Mennicke stammte aus einer reformierten religiösen kleinbürgerlichen Familie. Da die Familie keine höhere Schulbildung finanzieren konnte, wurde er mit vierzehn Jahren Büroangestellter. Daneben bildete er sich fort und holte das Abitur nach. Teilweise von der reformierten Kirche unterstützt studierte er Theologie in Bonn, Halle und Berlin. Er studierte ab 1912 mit einem Stipendium in Utrecht. Nach dem Abschluss des Studiums kehrte er nach 1914 nach Deutschland zurück, um eine Vikariatsstelle in Godesberg zu übernehmen. Im Ersten Weltkrieg war er zeitweise Soldat. Im Jahr 1917 wurde er Hilfsprediger in Holten im Ruhrgebiet und lernte dort die schlechten Lebensbedingungen der Arbeiter kennen.
Ein Jahr später schloss er sich der „Sozialen Arbeitsgemeinschaft Berlin-Ost“ an. Diese zielte einerseits auf die Förderung der Arbeiterbildung, andererseits versuchte sie das Zusammenleben von Studenten, akademisch Gebildeten und Arbeitern zu fördern.[2]
Während der Novemberrevolution 1918/19 gehörte er neben Paul Tillich bereits zu den namhaften Teilnehmern eines Gesprächskreises Religiöser Sozialisten („Kairos-Kreis“).[3]
Mennicke gehörte zeitweise der USPD und dann der SPD an. Er blieb aber einer der bedeutendsten religiösen Sozialisten. Er gehörte neben Eduard Heimann und anderen dem Tillich-Kreis an. Er schrieb unter anderem für die Neue Blätter für den Sozialismus – Zeitschrift für geistige und politische Gestaltung. 1921 bis 1923 fungierte Mennicke auch als intellektueller Mentor und Redakteur eines informellen unabhängig-sozialistischen Netzwerks mit der Zeitschrift Sozialistische Lebensgestaltung.[4] Er trat 1927 aus der evangelischen Kirche aus und begann sich auch vom religiösen Sozialismus zu entfernen.[5]
Mennicke war seit 1923 Gründer und Leiter des „Seminars für Jugendwohlfahrt“ an der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin. War die Sozialpädagogik bisher fast ausschließlich ein Frauenberuf, war die Einrichtung von Mennickes die erste Ausbildungsstelle für Männer. Hintergrund der Gründung war das Reichsjugendgesetz von 1923. Die Schüler stammten meist aus dem Umfeld der Jugendbewegung. Im Jahr 1925 wurde die Einrichtung in „Wohlfahrtsschule“ umbenannt und bot einen den sozialen Frauenschulen vergleichbaren Bildungsgang für Männer an. Im Jahr 1927 wurde sie staatlich anerkannt. Der Lehrkörper bestand aus damals anerkannten Fachleuten.[6] Mennicke leitete sowohl die Wohlfahrtsschule als auch die 1925 an dieser Hochschule parallel etablierte „Wirtschaftsschule“ zur viersemestrigen Ausbildung von Funktionären für Verwaltung, Genossenschaften und Gewerkschaften.[7]
Seit 1925 war Mennicke Vorsitzender des Bundes Deutscher Sozialbeamter, des männlichen Gegenstücks zum weiblichen Deutschen Verband der Sozialbeamtinnen. Unter seiner Leitung schlossen sich beide Organisationen 1927 zur Vereinigung des Deutschen Verbandes der Sozialbeamtinnen und des Bundes Deutscher Sozialbeamten zusammen.[2]
Mennicke wurde im Jahr 1930 auf Vorschlag von Paul Tillich Leiter des Berufspädagogischen Instituts Frankfurt am Main und zugleich Honorarprofessor am Pädagogischen Seminar der Universität Frankfurt, dessen Leitung er 1931 in einer Doppelfunktion übernahm.[8] Sein Assistent war Hans Weil, der sich 1932 bei ihm und Tillich habilitierte.
Wegen seiner Zugehörigkeit zum Kreis der religiösen Sozialisten um Paul Tillich wurde Carl Mennicke 1933 nach dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums entlassen.[8] Sein Buch Der Sozialismus als Bewegung und Aufgabe steht auf der Liste der 1933 verbrannten Bücher und wurde 1933 während der Bücherverbrennung in Frankfurt verbrannt.
Mennicke emigrierte im Jahr 1934 in die Niederlande und wurde in Amersfoort Leiter der Internationalen Schule für Philosophie (International School voor Wijsbegeerte). Dies war eine einzigartige Einrichtung für Erwachsene, die auf hohem Niveau philosophisch orientierte Kurse anbot.[9]
Er beschäftigte sich weiter intensiv mit sozialpädagogischen Fragen. Er veröffentlichte im Jahr 1937 einen Entwurf der Sozialpädagogik. Dieses Werk gilt teilweise als erste sozialtheoretische Grundlegung einer Sozialpädagogik.[10]
Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in den Niederlanden wurde er verhaftet. Mennicke kam zunächst in das Arbeitslager Wuhlheide. Nach einer schweren Erkrankung wurde er ins Konzentrationslager Sachsenhausen eingeliefert. Nach zwei Jahren Haft wurde er entlassen. Er blieb unter polizeilicher Arbeit und lebte als Metallarbeiter.
