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Als Sichtweite oder auch Sicht im engeren Sinne bezeichnet man die maximale horizontale Entfernung, die es gerade noch erlaubt, ein dunkles Objekt in Bodennähe vor hellem Hintergrund zu erkennen. Sie wird auch als meteorologische Sichtweite bezeichnet. Sie wird im Wesentlichen durch Streuung in der Atmosphäre begrenzt.
Im Unterschied dazu gibt es noch anderen Sichtweiten:
Die Sichtweite wird mit einem Transmissometer zum Beispiel an Flughäfen (RVR) gemessen. Folgende Effekte schränken die atmosphärische Sichtweite ein:
Die Streuung von Licht in der Atmosphäre reduziert den optischen Kontrast eines Objekts relativ zur Umgebung. Dieses Phänomen nennt man Lichtstreuung. Der Kontrast nimmt exponentiell mit der Entfernung und dem Absorptionskoeffizienten ab:
Unter der Annahme, dass der Ausgangskontrast beträgt (Optimalfall) und dass für die Wahrnehmungen ein Mindestkontrast von (≙ 2 %) erforderlich ist, besteht zwischen Sichtweite und Absorptionskoeffizienten folgende Beziehung:
Wetterbedingung | Sichtweite (km) |
Objekt- Mindest- Höhe[1] |
---|---|---|
außergewöhnlich klar | 280 | 5000 m |
sehr klar | 50 | m | 125
klar | 20 | m | 15
leicht diesig | 10 | m | 1,25
diesig | 4 | m | 0
starker Dunst, leichter Nebel | 2 | |
mäßiger Nebel | 1 | |
dichter Nebel, Starkregen | 0,1 | |
extremer Nebel, Schneetreiben | 0,01 |
Eine Sichtweite von 40 km entspricht unter Nutzung dieser Näherung einem Absorptionskoeffizienten von 4 / 40.000 m = 10−4 m−1. Unter exzellenten Bedingungen (Föhnwetterlagen) sind in Mitteleuropa Fernsichten von 200 bis 250 km[2], im Himalaya bis 300 km[3] erreichbar.
Im Beispielbild nimmt der Kontrast der Berge zum Himmel mit zunehmender Entfernung ab. Die Bergkette im rechten Bild ist bei Nebel nicht mehr zu sehen.
Die meteorologische Sichtweite nimmt mit der Wellenlänge zu, da sowohl die Rayleigh-Streuung an den Molekülen der Luft wie auch die Streuung an winzigen Wassertröpfen abnimmt. Daher erhöht sich die Sichtweite zu längeren Wellenlängen hin (blau → rot → NIR → MIR). Beobachtungen mit Rotfilter und mit Infrarot-Film oder -Kamera erhöhen die effektive Sichtweite, insbesondere reduziert sich die Streuung an sehr kleinen Partikeln kleiner als die Lichtwellenlänge. Weiterhin ist die Lichtstreuung nicht isotrop, d. h. die Sicht gegen die Sonne ist deutlich geringer als mit der Sonneneinstrahlung.
Die Krümmung der Erde begrenzt die maximal mögliche Sichtweite. Die Sichtweite von einem erhöhten Beobachtungspunkt aus (z. B. Gebäude, Turm, Berggipfel oder aber auch von Raumschiffen wie die ISS) hinab auf eine Ebene oder auf die Meeresoberfläche lässt sich mit Hilfe des Satzes des Pythagoras berechnen, da Sichtverbindung und Erdradius die Katheten eines rechtwinkligen Dreiecks bilden und der Abstand des erhöhten Punktes vom Erdmittelpunkt dessen Hypotenuse:
Nach der ersten binomischen Formel ergibt sich daraus:
Für terrestrische Beobachter ist , damit gegenüber vernachlässigbar. Daher lässt sich die Formel vereinfachen zu:
Die folgenden, dem praktischen Gebrauch dienenden Zugeschnittenen Größengleichungen (5a), (5b) und (5c) ergeben die einheitenlose Sichtweite in Kilometern, wobei die einheitenlose Höhe in Metern einzusetzen ist. Für einen Erdradius von 6370 km erhält man:
Diese Berechnung berücksichtigt allerdings nicht die Refraktion der Atmosphäre. Diese krümmt die Lichtstrahlen zur Erde hin, verringert damit die effektive Krümmung der Erdoberfläche und lässt dadurch die Erde größer erscheinen. Der scheinbare Erdradius im optischen Bereich ist mit 7700 km etwa 20 % größer[5], die optische Sichtweite ist daher etwa 10 % größer als die geometrische Sichtweite:
Der Effekt bewirkt allerdings nicht nur eine vergrößerte Sichtweite, sondern es kommt neben der Perspektive zu einer optischen Stauchung von Objekten am Horizont. Ein kugelförmiger Ballon in Horizontnähe erscheint oval.
