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französischer Ornithologe, Taxidermist und Naturalienhändler (1810-1868) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Jean Baptiste Édouard Verreaux (* 16. September 1810 in Paris; † 14. März 1868 ebenda im 4. Arrondissement) war ein französischer Ornithologe und Naturforscher.
Édouard Verreaux wurde als zweiter Sohn des Pariser Naturalienhändlers Pierre-Jacques Verreaux und Joséphine Delalande, Schwester von Pierre Antoine Delalande (1787–1823), geboren. Geprägt von seiner Familie, entwickelte er schon bald ein starkes Interesse für die Naturkunde. Schon im Alter von 17 Jahren wurde er zum Präparator des Naturhistorischen Museums (heute: Aquarium municipal et musée des sciences naturelles) von Douai ernannt. Als ihn 1819 sein älterer Bruder Jules Verreaux (1807–1873) bat, ans Kap der Guten Hoffnung zu kommen, brach er als Neunjähriger nach Südafrika auf, um das berühmte Maison Verreaux seines Vaters mit naturhistorischen Gütern zu versorgen. Zusammen mit seinem Bruder und seinem Onkel Delalande unternahm er Ausflüge ins Umland von Kapstadt und zwei Exkursionen ins Landesinnere, einem Landesteil, den außer François Levaillant (1753–1824) und ihrem Onkel bisher noch kein Europäer erforscht hatte.[1] Obwohl er noch sehr jung war, beobachtete er zusammen mit seinem Onkel Delalande 1820 Erdwölfe, die Isidore Geoffroy Saint-Hilaire (1805–1861) unter der neuen Gattung Proteles beschrieb.[2] Dank ihres Mutes und ihrer Fähigkeiten sammelten sie eine Menge Naturobjekte, die sie an den väterlichen Naturalienhandel und das Muséum national d’histoire naturelle in Paris schickten.[3]
Nach zwei ausgedehnten Exkursionen kehrte er schließlich nach Paris zurück. Mit ihm kam eine beachtliche Sammlung von Tierpräparaten, von denen man von vielen nicht viel wusste bzw. die neu für die Wissenschaft waren. All diese Schätze wurden 1831 in der Galerie von Baron Jules Paul Benjamin Delessert (1773–1847) ausgestellt. Der Anblick dieser außergewöhnlichen Ausstellungsobjekte zog die Welt der Wissenschaftler in ihren Bann. Georges Cuvier (1769–1832) und Isidore Geoffroy Saint-Hilaire (1805–1861) waren so fasziniert, dass sie ihn ermutigten, nach Südafrika zurückzukehren. Am 1. Juli 1832 brach er mit seinem jüngeren Bruder Joseph Alexis Verreaux (?–1868) erneut nach Kapstadt auf, wo sie im September desselben Jahres ankamen. Mit großem Eifer gründeten die Brüder Verreaux ein Museum, in welchem sie viele Säugetiere, Vögel, Reptilien, Insekten etc. dieses Landes ausstellten.[3] Die Sammlung des Museums setzte sich aus den Sammlungen des Barons Carl von Ludwig (1784–1847), Andrew Smiths (1797–1872), den Verreauxs sowie des South African Literary and Scientific Institution zusammen. Die Verreaux-Sammlung war stets in Privateigentum und stand dem Museum nur auf Leihbasis zur Verfügung.[4] Bis zur Rückkehr von Jules Verreaux im Jahr 1838 wurde die Verreaux-Sammlung von den Einheimischen und vielen Reisenden auf ihrem Hin- oder Rückweg nach Indien bewundert.[3]
Nach der Rückkehr von einer größeren Expedition ins Landesinnere, bot sich Édouard die Gelegenheit, andere Tierarten zu erkunden. Als der Kapitän Geoffroy ihm einen Platz auf seinem Schiff zu den großen asiatischen Inseln anbot, nahm er dies dankend an. Seine Reise führte ihn über Sumatra, Batavia, Surabaya, einige Teile der Philippinen, China und Cochinchina. Schließlich kehrte er über Mauritius nach Kapstadt zurück.[3] Seinem Freund Étienne Mulsant (1797–1880) berichtete er von der Reise kuriose Geschichten. So hatte er beobachtet, wie drei Kinder eines Unbekannten von Kaimanen gefressen wurden, als dieser von Bord ging. Eine weitere Anekdote, die seinen Mut bewies, zeigte sich, als er sich alleine in einen Wald begab, obwohl in der Gegend erst kürzlich ein Königstiger beobachtet wurde.[5]
