erster unter kommunaler Leitung geführter Friedhof der Stadt Heidelberg Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Bergfriedhof Heidelberg ist einer der 17 Friedhöfe der Stadt Heidelberg. Der 1842 angelegte und 1844 eröffnete Bergfriedhof war der erste unter kommunaler Leitung geführte Friedhof der Stadt, zunächst genannt Friedhof an der Steige.[1] Er liegt im Süden Heidelbergs auf einem nach Osten hin ansteigenden ehemaligen Weinberggelände am Nordende des Stadtteils Südstadt, er grenzt an die Weststadt und an den Gaisberg. Der Friedhof ist konfessionsübergreifend, ein Teil der Anlage ist auch als jüdischer Friedhof ausgewiesen. Auf einer Geländeterrasse südöstlich oberhalb des Bergfriedhofs wurde von 1933 bis 1935 der Heidelberger Ehrenfriedhof angelegt.
Auf dem Bergfriedhof wurde Reichspräsident Friedrich Ebert beigesetzt.
Der Heidelberger Bergfriedhof erstreckt sich über eine nach Osten hin ansteigende, unregelmäßig begrenzte Fläche von 14,4 Hektar östlich der Rohrbacher Straße. Im Norden wird er von einer Bahnstrecke begrenzt, welche die Neckartalbahn mit dem ehemaligen Güter- und Rangierbahnhof der Stadt verband, im Nordosten von einem Taleinschnitt, durch den der Steigerweg bergan zieht, im Osten von Wald am recht steilen Hang, im Süden von Wohnbebauung an Görresstraße und Panoramastraße.
Der Haupteingang zum Friedhof ist an der Seite zur Rohrbacher Straße, woher ein gerader Weg nach Osten zum im Stil des Klassizismus errichteten Krematorium führt. Der Friedhof hat sechs weitere Eingänge, drei davon im Nordosten am Steigerweg. Durch die nördlichen beiden hiervon verkehrt vorwiegend der Friedhofs-Fuhrpark und sie dienen als Zufahrt zur Friedhofs-Verwaltung, die beide in Gebäuden im nordöstlichen Bereich untergebracht sind. Das Verwaltungsgebäude wurde in schlichtem, ländlichem Stil erbaut. Der obere der Eingänge am Steigerweg ist Zufahrt zur Leichenhalle und Anfahrtsweg zur Friedhofskapelle. Zwischen Kapelle und Krematorium verläuft der so genannte Professorenweg, an dem die Friedrich-Ebert-Gedenkstätte, ein Kriegerdenkmal und die Grabstellen von Universitätshonoratioren liegen.
Oben am hohen Hang im Südosten des Friedhofsgeländes befinden sich in der Waldabteilung, die über steile Wege mit Treppen und Sandsteinstufen erschlossen ist, viele über 100Jahre alte Grabanlagen, oftmals geschmückt von mannshohen Granitfindlingen. In jüngerer Zeit werden in diesem Teil des Friedhofs auch Baumbestattungen durchgeführt. Die Namen der auf diese Art Bestatteten werden in Messingplättchen auf Sandsteinquadern eingraviert.
Im südlichen Teil des Geländes liegt der jüdische Friedhof, der wegen der speziellen religiösen Vorschriften separat verschlossen werden kann. Südlich des jüdischen Friedhofsbereichs wurde in den 1950er Jahren wegen großer Platznot noch die Abteilung W eingerichtet, die jüngste Abteilung des Friedhofs. An einem dort stehenden kleinen alten Sandsteinschuppen wurden Urnennischen eingebaut und eine schmiedeeiserne Tür als Zugang angebracht, er dient heute als Columbarium.
Der Friedhof umfasst insgesamt über 17.405 Grabstellen, das gesamte Wegenetz hat über 20 Kilometer Länge. Wegen der Weitläufigkeit der Anlage und der steilen Wege steht insbesondere für ältere und gehbehinderte Besucher seit geraumer Zeit ein Friedhofsmobil bereit.