Im Bereich von Radiowellen ist der scheinbare Erdradius etwa genauso groß wie im optischen Bereich[6][7][8]
Allerdings spielt im Radiowellenbereich weniger die direkte Sichtbarkeit eine Rolle, sondern vielmehr die Signaldämpfung. Deshalb muss die Diffraktion berücksichtigt werden. Unter Annahme, dass die erste Fresnelzone nicht komplett verdeckt sein darf, damit sich die Dämpfung in Grenzen hält, erhält man als Näherung ( jeweils in km, in m):
Die Gleichung gilt für die Ausbreitung von Bodenwellen (nicht für Raumwellen mit Reflexionen an der Ionosphäre, die zusätzliche Reichweite verschafft). Für einen Langwellensender mit 3868 m erhält man eine Reichweite von knapp 680 km.
Sind Augen und Objekt über die Referenzebene erhoben, was schon durch die Augeshöhe der in der Ebene stehenden Person gegeben ist, so addieren sich die Abstände beider von der Stelle, wo die sie verbindende Tangente die Erdoberfläche berührt:
beziehungsweise wieder einheitenlos:
Das rechte Bild entstand auf einer Blickhöhe von m. Bei diesem Schiff am Horizont wird ein oberhalb der Wasserlinie befindlicher Teil des Schiffsrumpfs aufgrund der Erdkrümmung verdeckt. Daraus folgt bereits, dass das Schiff mehr als 5,6 km weit weg sein muss. Sind 5/10/15 Meter des Schiffsrumpfs nicht sichtbar, dann ist das Schiff weitere 9/12/15 km weit entfernt. (Werte entstammen der folgenden Tabelle.)
Die Tabelle zeigt einige Werte für die maximale optische Sichtweite unter Berücksichtigung der atmosphärischen Refraktion nach Formel (6b). Daran wird die Bedeutung der Höhe des Ausgucks von Schiffen deutlich: Von einem 15 m hohen Mast kann der Beobachter ein Schiff in 15 km Entfernung in kompletter Größe sehen. Umgekehrt sieht die Wache dort von 0 m Höhe aus am Horizont nur den Ausguck des anderen Schiffes.
Sicht- höhe | Sicht- weite | Sicht- höhe | Sicht- weite | Sicht- höhe | Sicht- weite | Sicht- höhe | Sicht- weite | |||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 m | 3,9 km | 10 m | 12 km | 100 m | 39 km | 1000 m | 123 km | |||
1,5 m | 4,8 km | 15 m | 15 km | 150 m | 48 km | 1500 m | 150 km | |||
2 m | 5,6 km | 20 m | 18 km | 200 m | 56 km | 2000 m | 173 km | |||
3 m | 6,8 km | 30 m | 22 km | 300 m | 68 km | 3000 m | 210 km | |||
4 m | 7,9 km | 40 m | 25 km | 400 m | 79 km | 4000 m | 241 km | |||
5 m | 8,8 km | 50 m | 28 km | 500 m | 88 km | 5000 m | 269 km | |||
6 m | 9,6 km | 60 m | 30 km | 600 m | 96 km | 6000 m | 293 km | |||
7 m | 10,4 km | 70 m | 33 km | 700 m | 104 km | 7000 m | 315 km | |||
8 m | 11,1 km | 80 m | 35 km | 800 m | 111 km | 8000 m | 335 km | |||
9 m | 11,8 km | 90 m | 37 km | 900 m | 118 km | 9000 m | 354 km |
Bei Sicht aus großen Höhen (Aufklärungs-Flugzeuge, Wetterballons, Satelliten, Blick von Mond) treten weitere Aspekte auf:
Diesmal führen wir die Berechnung mit Hilfe des Sinussatzes durch:
Bekannt sind zwei Seiten x1 = R und x2 = R + h sowie der der größeren Seite x2 gegenüberliegende Winkel ω2 = 90° + α.
