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diktatorische Form der Herrschaft ohne rationale Legitimation Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Autoritarismus (lateinisch auctoritas ‚Einfluss‘, ‚Geltung‘, ‚Macht‘) ist eine diktatorische Herrschaftsform.
Nach Juan Linz, der den Begriff in den 1960er Jahren geprägt hat, unterscheidet der Autoritarismus sich vom diktatorischen Totalitarismus durch:[1]
Der begrenzte Pluralismus ist als zentrales Abgrenzungsmerkmal zu sehen. Der Handlungsspielraum von politischen und gesellschaftlichen Akteuren hängt weitgehend von der autoritären Staatsführung ab. In Abgrenzung zum Totalitarismus ist für den Autoritarismus zutreffender von Mentalitäten zu sprechen als von (politischen) Ideologien und Weltanschauungen. Mentalität ist nach Theodor Geiger „subjektive Ideologie“, aber „objektiver Geist“.[2] Mentalitäten sind psychische Prädispositionen und funktionieren formlos.
Das Fehlen einer klaren Ideologie bewirkt einen Verlust der Mobilisierungsfähigkeit; der Bevölkerung fehlt eine emotionale Bindung an das System. Daher formulieren autoritäre Regime ihre Politik pragmatisch und versuchen gleichzeitig, allgemeine Wertvorstellungen wie Patriotismus, Nationalismus, Modernisierung und Ordnung durchzusetzen.
Autoritäre Systeme werden von bestimmten sozialen Kräften einer Gesellschaft getragen. Diese bilden gegebenenfalls ihre oligarchische Machtbasis. Diese sozialen Kräfte können in z. B. zivile und militärische Kräfte unterteilt werden. Das heißt, autoritäre Staaten können zivil, militärisch, tribal, religiös oder bürokratisch usw. gestützt sein.
Max Weber beschreibt drei Formen der Legitimation: traditionelle, charismatische und rationale Legitimität. In Bezug auf autoritäre Systeme sind nur die traditionelle und charismatische Legitimität von Bedeutung.
Traditionell bedeutet nach Max Weber: „die Autorität des ewig Gestrigen: der durch unvordenkliche Geltung und gewohnheitsmäßige Einstellung auf ihre Innehaltung geheiligter Sitten“ – dieses Legitimationsmuster trifft vor allem auf autoritäre Staaten zu, in denen die Religion als Legitimation für den Herrschenden gilt und das Politische nicht vom Sakralen getrennt ist. Beispiele hierfür sind Saudi-Arabien und der Iran, wobei Anklänge an dieses Muster auch in Teilen der westlichen Welt (z. B. Bible Belt), wenn auch mit beschränktem Einfluss, vorzufinden sind.
Charismatisch bedeutet nach Max Weber: „aus Begeisterung oder Not und Hoffnung geborene, gläubige, ganz persönliche Hingabe“ – dieses Legitimationsmuster trifft vor allem auf Länder zu, in denen ein politischer Führer Anerkennung in der Bevölkerung erworben und seine Herrschaft in einem autoritären System verankert hat. Als ein Beispiel hierfür kann Kuba unter Fidel Castro angesehen werden.
In autoritären Systemen ist die Macht in der Regel zentralisiert. Eine horizontale Gewaltenteilung besteht oberflächlich betrachtet allerhöchstens formal. Vergleicht man Industrie- und Entwicklungsländer, kann ein höheres Maß an Personalisierung des Politischen festgestellt werden. Als personalistisch bezeichnet man eine Führung dann, wenn sie in einer Person konzentriert ist.
Das wesentliche Element im Verhältnis von Machthabern und Machtunterworfenen ist die Gewalt „von oben“, meist in Form einer Geheimpolizei, deren Zweck darin besteht, die politische Macht der herrschenden Klasse zu schützen und jegliche Form der Opposition zu unterdrücken. Die politische Partizipation wird von den Machthabern entweder unterbunden oder gesteuert.
Die Kommunikationsforscherin Sarah Oats bezeichnete die Rolle der Massenmedien als einen kritischen Faktor beim Abgleiten eines Staates in den Autoritarismus.[3] Zur Stabilisierung eines etablierten Regimes können die verschiedenen Strategien Zensur, Selbstzensur oder Propaganda verfolgt werden.[4] Durch die Kontrolle der großen Medien sei es nach dem Politikwissenschaftler Stephen K. Wegren annähernd ausgeschlossen, dass Medien eine Debatte auslösen können, wie dies eine Funktion von Medien in offenen politischen Systemen der Fall sei.[5]
Angesichts der stärker werdenden Popularität rechtspopulistischer Parteien sprechen Medien in den 2010er Jahren von einer Krise des Liberalismus. So hebt etwa der Journalist Thomas Assheuer hervor, dass der Soziologe Ralf Dahrendorf bereits in den 1990er Jahren voraussagte, dass die Globalisierung „eher autoritären als demokratischen Verfassungen Vorschub leisten“ werde.[6] Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnte 2017 mehrmals – in seiner Antrittsrede vor dem Bundestag, bei seinem ersten Auslandsbesuch in Frankreich sowie bei seiner ersten Rede im Europaparlament – vor einer neuen „Faszination des Autoritären“.[7][8]
Der Herausgeber der Berliner Zeitung Michael Maier nannte wesentliche Kennzeichen, die autoritäre Systeme von einer auf Gewaltenteilung basierenden freiheitlichen Demokratie unterscheiden: „Autoritäre Systeme können über Nacht Maßnahmen verordnen. Sie können die Bürgerrechte nach Belieben einschränken. Polizei- und Überwachungsstaat ersticken Widerstand im Keim. Andersdenkende oder Kritiker werden mundtot gemacht, verschwinden von der Bildfläche – über Nacht. Denunziation ist der Kitt, der Unrechtssysteme im Innersten zusammenhält. Bürokratische Schikanen nötigen die Bürger zum Wohlverhalten. Um sich selbst nicht zu gefährden, misstrauen die Bürger einander und verraten sich gegenseitig. Mitbestimmung, Expertise und Parlamentarismus werden als Fassaden aufrechterhalten. Eine unabhängige Justiz gibt es nicht. Zensur findet statt. Die Würde des Menschen ist eine Frage von Gunst und Willkür. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Entscheidung über Krieg und Frieden ist den Interessen von kleinen Cliquen untergeordnet. Die Macht der Herrschenden ist unantastbar. Der Wille der Machthaber ist unberechenbar. Die Missachtung von kleinsten Vorschriften kann gravierende Folgen haben. Die Vorschriften ändern sich oft über Nacht, manchmal sogar im Nachhinein.“ Er betonte, es sei in Europa „viel zu verlieren“ und sprach von einer Belastungsprobe des europäischen Systems, welches – im Zuge einer schleichenden „globalen Angleichung“ – zunehmend Symptome einer „Anarchie von oben“ zeige.[9]
Folgende Typen autoritärer Regime wurden von Juan J. Linz systematisiert. Sie sind idealtypisch und nur selten deckungsgleich mit real existierenden Regimen.