Nach dem Krieg ging er zunächst nach Amersfoort zurück. Später ging er wieder nach Frankfurt, wo er bis 1952 als Honorarprofessor für Soziologie an der Universität lehrte.
Im Jahr 1958 erhielt er das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland. Kurz vor seinem Tod wurde er 1956 mit der Goetheplakette der Stadt Frankfurt ausgezeichnet.
- Sozialpädagogik: Grundlagen, Formen und Mittel der Gemeinschaftserziehung. Hrsg. von Hildegard Feidel-Mertz. Weinheim 2001, ISBN 3-407-32022-1.
- Sozialpsychologie: die allgemeinen Grundlagen und deren Anwendung auf die gesellschaftlichen und politischen Erscheinungen, vor allem der gegenwärtigen Zeit. Hrsg. von Hildegard Feidel-Mertz. Weinheim 1999, ISBN 3-89271-811-3.
- Zeitgeschehen im Spiegel persönlichen Schicksals: ein Lebensbericht. Hrsg. von Hildegard Feidel-Mertz. Weinheim 1995, ISBN 3-89271-430-4.
- Sociale paedagogie: grondslagen, vormen en middelen der gemeenschapsopvoeding. Utrecht 1937.
- Der Mensch im All: eine Einführung in das Verständnis Rainer Maria Rilkes. Amsterdam 1937. Das Buch gehörte zu den im Nationalsozialismus verbotenen Publikationen.[11]
- Schicksal und Aufgabe der Frau in der Gegenwart. 2. Aufl. Potsdam 1932.
- Der Sozialismus als Bewegung und Aufgabe. Berlin 1926.
- Hildegard Feidel-Mertz: Mennicke, Carl, in: Hugo Maier (Hrsg.): Who is who der Sozialen Arbeit. Freiburg : Lambertus, 1998, ISBN 3-7841-1036-3, S. 391ff.
- Monika Bourmer: Berufliche Identität in der Sozialen Arbeit. Bildungstheoretische Interpretationen autobiographischer Quellen. Klinkhardt, Bad Heilbrunn 2012, ISBN 978-3-7815-1901-5. Das Buch enthält einen ausführlichen Teil über Carl Mennicke.
Joachim Henseler: Wie das Soziale in die Pädagogik kam: zur Theoriegeschichte universitärer Sozialpädagogik am Beispiel Paul Natorps und Herman Nohls. Juventa Verlag, 2000 S. 184 (books.google.de).
Claudia Becker: Versuche religiöser Erneuerung in der Moderne am Beispiel des evangelischen Theologen Friedrich Rittelmeyer (1872–1938). Diss. Berlin, 2008 (diss.fu-berlin.de).
Bernd Dollinger: Die Pädagogik der sozialen Frage: (sozial-)pädagogische Theorie vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Ende der Weimarer Republik. VS Verlag, 2006 S. 334 (books.google.de).
Ralph Christian Amthro: Die Geschichte der Berufsausbildung in der sozialen Arbeit: Auf der Suche nach Professionalisierung und Identität. Juventa-Verl. 2003, S. 385 (books.google.de).
Norbert Reichling: Akademische Arbeiterbildung in der Weimarer Republik, Lit-Verlag, Münster 1983, S. 228 ff.
Renate Heuer, Siegbert Wolf (Hrsg.): Die Juden der Frankfurter Universität, Campus Verlag, Frankfurt/New York 1997, ISBN 3-593-35502-7, S. 458–459 & Micha Brumlik, Benjamin Ortmeyer (Hrsg.): Erziehungswisswenschaft und Pädagogik in Frankfurt – eine Geschichte in Portraits, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, 2006, ISBN 3-9809008-7-8, S. 13 ff.
Rudolf Tippelt: Handbuch Erwachsenenbildung, Weiterbildung. VS Verlag, 1999. S. 44 (books.google.de).