Den gesuchten Winkel βα erhält man unter Nutzung des Innenwinkel-Satzes:
Für eine Elevation von α = 0°, wenn die Oberfläche gerade am Rand zu erkennen sein soll, vereinfacht sich (9) zu:
Aus β (kann β0 oder βα sein) kann die Sichtweite in Kilometer oder Nautischen Meilen berechnet werden (β in Radian, Radius in gewünschter Einheit):
oder die sichtbare Erdoberfläche durch Berechnung des Kugelsegments:
oder der Flächenanteil der Erde durch Division durch die Gesamtkugeloberfläche 4πR2:
Flugobjekt | Flughöhe | Sichtweite Radius | Sichtweite Durchmesser | Sichtweite Fläche | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Passagier-Flugzeug | 10 km | 3,2° | 357 km | 193 NM | 6,4° | 713 km | 385 NM | 0,400 Mio. km² | 0,117 Mio. NM² | 0,08 % |
Flugzeug Lockheed SR-71 | 25 km | 5,1° | 563 km | 304 NM | 10,1° | 1127 km | 608 NM | 0,997 Mio. km² | 0,291 Mio. NM² | 0,20 % |
Internationale Raumstation | 400 km | 19,8° | 2201 km | 1188 NM | 39,6° | 4401 km | 2377 NM | 15,064 Mio. km² | 4,392 Mio. NM² | 2,95 % |
Iridium-Satelliten | 780 km | 27,0° | 3003 km | 1622 NM | 54,0° | 6006 km | 3243 NM | 27,813 Mio. km² | 8,109 Mio. NM² | 5,45 % |
Globalstar-Satelliten | 1400 km | 34,9° | 3884 km | 2097 NM | 69,9° | 7768 km | 4194 NM | 45,937 Mio. km² | 13,393 Mio. NM² | 9,01 % |
GPS-Satelliten | 20250 km | 76,2° | 8467 km | 4572 NM | 152,3° | 16933 km | 9143 NM | 193,944 Mio. km² | 56,545 Mio. NM² | 38,04 % |
Geostationäre Satelliten | 35800 km | 81,3° | 9040 km | 4881 NM | 162,6° | 18080 km | 9762 NM | 216,440 Mio. km² | 63,104 Mio. NM² | 42,45 % |
Mondoberfläche | 376330 km | 89,0° | 9900 km | 5346 NM | 178,1° | 19800 km | 10691 NM | 250,709 Mio. km² | 73,095 Mio. NM² | 49,17 % |
Lagrange-Punkt L2 | 1,5 Mio. km | 89,8° | 9979 km | 5388 NM | 179,5° | 19958 km | 10776 NM | 253,874 Mio. km² | 74,018 Mio. NM² | 49,79 % |
Pale Blue Dot | 6 Mrd. km | 90,0° | 10006 km | 5403 NM | 180,0° | 20012 km | 10806 NM | 254,952 Mio. km² | 74,332 Mio. NM² | 50,00 % |
Flugobjekt | Flughöhe | Sichtweite Radius | Sichtweite Durchmesser | Sichtweite Fläche | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Passagier-Flugzeug | 10 km | 0,5° | 55 km | 30 NM | 1,0° | 111 km | 60 NM | 0,010 Mio. km² | 0,003 Mio. NM² | 0,00 % |
Flugzeug Lockheed SR-71 | 25 km | 1,2° | 133 km | 72 NM | 2,4° | 267 km | 144 NM | 0,056 Mio. km² | 0,016 Mio. NM² | 0,01 % |
Internationale Raumstation | 400 km | 12,1° | 1344 km | 726 NM | 24,2° | 2687 km | 1451 NM | 5,651 Mio. km² | 1,648 Mio. NM² | 1,11 % |
Iridium-Satelliten | 780 km | 18,7° | 2076 km | 1121 NM | 37,4° | 4152 km | 2242 NM | 13,420 Mio. km² | 3,913 Mio. NM² | 2,63 % |
Globalstar-Satelliten | 1400 km | 26,2° | 2908 km | 1570 NM | 52,3° | 5817 km | 3141 NM | 26,117 Mio. km² | 7,615 Mio. NM² | 5,12 % |
GPS-Satelliten | 20250 km | 66,4° | 7379 km | 3984 NM | 132,7° | 14758 km | 7968 NM | 152,758 Mio. km² | 44,537 Mio. NM² | 29,96 % |
Geostationäre Satelliten | 35800 km | 71,4° | 7943 km | 4289 NM | 142,9° | 15886 km | 8578 NM | 173,822 Mio. km² | 50,678 Mio. NM² | 34,09 % |
