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deutscher Schriftsteller, Fernsehproduzent und Hörspielmacher Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Andreas Ammer (* 23. März 1960 in München) ist ein deutscher Schriftsteller, Fernsehproduzent und Hörspielmacher. Er ist Mitglied der Berliner Akademie der Künste[1].
Andreas Ammer studierte Germanistik, Philosophie und Geschichte der Naturwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er über das Thema Horrorgraphie: Das Aufschreiben der Angst und die Schrecken der Schrift als Mikromechanik des Sinns in der klassischen Zeit deutscher Literatur promovierte. Zuerst als Dozent an der Uni München tätig, wurde er dann freier Autor, Regisseur und Fernsehjournalist. Seit 2003 ist er verantwortlich für Realisation und Gestaltung der von Denis Scheck moderierten ARD-Literatursendung druckfrisch. Sein Fernsehschaffen besteht ansonsten aus über 50 Dokumentarfilmen, Doku-Serien und Filmportraits zu kulturellen Themen (u. a. über Charlie Chaplin, Gruppe 47, Lena, Hermann Hesse, die Salzburger Festspiele, Karl Valentin, Oskar Maria Graf, Teodor Currentzis). Seit 2020 gestaltet er mit dem Choreographen Eric Gauthier die Sendereite "Dance around the World[2]", die weltweit die bekanntesten Tanzkompanien besucht.
Bekannt geworden ist Ammer einerseits als Dokumentarfilmer und Kulturjournalist, vor allem jedoch durch seine Hörspiel- und Theaterproduktionen. Als Gestalter von TV-Sendungen begann er seine Karriere als Mitarbeiter von Alexander Kluge in der legendären „Stunde der Filmemacher“. Berühmt sind seine Kollaborationen mit Musikern. Er hat unter anderem mit FM Einheit von den Einstürzenden Neubauten und Ulrike Haage von den Rainbirds zusammengearbeitet. Schon sein erstes Hörspiel „Orbis Auditus“ wurde 1990 zum „Hörspiel des Jahres“ gewählt. 1993 inszenierte Andreas Ammer dann für den Bayerischen Rundfunk frei nach Dantes Göttlicher Komödie das Hörspiel Radio Inferno[3]. Er gehörte damals zu einer Reihe von Autoren und Regisseuren, die das Hörspiel durch die Einbindung von Pop-Elementen und Live-Aufführungen grundlegend veränderten. („Apocalypse live“[4], „Frost“, „Marx Engels Werke“). Weitere Bühnenwerke schlossen sich an: An der Oper Bonn realisierte Ammer mit FM Einheit die Oper Alzheimer 2000 / Toter Trakt über Ulrike Meinhof und die RAF. Für den WDR produzierte Andreas Ammer gemeinsam mit Console (Martin Gretschmann) das dokumentarisch/musikalische Hörspiel Spaceman ’85 in dem Tonmaterial eines Weltraumfluges aus dem Jahr 1985 verwendet wurde[5]. Der deutsche Wissenschaftsastronaut Reinhard Furrer schildert in diesen Mitschnitten seine persönlichen Gedanken vor und während seines Weltraumaufenthaltes. Das Hörspiel wurde von der ARD in die Sammlung der 100 Werke aufgenommen, die 100 Jahre Hörspielgeschichte repräsentieren[6]. Ebenfalls mit Martin Gretschmann vertonte Ammer auch den „Tractatus logico philosophicus“ von Ludwig Wittgenstein[7]. Viele dieser Hörspiele wurden nicht nur im Radio gesendet, sondern zumeist auch auf Tourneen live aufgeführt und als CDs vertrieben. Die Produktion „Apocalypse live“ wurde 1995 zu den Salzburger Festspielen eingeladen.
Für die Bayrische Staatsoper realisierte Ammer in den Jahren 2003 bis 2006 zusammen mit dem Cellisten Sebastian Hess Produktionen wie Unser Oskar (über Oskar Maria Graf), Heimspiel (eine Sprachoper für Karl Valentin und ein Fußballstadion) und Dido&Aeneas – die Barockoper von ihren Liebhabern entblößt (nach Henry Purcell). 2009 realisierte er mit Console nach einem Manuskript des Krimi-Autors Heinrich Steinfest das Mammutprojekt "13", ein Hörspiel in 13 Folgen à 13 Minuten.