Thomas Mann, Albert Schweitzer, Julius Petersen (1932) |
William Butler Yeats (1934) |
Georg Kolbe (1937) |
Leo Frobenius (1938) |
Anton Kippenberg (1939) |
Hans Pfitzner (1940) |
Friedrich Bethge (1941) |
Wilhelm Schäfer (1943) |
Otto Hahn (1944) |
Franz Volhard, Gustav Mori, Franz Schultz (1947) |
Georg Hartmann (1948) |
André Gide, Adolf Grimme, José Ortega y Gasset, Gerhard Marcks, Friedrich Meinecke, Robert Maynard Hutchins, Victor Gollancz, Carl Jacob Burckhardt (1949) |
Friedrich Dessauer, Friedrich Witz, Richard Merton, Alexander Rudolf Hohlfeld, Boris Rajewsky, Ernst Robert Curtius, Jean Angelloz, Leonard Ashley Willoughby (1951) |
Bernhard Guttmann, Ludwig Seitz, John Jay McCloy (1952) |
Max Horkheimer, Fritz Strich (1953) |
August de Bary, Karl Kleist, Richard Scheibe, Rudolf Alexander Schröder (1954) |
Andreas Bruno Wachsmuth, Fritz von Unruh, Ferdinand Blum, Paul Hindemith, Hanns Wilhelm Eppelsheimer (1955) |
Peter Suhrkamp, Carl Mennicke, Josef Hellauer, Paul Tillich (1956) |
Helmut Walcha, Kasimir Edschmid, Benno Reifenberg, Gottfried Bermann Fischer, Rudolf Pechel (1957) |
Otto Bartning, Friedrich Lehmann, Werner Bock, Martin Buber, Helmut Coing (1958) |
Cicely Veronica Wedgwood, Thornton Wilder, Herman Nohl, Jean Schlumberger, Sir Sarvepalli Radhakrishnan, Yasunari Kawabata (1959) |
Alfred Petersen, Arthur Hübscher, Franz Böhm (1960) |
Vittorio Klostermann (1961) |
Edgar Salin (1962) |
Theodor W. Adorno, Fried Lübbecke, Karl Winnacker (1963) |
Harry Buckwitz (1964) |
Carl Orff (1965) |
Marie Luise Kaschnitz, Heinrich Troeger, Ferdinand Hoff (1966) |
Carl Tesch, Werner Bockelmann, Wilhelm Schöndube, Wilhelm Schäfer (1967) |
Kurt Hessenberg (1973) |
Ljubomir Romansky, Waldemar Kramer (1974) |
Albert Richard Mohr (1976) |
Siegfried Unseld, Oswald von Nell-Breuning SJ (1977) |
Paul Arnsberg (1978) |
Wulf Emmo Ankel, Christoph von Dohnányi, Erich Fromm (postum verliehen 1979) (1981) |
Horst Krüger, Walter Hesselbach, Rudolf Hirsch, Fuat Sezgin (1980) |
Wilhelm Kempf, Sir Georg Solti (1981) |
Leo Löwenthal, Bruno Vondenhoff (1982) |
Harald Keller (1983) |
Marcel Reich-Ranicki (1984) |
Alfred Grosser (1986) |
Joachim Fest (1987) |
Jörgen Schmidt-Voigt (1988) |
Dorothea Loehr, Alfred Schmidt, Dolf Sternberger (1989) |
Eva Demski, Hilmar Hoffmann (1990) |
Albert Mangelsdorff (1991) |
Iring Fetscher, Willi Ziegler (1992) |
Liesel Christ, Walter Weisbecker, Ludwig von Friedeburg (1994) |
Heinrich Schirmbeck, Emil Mangelsdorff, Wolfram Schütte (1995) |
Christiane Nüsslein-Volhard, Walter Boehlich (1996) |
Walter H. Pehle, Hans-Dieter Resch (1997) |
Anja Lundholm, Christoph Vitali, Peter Weiermair (1998) |
Arno Lustiger, Johann Philipp von Bethmann (1999) |
Karl Dedecius, Michael Gotthelf (2000) |
Ernst Klee, Hans-Wolfgang Pfeifer (2001) |
Horst-Eberhard Richter, Peter Eschberg, Heiner Goebbels, Oswald Mathias Ungers (2002) |
Christa von Schnitzler, Albert Speer junior, Chlodwig Poth, Jean-Christophe Ammann, Franz Mon (2003) |
Ferry Ahrlé, Monika Schoeller (2004) |
Henriette Kramer, Gerhard R. Koch (2005) |
Eliahu Inbal, Peter Iden (2006) |
Thomas Bayrle, Carmen-Renate Köper (2007) |
Frank Wolff, E. R. Nele (2008) |
Peter Kurzeck, Rosemarie Fendel (2009) |
Klaus Reichert (2010) |
Hans-Klaus Jungheinrich, Dieter Buroch (2011) |
Felix Mussil, Mischka Popp, Thomas Bergmann (2012) |
Paulus Böhmer, Peter Cahn (2013) |
Hans Traxler, Thomas Gebauer, Wilhelm Genazino (2014) |
Martin Mosebach, Sven Väth (2015) |
Tobias Rehberger, Bettina von Bethmann (2016) |
Claus Helmer, Moses Pelham (2017) |
Max Weinberg (posthum) (2018) |
Bodo Kirchhoff, Effi B. Rolfs, Max Hollein (2019) |
Silke Scheuermann, Burkard Schliessmann (2020) |
Hans Zimmer, Sandra Mann (2021) |
Sabine Fischmann, Volker Mosbrugger (2022) |
Anne Imhof, Michel Friedman (2023) |
Margareta Dillinger, Bernd Loebe (2024)