Mondoberfläche | 376330 km | 79,1° | 8790 km | 4746 NM | 158,1° | 17580 km | 9492 NM | 206,570 Mio. km² | 60,226 Mio. NM² | 40,51 % |
Lagrange-Punkt L2 | 1,5 Mio. km | 79,8° | 8868 km | 4788 NM | 159,5° | 17735 km | 9576 NM | 209,635 Mio. km² | 61,120 Mio. NM² | 41,11 % |
Pale Blue Dot | 6 Mrd. km | 80,0° | km | 88944802 NM | 160,0° | 17788 km | NM | 9605210,680 Mio. km² | 61,424 Mio. NM² | 41,32 % |
Für Beobachter außerhalb der Atmosphäre und für Objekte in Meereshöhe kann die Refraktion in der Atmosphäre am besten durch korrigierte Werte von α berücksichtigt werden. Die Korrektur entspricht der Astronomischen Refraktion der bodennahen Schichten, nur mit umgekehrtem Strahlweg.
Die vom United States Naval Observatory verwendete Formel[9] lautet:
wobei die Horizontdistanz in Grad und der Kotangens mit dem Argument in Grad ist. Der Wert gibt die Korrektur in Winkelminuten an.
α | αkorr | α | αkorr | α | αkorr | ||
---|---|---|---|---|---|---|---|
0° | −0,57° | 2° | 1,70° | 10° | 9,91° | ||
0,5° | 0,02° | 3° | 2,76° | 15° | 14,94° | ||
1° | 0,59° | 5° | 4,84° | 20° | 19,95° |
Die geografische Sichtweite hängt von der Höhe des Beobachtungsortes und der Topologie seiner näheren und ferneren Umgebung ab. Daneben können auch Bebauung und Bewuchs und somit auch die Jahreszeit eine erhebliche Rolle spielen.
Reines Meerwasser hat im Bereich des sichtbaren Lichts eine Extinktionslänge 1/σ von etwa 1,7 m (λ = 700 nm, langwelliges rot) bis etwa 100 m (λ = 450 nm, blau). Bei Tauchgängen in Naturgewässern gilt eine Sichtweite von 40 m als außerordentlich gut. Die Sicht kann getrübt werden durch Schwebeteilchen (Plankton, Blütenstaub, Wüstensand), durch Schwemmteilchen in Strömungen (Flussmündung) oder durch Abwässer und die Einleitung chemischer Stoffe.
Auf Himmelskörpern mit keiner oder sehr dünner Atmosphäre gelten bei angepasstem Radius die gleichen Formeln wie auf der Erde, vorausgesetzt der Himmelskörper ist näherungsweise kugelförmig.
Körper | Radius | Sichtweite | Bemerkungen |
---|---|---|---|
Ceres | km | 480||
Mond | 1737 km | ||
Merkur | 2440 km | ||
Mars | 3390 km | Dünne Atmosphäre kann vernachlässigt werden. Staubstürme können meteorologische Sichtweite auf weniger als 1 km verringern. |
Wäre die Atmosphäre der Erde knapp sechs Mal dichter als gegenwärtig, wäre die optische Sichtweite nicht nur um 10 % größer, sondern man könnte wesentlich weiter sehen, da sich Licht parallel zur Erdoberfläche ausbreiten würde. Das in der Formel würde bei diesem Druck etwa gegen 1 gehen:
was gegen unendlich gehen lässt.
Himmelskörper mit noch dichterer Atmosphäre brechen Licht noch stärker zum Himmelskörper hin, so dass Wellenleiterstrukturen entstehen und der Horizont so weit angehoben wird, dass die wahrgenommene Oberfläche konkav wird. Dieser Effekt tritt in der dichten Atmosphäre der Venus auf. Allerdings gibt es auch dort eine maximale Sichtweite und einen Horizont, ab einer Grenz-Elevation verlässt der Blickstrahl die Venus. Siehe Venera 13.
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