz vor Bränden eingewölbt. Dennoch fiel die Kirche bereits im Jahr 1230 mitsamt den Klostergebäuden einem Großbrand zum Opfer.
Im Jahr 1236 begann man am Ort der Brandruine mit der Errichtung einer neuen Klosterkirche mit drei Apsiden im romanischen Stil. Noch vor seiner Vollendung fiel dieser Bau einem weiteren Brand anheim. Als man im Jahr 1260 mit den Arbeiten zur jetzigen Kirche begann, beließ man das romanische Fundament des nicht vollendeten Vorgängerbaues und errichtete hierauf dem Stil der Zeit entsprechend unter trierischem und lothringisch-burgundischem Einfluss eine frühgotische Kirche. Der Formenapparat der klassischen französischen Gotik wurde in Tholey auf ein monastisches Minimum reduziert. Das Hauptportal im Nordwesten entspricht in seiner Struktur in etwa dem Hauptportal der Trierer Liebfrauenkirche. Das Bogenfeld zeigt in stark verwitterter Form die Auferstehung Jesu. Der wuchtige Westturm wurde von der romanischen Bauanlage übernommen. Das heutige Bauwerk war um das Jahr 1302 vollendet.
Das Langhaus wird von 12 Pfeilern getragen und hat eine Länge von 47 Metern, eine Breite von 20 Metern und eine Höhe von 31 Metern. An den Schlusssteinen der Gewölbe finden sich Blattwerkschmuck und vereinzelte figürliche Darstellungen. Für die Gläubigen des Dorfes war bereits um das Jahr 1000 eine Kapelle mit dem Patrozinium Johannes des Täufers auf dem heutigen Tholeyer Marktplatz errichtet worden, die heute nicht mehr besteht.
Im 18. Jahrhundert wurde die Kirche mit barocken Altären ausgestaltet. Nachdem am 7. Juli 1794 das Kloster aufgehoben worden war und im Jahr 1798 Kirche und Klostergebäude in Metz öffentlich für 50.000 Franken versteigert worden waren, erwarb im Jahr 1806 ein Tholeyer Bürger die Anlage für 1650 neue Gulden und schenkte sie der Gemeinde als Pfarrkirche. Im 19. Jahrhundert wurden die Kirche im Stil des Historismus ausgemalt.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Sakralgebäude einer Renovierung unterzogen und die Turmfundamente weitgehend unterfangen. Auch die Gewölbekappen wurden fast vollständig erneuert. Der Fußboden, den man im Laufe der Jahrhunderte wegen aufsteigenden Grundwassers erhöht hatte, wurde auf sein ursprüngliches Niveau abgesenkt. Das Gelände um die Kirche wurde tiefer gelegt und durch eine Mauer zur Straße hin abgesichert.
Bei der Renovierung der Kirche in den Jahren 1957 bis 1963 wurden sämtlichen mittelalterlichen Kirchenfundamente durch massive Eisenbetonfundamente ersetzt, die gesamte Steinaußenhaut des Nordseitenschiffes mit den Maßwerkfenstern erneuert sowie der Dachstuhl in Eisenbetonverstrebungen im Sinne einer „Mauerwerkszange“ neu konstruiert. Im Fußboden wurde eine Heizung eingebaut. Liturgisch wurde der Kirchenraum im Stil der Zeit gestaltet, wobei man eine neue Taufkapelle im Westen anbaute und den gotischen Altar mit seinen mittelalterlichen Reliquiennischen zerstörte, um ihn durch einen modernen glatten Blockaltar ersetzen zu können. Der moderne Altar ist mit einem Wabenmuster aus vergoldeten Kupferplatten mit Perlmutteinlagen der Aachener Goldschmiedewerkstatt Schwerdt und Förster geschmückt. Schwerdt und Förster schufen auch das Tabernakel in der Sakramentskapelle, das Ewiglicht, das Hängekreuz (vormals Vortragekreuz), die Altarleuchter, den Osterleuchter, das moderne Lesepult sowie das Tabernaculum für die Hlg. Öle.