Zurück in Kapstadt, fand er seinen Bruder Jules in großer Sorge vor. Dieser hatte seit geraumer Zeit kein Lebenszeichen mehr von seinem Bruder Alexis erhalten. Es waren die Vorboten des Sechsten Xhosa-Krieges (1834–1835). In dieser Zeit brannten die Xhosa Gebäude nieder und töteten die Bevölkerung. Sie operierten aus den Wäldern nahe der Küste und es bestand die Gefahr, dass sie nach und nach kleinere Städte und Metropolen eroberten. Trotz dreier Regimenter und zweitausend Buren bzw. holländischen Siedlern unter der Führung von Henry George Wakelyn Smith (1787–1860) bekam dieser die Lage nicht in den Griff. Die Xhosa führten keinen offenen Kampf, sondern verfolgten eine Guerilla-Taktik mit kleinen Banden. Erst als Truppen aus Saint Helena und Indien angefordert wurden, besiegten die Briten die Xhosa schließlich nach einem 18-monatigen Krieg unter dem Regiment von Sir Benjamin D’Urban (1777–1849).[5]
Nachdem Édouard zwei Monate vergeblich auf Neuigkeiten von seinem Bruder gewartet hatte, beschloss er, sich auf die Suche nach ihm zu machen. Er wollte dies über den gefährlichen Landweg tun, ließ sich aber von einem Freund überzeugen, besser über den Seeweg nach Mossel Bay aufzubrechen. Dort angekommen, wurde er von Herrn Aker freundlich aufgenommen und konnte seine Sammlung erweitern.[5] Bei einer Jagd auf einen Klippschliefer an der Felsküste glitt er ab und landete wie durch ein Wunder in einem horizontal abstehenden Baum. Unter ihm ging es 600 Meter nach unten, zu einem Riff, auf welches die Meerwellen schlugen. Nachdem der erste Schock verflogen war, musste er 12 Fuß den senkrechten Felsen hochklettern, um den Rand der Klippe zu erreichen. Mit allerletzter Kraft gelang es ihm glücklicherweise, diesen Punkt zu erklimmen.[6]
Während seines Aufenthalts in Mossel Bay bekam er die erlösende Nachricht, dass sein Bruder Alexis wohlauf sei und sich an einem Ort befand, der von den Kriegswirren bisher nicht betroffen war. So brach er dorthin auf und traf schließlich auf Alexis.[6]
Die Liste der gefährlichen Situationen, in denen Édouard sich bei seinen zahlreichen Jagdausflügen befand, ist lang. Beispielsweise wurde sein Pferd von einem Leoparden angegriffen, als sie diesen verfolgten. Zum Glück für Édouard erschoss ihn ein Jäger gerade noch rechtzeitig.[6] Ein weiteres Mal rettete er einen Einheimischen, als dieser von einem Löwen angegriffen wurde.[7]
Nach mehreren Monaten Abenteuerleben schickten die beiden Brüder ihre zahlreiche Beute an ihren Bruder Jules. Gleichzeitig machten sie sich auf den Weg, eben jenen zu suchen.[7]
Im Jahr 1833 kehrte Édouard nach Frankreich zurück. Hier übernahm er im folgenden Jahr das Geschäft seines Vaters und baute es zu einer konkurrenzlosen Institution aus. Das Geschäft blühte, und so bat er Jules, mit ihrer gesamten Sammlung nach Paris zu kommen, um ihn hier zu unterstützen. Als dieser 1838 mit der Lucullus die Heimreise antrat, zerschellte das Schiff vor La Rochelle. Es war ein schwerer Schlag für das Maison Verreaux, denn neben den unschätzbaren naturhistorischen Kostbarkeiten verloren sie all ihre Manuskripte und Zeichnungen, die ihnen zu Ruhm und Ehre in der Welt der Wissenschaft verhelfen sollten. Trotz des Rückschlages ließ Édouard sich nicht entmutigen.[7] Am 20. Januar 1846 heiratete er Henriette Jeanne geb. Bodier (1826–1895) in Paris, der er und sein Bruder auch den Namen des Grünscheitel-Nektarvogels (Cinnyris johannae) widmeten.[8][9]
