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US-amerikanischer Pianist, Komponist und Dirigent Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
André George Previn (* 6. April 1929 als Andreas Ludwig Priwin in Berlin; † 28. Februar 2019 in New York[1]) war ein deutsch-amerikanischer Pianist, Komponist und Dirigent. Sein Werk umspannt Jazz, klassische Musik und Filmmusik, an mehreren berühmten Opernhäusern war er Chefdirigent oder Musikdirektor. Im Laufe seiner Karriere wurde er unter anderem mit elf Grammy Awards und vier Oscars ausgezeichnet.
André Previn wurde als drittes Kind des Rechtsanwalts Jakob Priwin (im späteren amerikanischen Exil nannte er sich Jack) und dessen Frau Charlotte, geb. Epstein, in Berlin geboren. Über das Geburtsjahr gibt es widersprüchliche Angaben (1929 oder 1930), auch von Previn selbst. Die Familie Priwin musste bei ihrer Flucht 1938 vor den Nationalsozialisten alles zurücklassen, so auch Unterlagen wie Geburtsurkunden. Mehr Indizien deuten allerdings auf 1929 als Geburtsjahr hin.[2] Previns Vater hatte zwar bereits ein Visum für die Vereinigten Staaten beantragt, wurde aber während der monatelangen Wartezeit darauf von einem Gestapo-Offizier gewarnt, dass eine Verhaftung bevorstehen würde, worauf die Familie überstürzt nach Frankreich floh[3]. Previn hatte zwei ältere Geschwister: Steve Previn (geboren als Stefan Priwin, 1925–1993), der später vor allem im Bereich Produktion für Film und Fernsehen arbeitete, und die Schwester Leonora (1927–1959).
Obwohl Previn als Kind Deutschland verlassen musste, blieb er nach Aussagen seiner letzten Ehefrau Anne-Sophie Mutter seiner Heimat bis ins Alter verbunden: "Er hat deutsche Literatur, deutsche Malerei wirklich geliebt. Er hat natürlich perfekt Deutsch gesprochen. Kannte Autoren, die man als Nicht-Deutsche nicht wirklich kennt, so wie Heinrich Böll."[3]
Die heutige Schreibweise des Familiennamens übernahm man im Exil von amerikanischen Verwandten, zu denen Charles Previn gehörte, ein Cousin zweiten Grades von Previns Vater, der unter anderem von 1936 bis 1944 Musikdirektor bei Universal in Hollywood war. André Previn war seit 1943 US-amerikanischer Staatsbürger.[4][5]
Den ersten Musikunterricht erhielt André Previn von seinem Vater, einem Amateurmusiker. Von 1936 bis 1938 studierte Previn am Stern’schen Konservatorium (zu Previns Studienzeit von den Nationalsozialisten in Konservatorium der Reichshauptstadt Berlin umbenannt) unter anderem Klavier bei Rudolf Breithaupt.
Im Herbst 1938 floh die jüdische Familie Priwin vor der nationalsozialistischen Verfolgung nach Paris. Dort war Previn für ein Jahr als Student am Pariser Konservatorium eingeschrieben, wo er unter anderem Improvisation bei Marcel Dupré studierte (wahrscheinlich als Gasthörer („auditeur“) in Duprés Orgelklasse).[6] 1939 emigrierte die Familie in die Vereinigten Staaten und ließ sich in Los Angeles nieder. Zu Previns Lehrern in Los Angeles und San Francisco zählten Max Rabinowitsch, Joseph Achron, Ernst Toch, Mario Castelnuovo-Tedesco und Pierre Monteux, zu seinen weiteren Förderern Interpreten wie Jascha Heifetz (ein Freund der Familie) oder Joseph Szigeti, der Previn im Kammermusizieren schulte.[7]
In nicht geringem Maße war Previn jedoch Autodidakt, insbesondere als Komponist, Orchestrator, Dirigent und Jazzpianist. Als Schule verwies er in diesem Zusammenhang vor allem auf die Produktionsabläufe in Hollywood, wo er ab 1946 unter Vertrag stand. Diese ermöglichten ihm nicht nur den ständigen Austausch mit Kollegen wie Miklós Rózsa, Hugo Friedhofer oder Conrad Salinger, sondern auch ein stetes Lernen durch Handeln. Besonderes Renommee genoss er als Pianist und als vorzüglicher Vom-Blatt-Spieler, was seiner Laufbahn als Dirigent ab den sechziger Jahren entgegenkam. Previn komponierte zeitlebens mit Notenpapier und Stift am Schreibtisch, ohne Zuhilfenahme von Klavier oder Notensatzprogrammen, um sich eine eigene Vorstellung vom Klang des Komponierten verschaffen zu können.[8]
Art Tatums Sweet Lorraine brachte Previn dazu, sich mit dem Jazz zu beschäftigen. Mit dreizehn Jahren begann Previn seine Karriere mit Radioaufnahmen, u. a. mit Hoagy Carmichael. Mit fünfzehn gab er ein Jazz-Konzert im Konzertsaal des Los Angeles Philharmonic Orchestra. Sein damaliger Impresario Laguna gründete dann eine Schallplattenfirma, für die Previn 1945/46 seine ersten Aufnahmen machte, unter anderem mit Jazzmusikern wie Willie Smith und Red Callender. Aufgenommen wurden auch Previns eigene Kompositionen wie Sunset in Blue. Er zählte zu den erstklassigen Jazzmusikern der Vereinigten Staaten und spielte mit Ray Brown, Dizzy Gillespie sowie Billie Holiday. Für das Trioalbum My Fair Lady mit Shelly Manne und Leroy Vinnegar erhielt er 1956 die erste Goldene Schallplatte der Jazzgeschichte.
