Evangeliar von Cividale
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Das Evangeliar von Cividale (auch Codex Aquileiensis oder Codex Foroiuliensis) ist eine Handschrift in lateinischer Sprache, die um das Jahr 500 verfasst wurde. Sie enthält den (Biblia) Vulgata-Text der Evangelien und ist in Unziale auf Pergament geschrieben. Die Handschrift enthält außerdem die Namen von etwa 1500 Pilgern des Klosters San Giovanni di Duino in Duino-Aurisina aus dem späten 9. und frühen 10. Jahrhundert. Die letzten Seiten der Handschrift fehlen. Es war damals üblich, solche Einzelblätter als Reliquien zu verwenden. Um 1300 wurde das Markus-Evangelium herausgetrennt und in Silberblech gebunden.
Der Teil der Handschrift mit den lesbaren Pilgernamen befindet sich heute im Nationalmuseum im namengebenden Cividale del Friuli als Codici sacri № 1, die 1354 gesondert gebundenen letzten beiden Quaternionen (Lagen von vier Pergament-Bögen) des Markus-Evangeliums im Prager Veitsdom.
Der kunstvolle wappenverzierte Einband aus Silberblech mit den ersten fünf Quaternionen des Markus-Evangeliums gehört zum Domschatz von San Marco in Venedig. 1420 hatte Venedig das Patriarchat von Aquileia erobert und das Evangeliar als dessen Emblem wie ein Staatsheiligtum an sich gebracht, weil es als verehrungswürdiger Autograph des Evangelisten galt. Bereits 828 hatten Venezianer die Markus-Reliquien aus Alexandria geraubt, wo der Evangelist als erster Patriarch gilt. Der Evangelist Markus löste dabei den heiligen Theodor Tiro als Stadtheiligen Venedigs ab. Dabei war der Wechsel des Stadtpatrons auch ein Zeichen der Unabhängigkeit von Byzanz und dem dortigen Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel. Venedig verfolgte bereits seit 774 mit einem eigenen Bistum in Olivolo (heute San Pietro di Castello) eine weitestgehende kirchenpolitische Unabhängigkeit und damit die Nachfolge der Patriarchate von Grado und Aquileia.