Das Maison Verreaux, welches in Paris Place Royal 9 und Succursale Boulevard Monmartre 6 stand, baute eine weltweite Verbindung zu allen naturhistorischen Museen und fast allen großen Privatsammlern auf.[10] Neben den kommerziellen Interessen waren die Brüder immer bereit, allen Menschen alle Aspekte der Naturkunde bereitwillig zu vermitteln.[11] So war es nicht verwunderlich, dass sich hier immer wieder bedeutende Wissenschaftler aus ganz Europa und Amerika einfanden.[7]
In ihrem Lager befanden sich ca. 3.000 Säugetiere, 40.000 Vögel, 200.000 Schalenweichtiere, viele Skelette, Reptilien und Fische. Alle waren vorbildlich präpariert. Dazu gab es eine beträchtliche Eiersammlung von Vögeln aus aller Welt. Bei der Bestimmung der Exponate versuchten sie mit Sorgfalt alle ihnen bekannten Synonyme und das Land, aus dem sie stammten, auf den dazugehörigen Etiketten festzuhalten.[11]
Édouard entwickelte eine Vorliebe für Kolibris. Deshalb versuchte er von jeder bekannten Kolibriart beide Geschlechter in verschiedenen Entwicklungsphasen, ihre Skelette und ihre Nester mit den Eiern möglichst komplett zusammenzutragen.[12]
Als Étienne Mulsant (1797–1880) begann, ein Werk über die Naturgeschichte der Kolibris (Histoire naturelle des oiseaux-mouches ou colibris constituant la famille des trochilidés) mit Hilfe der Sammlung Jules Bourciers (1797–1873) zu schreiben, war es Èdouard Verreaux, der dieses Vorhaben tatkräftig unterstützte. Nach dem Tod Verreauxs bekam Mulsant durch die Witwe weiter Zugriff auf das wertvolle Material. So war es für ihn eine Selbstverständlichkeit, dieses fünfbändige Werk auch unter dem Namen Verreauxs zu publizieren.[12]
Im August 1867 begann sich Édouards Gesundheitszustand merklich zu verschlechtern. Als Mulsant ihn im September desselben Jahres besuchte, erschien er ihm traurig und leidend, so dass sich bereits der nahende Tod abzeichnete. Nach und nach ging es ihm schlechter und so verstarb er schließlich im März 1868 im Kreise seiner Familie.
Nach seinem plötzlichen Tod ging seine Sammlung, die auf einen Wert von 500.000 Francs geschätzt wurde, an die Witwe. Ein Teil der Sammlung, unter anderem eine fast vollständige Sammlung amerikanischer Vögel sowie Paradiesvögel und Fasanen wurde von Daniel Giraud Elliot (1835–1915) für das American Museum of Natural History aufgekauft.[13] Ein Teil seiner Kolibris wurde an den italienischen Bankier und Ornithologen Ercole Turati (1829–1881) verkauft.[14]
Oft findet man in der Literatur Jules Verreaux und Édouard Verreaux als Erstautoren der Grünschopfelfe Lophornis verreauxii, da die Überschrift im Originalartikel sie als Autoren verzeichnet. In einer Fehlerkorrektur im gleichen Heft stellen die beiden Brüder aber klar, dass Jules Bourcier (1797–1873) der alleinige Autor des Artikels ist.[15] Der Name dieser Unterart der Grünschopfelfe ist ausschließlich Édouard gewidmet. So schrieb Bourcier:
„Elle est dédiée à M Edouard Verreaux, possesseur du type unique qui orne la magnifique collection de Trochilidés de cet amateur classique.“[16]
Deutsch: Sie ist Herrn Edouard Verreaux gewidmet, dem Besitzer dieser einzigartigen Art, die seine herrliche klassische Amateur-Kolibri-Sammlung schmückt.
