sprachliche Erscheinungen spezifisch für die DDR Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Unter Sprachgebrauch in der DDR werden sprachliche Ausdrucksformen zusammengefasst, die in Lexik und Stilistik nur oder besonders in der Deutschen Demokratischen Republik gebräuchlich waren. Diese Liste umfasst einerseits Begriffe der Alltagssprache, andererseits auch staatlich definierte oder in den Medien verwendete (bzw. ihnen – mittels subtilem Anpassungsdruck („Empfehlungen“) – vorgegebene) Ausdrücke, die bis 1990 üblich waren. Sie haben sich in vielen Fällen bis heute erhalten, wenngleich diese unter Umständen erst nach 1990 als vormaliger Regiolekt überörtlich bekannt wurden. Sie werden wiederum, verstärkt nach 2000, teilweise heute gezielt im Produktmarketing für Ostprodukte eingesetzt.
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DDR-typisch kann ein Lexem oder Syntagma auf verschiedene Weise sein.
Begriffe, die nur im Gebiet der DDR verwendet wurden
Lexeme in dieser Gruppe wurden in ihrer Form und Bedeutung nur in der DDR verwendet. Zu dieser Gruppe gehören Wörter wie Broiler, Kombine, Plaste, Brigade, Traktorist, wobei teilweise eine Abgrenzung vom „West-Begriff“ beabsichtigt war. Einige Wörter wie Brigade wurden zwar auch im übrigen deutschen Sprachraum verwendet, jedoch in gänzlich anderer Bedeutung oder im Sonderwortschatz.
DDR-typische lexikalische Einheiten
In der DDR wurden Wörter aus dem deutschen Sprachraum oft erst dadurch typisch, indem sie zu neuen Formen verbunden wurden und eine neue Bedeutung erhielten wie etwa Volk und Buchhandlung zu Volksbuchhandlung, Jugend und Leben zu Jugendleben, oder Held und Arbeit zu Held der Arbeit. Dabei waren die neuen Formen oft Übersetzungen aus dem Russischen. Beispiele dafür sind stennaja gaseta übersetzt zu Wandzeitung oder dom kultury übersetzt zu Haus der Kultur (später entwickelt zu Kulturhaus). Ein bekanntes Beispiel für die Übernahme aus dem Russischen war auch die massenpolitische Arbeit, die statt der politischen Massenarbeit gesetzt wurde, da im Russischen statt Wortzusammensetzungen eher adjektivische Zusätze üblich sind.
DDR-typische Bildungen
Diese Kollokationen waren oft für die DDR entstanden als typische Schlagworte und Begriffe durch die eigenartige Verknüpfung von Verben mit Präposition und Substantiven. Ein Beispiel ist das bekannte Verb delegieren, das in die DDR-typische Form mit Präposition und Substantiv zu zum Hochschulstudium delegieren geformt wurde.
Ideologische Neufärbung von Begriffen
Etablierte Begriffe wie Bodenreform wurden zum Beispiel durch Ergänzungen in eine bestimmte ideologische Form gebracht. Bodenreform … demokratische Umgestaltung auf dem Lande … entstanden Volkseigene Güter. Bestimmte Begriffe wurden entsprechend der Ideologie der SED fest definiert, so zum Beispiel wurde fortschrittlich im Sinne für den Sozialismus eintreten verwendet; parteilich verstand man im Sinne von für den Sozialismus, im Sinn der sozialistischen Partei.
DDR-typischer Wortschatz
In der DDR hatten sich auch Wörter und Redewendungen erhalten, die in der Bundesrepublik durch die dortige sprachliche Entwicklung durch neue Formen ersetzt wurden. Zu diesen traditionellen in der DDR verwendeten Lexemen gehörte die briefliche Anrede mit wert: Werte Kollegin, Werter Herr, Werter Bürger oder auch Aktendulli. Daneben hielten sich ältere Ausdrucksformen, wie Anrichte[1] erheblich länger, sowie Wörter, die sich zwar auf die DDR-Wirklichkeit bezogen, wie Plan, jedoch ebenfalls früheren Zeiten entstammen.
Anderseits ist DDR-typischer Wortschatz auch zum Allgemeingebrauch geworden, wie Ampelmännchen, auch als Überbegriff für dessen zahlreiche Abwandlungen.
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Die folgende Liste, die sich als alphabetische Sammlung versteht, enthält gemischte Begriffe, die noch weiter unterschieden werden können.
Begriffe, die benutzt wurden, um bestehende Sachverhalte zu bezeichnen, ohne diese auf- oder abzuwerten. Beispiele: Broiler, Kaufhalle, Wandzeitung, sozialpolitische Maßnahmen, Babyjahr, Ehekredit.
Begriffe, deren Gebrauch Linientreue oder eine kommunikative Zwangssituation kennzeichneten. Beispiele: Genosse, Klassenfeind, unser (sollte das Volkseigentum und die Gemeinsamkeit betonen wie in „unsere Deutsche Demokratische Republik“).
Begriffe, deren Gebrauch Ironie gegenüber dem System deutlich machte. Beispiele: Bückware, Ochsenkopfantenne, Tal der Ahnungslosen. Auch die anderen Begriffe wurden durch entsprechende Überhöhung gelegentlich so benutzt.
Zeitliche, örtliche und situative Unterschiede, in welchem Sinn die Begriffe gebraucht wurden, sind außerdem möglich.
abhauen – umgangssprachlich für das unerlaubte Verlassen der DDR
abkindern – Paaren wurde ab 1972 bei Eheschließung auf Antrag ein zinsloser Ehekredit gewährt. Bei Geburt eines oder mehrerer Kinder wurde die abzuzahlende Kreditsumme entweder gemindert (beim ersten Kind um 1000 Mark, beim zweiten Kind um weitere 1500 Mark) oder galt bei Geburt des dritten Kindes als getilgt, dafür wurde umgangssprachlich der für ähnliche Kredite in der Zeit des Nationalsozialismus aufgekommene Begriff „abkindern“ benutzt.
Ablieferungssoll – bestimmte Menge pflanzlicher und tierischer Produkte zur Abgabe eines ablieferungspflichtigen Betriebes an staatliche Erfassungs- und Aufkaufbetriebe.[2] Das Gegenteil war die Freie Spitze, also die Produktion, die das Ablieferungssoll überstieg und – meist zu höheren Erlösen – frei verkauft werden konnte.