Für Apocalypse Live wurde Ammer 1995 mit dem renommierten Hörspielpreis der Kriegsblinden ausgezeichnet. 2002 erhielt er ihn erneut für Crashing Aeroplanes, das auf Originalaufnahmen der Black Boxes aus abstürzenden Flugzeugen beruht. Er ist damit der erste Autor, der diesen Preis zweimal erhalten hat. Wie in diesem Stück arbeitet er in seinen Stücken nicht primär mit eigenen Texten, sondern mit vorgefundenen, historischen Originaltönen. So auch in der Tonträgeroper Deutsche Krieger, einer Trilogie, die aus Tönen des 1. und 2. Weltkrieges, sowie aus dem deutschen RAF-Terrorismus komponiert wurde und erst 20 Jahre nach der CD-Veröffentlichung erstmals 2017 im Haus der Kulturen der Welt Berlin live aufgeführt wurde[8]. Aus dem gleichen Jahr stammt auch das Werk „Sie sprechen mit der Stasi“ (mit FM Einheit), das aus Originaltonbändern und Verhörmitschnitten der DDR-Stasi-Behörde besteht[9].
2017 realisierte er mit Andreas Gerth und Martin Gretschmann (alias Acid Pauli) das als "Größtes Hörspiel der Welt"[10] bekanntgewordene Internetprojekt „Unendliches Spiel“. Es besteht aus einer fast 80-stündigen Lesung des Romans „Unendlicher Spass“ des amerikanischen Autors David Foster Wallace, bei dem jede der fast 1400 Seiten des Romans durch einen anderen Sprecher über das Internet eingelesen wurde, die Lesungen anschließend von einem analogen Computer, der „Goldenen Maschine“, vertont wurden. Das nach einem Jahr fertiggestellte Endergebnis ist jederzeit über das Netz weiter abrufbar[11]. Nach dem gleichen Prinzip des von Ammer und Acid Pauli erfundenen Prinzip des „Schwarmhörspieles“ funktioniert die Web-Realisation von „Zusammen Walden“[12], einer 16½-stündigen kompletten Internet-Umsetzung von Henry David Thoreaus Romanbericht „Walden“, das von 500 Lesern eingesprochen und mit vielen Gastmusikern vertont wurde.
Ebenfalls 2017 rekonstruierte Andreas Ammer zusammen mit FM Einheit an der Philharmonie in Brünn mit über 200 Mitwirkenden in einer Live-Aufführung Arsenij Avraamovs experimentelle Noise-Oper „Symphonie der Sirenen“[13] von 1923. Zusammen mit Markus Acher, Micha Acher und Leo (Leroy) Hopfinger veröffentlichte er 2022 unter dem Projektnamen "The Plastik Beatniks" zu Ehren des schwarzen Beat-Poeten Bob Kaufman die LP "All Those Streets I Must Find Cities For[14]", an der auch Pop- und Jazzgrößen wie Patti Smith, Angela Bat Dawid und Moor Mother mitgewirkt haben.
2022 veröffentlichte Ammer, der auf dem Buchmarkt bislang nur mit der wissenschaftlichen Herausgabe von Goethes erotischem Werk[15] hervorgetreten war, den Band "Austern – ein Portrait"[16].
Andreas Ammer ist der einzige Regisseur, der gleichzeitig mit den höchsten Auszeichnungen im Radio (zweimal Hörspielpreis der Kriegsblinden, Prix Europa) und im Fernsehen (Deutscher Fernsehpreis 2011 als „Besondere Leistung Information“) geehrt wurde. Er lebt in Berg (Starnberger See), wo er Mitbegründer und Gemeinderat einer freien Wählervereinigung „QUH (quer – unabhängig – heimatverbunden)“ ist.
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