Auch als Filmkomponist betätigte sich Previn, beispielsweise für die Musik zu Three Little Words (1950), die auch von ihm dirigiert wurde. Die Musik zum Film Mädchen ohne Mitgift (The Catered Affair) (1956) stammt ebenso von ihm wie die Musik für die Filmkomödie Gigi (1958), für die er einen seiner vier Oscars für Filmmusik erhielt. Auch die Musik für die Filmkomödie Eins, Zwei, Drei (1961) ist von Previn.
Er dirigierte auch Kinofilmmusik, etwa Akt der Gewalt (1948), Ein verwöhntes Biest (1953), Küß mich, Kätchen! (1953), Seidenstrümpfe (1957), Porgy und Bess (1959), My Fair Lady (1964), Jesus Christ Superstar (1973), Rollerball (1975), Der Elefantenmensch (1980).
Previn war vor allem als Dirigent symphonischer Orchester berühmt. Seine Orchesterleiter-Posten waren:
Mit einem vielfältigen kompositorischen Schaffen ergänzte Previn sein Wirken für die klassische Musik. Uraufführung seiner Oper Endstation Sehnsucht (A Streetcar Named Desire) war am 19. September 1998 im War Memorial Opera House von San Francisco. Sein Violinkonzert (2002) schrieb er für Anne-Sophie Mutter.
Previn wurde 1996 von Königin Elisabeth II. mit dem Orden Knight Commander of the British Empire (KBE) ausgezeichnet; im Jahr 2005 erhielt er den Glenn-Gould-Preis. Ende März 2011 erhielt er aus der Hand des deutschen Generalkonsuls in New York das Große Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland. 2012 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewählt.
Previn war fünf Mal verheiratet und war Vater bzw. Adoptivvater von insgesamt neun Kindern.[4][5]
Seine erste Ehe mit der Jazzsängerin Betty Bennett, die er während seiner Militärzeit in San Francisco kennengelernt hatte, dauerte von 1952 bis 1957. Previn war 1952 dorthin versetzt worden. Das war eine nicht nur in privater Hinsicht glückliche Fügung. Schon während seines Wehrdienstes konnte Previn dort einige Zeit bei Pierre Monteux, seit 1935 Leiter des San-Francisco-Symphony-Orchestra, Dirigierunterricht nehmen. Zeitgleich führten ihn seine Frau und Chet Baker, ein Kamerad vom Militärdienst, in die lokale Szene des West-Coast-Jazz ein. Beide Erfahrungen sollten Previns weiteren künstlerischen Weg maßgeblich prägen. Aus der Ehe mit Bennett gingen zwei Töchter hervor. Bennett und Previn arbeiteten zu dieser Zeit auch an mehreren Jazzprojekten auf der Bühne und im Tonstudio zusammen, unter anderem dokumentiert durch die Alben Betty Bennett (1953) und Nobody Else but Me. Betty Bennett Sings the Arrangements of Shorty Rogers & André Previn (1955).[9] In den 1990er Jahren formte Previn wiederholt auf Tourneen und Tonträgern Ensembles mit dem Jazzgitarristen Mundell Lowe, Bennetts späterem Ehemann und Stiefvater von Previns Töchtern.
