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Gattung der Familie Vipern (Viperidae) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Amerikanischen Lanzenottern (Bothrops) sind eine Schlangengattung aus der Unterfamilie der Grubenottern. Die Gattung kommt mit fast 50 Arten in Süd- und Mittelamerika vor. Alle Arten sind giftig, die häufigeren Arten mit größerem Verbreitungsgebiet zählen zu den medizinisch relevantesten Giftschlangen. Todesfälle sind je nach Art selten bis häufig.
Amerikanische Lanzenottern | ||||||||||||
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Gewöhnliche Lanzenotter (Bothrops atrox) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Bothrops | ||||||||||||
Wagler, 1824 |
Amerikanische Lanzenottern sind mittelgroße bis sehr große, relativ schlanke Grubenottern, der breite Kopf ist deutlich vom Hals abgesetzt. Die meisten Arten haben einen scharfkantigen Canthus und eine nicht verlängerte Maulspitze. Die drei Ausnahmen sind zum einen B. lojanus und B. barnetti, bei denen die Maulspitze leicht nach oben gebogen ist und B. ammodytoides, die einen Nasenanhang hat. Die kleinsten Arten erreichen Gesamtlängen von 50–70 cm, die größten über 2 m. Weibchen werden deutlich größer und schwerer als Männchen.
Die Arten zeigen fünf bis zwölf schwach gekielte Supraocularia. Die Anzahl der Supralabialia beträgt meist sieben bis neun, die Zahl der Infralabialia meist neun bis elf. Die Anzahl der Bauchschuppen (Ventralschilde) variiert zwischen 139 und 240, die Zahl der Subcaudalia zwischen 30 und 86 und die Anzahl der dorsalen Schuppenreihen in der Körpermitte zwischen 21 und 29.
Die Grundfarbe der Oberseite ist meist braun oder grau. Die meisten Arten zeigen auf beiden Seiten des Rückens hell umrandete, dunkelbraune, trapez- oder triangelförmige Zeichnungen, deren breite und nach unten offene Basis zum Bauch zeigt. Die Zeichnungen können auf der Rückenmitte mit den Spitzen aufeinanderstoßen, so dass der Rücken eine sehr auffallende X-Zeichnung zeigt, oder teilweise oder völlig gegeneinander versetzt sein. Auf dem Schwanz wird diese Zeichnung meist immer enger und besteht meist nur noch aus hellgrauen Strichen auf dunklem Grund. Einige Arten im südlichen Südamerika sind hiervon abweichend intensiver und kontrastreicher gezeichnet und zeigen auch eine kräftige Streifenzeichnung des Kopfes.
Amerikanischen Lanzenottern sind weitgehend auf Südamerika beschränkt, nur zwei der fast 50 Arten erreichen auch Mittelamerika (Bothrops asper und B. punctatus). Die meisten Arten sind auf Niederungen beschränkt und kommen in Höhen bis 1500 m vor, eine Reihe von Arten ist jedoch sehr anpassungsfähig und bewohnt ein Lebensraumspektrum, das von wüstenartigen Küstenebenen bis zu Bergregenwäldern in 2500 m Höhe erreicht. Einige Arten sind auch in dicht bewohnten Gebieten häufig.
Die Anzahl der Arten und Unterarten wird seit langer Zeit kontrovers diskutiert, Campbell und Lamar erkennen 36 Arten an und zusätzlich eine bisher nicht beschriebene Art. Insgesamt sind laut Reptile Database 48 Arten der Gattung Bothrops bekannt:[1]
Die größten Probleme bezüglich der Artsystematik treten beim sogenannten Bothrops neuwiedi-Komplex auf, einer Gruppe von Bothrops-Populationen im östlichen und zentralen Südamerika. Diese Populationen wurden bis in die jüngste Vergangenheit alle der Art B. neuwiedi zugeordnet, für diese Art wurden daher bis zu 12 Unterarten anerkannt. Xavier da Silva führte ein Revision dieses Komplexes anhand von morphologischen Merkmalen durch und spaltete den Komplex in 7 Arten auf[3][4]:
Eine molekulargenetische Untersuchung, die alle Arten bzw. Taxa der Gattung Bothrops einschließt, liegt bisher nicht vor. In der bisher (2002) umfassendsten molekulargenetischen Arbeit, die 28 Arten oder Formen der Gattung berücksichtigte, wurde das folgende Kladogramm entwickelt:[6]
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Fast alle Arten der Gattung sind überwiegend nachtaktiv. Gelegentlich tagaktiv sind zum einen Arten, die höhere Lagen bewohnen, zum anderen Arten des dichten tropischen Flachlandregenwaldes an bewölkten Tagen oder bei Regen. Die Arten leben überwiegend auf dem Boden, eine Reihe von Arten klettert aber auch häufig in niedrige Büsche oder Bäume. Stärker baumlebend sind nur wenige Arten, vor allem B. insularis, B. jararaca, B. lanceolatus und B. punctatus.
