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deutscher Zellbiologe Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Peter Gruss (* 28. Juni 1949 in Alsfeld) ist ein deutscher Zellbiologe. Er war von 2002 bis 2014 Präsident der Max-Planck-Gesellschaft. Seit 1. Januar 2017 ist er Präsident des Okinawa Institute of Science and Technology (OIST Graduate University) in Okinawa, Japan.[1]
Gruss wuchs in Alsfeld auf. Er absolvierte sein Abitur 1968 an der Schwalmschule Treysa/Hessen (jetzt Schwalmstadt) im Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Zweig. Danach studierte er Biologie an der TH Darmstadt. Nach dem Diplom, das er 1973 ablegte, forschte Gruss von 1974 bis 1977 am Institut für Virusforschung des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg für seine Promotion über ein Tumorvirus. 1977 folgte die Promotion an der Universität Heidelberg. Anschließend war er zunächst weiter als Assistent am Institut für Virusforschung beim Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg tätig, von 1978 bis 1982 arbeitete er als Postdoktorand an den National Institutes of Health in Bethesda, Maryland, (USA) über die Transkription von Tumorviren.
1982 kam er wieder zurück nach Heidelberg, wurde dort Professor am Institut für Mikrobiologie (bis 1986) und führte Englisch als Seminarsprache ein. Ab 1983 gehörte er dem Direktorium des Zentrums für Molekulare Biologie Heidelberg (ZMBH) an. Während dieser Zeit organisierte er mehrere internationale Fachtagungen. Seit 1986 ist er Wissenschaftliches Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft; von 1986 bis zu seiner Emeritierung 2014 war er Direktor der Abteilung „Molekulare Zellbiologie“ am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie. Seit 1990 ist er auch Honorarprofessor der Universität Göttingen.
Gruss legte seinen Schwerpunkt auf die Prozesse der Genregulation. Sein besonderes Interesse galt den genetischen und zellbiologischen Bausteinen zum An- und Abschalten genetischer Programme bei Tumorviren und während der embryonalen Entwicklung. 1981 gehörte er zu den Erstentdeckern von Enhancern (beim SV40). In Experimenten mit Mäusen gelang es ihm, wichtige kontrollierende Gene (sogenannte Pax-Gene) zu identifizieren, die die Entwicklung verschiedener Organe steuern. In einer Studie zur Bauchspeicheldrüse machte er Gene aus, die zur Entstehung der Insulin produzierenden Langerhansschen Zellen beitragen. Auf dieser Grundlage gelang es auch, Stammzellen in Insulin produzierende Zellen zu differenzieren.
Am 14. Juni 2002 wurde er Präsident der Max-Planck-Gesellschaft. Er war am 23. November 2001 vom Senat der Max-Planck-Gesellschaft für zunächst eine Amtsperiode von 2002 bis 2008 gewählt und am 28. Juni 2007 für eine zweite Amtsperiode bis Juni 2014 bestätigt worden. Gruss war zwischen 2008 und 2014 Mitglied des Aufsichtsrates der Siemens AG.[2][3]
Seit Anfang 2015 baut Gruss bei Siemens den neuen „Siemens Technology & Innovation Council“ (STIC) auf, einen Beirat, der sich mit Technologien und Innovationen befassen soll, die im Zeithorizont von über zehn Jahren für Siemens wichtig werden. Gruss bestimmt die Ausrichtung des Gremiums und ist auch dessen Leiter.[4] Gruss war außerdem von 2011 bis 2017 Mitglied im Aufsichtsrat der Schweizer Biotech-Firma Actelion.
Gruss ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Gruss setzte sich auch für die Anwendung seiner Erkenntnisse ein: 1997 gründete er gemeinsam mit Herbert Jäckle, Wolfgang Driever und Herbert Stadler die Firma DeveloGen AG in Göttingen, die seit 2010 Teil der Firma Evotec ist. Das Unternehmen widmete sich der Entwicklung neuer Behandlungsmethoden von Stoffwechsel- und endokrinologischen Erkrankungen mit einem Schwerpunkt auf Diabetes.[5]
Gruss galt bei Amtsantritt in der Presse als „Macher amerikanischen Stils“, der Spiegel nannte ihn einen „bescheiden auftretenden Überflieger“.[6][7][8]
In der Antrittsrede von Gruss standen die finanziellen Spielräume der Forschung im Vordergrund: er forderte die Einführung eines forschungsspezifischen Tarifrechts, um die weltweit besten Wissenschaftler gewinnen zu können. Weiterhin sprach sich Gruss für verlässliche finanzielle Rahmenbedingungen aus: „Nur angemessene, über einen längeren Zeitraum festgeschriebene Steigerungsraten für den Haushalt der MPG können Planungssicherheit gewährleisten.“[9] Nachdem die Steigerungen des Haushalts der MPG in den Jahren zuvor niedriger ausgefallen seien als beantragt, drohten Einschnitte in den Institutshaushalten.