AgitProp – Abkürzung für „Agitation und Propaganda“, Übernahme der sowjetischen Phrase, vgl. Agitprop in der DDR
Agrochemisches Zentrum – zwischengenossenschaftliche bzw. Gemeinschaftseinrichtung zur großflächigen Anwendung chemischer Erzeugnisse in mehreren Landwirtschaftsbetrieben[2]
Agronom – leitender Beschäftigter in der Landwirtschaft, Agraringenieur
Allgemeines Warenverzeichnis – bis 1967 in der DDR gebräuchliche Erzeugnissystematik; ordnete allen in der DDR eingeführten oder produzierten Waren eine Warennummer zu[2]
Altneubau – erste, traditionell gemauerte Wohnblocks des DDR-Wohnungsbaus bis etwa 1970 im Unterschied zu den Neubauten in Großtafelbauweise
Altstoffsammlung – Sammeln von Sekundärrohstoffen (Altpapier, Alttextilien und Gläsern), meist durch Kinder
Arbeiterschließfach – umgangssprachlich, abwertend für Plattenbauwohnung
Arbeiterveteran – Zeitzeuge für die politische Entwicklung der Arbeiterklasse
Asche – umgangssprachlich für Nationale Volksarmee, vor allem in zur Asche müssen = eingezogen werden
Assiparagraf – umgangssprachlich für den § 249 StGB der DDR, der eine „Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch asoziales Verhalten“ mit Freiheitsstrafe bedrohte
Babyjahr – Ähnlich der Elternzeit gab es in der DDR nach der Geburt eines Kindes ein Jahr bezahlte Freistellung von der Arbeit für die Mutter.
Ballast der Republik – aufgrund seiner Kosten hinter vorgehaltener Hand auch scherzhaft für den Palast der Republik
Bärendreck – umgangssprachlich für die Dichtungsmasse Motodix
Baumaschinist – Lehrberuf zur Bedienung und Wartung von Baufahrzeugen und -maschinen aller Art
Bausoldat, Spatensoldat oder auch „Spati“ – Angehöriger der Baueinheiten der Nationalen Volksarmee und die einzige legale Möglichkeit, den Dienst an der Waffe zu verweigern (weitergehendes Verweigern wurde nach § 256 StGB-DDR (Wehrdienstentziehung und Wehrdienstverweigerung) mit Gefängnis nicht unter 18 Monaten, ohne Bewährung, bestraft, ohne dass dies expressis verbis im Gesetz erwähnt wurde)
Bedarfsunterdeckung, Bedarfslücke – offizielle Bezeichnungen für Versorgungslücken im Einzelhandel
Behelfsetikett – Etikett ohne grafische Gestaltung, wenn es einen Engpass in der Etikettenproduktion gab
Beratungsmuster – Unverkäufliches Ausstellungsstück im Möbelgeschäft oder in der Abteilung für Haushaltsgeräte
Bienchen – umgangssprachlich für Belobigungsstempel (eine Biene darstellend) der Lehrer in Heften von Schülern der 1. Klasse, auch scherzhaft in anderen Situationen verwendet: Dafür gibt es ein Bienchen!
Blaue Fliesen – umgangssprachlich scherzhaft für Westgeld, in Anlehnung an den 100-DM-Schein (auch geflammte Fliesen, Bunte Scheine, ebenso für Genex- und Forumschecks verwendet)
Blaue Eminenz – umgangssprachliche ironische Bezeichnung der Volksbildungsministerin Margot Honecker, so genannt wegen ihrer markanten blau-violetten Haartönung, auch Lila Drache bzw. Lila Hexe
Blauer Würger / Blauer Klaus – umgangssprachlich für die Spirituose „Klarer Juwel“, klarer Schnaps (0,7 Liter: 14,50 Mark) mit blauem Etikett
Blechmütze, Blechschüssel – umgangssprachlich für Stahlhelm
Blockflöten – ironische Bezeichnung für die Blockparteien und deren Mitglieder (erst in der Wendezeit ab 1989 aufgekommen)
Böhmisch-Mährischer Schnell-Roster (BMSR) – umgangssprachliche ironische Bezeichnung für Škoda 1000 MB
BMSR-Technik – Bezeichnung für Betriebsmess-, Steuerungs- und Regelungstechnik
BMSR-Techniker – Facharbeiter für BMSR-Technik
Bolschewisten – Lehnwort von den russischen Bolschewiki, abwertend für SED-Funktionsträger
Bonbon – ironische Bezeichnung für das Parteiabzeichen der SED,[5]:166 der Form und Größe wegen
Bonner Ultras – etwa ab 1960 bis Anfang der 1970er Jahre von der SED-Propaganda verwendete Bezeichnung für als besonders reaktionär eingeschätzte westdeutsche Politiker[6]. Bevölkerung nannte diese bald böse Bonner Ultras (bBU), da die Wendung durch eine übermäßige Wiederholung in den Medien abgedroschen war.[5]
Bonzenschleuder – ironische Bezeichnung für Städte-Expresszüge der Deutschen Reichsbahn aus den Bezirksstädten nach Ostberlin
Brettsegeln – offizielle Bezeichnung für Windsurfen
Brigade – kleinstes Kollektiv im Produktionsprozess, eine für einen bestimmten Bereich verantwortliche Arbeitsgruppe
Brüderliche Kampfesgrüße – Grußformel in Briefen zwischen kommunistischen Funktionären
Bruderländer – Bezeichnung für sozialistische („gleichgesinnte“) Länder des Ostblocks
Bruderpartei – kommunistische Partei eines anderen Ostblockstaates
Büchsenöffner– süffiger, meist preiswerter Alkohol (zum Bsp. Gotano-Wermut), um Mädchen in Stimmung zu bringen (auch Dosenöffner oder Schlüpferstürmer)
Bückware – begehrte Artikel, die nicht in den Regalen, sondern vor den Blicken der Käufer verdeckt unter dem Ladentisch lagerten (und zu denen sich der Verkäufer bücken musste)
Bunaflitzer – elastischer Hosenträger mit Klippverschlüssen.
