ZIS-6
Lastkraftwagen, wesentlich seltenere dreiachsige Variante des ZIS-5 Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Der ZIS-6 (russisch ЗИС-6, deutsche Transkription SIS-6) ist ein Lastkraftwagen des sowjetischen Herstellers Sawod imeni Stalina (kurz ZIS bzw. SIS[A 1]), der von 1933 bis Anfang 1942 gebaut wurde. Das Fahrzeug ist die dreiachsige Variante des in großen Mengen produzierten, zweiachsigen ZIS-5, von dem auch wesentliche Baugruppen übernommen wurden. Die Grundzüge von Design und Technik gehen auf einen Ende der 1920er-Jahre gebauten Lastwagen der US-amerikanischen Marke Autocar zurück. Das Fahrzeug war vor und im Zweiten Weltkrieg der schwerste bei ZIS gefertigte Lkw und für vier Tonnen Nutzlast ausgelegt. In der Sowjetunion der 1930er-Jahre wurden lediglich drei Typen Dreiachs-Lkw produziert, der ZIS-6 war das mittelgroße Modell. Für leichtere Zwecke gab es den GAZ-AAA, für noch größere Lasten den in geringen Stückzahlen gebauten JaG-10.
ZIS | |
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Restaurierter ZIS-6 in Sankt Petersburg (2019) | |
ZIS-6 | |
Hersteller: | Sawod imeni Stalina |
Verkaufsbezeichnung: | ЗИС-6 |
Produktionszeitraum: | 12/1933–01/1942 |
Vorgängermodell: | AMO-6 (nur Prototyp) |
Nachfolgemodell: | ZIS-151 |
Technische Daten | |
Bauformen: | Pritsche, Spezialaufbauten |
Motoren: | Sechszylinder-Ottomotor |
Leistung: | 54 kW |
Nutzlast: | bis zu 4 t |
zul. Gesamtgewicht: | 8,23 t |
Der ZIS-6 wurde herstellerseitig mit Pritsche oder als Fahrgestell ausgeliefert, wobei die Chassis ohne Ladefläche etwa ⅔ der Gesamtproduktion ausmachten und in anderen Werken mit Aufbauten versehen wurden. Besondere Bekanntheit erlangte das Fahrzeug im Zweiten Weltkrieg als Lafette des Mehrfachraketenwerfers Katjuscha. Die Produktion wurde 1942 eingestellt, ältere Quellen geben teilweise fälschlich 1945 als letztes Produktionsjahr an. Während der Kriegsjahre wurden jedoch viele vorhandene Fahrzeuge – teilweise in seriennaher Fertigung in anderen Automobilwerken – mit Spezialaufbauten für die Rote Armee ausgerüstet. Erst 1948 wurde der ZIS-151 als Nachfolger bei ZIS in die Serienproduktion übernommen.