Gruss wies mehrfach darauf hin, dass die Berufung von Direktoren der Max-Planck-Gesellschaft in Konkurrenz zu den weltweit führenden Forschungseinrichtungen geschehe:
„Wir bei Max-Planck konkurrieren aber nicht mit dem Durchschnitt, sondern mit den Harvards, den Cambridges und ETH Zürichs dieser Welt“[10]
Deutschland sei im internationalen Vergleich bei den Gehältern nicht konkurrenzfähig; die Max-Planck-Gesellschaft sei jedoch aufgrund der Unterstützung durch die Max-Planck-Förderstiftung und durch ihre weltweit bekannte Planungssicherheit in der Lage, diesen Nachteil weitgehend zu kompensieren.[10]
Ein erster Schritt in der Verbesserung der finanziellen Konditionen für Topwissenschaftler aus dem Ausland sei die Wissenschaftsfreiheitsinitiative, die seit 2009 den außeruniversitären Forschungseinrichtungen neue finanzielle Freiheiten bietet.[11]
In der Amtszeit von Gruss wurden mehrere Institute um- oder neugegründet: Das MPI zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern und das MPI für Ornithologie wurde von einer Forschungsgruppe zum Institut erhoben, das MPI für Geschichte wurde zum MPI für multireligiöse und multiethnische Systeme umgegründet, das MPI für die Biologie des Alterns und das MPI für die Physik des Lichts wurden neu gegründet.[12] Mit dem Max Planck Florida Institute for Neuroscience wurde das erste Institut der Max-Planck-Gesellschaft außerhalb Europas gegründet; es wird durch den Staat Florida und das örtliche County finanziert. Weiterhin wurde das MPI für Metallforschung in das MPI für Intelligente Systeme überführt und ein Institutsteil am Standort Tübingen neu gegründet.[13]
Als neue Tochterfirma der Max-Planck-Gesellschaft wurde 2008 das Lead Discovery Center in Dortmund gegründet, das einen verbesserten Technologietransfer von neu entwickelten pharmazeutischen Wirkstoffen leisten soll.[14]
Erfolgreich ist insbesondere die internationale Vernetzung: Nachdem als „Vorbild“ die Gründung des Instituts in Florida bekanntgegeben wurde, erreichten die MPG nach einem Bericht des Spiegel Anfragen aus Kanada und Südkorea zur Gründung von Instituten.[15] 25 Prozent der Direktoren in der Max-Planck-Gesellschaft haben einen ausländischen Pass.[10]
In einem Interview erläuterte Gruss eine neue Strategie zur Gründung von sogenannten „Max-Planck-Centern“ zur Kooperation mit ausländischen Forschungseinrichtungen, die es unter anderem schon in Shanghai, Buenos Aires und Neu-Delhi gibt.[16]
Im Januar 2013 versuchte Gruss als Präsident der MPG, Einfluss auf ein an der Universität Düsseldorf durchgeführtes Verfahren zur Aberkennung des Doktorgrades von Annette Schavan zugunsten der damaligen Wissenschaftsministerin zu nehmen.[17]
Zwischen 2007 und 2011 war Gruss Herausgeber einer Sachbuchreihe, die als „Reports der Max-Planck-Gesellschaft“ erscheinen:
Seit 2003 ist Gruss Mitglied der American Academy of Arts and Sciences, seit 2004 ist er ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Ferner ist er Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (seit 1996) und der Akademie deutscher Naturforscher Leopoldina (seit 1995). Weiterhin ist er seit 1989 Mitglied der Academia Europaea.
Das US-amerikanische Institute of Scientific Information (ISI) führte ihn zeitweise in seiner Datenbank der Highly Cited Researcher im Gebiet „Molecular Biology and Genetics“. Die Datenbank nimmt aus jedem Fachgebiet lediglich die rund 250 meistzitierten Wissenschaftler der Welt auf.[18]
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