Bummiheft – umgangssprachlich für Kinderzeitschrift „Bummi“, daneben auch ironisch für Politinformationshefte der NVA
Bundi – Einwohner aus der Bundesrepublik Deutschland
C&A – Verballhornung für russisch Советская армия (СА) = Sowjetarmee, wegen der Aufschrift CA auf sowjetischen Militärfahrzeugen
Cirkus Aljoscha – ironisch für die Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland wegen der kyrillischen Buchstaben „CA“ (für Советская Армия (СА)/Sowjetskaja Armija) auf den Schulterstücken der Wehrpflichtigen und ihren Fahrzeugen[7]
Dederon – Handelsname für Polyamid (BRD: Perlon, USA: Nylon) – verwendet für Strümpfe, Beutel, Kittelschürzen und andere Bekleidungsstücke, Kunstwort aus der ausgesprochenen Abkürzung D-D-R und „on“.
Delikatladen – bestimmte Lebensmittelgeschäfte, etwa seit Ende der 1970er Jahre eingerichtet, in der Umgangssprache auch „Deli“ oder „Fress-Ex“ (siehe „Exquisit“) genannt.
Delikateßhering, auch Delihering – Bismarckhering, da Bezüge auf den ehemaligen deutschen Reichskanzler in der DDR verpönt waren
Dispatcher – Einsatzleiter, Koordinator, Disponent, Administrator, Platzanweiser in Restaurants, Aufsichts- und Auskunftspersonal; wurde vermutlich im Russischen als englisches Fremdwort verwendet und von dort mit den entsprechenden Tätigkeitsprofilen übernommen; das Wort war auch im westdeutschen Sprachgebrauch bekannt, dort aber sehr viel seltener und mit engerer Bedeutung.
Dreierhopp – sportliche Übung, bei der ohne Anlauf dreimal mit demselben Sprungbein „einbeinig“ gesprungen wird. Der Springer landet nach dem dritten Sprung beidbeinig; auch heute im Westen Deutschlands gebräuchlich
Edescho – Erichs Devisenschoner – ironische Bezeichnung für den „Kaffee-Mix“, eine während der Kaffeekrise in der DDR angebotene Mischkaffeesorte mit 50-prozentigem Ersatzkaffeeanteil, Anspielung auf die Westmarke Eduscho
Ehekredit – zinsloses Darlehen von bis zu 5000, später 7000 Mark für frisch verheiratete Paare, rückzahlbar in Abhängigkeit von der Zahl der geborenen Kinder
Ehrendienst – Wehrdienst in den bewaffneten Organen der DDR
Ein-Strich-kein-Strich – umgangssprachliche Bezeichnung für Strichtarn, ein Tarnmuster für militärische Kampfanzüge und Ausrüstung
Einzelhandelsverkaufspreis (EVP) – Bezeichnung für staatlich vorgeschriebene Festpreise von auszeichnungspflichtigen Einzelhandelswaren
Eisenschwein – umgangssprachliche Bezeichnung für Motorräder MZ ES 125/150, im NVA-Jargon auch für Schützenpanzer
Elternaktiv – von der Elternversammlung der Schüler einer Klasse gewählte Elternvertreter als Unterstützerkollektiv für schulische Veranstaltungen. Ein entsprechendes Gremium auf Schulebene war der Elternbeirat, in dem aus jeder Klasse ein Elternteil vertreten war.
Erdmöbel / VEB Erdmöbel – angebliche Bezeichnung für Sarg bzw. Sargfabrik (war allgemein als Witz im Umlauf), in Wirklichkeit zum Beispiel „VEB Kombinat Schnittholz“ in Haldensleben
Erichs Krönung – ironische Bezeichnung der Pulverkaffeemischung „Kaffee-Mix“ während der Kaffeekrise in der DDR in Anspielung auf die Westmarke „Jacobs Krönung“
Erichs Lampenladen – volkstümlich-ironische Bezeichnung für den Palast der Republik aufgrund dessen markanter Innenbeleuchtung im Hauptfoyer
Ernteeinsatz – unbezahlte, für alle verpflichtend angeordnete Feldarbeit für Schüler und Studenten
Erntekapitän – ideologisch gehobene Bezeichnung für Mähdrescherfahrer (beider Geschlechter), insbesondere während der arbeitsintensiven Zeit der Ernteschlacht
Errungenschaft – Fortschritt auf dem Weg hin zur sozialistischen Gesellschaftsordnung
Erweiterte Oberschule EOS – höhere vierjährige Gemeinschaftsschule, vergleichbar mit der Oberstufe eines Gymnasiums, bzw. Kollegstufe
Essengeldturnschuh, auch Essengeldflitzer, Pittiplatsch-Latschen oder Stoffidas – scherzhafte Bezeichnung für weiche Sportschuhe aus Stoff mit Gummisohle; der Name entstand wegen des Preises der Turnschuhe (2,75 Mark), der dem (fast überall gleichen) wöchentlichen Essengeld in der Schulspeisung (0,55 Mark je Mittagessen) entsprach und angelehnt an Pittiplatsch oder abgeleitet von Adidas
Exquisit, auch Ex-Laden oder kurz nur Ex – Ladenkette für hochpreisige Kleidung und Kosmetika, zur Abschöpfung des Bargeldüberhangs analog den Delikat-Geschäften
Fahne – umgangssprachlich für Nationale Volksarmee, vor allem in zur Fahne müssen = eingezogen werden oder bei der Fahne = bei der Armee
Fahrerlaubnis – nicht nur wie gesamtdeutsch die Befugnis zum Autofahren, sondern auch das Führerscheindokument
FDJnik – russifizierte, ironische Bezeichnung für FDJ-Funktionäre
Feierabendbrigade – abends und am Wochenende handwerkliche Tätigkeiten verrichtende Gruppe bezahlter Arbeiter, die den Mangel an Handwerkern ausgleichen sollte (nicht wie beim Subbotnik, der unentgeltlich war)
Ferienspiele – Angebot der Freizeitgestaltung in den Ferien am Wohnort – meistens in Schulen beaufsichtigt von Lehrern – für Kinder, deren Eltern keinen Urlaub hatten
Forumschecks – DDR-Bürger mussten ab 1979 Devisen in Forumschecks umtauschen, um damit im Intershop einkaufen zu können. Auch als „Zweitwährung“ für Handwerkerleistungen und wirksame Trinkgelder gebraucht. Ein bekannter Witz war der Handwerkern zugeschriebene Spruch: „FORUM geht es?“
Frauenruheraum – Räume in Betrieben, in denen sich Frauen, insbesondere Schwangere, ausruhen konnten.