Bei der Sanierungsmaßnahme entfernte man ebenso alle neogotischen Ausstattungsstücke. Das aus dem Jahr 1704 stammende Chorgestühl, von dem heute nur noch die Hälfte des ursprünglichen Bestandes erhalten ist, wurde in Richtung Apsis verschoben. Anstelle des neogotischen Altaraufbaues positionierte man einen um das Jahr 1300 entstandenen Verkündigungsengel vom Seitenpfeiler des Hauptportals in der Apsis der Kirche. Die Bildteppiche des Kreuzweges, die von der Aachener Textilkünstlerin Mila Wiertz-Getz in den 1960er-Jahren gefertigt worden waren[37], wurden in den 1990er-Jahren wieder durch neu gerahmte neogotische Kreuzwegstationen ersetzt.[38][39]
Im Rahmen der Renovierung wurde die nach den Kriegsbeschädigungen des Zweiten Weltkrieges provisorisch eingesetzte Verglasung durch eine neue abgelöst. Der Tholeyer Mönch Bonifatius Köck war für den Entwurf verantwortlich.[40] Impulse dazu gingen von den Fenstern Georg Meistermanns in der Sepultur am Würzburger Dom aus. Die Ausführung der Entwürfe übernahmen die Werkstätten Derix in Rottweil und Wiesbaden, während die Gläser unter Leitung von Pater Köck in der Glashütte Mittinger in Darmstadt hergestellt wurden.
Im Jahr 1959 wurden die Fenster in den Seitenschiffen eingebaut. Das zweite eingebaute Fenster zeigte über den Wellen des Roten Meeres die Wolken- und Lichtsäule (Ex 14,19–31 EU). In der Höhe der damals noch vorhandenen Kommunionbank wurde das Fenster mit dem alttestamentlichen Mannaregen eingebaut (Ex 16,13–23 EU).
Das darauf folgende Fenster in der Höhe des Altares zeigte den Vollmond der Passahnacht und das Blut des Paschalammes an den Pfosten der Türen der Israeliten (Ex 12,11–14 EU) als alttestamentliche Vorausdeutung auf das blutige Opfer Jesu am Kreuz.
Diesem Fenster gegenüber wurde in der Nähe des Altares das Opfer Abels bildlich thematisiert, das sich als helle Rauchsäule himmelwärts erhebt, während das Opfer Kains als düstere Rauchschwade zu Boden sinkt (Gen 4,1–5 EU).
Im Fenster daneben gestaltete Köck den brennenden Dornbusch mit winzigen roten Röschen, in dem sich Gott als Jahwe dem Mose geoffenbart hatte (Ex 3,1–6 EU). Die kleinen Röschen fügte Bonifatius Köck als mariologische Hinweise hinzu.
Das letzte Fenster auf der Südseite zeigte den Regenbogen Noahs, der hier reinweiß vor einer lichtblauen Regenflut gestaltet wurde, während Felsen aus der weichenden Sintflut aufzutauchen scheinen (Gen 9,12–17 EU).
Ebenfalls im Jahr 1959 wurde die Ausführung der Fensterentwürfe in den Seitenapsiden begonnen. In Zusammenarbeit mit der Goldschmiedewerkstatt Schwerdt und Förster in Aachen wurden die Fenster der Sakramentskapelle gesondert gestaltet. Die einfallende Lichtmenge sollte so stark vermindert werden, dass das einfallende Licht aus dem Kirchenschiff diejenige der Seitenkapellen überstrahle und somit die Goldschmiedearbeiten in ein geradezu mystisches Licht getaucht werden würden. Die Fenster, die den Tabernakel umgaben, zeigten ein netzartig verflochtenes Ornament aus dämmrigem Rot und Braunviolett und bezogen sich auf die eucharistischen Gestalten Wein und Brot. Dem ornamentalen Gefüge lag die Form eines Brotes zugrunde.
Die Fenster der Mauritiuskapelle, deren Altar Reliquien des antiken Märtyrers und Abteipatrons Mauritius enthält, wurden nach einem biblischen Zitat aus dem Buch der Weisheit gestaltet (Weish 3,1–6 EU).
Das große Fenster hinter der Orgelempore in der Westwand wurde rein ornamental gestaltet. Ebenso zeigten auch die im April 1960 eingesetzten Obergadenfenster schlichte Ornamente.
Die Gestaltungsaufgabe der drei kleineren Fenster in der Westwand der Seitenschiffe löste Köck ebenfalls abstrahierend:
Die hohen Fenster der Apsis wurden in der letzten Phase der Neuverglasung im Jahr 1961 eingesetzt. Hier gestaltete Pater Bonifatius die apokalyptische Vision des kristallenen Meeres (Offb 15,1–5 EU).
Von Mai 2018 bis März 2021 wurde die Tholeyer Abteikirche erneut saniert.[41][42] Die Initiative wurde finanziell unterstützt durch die Unternehmerfamilie Meiser[43] und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz.[44]
In der kunsthistorischen Forschung gehörten das Bogenfeld und die zugehörigen gestaffelten Bogenläufe zu den wenigen frühgotischen Figurenportalen. Die Auferstehungsszene war mit ihrer seltenen, original erhaltenen Bildsprache in Deutschland einzigartig und somit ein Denkmal von nationalem Rang, wenn auch die visuelle Lesbarkeit durch die Verwitterung der Jahrhunderte nur noch an wenigen Stellen möglich war. An seiner Stelle plant die Abteileitung die Anbringung neuer nachgeschaffener Figuren. Die Abmeißelung der originalen frühgotischen Figuren ließ die Abteileitung dokumentieren. Die abgemeißelten Teile wurden eingelagert.
