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mathematische Berechnungen zur Entwicklung des Universums Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die zwei Friedmann-Gleichungen beschreiben in der Kosmologie die zeitliche Entwicklung des Universums. Sie werden manchmal auch als Friedmann-Lemaître-Gleichungen bezeichnet, weil sie von Alexander Friedmann und unabhängig von ihm auch von Georges Lemaître entdeckt wurden. Sie sind eine Vereinfachung der einsteinschen Feldgleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie (ART) unter der Annahme eines homogenen und isotropen Weltalls (Kosmologisches Prinzip). Aus den Gleichungen lassen sich je nach dem Energiegehalt des Universums Voraussagen über seine zeitliche Entwicklung herleiten, d. h. die spezielle Form der Expansion oder Kontraktion.
Die Materieverteilung im Universum ist auf geringen Entfernungen sehr unregelmäßig, erscheint allerdings ab mehreren hundert Megaparsec zunehmend isotrop, d. h. in alle Richtungen gleich aussehend. Unter der Annahme, dass ein Beobachter im Universum in keiner Weise privilegiert ist (kopernikanisches Prinzip), leitet sich daraus unmittelbar ab, dass das Universum von jedem Standpunkt aus isotrop und homogen aussieht.
Berücksichtigt man die Isotropie der Materieverteilung, so folgt, dass der räumliche Anteil des Energie-Impuls-Tensors eine relativ einfache Form bekommt und ein Vielfaches des Einheitstensors sein muss:[1]
Dabei steht
Das kosmologische Prinzip macht nun die weitere Annahme erforderlich, dass die Krümmung des Raumes unabhängig von der Position im Raum sein soll. Diese Annahme führt zu einer relativ speziellen Form des metrischen Tensors. Werden dieser Tensor und die eben gezeigte Form des Energie-Impuls-Tensors in die einsteinschen Feldgleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie mit kosmologischer Konstante eingesetzt, so kann man daraus die Robertson-Walker-Metrik ableiten, die unten näher beschrieben wird.
Bei dieser Herleitung erhält man zusätzlich auch die erste Friedmann-Gleichung in ihrer modernen Fassung mit kosmologischer Konstante:
sowie die Beschleunigungsgleichung
Hierbei bezeichnet
Teils wird auch nur die erste Gleichung als Friedmann-Gleichung bezeichnet.
Albert Einstein ging zunächst von einem statischen Universum aus, das sich weder ausdehnt noch zusammenzieht. Dazu musste er in seinen Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie eine entsprechende Konstante einführen, die er kosmologische Konstante (Λ) nannte.
Der russische Mathematiker und Physiker Alexander Friedmann verwarf diese Annahme eines statischen Universums und setzte die kosmologische Konstante gleich Null. Stattdessen stellte er mit den nach ihm benannten Friedmann-Gleichungen drei Modelle eines expandierenden Universums auf. Diese beeinflussten in der Folge erheblich die physikalischen Auffassungen und Modelle Einsteins.
Die Gleichungen sagen in Abhängigkeit von der totalen Energiedichte verschiedene Werte für die Krümmung der Raumzeit voraus (entsprechend den Werten −1, 0 oder +1 für in obigen Gleichungen):
Je nach Zustandsgleichung der im Universum enthaltenen Materie ergeben sich auch drei verschiedene Möglichkeiten für die weitere Entwicklung des Universums:
Die verschiedenen Möglichkeiten für die Krümmung und das Expansionsverhalten des Universums sind zunächst unabhängig voneinander. Erst durch verschiedene einschränkende Annahmen über die vorkommenden Materieformen ergeben sich Abhängigkeiten.
Die durch die Friedmann-Gleichungen beschriebene Expansion des Universums liefert eine Erklärung für den 1929 von Edwin Hubble entdeckten linearen Zusammenhang von Rotverschiebung und Entfernung. Hubble selbst interpretierte seine Beobachtungen damals zunächst als optischen Dopplereffekt. Modelle statischer Universen, die zuvor populär waren, können die beobachtete Rotverschiebung nicht erklären und verloren somit weiter an Bedeutung.