Die meisten Arten fressen als Jungtiere wechselwarme Tiere wie Wirbellose, Reptilien und Amphibien und wechseln, sobald sie eine ausreichende Größe erreichen, zu warmblütigen Wirbeltieren wie Vögeln und Säugetieren.
Bei zahlreichen Arten kann bei Provokation ein Vibrieren der Schwanzspitze beobachtet werden. Dies erzeugt beispielsweise bei Kontakt mit Falllaub von Bäumen ein rasselndes Geräusch und dient der Warnung.[7]
Alle Arten sind lebendgebärend, Jungtiere werden meist in der Regenzeit geboren. Die Reproduktion ist größenabhängig. Die kleineren Arten haben maximal etwa 20 Junge pro Wurf; für die größte Art, B. asper, wurden maximal 86 Jungtiere in einem Wurf nachgewiesen.
Die Toxingemische der Grubenottern sind die mit Abstand komplexesten natürlichen Gifte. Sie enthalten eine Mischung von Enzymen, niedermolekularen Polypeptiden, Metallionen und anderen, in ihrer Funktion bisher kaum verstandenen Komponenten. Entsprechend vielfältig sind die Wirkungen dieser Gifte. Das Gift der Amerikanische Lanzenottern verursacht eine ganze Reihe von Symptomen, dabei wird zwischen lokalen und den ganzen Körper betreffenden (systemischen) Symptomen unterschieden.
Das Gift enthält stark proteinabbauende Enzyme (Metalloproteinasen und Phospholipase A2), die Gewebe zerstören. Typische lokale Symptome sind vor allem starke Schmerzen, Rötungen und Schwellungen, die sich sehr schnell auf die gesamten gebissenen Gliedmaßen und den benachbarten Rumpf ausdehnen, sowie kleine oder große Blasen, die klare oder blutig-seröse Flüssigkeit enthalten. Häufig entstehen Nekrosen, insbesondere des Muskelgewebes. Bei nicht oder zu spät eingeleiteter Behandlung müssen betroffene Gliedmaßen wegen der Nekrosen gelegentlich amputiert werden. Weitere Dauerschäden sind Funktionseinschränkungen oder -verluste durch Muskelschwund (Atrophie), dauerhafte Muskelverkürzungen und Lähmungen peripherer Nerven.
Das Gift wirkt hämolytisch und durch Metalloproteinasen hämorrhagisch (Blutgefäße zerstörend). Wichtigstes Hämorrhagin im Gift der Art ist Jararhagin, eine Zink enthaltende Metalloproteinase. Das Gift verursacht durch thrombinähnliche Enzyme (TLEs) eine Veränderung der Blutgerinnungsvorstufe Fibrinogen und hierdurch eine pathologische Aktivierung der Blutgerinnung. Dies führt über weitere Schritte zum schnellen Verbrauch der Gerinnungsfaktoren und wirkt daher gerinnungshemmend. Das Syndrom wird als Disseminierte intravasale Koagulopathie (DIC) bezeichnet. Die Patienten bluten aus der Bissstelle, aus noch nicht verheilten Narben, Mückenstichen und Mundschleimhäuten und es kommt zu inneren Blutungen. Das Gift wirkt offenbar auch direkt nierentoxisch. Zusätzliche Komplikationen entstehen durch Infektionen durch die in den Schleimhäuten der Schlange enthaltene Bakterienfauna. Todesfälle sind auf akutes Nierenversagen, Hirnblutungen und Blutvergiftungen zurückzuführen.
Amerikanische Lanzenottern sind in Süd- und Mittelamerika die mit Abstand medizinisch relevantesten Schlangen. Tödliche Vergiftungen sind je nach Art selten bis häufig.
Das Gift der Lanzenotter-Arten Bothrops atrox und Bothrops jararaca enthält unter anderem das Enzym Reptilase, das wegen seiner Wirkung auf die Blutgerinnung in der Medizin sowohl für diagnostische als auch für therapeutische Zwecke genutzt wird. Das erstmals im Gift von Bothrops jararaca entdeckte Pentapeptid BPP 5a (Bradykinin Potentiating Peptide) hemmt das Angiotensin-konvertierende Enzym und führte zur Entwicklung der Arzneistoffklasse der ACE-Hemmer.[8]
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