Previns zweite Ehe mit Dory Langdon, die von 1959 bis 1970 bestand, blieb kinderlos. Dory und André Previn schrieben während der späten 1950er und 1960er Jahre zahlreiche gemeinsame Lieder für Filme und für Alben von Jazz- und Popkünstlern wie Doris Day. Ihre Lieder The Faraway Part of Town (aus dem Film Pepe) und A Second Chance (aus dem Film Two for the Seesaw) waren 1960 bzw. 1962 für einen Oscar in der Kategorie Best Original Song nominiert. Ihr größter gemeinsamer Erfolg war das Stück (Theme from) Valley of the Dolls (1967, aus dem gleichnamigen Film), das in der Fassung von Dionne Warwick und Burt Bacharach Platz 2 der maßgeblichen amerikanischen Hitparade, der Billboard Hot 100, erreichte. Die Ehe zerbrach 1968, als Previn mit Mia Farrow eine Beziehung einging. Da Dory den Nachnamen Previn beibehielt und zu Beginn der 1970er Jahre eine sehr erfolgreiche Phase als Singer/Songwriter erlebte, die vor allem auf autobiografischen, die Trennung verarbeitenden Liedern wie Beware of Young Girls gründete, blieb die Art der Trennung noch lange in den Schlagzeilen. Als Akt der Versöhnung wirkt das späte gemeinsame Orchesterlied The Magic Number (1997).[10]
André Previn und Mia Farrow heirateten 1970. Die Ehe dauerte bis 1979. Beide arbeiteten gelegentlich künstlerisch zusammen, so etwa 1973 für eine Aufnahme von Sergei Prokofjews Peter und der Wolf op. 67 mit Farrow als Erzählerin.[11] Gemeinsam haben sie drei leibliche Kinder und drei Adoptivkinder. Die von Previn und Farrow gemeinsam adoptierte Tochter Soon-Yi ist heute mit dem Regisseur Woody Allen verheiratet, der nach Farrows Scheidung von Previn zwischenzeitlich auch mit Mia Farrow liiert war.
Von 1982 bis 1999 war Previn mit Heather Hales verheiratet. Der gemeinsame Sohn Lukas (* 1984) ist als Gitarrist im Punk- und Rock-Bereich ebenfalls professioneller Musiker.
Von 2002 bis 2006 war Previn in fünfter Ehe mit der Geigerin Anne-Sophie Mutter verheiratet. Sie ist neben dem Boston Symphony Orchestra zur wichtigsten Interpretin und Auftraggeberin seiner späten Kunstmusik geworden. Sein 2002 von ihr uraufgeführtes Violinkonzert trägt ihren Namen. Es war Previns Verlobungsgeschenk an Anne-Sophie Mutter und eine Reminiszenz an seine frühe Jugend in Berlin mit dem Thema seines Lieblingskinderliedes "Wenn ich ein Vöglein wär" im letzten Satz.[3] Allein sechs Kompositionen Previns bot sie zwischen 2001 und 2012 erstmals öffentlich dar. Beide haben auch mehrere Tonaufnahmen zusammen produziert, sowohl von Kompositionen Previns als auch mit Werken Dritter wie den Violinkonzerten von Leonard Bernstein, Erich Wolfgang Korngold, Peter Tschaikowsky und Jean Sibelius. Sie konzertierten regelmäßig gemeinsam.[12] Die Scheidung erfolgte laut Presseberichten aufgrund des großen Altersunterschiedes von 34 Jahren und dem durch den vollen Terminkalender seiner Frau als damals gefragtester Geigensolistin der Welt geprägten Leben des Paares.[13]
Previn hat Filmmusik (einschließlich zahlreicher Lieder), Jazzstücke und Kunstmusik verfasst. Zu seinen frühesten Kompositionen, die wenigstens der Gattung nach überliefert sind, zählen einige Studienwerke aus den mittleren 1940er Jahren (Klarinettensonate, Streichquartett, Rhapsody für Violine und Orchester und einige Kunstlieder). Diese Stücke entstanden parallel zu seinen ersten Arbeiten in Hollywood (ab 1946) und seinen ersten Jazzaufnahmen (ab 1945). Für ein vollständiges Werkverzeichnis einschließlich Uraufführungsdaten, -orten und -interpreten sowie Namen und Quellen zu verlorenen Werken (insbesondere der frühen Kammer- und Orchestermusik), abgebrochenen Projekten (wie der Oper Silk oder der Filmmusik zu Goodbye, Mr. Chips), abgelehnten Stücken (wie der Filmmusik zu See No Evil) und zurückgezogenen Kompositionen (wie dem Cellokonzert Nr. 1) siehe Frédéric Döhl: André Previn. Musikalische Vielseitigkeit und ästhetische Erfahrung, Stuttgart 2012, pp. 295–319.[14]
Previn hat seit 1945 als Pianist und Dirigent hunderte Tonträger produziert: Filmsoundtracks, Jazzalben, Easy-Listening-Platten, Aufnahmen von Klassischer Musik und eigenen Kunstmusikkompositionen. Hinzu kommen zahlreiche Aufnahmen Dritter von Werken Previns. Besonders gelungen sind seine Einspielungen sinfonischer Werke von Rachmaninow, Schostakowitsch und Vaughan Williams sowie der Ballette von Tschaikowski. Eine umfassende Diskographie (einschließlich LP/CD-Nummern) findet sich in Frédéric Döhls Buch über André Previn.[19]
Diskographische Auswahl
Einspielungen klassischer Musik:
Deutsch
Englisch
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