Der Landschaftsarchitekt Johann Christian Metzger plante die heute fast 15 Hektar große Friedhofsanlage und hatte ab dem Jahre 1842 die Leitung bei der Ausführung. Im Jahr 1844 wurde der Friedhof eingeweiht. Johann Christian Metzger gelang es, indem er viele Wege entlang von Hangterrassen führte und das Gelände passend mit heimischen und exotischen Laub- und Nadelgehölzen bepflanzen ließ, der Friedhofsanlage ein „romantisches“ Gesamtbild zu verleihen, das sich harmonisch in die weitere landschaftliche Umgebung einfügt.
Die vor einer steilen Anhöhe des Bergrückens gelegene Friedhofskapelle wurde 1842 nach den Entwürfen des Heidelberger Stadtbaumeisters Heinrich Greif errichtet. Pilaster und Lisenen aus rotem Sandstein gliedern die Wände des Gebäudes. Auch Fensterleibungen und Gesimse sind in rotem Sandstein gearbeitet. Teilbereiche des Bauwerks sind verklinkert. Der Glockenstuhl auf dem Dach der Kapelle ist eine Holzkonstruktion. Das Portal der Kapelle ist mit mehrflügeligen, glasdurchbrochenen Eichentüren versehen und von einem Vordach aus Schmiedeeisen und Glas geschützt. Zum Berg hin, der Rückwand der Kapelle angegliedert, liegen Nutz- und Nebenräume der Kapelle und in einer Querachse die Leichenhalle mit ihren aneinander gereihten Einzelkammern. Die Friedhofskapelle und insbesondere ihre wichtigen Nebenbereiche wurden im Lauf der Zeit teilweise umgebaut, erweitert und in ihrer Wirtschaftlichkeit immer wieder dem jeweils zeitgemäßen technischen Stand angepasst. Bis in die frühen 1850er Jahre hinein läutete die Kapellenglocke zu jedem Begräbnis. Von der Bergseite der Kapelle her betrat dazu der Glöckner über eine Außentreppe das Glockengestühl.
Im Jahre 1891 ging auf dem Bergfriedhof das neu erbaute Krematorium in Betrieb, das zweitälteste Deutschlands nach dem Krematorium Gotha. In den Jahren 1990/91 wurde es grundlegend modernisiert. Die Einäscherungen werden in technisch hochmodernen Elektroöfen durchgeführt. Im Jahre 2000 baute man neu eine emissionsreduzierende Filteranlage ein.
Der jüdische Friedhof mit seinen historisch bedeutenden Grabanlagen wird bis heute belegt.
Wie an vielen anderen Orten gibt es auch auf dem Bergfriedhof Heidelberg seit 2005 ein sogenanntes „Schmetterlingsgrab für stillgeborene Kinder“ (Frühchen unter 500g), für die in Baden-Württemberg ein Bestattungsrecht besteht. Hier finden Eltern einen stillen Ort der Trauer.
Am 13. Mai 2006 wurde eine Gedenkstätte für an AIDS Verstorbene eingeweiht (siehe unten).
Seit einigen Jahren werden kunsthistorisch bedeutende und erhaltungswürdige Grabanlagen im Rahmen eines Denkmalschutz-Konzeptes neu belegt. Durch Übernahme einer Grabpatenschaft erwerben dabei Interessenten ein Belegungsrecht. Weil die Errichtungszeiten der so weitergenutzten Grabanlagen sich über den langen Zeitraum von rund 150 Jahren seit der Eröffnung der Friedhofsanlage erstrecken, ist jedes der Patenschafts-Gräber einzigartig.