Das Landesdenkmalamt des Saarlandes, der Landesdenkmalrat sowie das Kultusministerium des Saarlandes beharren auf der Wiederanbringung der abgeschlagenen Originalteile. Der Vorsitzende des Landesdenkmalrates des Saarlandes, Henning Freese, konstatierte der Abteileitung Geschichtsvergessenheit: „Die Vertreter einer Institution, die immer wieder die Rolle der ‚ältesten Abtei Deutschlands‘ für sich reklamieren, entfernen das wichtigste sichtbare Zeugnis ihrer mittelalterlichen Vergangenheit aus der Klosterkirche.“ Lutz Heitmüller und Steffen Skudelny von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz meinten diesbezüglich: „Ein solcher Vorgang mutwilliger Beschädigung ist unseres Wissens einzigartig in Deutschland.“ Die Stiftung kündigte an, die für die Sanierung der Kirche bereitgestellten Fördergelder nicht mehr auszuzahlen.[45][46][47][48][49]
Im Rahmen der Sanierung baute man die beschädigten Fenster von Bonifatius Köck aus und ersetzte sie. In einem anonymisierten Kunstwettbewerb erhielt 2018 die deutsch-afghanische Künstlerin Mahbuba Elham Maqsoodi den Auftrag dazu.[50][51]
Die Fenster im linken Seitenschiff sind Tholeyer Heiligen gewidmet (Wendelin, Kuno, Theobert, Craudingus). Die Fenster im rechten Seitenschiff zeigen benediktinische Heilige (Benedikt von Nursia, seine Schwester Scholastika, Papst Gregor den Großen, Hildegard von Bingen). Hierzu wird das vierte, bislang zugemauerte Fenster, hinter dem sich der Lenoir-Bau (Südflügel der Abtei) befindet, ebenfalls verglast und elektrisch hinterleuchtet. Die Fenster des linken Nebenchores thematisieren die Geburt Jesu, das Pfingstereignis und die Himmelfahrt Christi sowie die Kreuzigung Jesu. Die Fenster des rechten Nebenchores zeigen den Klosterpatron Mauritius. Im Obergaden des Mittelschiffes sind Figuren aus dem Alten und Neuen Testament gegenübergestellt. Der südliche Obergaden thematisiert Gestalten des Alten Testamentes. Vom Altar aus beginnend handelt es sich um Propheten und andere große Gestalten des Alten Testamtentes.[52]
Die nördliche Obergadenreihe zeigt Propheten und andere große Gestalten des Neuen Testamtentes. Das große Turmfenster im Westen thematisiert den Sturz des Satans.[53]
Für die Gestaltung der drei Hauptchorfenster richtete man über den Saarbrücker Kirchenmusiker Bernhard Leonardy eine Bitte an Gerhard Richter, der seine Zusage erteilte und die Entwürfe unentgeltlich zur Verfügung stellte. Sein Entwurf ist unfigürlich und entspricht nicht der ursprünglichen Intention der Neuverglasung. Allerdings überwiegt der Vorteil, dass ein Kunstwerk von Gerhard Richter in der Abteikirche viele kunstinteressierte Besucher anzieht.
Am 4. September 2019 wurden die Chorfensterentwürfe Richters in Abwesenheit des Künstlers in Tholey vorgestellt. Die Richterschen Entwürfe wurden in der Münchener Glaswerkstätte Gustav van Treeck mittels Ätz-, Druck- und Klebetechnik umgesetzt.[54] Die Einweihung der neuen Chorfenster fand im Herbst 2020 statt und war von weltweiten Medieninteresse begleitet.
In der Abteikirche gab es nachweislich bereits Ende des 17. Jahrhunderts eine Orgel.[55] Das Instrument war vor 1693 errichtet worden; über den Erbauer und die Disposition ist nichts weiter bekannt. Vermutlich handelte es sich um ein kleines, einmanualiges Instrument, das bis 1736 genutzt wurde.
1736 erbaut der Orgelbauer Roman Benedikt Nollet ein neues Instrument mit 32 Registern auf zwei Manualen und Pedal auf der Orgelempore im Turmgeschoss, welches vermutlich im selben Jahr unter Abt Theobert d’ Hame errichtet worden war.
In den Wirren der Französischen Revolution plünderten Französische Revolutionstruppen das Pfeifenwerk um das Jahr 1793. Das barocke Orgelgehäuse von Nollet hingegen blieb verschont und ist bis heute erhalten.