Freie Spitze – die Menge pflanzlicher und tierischer Produkte, die das Ablieferungssoll überstieg und – meist zu höheren Erlösen – frei verkauft werden konnte.
Freilenkung von Wohnraum – Umschreibung für staatliche Einflussnahme auf Beendigung und Neubegründung von Mietverhältnissen
Freunde – Bezeichnung für sowjetische Soldaten und Sowjetbürger als Vertreter der Sowjetunion in der DDR, oft mit ironischem Unterton „Freunde“
Freund der Jugend – eine aus Altersgründen (>27 Jahre) aus der FDJ ausgeschiedene Person, die aber weiterhin freiwillig und beitragszahlend, aber nicht mehr stimmberechtigt der Organisation angehörig blieb und an Schulungen und Versammlungen teilnahm, nicht zu verwechseln mit Jugendfreund
Freundschaft! – FDJ-Gruß, mit dem FDJ-Versammlungen und ab der 8. Klasse (häufig, aber nicht einheitlich) Unterrichtsstunden begonnen wurden; üblich auch bei Fahnenappell-Veranstaltungen
Geborgenheit – „Soziale Geborgenheit“, „Geborgenheit im Alter“ – Floskel aus der Parteiagitation, besonders in Printmedien und Plakatierungen (zum Beispiel anlässlich von Jahrestagen und Wahlen) genutzt.
Gehhilfe, auch Zwickauer Gehhilfe – scherzhaft für den Trabant
Genosse – Anrede für Mitglieder der SED, aber auch die offizielle Anrede für Angehörige von Polizei und Armee in Verbindung mit dem Dienstgrad (z.B. Genosse Wachtmeister)
Handelsorganisation (kurz: HO) – staatliches Einzelhandelsunternehmen und größte Handelskette, HOG – HO-Gaststätten
Hausgemeinschaft – die Bewohner größerer Mietshäuser wurden als Kollektiv betrachtet und durch die Hausgemeinschaftsleitung vertreten
Haushaltstag – monatlich ein zusätzlicher freier Tag für verheiratete berufstätige Frauen, berufstätige Frauen mit Kindern, berufstätige alleinstehende Frauen ab 40 und berufstätige alleinerziehende Männer bzw. solche mit pflegebedürftiger Ehefrau
Hausvertrauensmann – Führer des DDR-spezifischen Hausbuchs
Hawazuzie – Handwagen zum Ziehen
Held der Arbeit – Ehrentitel für „besondere Verdienste um den Aufbau und den Sieg des Sozialismus“
Horch und Guck / VEB Horch und Guck (auch Horch, Guck und Greif) – volkstümlich-ironische Bezeichnung für das Ministerium für Staatssicherheit
Inoffizieller Mitarbeiter (IM) – seit etwa 1970 MfS-interne Bezeichnung für eine Person, die gezwungenermaßen oder freiwillig verdeckt Informationen lieferte (entspricht in etwa V-Mann)
Interhotel – Hotelkette der gehobenen Klasse, in denen Besucher aus dem „nichtsozialistischen Ausland“ vorzugsweise untergebracht wurden und in denen teilweise mit Devisen (westlicher Währung, auch frei konvertierbare Währung genannt) bezahlt werden musste.
Interesse für Autotouristik – beliebte verschleiernde Formel in Heiratsanzeigen, mit denen männliche Kraftwagenbesitzer gesucht wurden, oft auch ironisch verwendet[9]
Intertank – für jedermann zugängliche Tankstellen an Autobahnen und in großen Städten, wo an speziellen Zapfsäulen auch Kraftstoff mit 91 Oktan (Spezial) und 98 Oktan (Super) gegen Devisen angeboten wurde. Fahrzeuge aus dem nichtsozialistischen Ausland durften nur an diesen Zapfsäulen betankt werden und bekamen keinen Kraftstoff gegen DDR-Währung.
Kinderkombination – Versorgungseinrichtung aus Kinderkrippe und -garten
Kirsche – jugendlicher Jargon für Freundin (in der Verwendung etwa wie „Mieze“)
Klappfix – Campingtourist-Anhänger: PKW-Anhänger mit Zeltaufbau; auch ironisch für Stasi-Angehörige wegen ihres querformatigen, aufklappbaren Dienstausweises
Klassenfeind – die kapitalistischen Staaten und deren Regierungen, namentlich die der Bundesrepublik Deutschland und der USA.
Klassenstandpunkt – entweder gefestigte (politisch systemtreue) oder ungefestigte Einstellung zu Staat und Partei, offiziell zur „historischen Mission der Arbeiterklasse“
Klaufix – PKW-Anhänger sowie Standard-Fahrradanhänger mit 60 kg Gesamtmasse, der auch an Simson-Mopeds angehängt werden durfte
Klub der Intelligenz – Vereine des Kulturbundes der DDR, die der Integration der Schicht der Intelligenz dienten
Klubhaus der Jugend – häufige Bezeichnung für staatlich subventionierte Jugendclubs
Körperkulturistik – offizieller Sprachgebrauch für Bodybuilding, unter den Sportlern jedoch kaum verwendet.[10]
Kolchose – abwertende Bezeichnung für eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) („auf der Kolchose arbeiten“), von der russischen Bezeichnung Kolchos für landwirtschaftlichen Großbetrieb (Abkürzung für „Kollektivwirtschaft“) abgeleitet
Mamai-Methode – Aufschlüsselung des Arbeitsplans auf den jeweiligen Arbeitsplatz und Tag nach dem Vorbild des sowjetischen NeuerersNikolai Jakowlewitsch Mamai. Ziel: Anhalten der Werktätigen zur tagtäglichen Planerfüllung und möglichst Übererfüllung, vgl. auch Willy Wehner („Wehner-Methode“)
Matte – lange Haare (besonders bei Männern/ männlichen Jugendlichen)
Mausefix – scherzhafte Bezeichnung, angelehnt an Klappfix (siehe oben), für einen offenen (Eigenbau-)Pkw-Anhänger, mit dem hauptsächlich (teils illegale) Transporte von Baustoffen, Holz, Kartoffeln erfolgten. Abgeleitet von „mausen“ (stehlen). Entsprechende Hand- und Fahrradwagen wurden auch Klaufix genannt.