Die Expansionsrate wird mit der Hubble-Konstante H0 angegeben. Aus H0 lässt sich das Alter des Universums bestimmen, wobei jedes der drei Modelle einen anderen Wert liefert.
Aus neuesten Messungen der Expansionsrate über die Hintergrundstrahlung des Weltalls ergibt sich derzeit (August 2012) folgendes Bild:
Die gesamte Energiedichte des Universums setzt sich nach neuesten Erkenntnissen zusammen aus:
Obwohl die Gravitation die schwächste der vier bekannten Wechselwirkungen ist, stellt sie auf größeren Maßstäben die dominierende Kraft im Universum dar und bestimmt dessen Entwicklung und Dynamik. Die gegenwärtig beste Beschreibung der Gravitation ist die allgemeine Relativitätstheorie (ART). Diese verknüpft die Verteilung und Dynamik der Materie mit der Geometrie der Raumzeit gemäß:
Hierin beschreibt der Einstein-Tensor G die Geometrie der Raumzeit, während der Energie-Impuls-Tensor T alle Materie- und Energiefelder umfasst. Der (0,2)-Tensor heißt Einsteinmetrik und stellt die allgemein-relativistische Verallgemeinerung des metrischen Tensors
für die statische und flache Minkowski-Raumzeit auf gekrümmte Raumzeiten dar. steht für die kosmologische Konstante. Letztere wird unter anderem als Vakuumenergie interpretiert, die mit Hilfe virtueller Teilchen zwar berechnet werden kann, aber unbefriedigende Werte ergibt. Ihre eigentliche Natur ist also noch nicht ausreichend verstanden.
Exakte Lösungen für die Feldgleichungen wurden bisher nur für hochsymmetrische Materieverteilungen gefunden. Das Problem besteht darin, für die oben beschriebene, idealisierte Materie- und Energieverteilung T einen passenden metrischen Tensor g zu finden, aus der sich der Einsteintensor G zusammensetzt.
Der metrische Tensor kann über das sogenannte Linienelement dargestellt werden:
wobei über identische hoch- und tiefgestellte Indizes über alle möglichen Werte des Index zu summieren ist. Diese abkürzende Schreibweise wird auch einsteinsche Summenkonvention genannt.
Howard P. Robertson (1935) und Arthur Geoffrey Walker (1936) fanden, wie oben bereits angedeutet, unabhängig voneinander eine Lösung für die Feldgleichungen für den Fall eines idealisierten Kosmos mit konstanter Krümmung. Das Linienelement dieser Geometrie, welches bereits 1922 von Friedmann benutzt wurde, lautet
Hierbei stellt die „mitbewegte“ Radialkoordinate dar, die Eigenzeit eines „mitbewegten Beobachters“, den Expansionsfaktor des Universums. und kennzeichnen die beiden Winkelkoordinaten, analog zu einem sphärischen Koordinatensystem. Ein mitbewegter Beobachter folgt der Expansion des Universums. Seine mitbewegte Radialkoordinate behält hierbei ihren numerischen Wert.
Die Funktion unterscheidet zwischen dreidimensionalen raumartigen Hyperflächen konstanter Zeit mit positiver, verschwindender oder negativer Krümmung . Unter einer solchen Hyperfläche versteht man alle Ereignisse, die zur gleichen kosmologischen Zeit stattfinden. Zum Beispiel formen unsere Milchstraße und alle anderen Galaxien heute eine raumartige Hyperfläche. Nur sehen wir diese Galaxien aufgrund der Lichtlaufzeit nicht in diesem heutigen Zustand, sondern in einem individuellen und bereits vergangenen Zustand. Die raumartige Hyperfläche, welche sie aufspannen, ist daher keiner Beobachtung zugänglich.
ist gegeben durch
Durch Umskalieren der Radialkoordinate und Neudefinition des Skalenfaktors lässt sich der Krümmungsparameter auf einen der Werte −1, 0 oder 1 festlegen. Mit der Robertson-Walker-Metrik und der oben gezeigten Form des Energie-Impuls-Tensors können aus den einsteinschen Feldgleichungen die Friedmann-Gleichungen abgeleitet werden. Details dazu finden sich unter anderem in Gravitation (Misner, Thorne und Wheeler, 1973).
