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Apothekenwesen in Nassau
Geschichte und andere Aspekte des Apothekenwesens in Nassau Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Die Geschichte des Apothekenwesens in Nassau ist ein Teil der Pharmaziegeschichte Deutschlands, bezogen auf das Herzogtum Nassau und seine Vorgängerstaaten.
Allgemeines
Das Heilige Römische Reich bestand aus einer Vielzahl von souveränen Territorien. Entsprechend kleinteilig entwickelte sich auch das Apothekenwesen. Eine Vielzahl von Medizinal- oder Apothekerordnungen und Preisregelungen entstanden, die jeweils nur für einzelne Territorien galten.
Was für das Reich als Ganzes galt, galt auch für die Nassauischen Länder. Durch eine Reihe von Teilungen des Hauses Nassau entstanden mehrere nassauische Staaten, die erst 1806 im Herzogtum Nassau wieder zusammengefasst wurden. Für jeden dieser Staaten bestanden abweichende Regelungen in Bezug auf das Apothekenwesen.
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Einzelne Staaten
Zusammenfassung
Kontext
Nassau-Saarbrücken
Graf Philipp III. (1574–1602) erließ am 31. Oktober 1601 eine Medizinalordnung für die Grafschaft Saarbrücken. Gleichzeitig wurde die Einrichtung einer Apotheke in Saarbrücken verordnet. Dies bedeutet nicht, dass es nicht bereits vorher eine Apotheke gegeben hätte: Urkundliche Belege dafür liegen jedoch nicht vor. Die „Saarbrückische Medici- und Apotheckerordnung“, wurde nach dem Vorbild der Wormser Apothekenordnung von 1582 erstellt und umfasste 20 Paragraphen, von denen die erste Hälfte die Apotheken und die zweite Hälfte die ärztliche Arbeit regelte.
Die Regelungen spiegeln die bisherigen Probleme der Arzneimittelherstellung wider. So wird ein Verbot der Herstellung von Medikamenten durch die Bader, Barbiere und Scherer ausgesprochen. Insbesondere der (bisher sehr übliche) Verkauf von Medizin durch Landfahrer auf Wochen und Jahrmärkten wird verboten, um der Kurpfuscherei Einhalt zu gebieten. Ein Verkauf auf Märkten war nur nach vorherigen Prüfung der Ware durch den Apotheker und zu den festgesetzten Preisen zulässig. Der Apotheker war kein Angestellter oder Beamter mit fester Besoldung, er bedurfte aber der Konzession. Im Gegenzug verpflichtete er sich u. a., immer einen ausreichenden Vorrat an Medikamenten vorzuhalten und diese ggf. in einem Giftschrank zu verschließen. Die Preise für Medikamente waren festgelegt. Jährlich erfolgte eine Visitation der Apotheke durch den geschworenen Arzt.
Im Dreißigjährigen Krieg wurde das gesamte Gebiet durch Kriegshandlungen stark zerstört und ganze Landstriche entvölkert. Da der Herzog von Lothringen vom Westfälischen Frieden ausdrücklich ausgenommen war, 1677 der Holländische Krieg weitere Verwüstungen mit sich brachte, und Frankreich von 1680 bis 1697 im Gefolge seiner Reunionspolitik die Grafschaften Saarbrücken und Saarwerden annektierte, war das Land bis zum Ende des 17. Jahrhunderts weiteren schweren Belastungen ausgesetzt. Durch diese kriegerischen Wirren war an eine Entwicklung des Apothekenwesens nicht zu denken.
Unter Fürst Wilhelm Heinrich (1714–1768) wurde am 25. Mai 1747 die „Fürstlich Nassau-Saarbrückische Medizinal-Ordnung“ erlassen. Dessen II Titel behandelte „Von der Pflicht derer Apothecker, wonach selbige sich zu achten haben“. In dieser Ordnung wurden die bisherigen Regelungen bekräftigt. Apotheker wurden verpflichtet, einen Eid zu leisten. Das Dispensierverbot und die Rezeptpflicht wurden beschrieben. Mit der Taxordnung vom 26. Oktober 1762 wurden die Preise der Produkte geregelt. Eine weitere gesetzliche Regelung stellte die Medizinalordnung vom 15. Dezember 1763 dar.[1]
Nassau-Dillenburg
Die Hof-Apotheke in Dillenburg
An den Höfen des 16. Jahrhunderts entstanden vielfach Hofapotheken. Die Herrscher der damaligen Zeit zogen nicht nur die führenden Ärzte, sondern auch Kräuterfrauen und Arzneimittelkenner an ihre Höfe. Carl Heiler gibt das Jahr 1501 als Datum der ersten urkundlichen Erwähnung einer Hofapotheke in Dillenburg an.[2] Dies wäre die erste Apotheke in Nassau.
Die Apotheke der Hohen Schule zu Herborn
Die Hohe Schule Herborn war der geistige Mittelpunkt der nassauischen Lande. Vermutlich wurde mit Gründung der Hohen Schule 1584 auch eine Apotheke eingerichtet. Als erster Hochschulapotheker nennt der Herborner Matrikel im Jahr 1594 Gerhard Böttiger.