Mausehaken – umgangssprachlich für eine Anhängerkupplung am PKW, auch Hamsterhaken oder Organisierkralle genannt
Mit sozialistischem Gruß endeten Briefe von Behörden, Parteiorganisationen und staatlichen Stellen
Mittagskind – Kinder, die im Kindergarten oder im Hort vor dem obligatorischen Mittagsschlaf von den Eltern oder Verwandten nach Hause abgeholt wurden
Mobilisierung von Reserven – Sprachfloskel der Parteiagitation, um die Ursachen wirtschaftlicher Probleme (meist organisatorische Mängel und fehlende Arbeitsmittel) zu kaschieren und das Schuldbewusstsein auf angeblich oder tatsächlich fehlende Arbeitsmotivation umzulenken
Mossi – umgangssprachliche Bezeichnung für PKW Moskwitsch
Naherholungsobjekt – eine Einrichtung zur Erholung, für Sport und für Freizeitaktivitäten in der näheren Umgebung (wie Sportplätze, Bäder, Ausflugsgaststätten)
NATO-Plane, NATO-Kutte – umgangssprachliche Bezeichnung für in den 1960er Jahren moderne Nylon-Mäntel, die es nur über West-Beziehungen gab
NAW – Nationales Aufbauwerk, mehr oder weniger freiwillige, unbezahlte Arbeit
Neuerer – Erfinder in einem Betrieb, der verwertbare Vorschläge für Kosteneinsparung oder verbesserte Produktionsmethoden einbrachte (Neudeutsch: betriebliches Erfinderwesen)
Nicki – T-Shirt; auch im westdeutschen Sprachgebrauch, dort bezeichnet „Nicki“ jedoch einen leichten Pullover, häufig mit knöpfbarem Kragen oder aus Kunstfaser.
Nullsiebener Glasmantelgeschoss – ursprünglich NVA-Soldatenjargon, später umgangssprachlich für eine Flasche Schnaps, die üblicherweise 0,7Liter Inhalt hatte
Pachttoilette – öffentliche Bezahltoilette eines privaten Betreibers (seit den 1970er Jahren?)
Pappe – umgangssprachlich für den Trabant aufgrund seiner Karosserie, die zum großen Teil aus Hartpapier bestand. Weiterhin wurde die offizielle Spielberechtigung für Bands oder einzelne Musiker und der damit verbundene Ausweis als Pappe bezeichnet. Auch Bezeichnung für die Fahrerlaubnis.
Die Partei – umgangssprachlich für die SED (mit bestimmtem Artikel war immer die SED und nicht eine Blockpartei gemeint)
Parteidokument – Mitgliedsbuch der SED
parteilich – die ideologischen Positionen des Marxismus-Leninismus einnehmend, ‚orthodox‘
Patenbrigade, Patenbetrieb – Schulklassen und Kindergärten, aber auch Einheiten der NVA hatten in der Regel Patenschaftsverträge mit Betrieben oder deren Abteilungen (teilweise auch nach der Wende noch anzutreffen). Das Gegenstück hieß dann Patenklasse.
Pionierhaus – Kulturhaus, in dem Veranstaltungen, Arbeitsgemeinschaften und frei nutzbare Fläche und/oder Freizeiteinrichtungen für Kinder angesiedelt waren, in kleineren Orten oft auch „Station Junger Naturforscher und Techniker“ o. Ä.
Pioniergeburtstag – Tag der Gründung der Pionierorganisation (13. Dezember), wurde in den Schulen festlich begangen
Pionierlager, Pionierferienlager – teilweise gebräuchlicher Begriff für Kinderferienlager
Pionierleiter, Freundschaftspionierleiter – Funktionär der FDJ an einer Schule, in der Regel junge Lehrer oder Erzieher mit spezieller Ausbildung; als Gruppenpionierleiter waren Lehrer oder FDJ-Mitglieder der oberen Klassen tätig
Pioniernachmittag – meist in Zusammenarbeit mit der Schule organisierte Nachmittage für Pioniere, an denen Pionierversammlungen oder Aktivitäten wie Disko, Basteln, Diavorträge, Altstoffe sammeln etc. stattfanden
plaziert werden – in manchen Restaurants wurden die Gäste vom Kellner an den Tisch geleitet. Am Eingang wurden die Gäste durch ein Schild darauf hingewiesen: Bitte warten, Sie werden plaziert!
Poliklinik – ambulante Behandlungszentren mit angestellten Fachärzten verschiedener Fachrichtungen
Polylux – zur Sachbezeichnung gewordener Markenname des einzigen Tageslichtprojektors (Overheadprojektors) aus DDR-Produktion
Postmietbehälter – Pappkarton mit abnehmbarem Deckel für die Versendung als Paket, konnte im Postamt gegen Pfand geliehen werden
Prena-Band – zur Sachbezeichnung gewordener Markenname eines transparenten Klebebandes (analog dem Tesafilm), steht für Moritz Prescher Nachfolger KG.[12]
rabotten – (hart) arbeiten (aus dem Russischen: работать (rabotať) = arbeiten)
Rakete – umgangssprachlich ironische Bezeichnung für ungarische Omnibusse des Typs Ikarus 55 und Ikarus 66, so genannt wegen des markanten Designs der Karosserie und der triebwerksähnlichen Verkleidung des Heckmotors
Reisekader – Person aus dem öffentlichen Leben, z.B. Wissenschaftler, Politiker, Funktionär, betrieblicher Führungskader, die regelmäßig ins Ausland reist. Dabei wurde zwischen Reisekadern für das NSW-Ausland und das sozialistische Wirtschaftsgebiet unterschieden.