Bereits im Jahr 1930, etwa mit Produktionsbeginn des AMO-2, wurde in einer sowjetischen Versuchsanstalt, ausgehend von einem US-amerikanischen Autocar SD, ein dreiachsiger Lastwagen gebaut. Bei den Hinterachsen griff man dabei auf eine Konstruktion der Moreland Motor Truck Company zurück. Diese erwies sich im praktischen Betrieb jedoch als ungeeignet. Für die weitere Entwicklung wurde das Projekt an das NATI-Institut in Moskau übergeben.[1]
NATI verwarf den Prototyp und fertigte 1932 zwei neue Fahrzeuge, welche auf dem AMO-3 aus heimischer Produktion basierten. Sie erhielten einen leistungsstärkeren Motor der Hercules Engine Company und Hinterachsen von der Timken Company. Diese Lastwagen wurden als AMO-3-NATI bezeichnet.[1]
Da der AMO-3 in der Serienfertigung sehr schnell durch den überarbeiteten ZIS-5 mit stärkerem Motor abgelöst wurde, entschied man sich, auch für den Dreiachser diesen Motor einzusetzen. Der Sechszylinder-Ottomotor wurde von 3¾ Zoll auf 4 Zoll aufgebohrt, der Hubraum dadurch von 4,88 auf 5,55 l vergrößert. Damit stieg auch die Leistung von 60 auf 73 PS, was auch für den Dreiachser ausreichend war. Trotzdem entwickelte man extra ein spezielles Untersetzungsgetriebe, um so die Zugkraft steigern zu können. Noch unter der Bezeichnung AMO-6 entstanden so ab Anfang 1933 neue Prototypen mit dem größeren Motor.[1][2]
Tatsächlich war die um eine Tonne gesteigerte Nutzlast eher ein Nebeneffekt der Entwicklung. Wichtiger war, dass durch die deutlich verbesserte Traktion und Zugkraft des Fahrzeugs größere und schwerere Artilleriegeschütze gezogen werden konnten. Lastwagen mit Allradantrieb standen zu diesem Zeitpunkt in der Sowjetunion nicht zur Verfügung. Erst später verlastete man auch schwere Spezialaufbauten auf das Fahrgestell.[1] Das zeigt sich auch daran, dass alle in Serie gebauten Pritschenwagen denselben Aufbau wie der ZIS-5 erhielten, das Ladevolumen wurde also nicht vergrößert. Auch die äußeren Abmessungen der beiden Lkw sind exakt gleich.[3]
Unter der Bezeichnung ZIS-6 begann die Serienproduktion des Dreiachsers gleichzeitig mit dem leichteren ZIS-5 im Dezember 1933. Die Stückzahlen blieben jedoch weit hinter denen des ZIS-5 zurück. Zu Spitzenzeiten produzierte das Moskauer Werk knapp 4500 ZIS-6 pro Jahr, im gleichen Zeitraum wurden fast 60.000 ZIS-5 gebaut. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Produktionszahlen des ZIS-6 nach Baujahren.[4]
Typ | 1933 | 1934 | 1935 | 1936 | 1937 | 1938 | 1939 | 1940 | 1941 | 1942 | Summe nach Modell |
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ZIS-6 mit Pritsche | 881 | 341 | 464 | 364 | 505 | 1187 | 1331 | 901 | 1710 | 113 | 7797 |
ZIS-6-Fahrgestell | – | 359 | 1036 | 1516 | 1565 | 1982 | 3135 | 2598 | 2225 | – | 14.416 |
Summe nach Baujahr | 881 | 700 | 1500 | 1880 | 2070 | 3169 | 4466 | 3499 | 3935 | 113 | gesamt: 22.213 |
Während der Bauzeit wurden nur wenige Änderungen vorgenommen. 1937 wurde die Kardanwelle überarbeitet. Ab 1941 wurde das Fahrzeug grundsätzlich mit Motoren des Typs ZIS-16 ausgestattet, die aus dem gleichnamigen Bus stammten. Durch einen neuen Leichtmetallzylinderkopf konnte die Leistung auf 85 PS gesteigert werden. Ebenfalls in diesem Zeitraum wurde ein verlängerter ZIS-6 mit Sechsgang-Schaltgetriebe entworfen. Das Projekt, das unter dem Namen ZIS-9 lief, kam jedoch über das Reißbrett nie hinaus.[1]
