Ardez
Dorf und ehemalige Gemeinde in Scuol im Kanton Graubünden in der Schweiz Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dorf und ehemalige Gemeinde in Scuol im Kanton Graubünden in der Schweiz Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Ardez (Scuol im Kreis Sur Tasna im Bezirk Inn des Schweizer Kantons Graubünden.
; deutsch veraltet: Steinsberg) ist ein Dorf der GemeindeArdez | ||
---|---|---|
Staat: | Schweiz | |
Kanton: | Graubünden (GR) | |
Region: | Engiadina Bassa/Val Müstair | |
Politische Gemeinde: | Scuol | |
Postleitzahl: | 7546 | |
frühere BFS-Nr.: | 3741 | |
Koordinaten: | 810857 / 184136 | |
Höhe: | 1467 m ü. M. | |
Fläche: | 61,32 km² | |
Einwohner: | 427 (31. Dezember 2014) | |
Einwohnerdichte: | 7 Einw. pro km² | |
Website: | www.ardez.ch | |
Ardez | ||
Karte | ||
Bis zum 31. Dezember 2014 war Ardez eine eigenständige politische Gemeinde. Am 1. Januar 2015 wurde Ardez mit den vier Gemeinden Ftan, Guarda, Sent und Tarasp in die Gemeinde Scuol eingegliedert.[1]
Seit 2021 ist Ardez gemeinsam mit den Dörfern Guarda und Lavin Teil der der internationalen Alpenvereinsinitiative Bergsteigerdörfer.
Blasonierung: Geteilt von Silber (Weiss) und Schwarz, in Silber ein halber schwarzer, rot bewehrter Steinbock, in Schwarz ein silbernes Tatzenkreuz
Wappenbild nach einem Siegel des 19. Jahrhunderts.
Ardez liegt auf der linken Talseite des Unterengadin über dem Inn. Zu Ardez gehören die Fraktionen Sur En (rechte Talseite) und Bos-cha (zwischen Ardez und Guarda). Das ehemalige Gemeindegebiet erstreckt sich von der österreichischen Grenze im Norden (Gemsspitze, Hintere Jamspitze) bis zur Nationalparkgrenze im Süden (Piz Sampuoir). Der höchste Punkt der ehemaligen Gemeinde ist der Piz Plavna Dadaint (3166 m). Zu Gebiet von Ardez gehören die südlich des Inn gelegenen Seitentäler Val Nuna und Val Sampuoir und auf der nördlichen Talseite die Val Tasna. Die Nachbargemeinden sind Zernez und das österreichische Galtür. Der Ardezer Boden reichte noch um 1900 bis ins Montafon (Vorarlberg) und ins Paznaun (Tirol).
Die Ardezer Landschaft liegt eingebettet zwischen den Kristallinmassen der Silvretta und den Unterengadiner Dolomiten. Hier grenzen Kristallin- und Kalk-/ Schiefergebiete aneinander. Die hügelige Terrasse östlich der Burg Steinsberg besteht vorwiegend aus Tasna-Altkristallin. Darüber liegen Triasdolomit und die Liasgesteine der Burg Steinsberg. Westlich des Dorfes sind Sandkalke des Neokom der jüngeren Kreideniveaus (Weg nach Bos-cha) überlagert.
Die Bevölkerungsentwicklung verlief ziemlich stabil. 1780 waren es 531 Einwohner, im Jahr 1900 612. Einen Höhepunkt gab es 1910 infolge des Bahnbaus mit 1005 Einwohnern und einen Tiefstand 1980 mit 383 Einwohnern.
Die bündnerromanische Mundart Vallader ist bis heute die Sprache einer grossen Bevölkerungsmehrheit geblieben. Sie wird auch von der Gemeinde und der Schule unterstützt. Daher gaben 1990 85 % und 2000 gar 89 % der Einwohnerschaft an, Romanisch zu verstehen. Bis 1900 war die Gemeinde sogar fast einsprachig (1880 94 %, 1900 94 %). Dieser Anteil sank zwar seither, doch bis 1980 nur unwesentlich (1941 84 %, 1980 83 %). Seit den 1980er-Jahren ist der Anteil der Deutschsprachigen deutlich gestiegen.
Sprachen in Ardez | ||||||
Sprachen | Volkszählung 1980 | Volkszählung 1990 | Volkszählung 2000 | |||
Anzahl | Anteil | Anzahl | Anteil | Anzahl | Anteil | |
Deutsch | 50 | 13,05 % | 78 | 19,85 % | 81 | 20,20 % |
Rätoromanisch | 316 | 82,51 % | 288 | 73,28 % | 296 | 73,82 % |
Italienisch | 17 | 4,44 % | 26 | 6,62 % | 12 | 2,99 % |
Einwohner | 383 | 100 % | 393 | 100 % | 401 | 100 % |
Die Ardezer Bürger traten 1538 zur protestantischen Lehre über.
Von den Ende 2005 431 Bewohnern waren 394 (= 91,42 %) Schweizer Staatsangehörige.
