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US-amerikanischer Dirigent ungarischer Herkunft (1906–1988) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Antal Doráti [9. April 1906 in Budapest, Österreich-Ungarn; † 13. November 1988 in Gerzensee bei Bern, Schweiz) war ein US-amerikanischer Dirigent und Komponist ungarischer Herkunft. Er gilt als einer der bedeutendsten ungarischen Dirigenten des 20. Jahrhunderts.[1] Doráti wirkte als Musikdirektor und Orchesterleiter in Monaco, England, den USA und Schweden. Er brachte zahlreiche Werke zur Uraufführung, widmete sich intensiv der Musik Pjotr Iljitsch Tschaikowskis und legte die weltweit zweite Gesamtaufnahme der Sinfonien Joseph Haydns vor.
] (*Antal Doráti stammte aus einer ungarisch-jüdischen[2] Musikerfamilie. Er wurde 1906 als Sohn des Geigers Alexander Doráti (Budapester Philharmonisches Orchester) und dessen Frau Margit, geb. Kunwald, einer Klavierpädagogin, in Budapest geboren. Sein Onkel Cäsar Kunwald war Maler. Mit vierzehn Jahren besuchte er das Budapester Konservatorium.[3] Zu seinen Lehrern gehörten u. a. Arnold Székely (Klavier), Zoltán Kodály (Komposition), Karl Nováček (Cello) und Leó Weiner (Kammermusik). Bei Béla Bartók besuchte er fünf Jahre lang ein Folklore-Seminar. Weiterhin lernte er bei seinem jüngeren Onkel[4] Ernst von Dohnányi. Für zwei Jahre hörte er philosophische Vorlesungen an der Universität Wien.
1924 debütierte er als jüngster Kapellmeister an der Königlichen Oper seiner Heimatstadt Budapest, wo er bis 1928 als Korrepetitor wirkte. 1928 dirigierte er die ungarischen Erstaufführungen von Strawinskys Le chant du rossignol und Oedipus Rex.
Von 1924 bis 1928 assistierte er Fritz Busch an der Staatsoper in Dresden, bevor er 1928 eine Tätigkeit als Erster Kapellmeister an den Städtischen Bühnen in Münster (Westfalen) aufnahm. Während der Zeit des Nationalsozialismus wandte er sich von Deutschland ab. 1933 emigrierte er nach Frankreich. Von 1934 bis 1938 war er zweiter Kapellmeister und von 1938 bis 1941 Musikdirektor am Ballets Russes de Monte Carlo, mit dem er weltweit gastierte.
1939 emigrierte er in die USA[5] und wurde in New York City sesshaft. Zwei Jahre zuvor gab er dort mit dem National Symphony Orchestra sein sinfonisches Debüt. Bis 1945 war er Musikdirektor des American Ballet Theatre. Mit diesem führte er u. a. Blaubart (1941) von Jacques Offenbach und Der Jahrmarkt von Sorotschinzy (1943) von Modest Mussorgsky auf. 1941/42 war er Musikdirektor der New York Opera Company.
Ab 1945 baute er das Dallas Symphony Orchestra wieder auf. 1949 wechselte er als Musikdirektor zum Minneapolis Symphony Orchestra, wo er bis 1960 als Nachfolger von Dimitri Mitropoulos tätig war. Von 1963 bis 1967 war er Chefdirigent des BBC Symphony Orchestra in London (das auch Stücke von ihm aufführte) und von 1966 bis 1970 des Kungliga Filharmoniska Orkestern in Stockholm (mit dem er auch eigene Werke aufnahm). Von 1970 bis 1977 leitete er das National Symphony Orchestra in Washington, D.C., das er vor der Zahlungsunfähigkeit bewahrte. Von 1975 bis 1978 war er Chefdirigent des Royal Philharmonic Orchestra in London (Nachfolge von Rudolf Kempe) und von 1977 bis 1981 des Detroit Symphony Orchestra. Zwischen 1984 und 1987 dirigierte er mehrmals das Basler Sinfonie-Orchester.[6]
Er gab Meisterklassen am Royal College of Music in London und an der Budapester Musikakademie. 1964 war er Juror bei der Dimitri Mitropoulos International Music Competition in New York.
Doráti setzte sich für die modernen Komponisten Igor Strawinsky und Olivier Messiaen ein; Luigi Dallapiccola verhalf er zum Durchbruch. Er brachte die Musik, darunter zahlreicher amerikanischer Komponisten, u. a. von Gunther Schuller, Paul Hindemith, Walter Piston, William Schuman, Sándor Veress, Charles Ives, Roman Vlad, Heimo Erbse, Roger Sessions, Roberto Gerhard, Serge Nigg, Allan Pettersson und Richard Rodney Bennett zur Uraufführung. 1949 realisierte er mit dem Minneapolis Symphony Orchestra und dem Bratschisten William Primrose Bartóks Violakonzert, das von Tibor Serly fertiggestellt wurde.