Rennpappe – scherzhaft für den Trabant (siehe auch Pappe)
Rennsteigbeatles – sarkastische Bezeichnung für die Instrumentalgruppe des populären Suhler Volksmusikanten Herbert Roth, auch Wald- und Wiesenbeatles
Rentnervolvo – umgangssprachlich ironische Bezeichnung für eine Einkaufstasche auf Rollen, mit spöttischem Bezug auf die häufig Volvo 240 fahrende Nomenklatura
Republikflucht – die 1953 zunächst offizielle Bezeichnung für die Flucht aus der DDR ging später in die Umgangssprache über
rübermachen – umgangssprachlich die DDR in Richtung Westen verlassen, mit sein gebildet: jemand ist rübergemacht, auch ist abgehauen → Ungesetzlicher Grenzübertritt im DDR-Recht / Republikflucht
Rundgelutschter – im Volksmund unter anderem wegen seines runden Designs der Spitzname des Trabant 600
Rundholz – umgangssprachlich scherzhaft für die gehobene Alternative zum Blauen Würger.16-er Rundholz war ein rumänischer Weinbrand „Arad“ (0,5l) zu 16 Mark, 22-er Rundholz ein deutscher Weinbrand „Amitié“ (0,7l) zu 22 Mark
Russenmagazin – umgangssprachlich für die Geschäfte für Angehörige der Sowjetarmee und ihre Familien, in dem aber auch DDR-Bürger einkaufen konnten; in Anlehnung an den russischen Begriff магазин (magasin)= Laden
Schnelle Medizinische Hilfe (SMH) – Übersetzung des russischen „скорая медицинская помощь“; auf Westdeutsch „Rettungsdienst“
Schonplatz/Schonarbeitsplatz – nach längerer Krankschreibung oder bei Schwangerschaft ein Arbeitsplatz mit geringeren körperlichen Anforderungen, an dem weitergearbeitet werden konnte
Schrottgorod – umgangssprachlich ironisch gebildet mit russ. город = Stadt, scherzhaft für Eisenhüttenstadt, auch: Blechdosencity
Schutzgüte – Qualitätsmerkmal für Produkte und Verfahren, betreffend den Schutz vor Gefahren. Die Anforderungen und die Verfahren zu ihrer Festlegung waren umfassend gesetzlich geregelt. Entspricht ungefähr dem bundesdeutschen und EU-Begriff Produktsicherheit.
Schweine-Camel – Slang-Begriff für bulgarische Zigaretten der Marke „Juwel 72“, in Abgrenzung zu den besser schmeckenden „alten Juwel“ und Anspielung auf Camel
Sektion – An den Universitäten und Hochschulen seit den 1970ern übliche Bezeichnung für die heutigen Fachbereiche
SERO – Kurzform für Sekundärrohstoffe, einen Verwertungsbetrieb dafür und dessen „SERO-Annahmestellen“, die wiederverwertbare Abfälle und Verpackungen wie Altpapier, Flaschen und Gläser ankauften
Sicherheitsnadel – verächtlicher Ausdruck für einen IM (inoffizieller Mitarbeiter) der Stasi
Sichtelement – Plakat, Plakataufsteller, Werbetafel, Tafel für Losungen oder ähnliches
17-60-er/Siebzehn-Sechzig-er – eine 0,7-Liter-Standard-Flasche Nordhäuser Doppelkorn; kostete damals 17,60 Mark[15]
Silastik – elastisches Kunstfasergewebe, beispielsweise für Sportbekleidung
Silberhaar-Express – umgangssprachlich (ironisch) für Interzonenzug, siehe auch Mumienexpress
Soljanka – eine Suppe nach russischem Rezept, wurde in vielen Gaststätten angeboten
Soljanka-Schüssel – ironische Bezeichnung für Saporoshez
sozialistische Reproduktion – Theorie über den ökonomischen Gesamtprozess der sozialistischen Gesellschaft im Zusammenhang mit der ständigen Erneuerung, Erweiterung und Entwicklung ihrer materiellen Lebensbasis[17]
sozialistisch(es) Umlagern – Umschreibung für (meist kleineren) Diebstahl
Spartakiade – Kinder- und Jugendspartakiade; Sportwettbewerb für Kinder und Jugendliche in Schulen, auf Kreis- und Bezirksebene sowie im Endausscheid DDR-weit durchgeführt; diente auch der „Talentesichtung“ und Nachwuchsgewinnung im Sport in der DDR
Speckitonne – eine Art frühe Biotonne für Essensreste zur Verfütterung an Schweine
SpoWa (weibl.) – Abk. für „Sportwaren“, ein Kaufhaus in jeder größeren Stadt, in dem vorrangig Sportbekleidung (Kernmarke Germina) und Campingbedarf, aber auch Bekleidung für Jungpioniere und FDJler verkauft wurde
Sprelacart – Markenname für Resopal, bekannt insbesondere durch die damit beschichteten Küchenmöbel
Staatsbürgerkunde (unter Schülern auch abgekürzt Stabü oder Stabi) – Schulfach zur politischen Bildung
Staatseinnahmen – Einnahmen und Gewinne aus der volkseigenen Wirtschaft und staatlicher Einrichtungen und Organe sowie Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträge von nicht volkseigenen Betrieben, Genossenschaften, Staatsbürgern[2]
Staatsratseingabe bzw. Staatsratsbeschwerde – Petition an den Staatsrat der DDR
Stempelkarte – umgangssprachlich für ein Einlage-Kärtchen im Führerschein, auf dem von der Verkehrspolizei bis zu vier Stempel für schwerwiegendere Verkehrsverstöße angebracht wurden. Beim Erteilen des fünften Stempels (innerhalb der Ablauffrist) folgte ein Fahrverbot. Neue Stempel verlängerten die Gültigkeit alter Stempel-Einträge. Zwei Jahre nach dem letzten Stempel konnte man sich eine neue, leere Stempelkarte ausstellen lassen.