Verschiedentlich wird in der Literatur angegeben, die Produktion des ZIS-6 wäre Mitte Oktober 1941 eingestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Herstellerwerk aus Moskau hinter den Ural evakuiert, um es vor den herannahenden deutschen Truppen und der Schlacht um Moskau zu schützen. In diesem Zuge wurde auch die Fertigung des relativ komplizierten Verteilergetriebes und der Schneckengetriebe für die Hinterachsen des ZIS-6 eingestellt.[5] Tatsächlich wurden noch bis Januar 1942 ZIS-6 in Serie gebaut, wahrscheinlich aus vorhandenen Restteilen. Mit mehr als 22.000 Exemplaren war der Lastwagen einer der damals weltweit am häufigsten gebauten in seiner Klasse.[1]
Ältere Quellen geben traditionell eine Stückzahl von 21.239 Exemplaren an,[3][6] darin sind jedoch diverse Spezialanfertigungen sowie die Produktion nach Oktober 1941 nicht enthalten.[4]
Obwohl die Produktion bei ZIS 1942 endete, wurden auch nach diesem Datum noch viele Exemplare für den Einsatz bei der Roten Armee umgerüstet. Viele Spezialaufbauten wurden noch bis Mitte der 1940er-Jahre auf dem ZIS-6 montiert, darunter Tank- und Werkstattwagen und insbesondere der Raketenwerfer Katjuscha. Erst als durch den Lend-Lease-Act zunehmend US-amerikanische Lastwagen zur Verfügung standen, wurden diese Aufgaben von anderen Fahrzeugen übernommen. An Stelle des ZIS-6 trat häufig der Studebaker US6.[5]
Heute sind einige ZIS-6 erhalten oder restauriert. Darunter sind insbesondere einige Exemplare mit Katjuscha-Raketenwerfern, die an mehreren Orten Russlands als Denkmal aufgestellt wurden. Auch in Museen finden sich vereinzelt Fahrzeuge, beispielsweise im Militärgeschichtlichen Museum der Artillerie, des Ingenieurwesens und der Nachrichtentechnik in Sankt Petersburg.
Die häufig an den Fahrzeugen zu sehenden rechteckigen Kotflügel sind nicht original, sondern nachträglich angebaut. Teilweise wurden sie bei Generalreparaturen in den 1940er- und 1950er-Jahren angebracht, teilweise auch bei späteren, nicht fachgerechten Restaurierungen. Sie stammen von ZIS-5-Lastwagen, die zu Kriegszeiten gefertigt wurden und eine stark vereinfachte Karosserie erhielten. Diese Modifikation gab es aufgrund des frühen Produktionsendes des ZIS-6 ab Werk nie.[5]
1948 wurde der ZIS-151 als Nachfolger für den ZIS-6 eingeführt. Wie alle nachfolgenden Modelle auch hatte er Allradantrieb und wurde in großen Stückzahlen gefertigt, die jene des ZIS-6 bei weitem übertrafen. Zusammen mit seinen Nachfolgern ZIL-157 und ZIL-131 war er bis zum Zerfall der Sowjetunion ein Standardlastwagen vieler Armeen des Warschauer Pakts. Der Hersteller produzierte noch bis etwa 2013 Lastwagen in jenem Werk in Moskau, in dem auch der ZIS-6 gebaut worden war.[7]
Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass der Sechszylinder-Ottomotor des ZIS-6, wenn auch unter wechselnden Bezeichnungen und mit stetig gesteigerten Leistungskennwerten, millionenfach und noch bis weit in die 1980er-Jahre hinein produziert wurde. Er fand sich in vielen sowjetischen Standardlastwagen wie dem ZIS-150, dem ZIL-164, ZIL-157, einigen Varianten des ZIL-130 oder dem UralZIS-355M sowie in diversen sowjetischen Bussen, Gabelstaplern und Baumaschinen.[7]
Aufgrund der relativ hohen Nutzlast von bis zu vier Tonnen diente das Fahrgestell des ZIS-6 als Basis für diverse Spezialaufbauten, die für andere Lastwagen zu groß und zu schwer waren. Die nachfolgende Liste ist nicht abschließend und führt lediglich die in der Literatur überlieferten Modelle auf.
Die nachfolgenden technischen Daten sind, soweit nicht anders gekennzeichnet, der originalen Bedienungsanweisung vom Hersteller zum Fahrzeug entnommen und entsprechen dem Stand von 1937.[9] Da über die Produktionszeit hinweg immer wieder kleinere Änderungen vorgenommen wurden, können Daten aus unterschiedlichen Quellen leicht abweichen.
Abmessungen und Gewichte
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