Lageplan der mit Buchstaben gekennzeichneten Abteilungen
Lageplan mit Markierung der Grabanlagen bekannter Persönlichkeiten
Ausschnitt: Auswahl bedeutender Grabanlagen (Liste mit Namen)
Anton Friedrich Justus Thibaut (1772–1840), Rechtswissenschaftler, Rektor der Uni Heidelberg (Abt. D, Gebeine 1875 vom St.-Anna-Friedhof umgebettet) (Abt. D)
Am 13. Mai 2006 wurde die Gedenkstätte für an AIDS Verstorbene eingeweiht. Die Stadt Heidelberg hat diesen Ort des Gedenkens in Zusammenarbeit mit dem Liegenschaftsamt, dem Landschaftsamt und der Friedhofsverwaltung auf eigene Kosten eingerichtet und würdigt damit die engagierte Arbeit der AIDS-Hilfe Heidelberg. Einmal jährlich, anlässlich des Welt-AIDS-Tages am 1. Dezember, richtet die AIDS-Hilfe Heidelberg für Angehörige und Freunde der Verstorbenen eine kleine Feier an der Gedenkstätte aus.[3]
In der Mitte des kleinen Platzes steht ein Obelisk aus schwarzem Granit. Auf dem Obelisken ist oben die rote AIDS-Schleife zu sehen. Auf dem Sockel ist eine Bronzetafel mit Worten des Gedenkens angebracht:
Wir halten uns an den Händen und weinen um…
unsere Freundinnen und Freunde,
unsere Partnerinnen und Partner,
unsere Angehörigen und alle,
die wir durch AIDS verloren haben.
Wir vergessen Euch nie!
AIDS-HILFE HEIDELBERG
Die Bodenfläche um den Obelisken wurde bis zu der begrenzenden Bepflanzung hin mit altem Sandstein-Kopfsteinpflaster ausgelegt. Eigens für den Gedenkort wurde eine Bank aus Granit aufgestellt (der Granit stammt aus dem Abraum einer alten Grabanlage). Angehörige und Freunde können zum Gedenken an die Verstorbenen bemalte und beschriftete Steine in einem Karree um den Obelisken niederlegen (siehe Bilder unten).
Michal Antmann, Monika Preuß: Das Projekt zur Erfassung jüdischer Grabsteine in Baden-Württemberg. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg. Nachrichtenblatt des Landesdenkmalamtes 25 (4), 1996, S. 231–243.
Francisca Feraudi-Gruénais: χαῖρε καὶ εἰν Ἀΐδεω... Antikenrezeption auf dem Heidelberger Bergfriedhof. In: Jutta Stroszeck, Heide Frielinghaus (Hrsg.): Vorbild Griechenland. Zum Einfluss antiker griechischer Skulptur auf Grabdenkmäler der Neuzeit (= Beiträge zur Archäologie Griechenlands. Band 3). Bibliopolis, Möhnesee 2012, S. 139–161.
Elisabeth Gass: Wanderung durch den Heidelberger Bergfriedhof. Ein Erinnerungsbild. 2. Auflage. Hoerning, Heidelberg 1933.
Erwin Kiefer: Grabinschriften im Heidelberger Bergfriedhof. Eine epigraphische Studie. Brausdruck, Heidelberg 1966 (zahlreiche Illustrationen).
Hanna Grisebach: Der Heidelberger Bergfriedhof. Gräber und Gedenksteine. Fotos von Peter Seng. Heidelberger Verlagsanstalt und Druckerei, Heidelberg 1981, ISBN 3-920431-12-X.
Leena Ruuskanen: Der Heidelberger Bergfriedhof, Kulturgeschichte und Grabkultur (= Buchreihe der Stadt Heidelberg. Band III: Ausgewählte Grabstätten). Verlag Brigitte Guderjahn, Heidelberg 1992, ISBN 3-924973-45-8.
Leena Ruuskanen: Der Heidelberger Bergfriedhof im Wandel der Zeit. verlag regionalkultur, 2008 (rund 200 Gräber werden vorgestellt); 2. Auflage, Hrsg.: Peter Blum, ISBN 978-3-89735-518-7.
Fritz Quoos: Heidelberg hat den Graimbergs viel zu verdanken. In: Rhein-Neckar-Zeitung. Heidelberg, 2007, Nr. 111, S. 5 (Heidelberger Nachrichten) vom 15. Mai 2007 (in der Reihe über die städtischen Ehrengräber, Folge 5).
Rudolf Schuler (Photos), Richard Henk (Text): Heidelberg. Braus, Heidelberg 1990, ISBN 3-921524-46-6.