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im archivarischen Sinne einer Institution vermachtes archivwürdiges Material Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Nachlass bezeichnet im archivarischen Sinne archivwürdiges Schriftgut und andere Materialien, die von einer natürlichen Person nach deren Tod von einer Bibliothek, einem Archiv oder einer anderen (wissenschaftlichen) Institution übernommen werden.[1] Sofern der Erblasser in seinem Testament bestimmte Sachen zur Archivierung vererbt, ist dies im juristischen Sinne ein Vermächtnis.
Unter Umständen wird nicht der gesamte Nachlass einer Person in einer Institution aufbewahrt, sondern es finden sich mehrere Teilnachlässe oder Splitternachlässe[2] in unterschiedlichen Institutionen.
Als Kryptonachlass bezeichnet man den Nachlass einer Person, der sich im Nachlass einer anderen Person befindet.[3]
Als einen angereicherten Nachlass bezeichnet man einen Nachlass, der nachträglich um Materialien ergänzt wurde, z. B. um Briefe des Nachlassers, die sich zuvor bei dessen Korrespondenzpartnern befanden. Ebenfalls ist ein Nachlass als angereichert zu betrachten, wenn private Dokumente mit Stücken aus anderem Archivgut vermischt sind.
Im übertragenen Sinn wird manchmal auch von einem Firmennachlass oder einem Vereinsnachlass gesprochen. Der Bestandsbildner ist in diesem Fall keine natürliche Person, sondern eine juristische, beispielsweise ein Unternehmen oder ein Verein.
Zu Lebzeiten kann eine Person ihr persönliches Archivgut auch verschenken oder verkaufen. Man spricht dann von einem Vorlass. Der Begriff wurde vom damaligen Leiter der Handschriftenabteilung des Deutschen Literaturarchivs Marbach, Jochen Meyer, in verschiedene Typologien differenziert. In Marbach befindet sich – neben vielen anderen – auch ein als Vorlass von Hans Magnus Enzensberger[4] hinterlegter Bestand.
In Archiven gelten für die inhaltliche Erschließung von Nachlässen die gleichen Grundregeln wie für die Erschließung von Archiv- und Sammlungsgut (v. a.: Die Einheitlichkeit der Verzeichnung von Nachlässen wird durch den Einsatz spezifischer Archivsoftware unterstützt). Das in deutschsprachigen Ländern vor allem im Bibliotheksbereich verwendete Regelwerk für die Erschließung von Nachlässen und Autographen sind die so genannten RNAB (Regeln und Normen zur Erschließung von Nachlässen in Archiven und Bibliotheken[5]). Diese neuen, überwiegend von Bibliotheken erstellten Regeln versuchen ebenso eine einheitliche Erschließung von Nachlässen im deutschsprachigen Raum zu fördern und lassen eine gewisse Parallelität zur mehrstufigen Bestandserschließung in Archiven erkennen.
Es gibt verschiedene Ansätze, Nachlässe übergreifend nachzuweisen. Dies ist besonders wichtig, da in der Regel die Person selbst oder Erben über die Abgabe entscheiden. Nachlässe von Schriftstellerinnen und Schriftstellern finden sich z. B. in großem Umfang im Deutschen Literaturarchiv Marbach, können aber ebenfalls in weiteren Archiven, Bibliotheken oder Museen überliefert sein. Nachlässe von Politikern können sich in den einschlägigen Parteiarchiven, zuständigen Staats- oder Kommunalarchiven des Wirkungskreises befinden, in dem der Erblasser tätig war.
Grundlegend gilt daher die Empfehlung, vor allem auch im Interesse der Wissenschaft, dass Nachlässe den Archiven, Museen oder Bibliotheken angeboten werden, in dessen Zuständigkeitsbereich der Nachlass fällt. Hier kann der Wirkungskreis (der Person oder Firma) ein ganz wesentliches Kriterium sein. Bei dienstlichen Unterlagen kann es sich nach dem deutschen Archivrecht um das Eigentum des Dienstherrn handelt. Nicht selten wird diese Regel von Nachlassgebern übersehen oder von übernehmenden Institutionen ignoriert.
Nachlässe und Teilnachlässe oder Splitter können in unterschiedlichen Institutionen nachgewiesen sein. Eine besondere Hilfe für Nutzerinteressen spielen dabei Fachportale, wie das Archivportal-D oder der Nachweis der Nachlässe im Bundesarchiv.
Nachlässe dienen als Quellen für Biografien, für historische, literaturwissenschaftliche und wissenschaftshistorische Forschungen. Aber auch Genealogen nutzen Nachlässe. Das Recht auf Einsicht in die Unterlagen eines Nachlasses kann verschiedenen Kriterien und Beschränkungen unterliegen. Handelt es sich bei einem Nachlass um eine Schenkung, dann gelten die allgemeinen Benutzungsregeln des betreffenden Archivs. Einschränkungen können entstehen, wenn Erben oder der Erblasser selbst den Vor- oder Nachlass als Depositum übergeben haben.
Heute sind öffentliche Archive bestrebt, ihre ihnen anvertrauten Nachlässe der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Einschränkungen können durch die zu beachtenden Persönlichkeitsrechte noch lebender Personen, das Datenschutzrecht, Urheberrechten oder Rechten Dritter entstehen. Dabei kann der Nachlasser bestimmte Nutzungsbeschränkungen erteilen. So bestimmte beispielsweise der Kirchenhistoriker Franz Xaver Kraus, dass sein Nachlass der Stadtbibliothek Trier übergeben werden sollte und erst 50 Jahre nach seinem Tod geöffnet werden dürfe. Ein Problem können die Kosten für die Erschließungsarbeiten, Restaurierung und die Aufbewahrung des Nachlasses darstellen. Ähnliches gilt auch, wenn der Nachlass lediglich als Depositum, also als Dauerleihgabe, einer Institution übergeben wird. Hier werden heute meist Vereinbarungen getroffen, die bereits im Vorhinein regeln, dass der Leihgeber bei einer eventuellen Rückforderung die entstandenen Kosten für Erschließung und Aufbewahrung zu erstatten hat.
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