Subbotnik – (nicht immer ganz) freiwilliger, unbezahlter Arbeitseinsatz nach sowjetischem Vorbild; typischerweise am Sonnabend
Süßtafel – Produkte in Abgrenzung zu Schokolade, Kennzeichen war der teilweise oder völlige Verzicht auf Kakaobestandteile (vgl. zum Beispiel Schlager-Süßtafel)
Summi / Summer – umgangssprachlich ironisch für Offiziersschüler (hatten auf den Schulterstücken ein „S“), Summi ist ebenfalls eine scherzhafte Bezeichnung für die Simson S50 und S51
Synthetisches Material mit Leder-ähnlichen Eigenschaften (SML) – Bezeichnung für Kunstleder (Schuhe)
Täve – Spitzname von Gustav-Adolf Schur, der populärsten Sportlerpersönlichkeit der DDR
Taigatrommel – umgangssprachlich ironische Bezeichnung für die aus der Sowjetunion stammenden Diesellokomotiven der DR-Baureihe 120 wegen ihres lauten, voluminös brummenden Motorengeräusches
Tal der Ahnungslosen – umgangssprachliche Bezeichnung für den Raum Dresden, wo das „Westfernsehen“ aufgrund der Tallage und der Entfernung überwiegend nicht empfangen werden konnte, daher auch die scherzhaften Abkürzungen ZDF = Zentrales Deutsches Fernsehen, ARD = „außer Raum Dresden“ oder „außer Rügen und Dresden“
Tausend-Tage-Diener – umgangssprachliche Bezeichnung für Unteroffizier auf Zeit, wegen ca. 1000 Tagen Dienstzeit
Valuta – abweichend vom internationalen Bankwesen waren damit in der DDR ausschließlich Westwährungen gemeint
VEB Gleichschritt.VEB Landesverteidigung – umgangssprachlich, ironische Bezeichnung für die Nationale Volksarmee, in Anlehnung an das VEB Kombinat Fortschritt Landmaschinenbau
Verhaltensheft – Anlage zum Klassenbuch in Oberschulklassen der POS zur Eintragung von Loben und Tadeln, musste ggf. von Eltern gegengezeichnet werden (in der Unterstufe als „Muttiheft“ noch anders organisiert)
Verkehrsträgerwechsel – staatlich geplante Stilllegung von schienengebundenen Verkehrswegen, Umstellung auf Kraftverkehr
Vierzehnfünfziger/Vierzehnfuffziger – umgangssprachlich für eine Flasche Goldbrand, auch als „Flasche 10vor3“ bekannt, EVP 14,50
Wandzeitung – Pinnwand in den Schulen und Betrieben, die je nach Einrichtung mit Losungen und Appellen zum saisonalen Thema, 1.Mai, x-ten DDR-Jahrestag, Oktoberrevolution, offiziell vom Wandzeitungsredakteur, auch Wandzeitungsagitator gestaltet wurde oder aber der Präsentation aktueller Termine, Ergebnisse und Leistungen einer Schulklasse diente
Westantenne – umgangssprachlich für eine zum Empfang westdeutscher Rundfunksender geeignete Antenne, erkennbar an der Baugröße und Ausrichtung, in den 1950er Jahren bestand die Gefahr der Entfernung durch FDJ-Brigaden
Westbesuch – umgangssprachlich für Privatbesuch aus der Bundesrepublik
Westgeld – umgangssprachlich für DM, frei konvertierbare Währung, Valuta
Westpaket oder Westpäckchen – umgangssprachlich für ein Geschenk-Paket von Verwandten aus der Bundesrepublik
Westwagen – PKW, der in einem Land außerhalb des Ostblocks hergestellt war
Winkelement – Fähnchen für Veranstaltungen/ Demonstrationen (sarkastisch: Jubelfetzen, Euphoriefetzen)
Wochenkrippe – Kinderkrippe, in der die Kinder am Montag abgegeben und am Freitag wieder abgeholt wurden
Wohnraumlenkung – die am 27. Februar 1943 im Deutschen Reich unter diesem Namen eingeführte grundsätzliche Aufsicht des Staates über die Neu- oder Wiedervermietung von Wohnungen erhielt die DDR bis zu ihrem Ende aufrecht
Zettelfalten – bei einer Wahl den unveränderten Stimmzettel gefaltet in die Urne werfen[21]
Zuckertüte – Schultüte (Begriff nicht DDR-spezifisch, aber hier im Gegensatz zum Westen vorrangig verwendet)
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Losungen zum Ersten Mai und anderen Demonstrationen wurden vorgegeben. Dazu wurden in der Zeitung offizielle Listen veröffentlicht, aus denen Losungen für mitgeführte Transparente gewählt werden konnten. Losungen fanden weiterhin zum Beispiel Verwendung zu Parteitagen, in Programmen zur Erfüllung der Planziele, an Gebäuden über Wandzeitungen.
Beispiele von Losungen und Schlagworten:
Alles für das Volk, alles mit dem Volk, alles durch das Volk!
Alles zum Wohle des Volkes!
Arbeite mit, plane mit, regiere mit! (eine Aussage aus Art. 21 der Verfassung der DDR 1974)
Bist Du für den Frieden? (Totschlagargument, wenn jemand bei Diskussionen Zweifel äußerte)[22][23][24]
Der Marxismus ist allmächtig, weil er wahr ist. auch Die Lehre von Marx ist allmächtig, weil sie wahr ist (ein Lenin-Zitat)
Der Sozialismus ruft uns alle – gern verballhornt zu: Der Sozialismus rupft uns alle
Der Sozialismus siegt – gern verballhornt zu: Der Sozialismus siecht (besonders als Lichtreklame in Dresden am „Pirnaischen Platz“ bekannt gewesen, wobei gerade im Obersächsischensiegen und siechen gleich ausgesprochen werden)
Erster Mai – „Internationaler Kampf- und Feiertag der Werktätigen für Frieden und Sozialismus“
Ewige Freundschaft mit der ruhmreichen Sowjetunion
Für Frieden und Völkerfreundschaft
Für Frieden und Sozialismus seid bereit.Immer bereit! (Gruß der Jung- und Thälmannpioniere)
Ich leiste was! ich leiste mir was! (Losung zum X. Parteitag der SED)
Im Mittelpunkt steht der Mensch
Jedermann an jedem Ort – einmal in der Woche Sport! (Losung von Walter Ulbricht)
Mit jeder Mark, jeder Minute, jedem Gramm Material einen höheren Nutzeffekt! (sarkastische Fortsetzung: … koste es, was es wolle!)
Ohne Gott und Sonnenschein bringen wir die Ernte ein.
Proletarier aller Länder – vereinigt Euch!(als Witz: Vegetarier aller Länder – vereinigt Euch!)
Schöner unsere Städte und Gemeinden – Mach mit! (jährlicher Aufruf zu Arbeitseinsätzen – meist in der Form eines Subbotniks – in der Hausgemeinschaft und in öffentlichen Parks und Grünanlagen)
So wie wir heute arbeiten, werden wir morgen leben (Losung von Walter Ulbricht, häufig assoziiert mit Frida Hockauf)
„Überholen ohne einzuholen“ (Losung von Walter Ulbricht, erstmals 1957 proklamiertes Ziel der Wirtschafts- und Sozialpolitik der DDR, gemeint ist das Verhältnis zum „Westen“)
Unsere ganze Kraft für die Erfüllung des 5-Jahrplanes
Unsere ganze Schöpferkraft für den Sozialismus
Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen – gern verballhornt zu: Von der Sowjetunion lernen heißt siechen lernen
Waffenbrüder – Klassenbrüder
Wir sind die Sieger der Geschichte
Wo ein Genosse ist, da ist die Partei – also die besseren Argumente!