Die Friedmann-Gleichungen lassen sich zu einer weiteren Gleichung kombinieren[1], die in anschaulicher Weise die Massen- und Energieerhaltung beschreibt
Die erste Friedmann-Gleichung genügt daher, um zusammen mit dem Energieerhaltungssatz die globale Entwicklung des Universums zu beschreiben.
Die Friedmann-Gleichungen enthalten die drei unbekannten Funktionen , und . Um eine eindeutige Lösung zu erhalten, ist daher eine weitere Gleichung, die Zustandsgleichung der Materie, nötig. Gewöhnliche (baryonische) Materie, Strahlung und die Kosmologische Konstante bilden die Hauptquellen der Gravitation auf der rechten Seite der Feldgleichungen der ART. Die Materie kann hierbei als druckloser „Staub“ angesehen werden, d. h., die Teilchen bewegen sich kollisionsfrei mit nicht-relativistischen Geschwindigkeiten. Für die drei unbekannten Funktionen gelten damit die folgenden drei Zustandsgleichungen:
Aus der Energieerhaltung ergibt sich daraus der Zusammenhang zwischen Dichte und Skalenfaktor :
Als Anfangswert für die Friedmann-Gleichungen wird verwendet, wobei die kosmologische Zeit im Jetzt darstellt. Mit den Konstanten
welche die Materiedichte und Vakuumenergiedichte parametrisieren, kann die erste Friedmann-Gleichung als
geschrieben werden. Die Hubble-Funktion wird dabei, wie oben, gemäß
definiert. Diese beschreibt die Expansionsrate des Universums, mit zum heutigen Zeitpunkt. Die Strahlungsdichte wurde vernachlässigt, da sie mit abfällt und daher gegenüber der Materiedichte rasch unbedeutend wird.
Löst man die erste Friedmann-Gleichung für den speziellen Zeitpunkt , sieht man, dass die Konstanten nicht unabhängig sind, sondern dass gilt
Setzt man dies in die erste Friedmann-Gleichung ein, erhält man die bekannteste Darstellung:
Für ein flaches Universum mit , wie dem unseren, kann man eine explizite Lösung dieser Gleichung für den Skalenfaktor angeben. Mit dem Verfahren der Variablentrennung lässt sich diese Differentialgleichung in ein Integral verwandeln. Wählt man die Integrationskonstante so, dass neben auch gilt, so folgt
wählt man dann noch , so dass das Universum einen singulären Anfang besitzt, so berechnet sich das Weltalter in diesem vereinfachten Modell, d. h. unter Vernachlässigung der Strahlungsära, gemäß
Die Formel für lässt sich damit auf
vereinfachen. Daraus erhält man durch eine einfache Umformung die folgende Formel für die Zeitabhängigkeit des Skalenfaktors:
Dieser Ausdruck beschreibt das Expansionsverhalten für ein flaches Universum mit kosmologischer Konstante. Peacock (2001) und Carroll (1992) haben einen identischen Ausdruck in anderer analytischer Form hergeleitet. Es folgt weiter
Die über das Planck-Weltraumteleskop gemessenen Schwankungen in der Hintergrundstrahlung erlauben Rückschlüsse auf die Geometrie unseres Universums. Demnach ist dieses flach, mit einem Materiedichteparameter , einem Vakuumdichteparameter und einer Hubblekonstante von .
In dynamischen und gekrümmten Raumzeiten gibt es im Gegensatz zu euklidischen Räumen kein eindeutiges Entfernungsmaß mehr. Es existieren vielmehr verschiedene gleichberechtigte Entfernungsdefinitionen, die unter anderem mit Hilfe des Linienelementes eines Photons und der kosmologischen Rotverschiebung begründet bzw. abgeleitet werden können.
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