Merkmale:
Dieser Typ folgt meist auf ein liberal-demokratisches System, das über keine Systemloyalitäten oder keine stabile Regierung verfügt hat.
Beispiele:
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Ideologische Alternative für Gesellschaften, die infolge ihrer ökonomischen und sozialen Komplexität nicht allein mit technokratisch-autoritären Mitteln regiert werden können.
Beispiele:
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Vor allem im postkolonialen Afrika ließen soziale und ökonomische Disparitäten, ethnische, linguale und religiöse Unterschiede der Bevölkerung und eine schwache Bürokratie viele Staatsführer glauben, dass nur ein autoritär geführter Staat Erfolg verheißen würde. Die meisten dieser Regime sind Militärputschen oder der Umwandlung in rein persönliche Herrschaften zum Opfer gefallen.
Beispiele:
Unter Neopatrimonialismus wird ein besonders häufig in Afrika anzutreffender Herrschaftstyp bezeichnet, der als eine Mischform aus klassisch-patrimonialer und legal-rationaler Herrschaft angesehen werden kann. Als Regimetyp ist er zwischen Autokratie und Demokratie anzusiedeln. Kennzeichnende Bestandteile des Neopatrimonialismus sind Klientelismus und politische Patronage.
Beispiele:
Kennzeichnend für Rassendemokratien und Ethnokratien ist, dass bestimmte ethnische Gruppen von der politischen Partizipation ausgeschlossen werden und keine demokratischen Rechte besitzen. Es wird nicht nur Druck auf die diskriminierte, in den historischen Beispielfällen nicht-weiße Bevölkerung ausgeübt, sondern auch auf Dissidenten aus der privilegierten Schicht (historisch: Weiße), die die Trennungspolitik bekämpfen und in Frage stellen.
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Merkmale:
Der Prätotalitarismus bezeichnet die Übergangsphase zum Totalitarismus.
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Merkmale:
Der Posttotalitarismus bezieht sich vor allem auf die Sowjetunion und ihre osteuropäischen Satellitenstaaten seit der Entstalinisierung. Diese Kategorie enthält noch weitere Subtypen.
Subtypen:
Der deutsche Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel definiert zehn unterschiedliche autoritäre Typologien:
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Allgemeine Merkmale:
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Der Autoritarismus wird sozialpsychologisch als eine Einstellung, häufig auch als eine Persönlichkeitseigenschaft aufgefasst (autoritäre Persönlichkeit bzw. autoritärer Charakter) oder dient als Oberbegriff für faschistoide und antidemokratische Einstellungen. Psychologisch ist der Begriff doppeldeutig, denn er beschreibt einerseits ein extrem dominantes Verhalten, andererseits die Bereitschaft zur Unterwerfung unter Ranghöhere. Insofern hängen Autoritarismus und Gehorsam zusammen.
In ihren bekannten und viel diskutierten Experimenten haben Stanley Milgram (Milgram-Experiment) und Philip Zimbardo (Stanford-Prison-Experiment) das beobachtete Gehorsamkeitsverhalten unter simulierten, für die Teilnehmer realistisch wirkenden Bedingungen untersucht und nach Zusammenhängen mit anderen sozialen Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmalen gefragt. Philip Zimbardo: „The only link between personality and prison behavior was a finding that prisoners with a high degree of authoritarianism endured our authoritarian prison environment longer than did other prisoners.“[10] (Die einzige Verbindung zwischen Persönlichkeit und Gefängnisverhalten war der Befund, dass Gefangene mit einem hohen Grad an Autoritarismus unsere autoritäre Gefängnisumgebung länger ertrugen als andere Gefangene.)
Die amerikanische Verhaltensökonomin Karen Stenner argumentiert, dass Autoritarismus kein Persönlichkeitsmerkmal sei, sondern als eine Reaktion auf Bedrohungen der normativen Ordnung anzusehen ist,[11] die sich darin äußert, dass das „vorgestellte ‚Wir‘“ zerfällt, was zu Angst vor dem „ethnischen Verschwinden“ und vor Zuwanderung führt.[12]
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