Er arrangierte Johann Strauss’ Ballett Graduation Ball (1940) in der Choreographie von David Lichine und war ab den 1950er Jahren vermehrt als Komponist tätig (Orchesterwerke, Chor- und Kammermusik), wobei er sich an Bartók und Kodály anlehnte. Inspiriert wurde er zum Teil durch den Oboisten Heinz Holliger. Seine Werke wurden u. a. bei Müller & Schade, bei der Editio Musica Budapest, bei der Edizioni Suvini Zerboni und bei Boosey & Hawkes verlegt.
In zweiter Ehe war er mit der österreichischen Pianistin Ilse von Alpenheim (* 1927) verheiratet. 1947 erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft. Im Jahr 1979 erschien seine Autobiographie Notes of Seven Decades. Zuletzt hatte er seinen Wohnsitz in der Schweiz.
Doráti nahm ab 1936 mehr als 600 Tonträger auf, wobei er intensiv mit Mercury Records zusammenarbeitete. Rob Cowan (Gramophone) verglich seine Bedeutung mit der Herbert von Karajans für Deutsche Grammophon und Otto Klemperers für Columbia Records.[7]
Seine erste Aufnahme machte er mit dem London Philharmonic Orchestra bei His Master’s Voice (später RCA Records). Mit dem Exilorchester Philharmonia Hungarica legte er von 1969 bis 1972 die weltweit zweite Gesamtaufnahme der 107 Sinfonien Joseph Haydns vor. Außerdem spielte er acht Opern des Komponisten ein. Die weltweit erste Aufnahme von Tschaikowskis drei Balletten (Schwanensee, Dornröschen und Der Nussknacker) erfolgte 1954/55 mit dem Minneapolis Symphony Orchestra bei Mercury Records. Weitere Veröffentlichungen einzelner Ballette erfolgten mit dem Concertgebouw-Orchester (Philips Classics Records) und dem London Symphony Orchestra (Mercury Records). Mit dem New Philharmonia Orchestra spielte er die vier Orchestersuiten Tschaikowskis ein. Als erster Dirigent überhaupt legte er 1954/58 mit dem Minneapolis Symphony Orchestra seine Ouvertüre „1812“ bei Gold Records vor. Alle Tschaikowski-Sinfonien erschienen mit dem London Symphony Orchestra. Weiterhin sind die Mercury-Tonträger zu Bartóks Orchesterwerken zu nennen. So spielte er in Kooperation mit u. a. Yehudi Menuhin Bartóks zweites Violinkonzert ein. Ebenso verewigte er mit dem Minneapolis Symphony Orchestra Léo Delibes’ Coppélia sowie Richard Wagners Der fliegende Holländer. Andere Weltersteinspielungen sind: Jean Sibelius’ Luonnotar (1969; mit Gwyneth Jones) und Max Bruchs Konzert für 2 Klaviere und Orchester (1973; wiederentdeckt 1971). Digitale Aufzeichnungen verwirklichte er mit dem Detroit Symphony Orchestra, dem Concertgebouw-Orchester und dem Royal Philharmonic Orchestra bei Decca Records.
Höchstwahrscheinlich zum 60. Geburtstag des Musikers schuf der Berliner Bildhauer Erich Fritz Reuter eine Bronzebüste Dorátis.[8]
Er war Ehrendirigent des Royal Philharmonic Orchestra, des Detroit Symphony Orchestra und der Stockholmer Philharmonie sowie Ehrenpräsident der Philharmonia Hungarica und Ehrenmitglied der Royal Academy of Music. Doráti war Mitglied der Königlichen Schwedischen Akademie der Wissenschaften und Inhaber mehrerer Ehrendoktorwürden. Außerdem wurde er mit dem Wasaorden (Kommandeur), dem österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse und dem Chevalier des Arts et des Lettres geehrt. 1983 erhob ihn Königin Elisabeth II. zum Knight Commander des britischen Ritterordens Order of the British Empire (KBE). Wiederholt wurde er für Schallplattenaufnahmen mit dem Grand Prix du Disque ausgezeichnet.
Das Budapest Symphony Orchestra MÁV richtet seit 2015 die Antal Doráti International Conducting Competition aus.[9]
2004 wurde in Bournemouth die Antal Doráti Centenary Society gegründet.[10]
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