Manchmal wurden solche Losungen auch ironisch verwendet, zum Beispiel das Zitat Aus unseren Betrieben ist noch viel mehr rauszuholen von Walter Ulbricht, der die Erhöhung der Arbeitsproduktivität gemeint hatte. Umgangssprachlich war jedoch damit der Diebstahl von Material und Werkzeugen in den Betrieben durch Arbeiter und Angestellte gemeint, die aufgrund der schlechten Versorgungslage die gestohlenen Dinge tauschten, verkauften oder selbst nutzten.[25]
In der Wendezeit 1989 aber erfanden Demonstrationsteilnehmer selbst sehr treffende, zum Teil ironische und sarkastische Losungen. Losungen wie „Wir sind das Volk!“, und „Keine Gewalt“ begleiteten die friedliche Revolution. Andere Losungen waren zum Beispiel „Stasi in die Produktion!“ (gemeint war, sie sollten arbeiten) und „Wir sind ein Volk!“ (zeitlich nach „Wir sind das Volk!“ Ende 1989/Anfang 1990).
Von westlichen Medien als angebliche DDR-Idiomatismen verwendet, aber in der DDR nie Sprachgut oder völlig unbekannt:
Apparat – in Anlehnung an Obrigkeit die gesamte staatliche Verwaltung und Machtstruktur der Partei (und damit des Staates)
Apparatnik, Apparatschik – ein (SED-)Parteifunktionär, der aus der Sicht des Apparates, der Partei- und Politbürokratie, denkt, redet und handelt. Als Projektionswort aber umstritten, da es in der russischen Umgangssprache so verwendet wird.
Njet – Nein (aus dem Russischen)
Nomenklatura – durch verschiedene übergeordnete SED-Leitungen bestätigte Personen, deren Karriere politisch abgesichert war, üblicherweise war von „Kadern“ die Rede.
Ossi – als ironische Selbstbezeichnung für DDR-Bürger bis 1989 unbekannt, Begriff aus der Wendezeit in Abgrenzung zum Wessi
Sudel-Ede – Karl-Eduard von Schnitzler, hingegen war „Karl-Eduard von Schnitz…“ in der DDR geläufig, denn die letzte Silbe „…ler“ war wegen des umgeschalteten Fernsehprogramms (besonders vor 1969 originell und witzig, als es nur ein DDR-Programm gab) oder wegen des ausgeschalteten Fernsehapparats nicht mehr zu hören.
Vopo – Volkspolizist, hingegen wurde „Bulle“, „Grüner“ und „Straßenförster“ (besonders für die Verkehrspolizei) verwendet.
Martin Ahrends (Hrsg.): Trabbi, Telespargel und Tränenpavillon – Das Wörterbuch der DDR-Sprache. Heyne, München 1986, ISBN 3-453-02357-9.
Antje Baumann: Mit der Schwalbe zur Datsche. Wörter aus einem verschwundenen Land, Bibliographisches Institut – Duden, Berlin, 2020, ISBN 978-3-411-74532-6.
Elke Becker und Ute Nestler: DDR-Slang, das andere Deutsch. Kauderwelsch Band 50. Bielefeld 1990.
Frank Thomas Grub: „Wende“ und „Einheit“ im Spiegel der deutschsprachigen Literatur. Ein Handbuch. Band 1: Untersuchungen. De Gruyter, Berlin und New York 2003, ISBN 3-11-017775-7.
Margot Heinemann: Kleines Wörterbuch der Jugendsprache. Bibliographisches Institut, Leipzig 1990, ISBN 3-323-00273-3.
Manfred W. Hellmann: Divergenz und Konvergenz – Sprachlich-kommunikative Folgen der staatlichen Trennung und Vereinigung Deutschlands. In: Karin Eichhoff-Cyrus, Rudolf Hoberg (Hrsg.): Die deutsche Sprache zur Jahrtausendwende – Sprachkultur oder Sprachverfall. Duden-Reihe Thema Deutsch. Band 1. Mannheim (Duden-Redaktion) und Wiesbaden (GfdS) 2000, S. 247–275.
Michael Kinne, Birgit Strube-Edelmann: Kleines Wörterbuch des DDR-Wortschatzes. 2. Auflage. Schwann, Düsseldorf 1981, ISBN 3-590-15509-4.
Bernd-Lutz Lange: Bonzenschleuder & Rennpappe. Der Volksmund in der DDR. 2. Aufl. Frankfurt a. M. 1996.
Klaus Peter Möller: Der wahre E: Ein Wörterbuch der DDR-Soldatensprache. Lukas, Berlin 2000, ISBN 978-3-931836-22-1.
Hugo Moser: Sprachliche Folgen der politischen Teilung Deutschlands. Beihefte zum „Wirkenden Wort“ 3. Schwann, Düsseldorf 1962.
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Plaste und Elaste. Ein deutsch-deutsches Wörterbuch. Zusammengestellt von Theodor Constantin. Mit 10 Cartoons von Erich Rauschenbach. Berlin: Haude & Spener 1990.
Gerhard Strauß, Ulrike Haß, Gisela Harras: Brisante Wörter von Agitation bis Zeitgeist. Ein Lexikon zum öffentlichen Sprachgebrauch. de Gruyter, Berlin, New York 1989, ISBN 3-11-012078-X (= Schriften des Instituts für deutsche Sprache Band 2), S. 385 f.
Jens Dobler: Gewerbsmäßige Unzucht. In: Insa Eschebach (Hrsg.): Homophobie und Devianz. Weibliche und männliche Homosexualität im Nationalsozialismus, S. 58 PDF.
Prenaband.Deutsches Historischen Museum,archiviertvomOriginal(nicht mehr online verfügbar)am3.Oktober 2016;abgerufen am 1.Februar 2013.Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.dhm.de
Frank Thomas Grub:„Wende“ und „Einheit“ im Spiegel der deutschsprachigen Literatur. Ein Handbuch.Band1. de Gruyter, Berlin/New York 2003, ISBN 978-3-11-017775-6, S.114.
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Hans Michael Kloth: ‘’Vom ‘Zettelfalten’ zum freien Wählen: Die Demokratisierung der DDR 1989/90 und die ‘Wahlfrage’.’’(Forschungen zur DDR-Gesellschaft), Chr. Links Verlag, 2000