Prähistorische Funde gab es bei Bos-cha (Schalensteine) und bei Chanoua (Keramik der Fritzens-Sanzeno-Kultur)[2]. Suotchastè war gemäss den Ausgrabungen von der späten Bronzezeit (Laugen-Melaun-Kultur, 13. bis 6. Jahrhundert v. Chr.) bis in die jüngere Eisenzeit (Fritzens-Sanzeno, 5. bis 1. Jahrhundert v. Chr.) besiedelt. Ortsnamen und ein der Fritzens-Sanzeno-Kultur zuzuordnender Schriftfund[3] legen es nahe, die Urheber entsprechender Artefakte als Räter im Sinne antiker Quellen anzusehen. 15 v. Chr. wurden sie von den Stiefsöhnen Drusus und Tiberius des Kaisers Augustus unterworfen und im 1. Jahrhundert n. Chr. in die römische Provinz Raetia eingegliedert. Hiervon zeugen auch römische Fundgegenstände in Ardez.
Ardez wurde um das Jahr 900 erstmals im karolingischen Urbar erwähnt. Der Bau der Burg Steinsberg fällt vermutlich in die Zeit Karls des Grossen. Die Herren de Ardetz lebten nachweislich von 1161 bis 1310. 1209 erwarb der Churer Bischof Reinher von Torre die Burg. Steinsberg wurde zunächst Kirchenkastell (Luziusstein; Kirche St. Luzi auf dem Burghügel) und ab dem 12. Jahrhundert Feudalsitz. Zum Schutz von Rechten und Freiheiten gründete die Bevölkerung 1367 den Gotteshausbund in Zernez. Im Rahmen des Schwabenkrieges (Engadinerkriegs)zerstörten die Österreicher 1499 das Dorf Ardez und die Burg.
Der Übertritt zur Reformation erfolgte 1538. Zur alten Pfarrei Ardez gehörten mit Tauf- und Begräbnisrecht neben Ardez auch Guarda, Lavin, Susch sowie Galtür. Die Einwohner von Galtür begruben ihre Toten im Friedhof von Ardez. Im Winter, wenn der Futschölpass nicht begehbar war, vergruben sie die Toten im Schnee und brachten sie im Frühling nach Ardez.
Im 16. Jahrhundert wurde die Fahne des Unterengadins in Ardez aufbewahrt. Die Gemeinden besassen ein hohes Mass an Souveränität. Wenn die Herren (Magnaten) sich zu viel Macht anmassten, griffen die Bauern in den Gemeinden zu Waffe und Fahne („Fähnlilupf“), um dafür zu sorgen, dass ein Gerichtsverfahren wieder gerechte Verhältnisse herstellte.
1622 wurde das protestantische Ardez durch den katholisch-österreichischen Feldherrn Alois Baldiron dem Erdboden gleichgemacht. 1652 kauften sich die Ardezer von Österreich los. Von 1854 bis 2014 war Ardez eine politische Gemeinde.
Ardez wurde 1975 als Pilotgemeinde des Europäischen Jahres für Denkmalpflege zusammen mit Corippo, Murten und Martigny als Musterdorf mit beispielhafter Restaurierung der typischen Engadinerhäuser („Réalisation Exemplaire“) ausgewählt.
In der Tradition der Übernamen der Engadiner Dörfer heissen die Ardezer la bescha, zu deutsch: „die Schafe“.
Am ersten Samstag im Januar wird jeweils das Fest Babania gefeiert.
Im 16. Jahrhundert hatten die Ardezer ein Verteilungssystem für ihre Alpwirtschaft entwickelt, in dem sich Gruppen von benachbarten Häusern ein Maisensäss teilten. Das Dorf war in fünf Dorfteile mit Weiderechten aufgeteilt, die «vachers» genannt wurden und zu denen die fünf Maiensässe Las Teas, Craista Suterra, Val Gronda, Mundaditsch und Chöglias gehörten. Alle sieben Jahre wurde die Anzahl Alpstösse pro Quartier angepasst, um eine Überweidung zu verhindern. Alle 28 Jahre wurden die Alpen unter den Quartieren neu verteilt.[15]
2015 gab es noch dreizehn Bauernbetriebe, mehrere davon sind Bio-Höfe mit Mutterkuh- oder Schafhaltung. Es wurde Milch, Fleisch und Gerste produziert.
Der Dienstleistungssektor besteht aus einem Architekturbüro, zwei Hotels, drei Restaurants, einem VOLG-Dorfladen, einem Laden für Schafprodukte und etlichen Ferienwohnungen. Zu den Handwerksbetrieben gehören auch solche, die Lederhandschuhe und Schafwolljacken fertigen.[16]
Ardez ist Ausgangsort vieler Wanderungen in die Umgebung. Die nächstgelegenen Skigebiete sind in Ftan und auf Motta Naluns oberhalb von Scuol, das ca. 10 Kilometer von Ardez entfernt ist.
Ardez liegt an der Bahnstrecke Bever–Scuol-Tarasp der Rhätischen Bahn (RhB) sowie an der Hauptstrasse 27.
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.