Eine Unterart des Kräuselhauben-Perlhuhns beinhaltet in seiner wissenschaftlichen Bezeichnung den Namen Édourds, nämlich Guttera pucherani edouardi. In der Übersetzung eines Briefes von Jules Verreaux an Gustav Hartlaub (1814–1900) schrieb dieser:
„Das Vaterland dieser unzweifelhaft neuen Art ist die Natal-Küste, wo Jules Verreaux selbst das Exemplar der Pariser Sammlung vor 35 Jahren erlegte. Er wünscht dasselbe zu Ehren seines Bruders Edouard benannt zu sehen.“[17]
Die von Armand Marie Paulin Ducros de Saint-Germain (1823–1888) im Jahr 1857 in seinem Werk Revue critique du genre Oliva, de Bruguières beschriebene Muschelart Olivella (Niteoliva) verreauxii gilt heute als Synonym für Olivella (Niteoliva) minuta minuta H. F. Link, 1807. So schrieb Ducros de Saint-Germain:
„Nous la d´dédions avec plaisir à M. Edouard Verreaux qui a bien voulu nous la donner. (deutsch: Es ist mir ein Vergnügen sie Herrn Edouard Verreaux zu widmen, der sie mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat)“[18]
Eine weitere Muschel mit seinem Namen Burnupia verreauxii beschrieb Jules René Bourguignat (1829–1892) im Jahr 1853.[19] Allerdings erfordert der taxonomische Status dieser Art weitere Analysen.[20]
Die Blauringtaube (Leptotila verreauxi), die Charles Lucien Jules Laurent Bonaparte (1803–1857) im Jahr 1857 beschrieb, ist nicht ausschließlich Jules, sondern wahrscheinlich auch seinem Bruder Édouard gewidmet. So schrieb Bonaparte:
„Un magnifique exemplaire adulte a été procuré par MM. Verreaux au Muséum, qui possède l’espèce tous ses états d’âge et de sexe..... en magasin. (deutsch: Ein prachtvolles ausgewachsenes Exemplar, welches von den Herren Verreaux aus dem Museum bereitgestellt wurde, die die Art in jeglichem Alter und Geschlecht besitzen.... in ihrem Lager.)“[21]
Eine Unterart des Gelbflankenspechts (Celeus grammicus verreauxii), die Alfred Malherbe (1804–1865) unter dem Namen Celeopicus Verrauxii beschrieb, ist ebenfalls den Brüdern gewidmet. Als Begründung für den Namen diente Malherbe:
„C’est la république de L’Équateur (Amérique mèridionale) que MM. Verreaux ont reçu récemment cette nouvelle espèces, à laquelle j’ai donné leur nom, et dont je ne connais encore que deux femelles. Es ist die Republik Ecuador (Südamerika), aus der die Herren Verreaux diese neue Art bekommen haben und für die ich diesen Namen vergebe, und von der ich nur zwei Weibchen kenne.“[22]
Hermann Schlegel (1804–1884) zeigte 1854 in einer Analyse des Musophaga Persa (heute Guinea-Turako Tauraco persa), dass die heutige Unterart des Blaurückenturakos Tauraco macrorhynchus verreauxii, die die Gebrüder Verreaux als Guinea-Turako klassifiziert hatten, sich deutlich unterscheidet. So schrieb er in seiner Analyse:
„Später zeigten die Gebrüder Verreaux, dass diese Ansicht falsch sei. Die von Hrn Verreaux als Persa aufgeführte Art ist durchaus verschieden von der wahren Persa; sie ist offenbar neu und mag daher M. Verreauxii heißen.“[23]
Édouard Verreaux beschrieb mit seinem Bruder viele Gattungen, Arten und Unterarten als Erstautor. Bei der Beschreibung des Rotbrusthabichts wirkte außerdem Marc Athanase Parfait Œillet Des Murs (1804–1894) mit.
Zu den Gattungen, die Édouard Verreaux beschrieben hat:
Zu den Arten, die Édouard Verreaux beschrieben hat, gehören chronologisch:
Zu den Unterarten, die Édouard Verreaux beschrieben hat, gehören chronologisch:
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