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Herzogtum Nassau
Zusammenfassung
Kontext
Mit der Gründung des Herzogtums Nassau 1806 galten die bisherigen lokalen Regelungen über Apotheken fort. Nach der Arrondierung des Herzogtums 1816 erfolgten eine Reihe von Reformen unter Staatsminister Carl Friedrich Emil von Ibell. 1816 wurden die Ämter neu organisiert und mit dem Medizialedikt von 1818 das Gesundheits- und Apothekerwesen.
Das Medizinaledikt von 1818
Ziel des Ediktes war, eine einheitliche und systematische Versorgung mit hochwertigen Medikamenten sicherzustellen. Der Betrieb von Apotheken sollte im Staatsauftrag und unter enger Kontrolle des Staates erfolgen. Um die Verfügbarkeit sicherzustellen, sollte in jedem der 28 Ämter je eine Amtsapotheke errichtet werden, um Wettbewerb zu vermeiden im Normalfall genau eine. Die Preise der Medikamente und die Ausbildung der Apotheker wurden geregelt. Das Edikt stellte die Grundlage des Apothekenwesens im Herzogtum bis zu seiner Auflösung dar.
Regierungsrat Lange arbeitete unter der Aufsicht von Ibell das Edikt aus. Als ärztliche Gutachter standen ihm Professor Sebastian Johann Ludwig Döring (Herborn), Professor Creve (Frankfurt) und Geheimrat Diehl (Diez) zur Seite. Am 14. März 1818 wurde das Edikt durch Herzog Wilhelm I. erlassen.
Ein wesentlicher Punkt war das Verbot für Ärzte, Apotheken zu betreiben oder zu besitzen (§ 8). § 14 regelte den Betrieb von Apotheken und die Ausbildung der Apotheker. Apotheker mussten danach eine dreijährige Lehrzeit oder ein Studium der Pharmazie nachweisen. § 21 verbietet Nicht-Apothekern, Medikamente herzustellen oder zu verbreiten. In § 25 ist die Aufsicht über Ärzte und Apotheken geregelt.
Altlizenzen
Das Medizinaledikt regelte nicht das Prozedere bei der Erteilung von Lizenzen zum Betrieb von Apotheken. In der Praxis wurde die Konzession stillschweigend mit der Ernennung zum Amtsapotheker verliehen. Diese Konzessionen waren persönlich und widerrufbar.
Die Apotheker der bestehenden Apotheken verfügten jedoch über die Lizenzen zum Betrieb der Apotheken aus früherer Zeit, oft aus der Zeit der Vorgängerstaaten. Diese waren teilweise als (vererbliche) Realkonzession und auch als Exklusivrechte erteilt worden. § 1 des Medizinalediktes erklärte alle bisherigen Formen der Medizinalverwaltung für aufgehoben. Ob das Herzogtum das Recht hatte, die bisherigen Lizenzen aufzuheben, war rechtlich umstritten und führte in einigen Apotheken (wie der Amtsapotheke Camberg oder in Dillenburg) zu Rechtsstreitigkeiten.
Apothekenbetriebsordnung vom 21. März 1818
Gemäß § 18 des Medizinaledikts wurde die Apothekenbetriebsordnung vom 21. März 1818 erlassen. Diese regelte im Detail die Arbeitsweise und Ausstattung der Apotheke. Sie musste räumlich über Vorratskammer, Kräuterboden, Arzneikeller, Laboratorium und Offizin (Verkaufsraum und gleichzeitig der Raum der Herstellung der Rezepte) verfügen (§§ 1–6), der Apotheker musste Tag und Nacht verfügbar sein und sich die Abwesenheit vom Medizinalrat des Amtes (oder bei mehrtägiger Abwesenheit von der Landesregierung) genehmigen lassen (§§ 7 und 14). Branntwein und Likör durfte er nicht verkaufen. Gifte waren zu kennzeichnen und im Giftschrank zu lagern (§ 11). Rohstoffe mussten immer auf Lager sein und gute Qualität haben (§ 12).
Liste aller Apotheken
Die folgende vollständige Liste stellt die Amtsapotheken, Zweigapotheken und Sonderfälle im Herzogtum Nassau dar. Im Laufe der Zeit wurden neben den 28 Amtsapotheken weitere Zweigapotheken und selbständige Apotheken genehmigt, so dass es am Ende 56 Apotheken in 52 Orten gab. In Wiesbaden gab es vier, in Weilburg zwei Apotheken. Den neuen Apothekengründungen waren überwiegend jahrelange Bemühungen der einzelnen Orte vorangegangen. Die Amtsapotheker selbst standen Neueröffnungen von Filialapotheken vielfach kritisch gegenüber, da diese oft nicht kostendeckend arbeiteten. In den Badeorten Ems und Soden bestanden so genannte Sommerapotheken. Diese waren nur im Sommer geöffnet, wenn der Kurbetrieb zusätzliche Kunden brachte.
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Literatur
- Günther Tollmann: Die Entwicklung des Apothekenwesens des späteren Herzogtums Nassau, 1965
- Sieglinde Lefrère: Die Entwicklung des saarländischen Apothekenwesens, 1963
- Rudolf Wantzen: Entziehbarkeit von nassauischen Apothekenbetriebsrechten und preußischen Realkonzessionen, Diss., Frankfurt am Main 1934
- Pfeiffer: Die Apothekenverhältnisse im vormaligen Herzogtum Nassau; in: Nassauische Annalen, Band 44, S. 69 ff.
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Einzelnachweise
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