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deutscher Sozialwissenschaftler und Sozialarbeiter/Sozialpädagoge Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wolf Rainer Wendt (* 14. Mai 1939 in Schwerin) ist ein deutscher Sozialarbeiter, Sozialpädagoge und Sozialarbeitswissenschaftler. Er entwickelte u. a. das systemisch-ökosoziale Handlungsmodell und hat das Konzept des Case Managements im deutschsprachigen Raum eingeführt.
Wendt ist in der DDR aufgewachsen und kam dort als Siebzehnjähriger u. a. wegen „Zersetzungsarbeit in der FDJ“ und „Staatsverleumdung“ für 18 Monate in Haft.[1] Nach seiner Flucht in den Westen holte er das Abitur nach und studierte in Tübingen und Berlin Philosophie, Psychologie, Soziologie und Kunstgeschichte, erwarb das Diplom in Psychologie. 1969 wurde er in Tübingen mit einer Dissertation zur philosophischen Ästhetik in Interpretation der Kunst von Marcel Duchamp zum Dr. phil. promoviert[2], sein Doktorvater war der Philosoph und Pädagoge Otto Friedrich Bollnow. Nach dem Studium war Wendt als Erziehungsberater tätig und wurde Abteilungsleiter im Jugendamt Stuttgart. Von 1978 bis 2004 leitete Wendt als Professor die Fakultät für „Sozialwesen“ der Berufsakademie Stuttgart. Neben umfangreichen publizistischen Tätigkeiten ist er an Praxis- und Forschungsprojekten beteiligt, die sich am Case-Management-Konzept orientieren und sich mit Fragen der Zivilgesellschaft und der Sozialwirtschaft befassen. 2003 erhielt er eine Honorarprofessur an der Universität Tübingen.
1989 Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA), war er von 1993 bis 2009 deren Vorsitzender. Er war Mitherausgeber der „Brennpunkte Sozialer Arbeit“ und der „Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für Sozialarbeit“, ist Mitglied des Redaktionsbeirates der „Blätter der Wohlfahrtspflege“ und der „Sozialwirtschaft“, Mitherausgeber der Zeitschrift „Case Management“. Seit 2004 ist Wendt auch Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Care und Case Management (DGCC).
Wendt treibt die Theorieentwicklung in der Sozialen Arbeit voran, entwickelt das Case-Management-Konzept weiter. So u. a. mit der Handlungsanleitung zur „Sorgeberatung“.[3] Er schreibt Grundlagenwerke zur Geschichte der Sozialen Arbeit (zuletzt in zwei Bänden 2016), zu Theorien der Sozialen Arbeit und zur Sozialwirtschaftslehre (s. Schriftenverzeichnis in: Mühlum/Rieger 2009). Von der philosophischen Basis seines Denkens zeugen Werke zur stoischen Ethik („Eignung – ethische Erwägungen“, 1989), zur Kulturanthropologie („Ritual und rechtes Leben“, 1994) und zur politischen Philosophie („Die Ordnung der Welt in Haus und Staat“, 2019).
In seinen Büchern „Ökologie und Soziale Arbeit“ (1982) und der Fortführung „Ökosozial denken und handeln. Grundlagen und Anwendungen in der Sozialen Arbeit“ (1990) sowie „Das ökosoziale Prinzip. Soziale Arbeit, ökologisch verstanden“ (2010) beschreibt Wendt seinen ökosozialen Handlungsansatz in Grundzügen. Er sieht im ökologischen Denkmuster ein generelles Paradigma (ökosoziales Paradigma) und Leitmuster für Soziale Arbeit. Sie hat den Haushalt des Zusammenlebens und des Lebens von einzelnen Menschen mit seinen Beeinträchtigungen zum Gegenstand. Die Unwirtlichkeit, welche die Ausbeutung der Natur nach sich zieht, entspricht der Unwirtlichkeit der modernisierten Lebensumstände vieler Menschen. „Die heutige Gesellschaft hat unter ökologischen Gesichtspunkten für sich selber und für alle, die ihr angehören, die Aufgabe, humanes Leben in unserer Welt in nachhaltiger Weise auskömmlich zu gestalten.“[4] Von diesem Grundsatz ausgehend beschreibt Wendt neun Kategoriebereiche seines ökosozialen Modells:
Danach spricht Wendt von einem „Humanökosystem“ (systemischer Ansatz), in dem sich diese Kategorien spiegeln. Er sieht in der persönlichen Lebensführung ein Selbstmanagement, das durch ein Management der Sozialarbeit unterstützt wird. Dieses Unterstützungsmanagement ist das Fallmanagement, welches durch Einzelfallhilfe, Gemeinwesenarbeit und soziale Gruppenarbeit in die soziale Praxis wirkt.
Wendt hat den ökosozialen Ansatz in den letzten Jahren in eine Sozialwirtschaftslehre eingebracht.[5] In seiner Theorie der Sozialwirtschaft verbinden sich die Soziale Arbeit mit der Sorgearbeit von Menschen in ihrem eigenen Lebenskreis und beide mit einem haushaltenden Handeln in der öffentlichen und sozialen Daseinsvorsorge. Nach Wendt dient die Sozialwirtschaft instrumentell mit ihren Diensten und Einrichtungen unmittelbar der Wohlfahrt von Menschen, bleibt dabei aber durchaus abhängig vom Wirtschaftsgeschehen insgesamt. Funktional wird Sozialwirtschaft als die Weise bestimmt, in der in Sorge und Versorgung bedarfsorientiert und gemeinschaftlich nach Entscheidungen gehandelt wird, die gemäß dem ökosozialen Paradigma in (öffentlichen, gemeinschaftlichen und privaten) Haushalten zu treffen sind. Der in diesen Prozessen formell organisierte wie informelle „Unterhalt von Wohlfahrt“ ist der hauptsächliche Gegenstand der Sozialwirtschaftslehre.[6] Er erstreckt sich von der sozialpolitischen Gestaltung von Versorgung (dem Wohlfahrtsregime) bis in die individuelle „Ökonomie der Lebensführung“.[7] In den Werken „Sorgen und wirtschaften“ (2021) und „Wirtliche Verhältnisse“ (2023) schreibt Wendt dem ökologisch mündigen Menschen und den ökologisch verantwortlichen Akteuren in Wirtschaft und Politik die Aufgabe der Gestaltung wirtlicher Verhältnisse zu, „die zu erhalten und zu schaffen Akteuren auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Geschehens obliegt“.[8]
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