1835 erweiterte der Orgelbauer Jean Frédéric Verschneider aus Puttelange-aux-Lacs das Nollet-Gehäuse: Vor das ursprüngliche Gehäuse setzte er in die Brüstung ein Gehäuse für ein Rückpositiv, und flankierend dazu zwei markante Pedaltürme, die jeweils zu den Außenseiten durch üppiges vergoldetes Holzschnitzwerk verziert sind. Verschneider stattete das erweiterte Gehäuse mit einem neuen Orgelwerk aus. Das Instrument hatte zunächst 19 Register. 1839 wurde es auf 25 Register auf zwei Manualwerken und Pedal ausgebaut, und später offensichtlich auf 32 Register erweitert. Die Spieltraktur war mechanisch, die Registertraktur war pneumatisch.
Bereits 1910 plante man, das Instrument von Verschneider durch einen Neubau zu ersetzen. Erst 1929 wurde das Orgelwerk durch ein pneumatisches Instrument der Firma Anton Turk aus Klausen ersetzt; es hatte 26 Register zuzüglich 13 Extensionen und einer Transmission auf zwei Manualwerken und Pedal. Das Schwellwerk wurde unter dem Hauptwerk in einem Untergehäuse untergebracht, das Pedal u. a. auch in der Brüstung in dem ehemaligen Gehäuse des Rückpositivs. Die Pfeifen standen auf Kegelladen. Die Spiel- und Registertrakturen waren pneumatisch. 1958 wurde dieses Orgelwerk ausgebaut und an die Pfarrei St. Maternus in Aschbach bei Lebach abgegeben, wo es bis 1989 weitergenutzt und dann entsorgt wurde.
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1960 baute die Firma Oberlinger/Windesheim ein neues Orgelwerk in das historische Orgelgehäuse von Roman Benedikt Nollet. Das Instrument hatte 42 Register, verteilt auf drei Manuale und Pedal. Die Spieltraktur war mechanisch, die Registertraktur elektrisch.
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Die Oberlinger-Orgel wurde 2018 im Rahmen der Kirchenrenovierung abgebaut und durch die Firma Hugo Mayer Orgelbau (Heusweiler) technisch neu errichtet. Etwa die Hälfte der Pfeifen des bisherigen Orgelwerkes und das historische Gehäuse wurden wiederverwendet. Das Hauptwerksgehäuse wurde ca. 85 cm tiefer auf das ursprüngliche Fußbodenniveau zurückgebaut und etwa 50 cm an das Brüstungsgehäuse heranbewegt. 15 Register (1.114 Pfeifen) wurden neu erbaut. Von dem wiederverwendeten Pfeifenmaterial stammt ein Großteil nicht von Fa. Oberlinger aus dem Jahr 1960, sondern ist wohl älteren Ursprungs. Ob es sich dabei möglicherweise um zwischenzeitlich eingelagerte und von Oberlinger wiederverwendete Pfeifen der 1835 erbauten Verschneider-Orgel handeln könnte, ist noch nicht abschließend geklärt.
Das neue Orgelwerk hat insgesamt 37 Register (2.320 Pfeifen), außerdem noch vier extendierte Register im Pedal.[56]
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Im Turm der St.-Mauritius-Kirche hängt ein siebenstimmiges Bronzeglockengeläut. Es besteht aus zwei mittelalterlichen Glocken des Gießers Wilhelm Czun von 1458 und 1459 (die beiden kleinsten Glocken), aus vier Glocken des Gießers Packard/Annecy (1951) und einer Glocke aus dem Jahr 1958 von der Saarlouiser Glockengießerei in Saarlouis-Fraulautern, die von Karl (III) Otto von der Glockengießerei Otto in Bremen-Hemelingen und dem Saarländer Alois Riewer 1953 gegründet worden war. Diese Glocke ist die Pax-Christi-Glocke. Sie erklingt auf c′, hat einen Durchmesser von 1590 mm und wiegt 2450 kg.[57][58][59]
Nr. | Name | Gussjahr | Glockengießer | Durchmesser (mm) | Gewicht (kg) | Nominal | Inschrift |
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1 | Pax-Christi-Glocke | 1958 | Saarlouiser Glockengießerei | 1.590 | 2.450 | c1 | |
2 | 1951 | Packard (Annecy) | 1.340 | es1 | |||
3 | 1.190 | f1 | |||||
4 | 1.060 | g1 | |||||
5 | 890 | b1 | |||||
6 | 1458 | Wilhelm Czun | 788 | c2 | |||
7 | 1459 |
Der Abtei Tholey standen im Laufe ihrer Geschichte folgende Äbte vor:[60]
Seit der Wiederbesiedlung:
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