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Bauteil an der Flügelspitze eines Flugzeugs Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Winglets (wörtlich: englisch Flügelchen) bzw. Sharklets (Bezeichnung für Winglets bei Airbus), deutsch Flügelohren[1], sind meistens nach oben und seltener nach oben und unten verlängerte Außenflügel an den Enden der Tragflächen von Luftfahrzeugen. Sie sorgen für eine bessere Seitenstabilität, verringern den induzierten Luftwiderstand und verbessern so den Gleitwinkel sowie die Steigzahl bei niedriger Geschwindigkeit.
Winglets erhöhen die Streckung einer Tragfläche, ohne die Spannweite zu vergrößern. Dies bringt
ohne durch Spannweiten-Vergrößerung Einschränkungen bei der Handhabung am Boden und größere Biegemomente an der Tragflächenwurzel in Kauf nehmen zu müssen.
Nachteilig wirkt sich aus
Bei der Auftriebserzeugung durch Tragflächen endlicher Streckung bilden sich durch den Druckunterschied zwischen Ober- und Unterseite Wirbel, aus denen im Tragflächenaußenbereich Wirbelschleppen entstehen. Die Luft strömt von der Unterseite der Tragflächen, wo Überdruck vorliegt, um die Tragflächenenden herum nach oben, wo Unterdruck herrscht. Die Wirbel sind bei positiver Tragflächenpfeilung an der Tragflächenspitze am stärksten und rollen sich (je nach Flugzustand) zu einem Randwirbel auf. Die Wirbel induzieren am Ort der Tragfläche eine abwärts gerichtete Kraft, wodurch ein induzierter Luftwiderstand entsteht. Winglets reduzieren nun den Einfluss dieser Wirbel, indem sie den Randwirbel zerteilen (ein Teil geht am Tragflächen-Winglet-Übergang ab, ein Teil an der Wingletspitze) und durch ihre Profilgebung nach außen ablenken. Die Gesamtstärke der Wirbel bleibt dabei gleich, da sie direkt mit der Erzeugung vom Auftrieb verbunden ist. Die gewünschte Reduzierung des Luftwiderstands rührt am Ende daher, dass die Tragfläche besser ausgenutzt wird und effizienter arbeiten kann. Ein mit Winglets ausgerüstetes Flugzeug kann (im Vergleich zu einem mit identischer Tragfläche ohne Winglet) bei gegebenem Gewicht und Geschwindigkeit mit einem geringeren Anstellwinkel operieren, weil die Tragflächenenden mehr Auftrieb erzeugen, so wird der Widerstand verringert.
Winglets müssen für jeden Flugzeugtyp unter Berücksichtigung der Tragflügelfläche und der voraussichtlichen Fluggeschwindigkeiten angepasst werden. Zum Beispiel entwickelt die zusätzlich umströmte Fläche bei hohen Geschwindigkeiten mehr zusätzlichen Reibungs- und Druckwiderstand, als sie an induziertem Luftwiderstand einspart.
Winglets führen zu einem gewissen Anstieg der Flugzeug-Leermasse. Wenn man ein Flugzeug mit Winglets nachrüsten will, entstehen Kosten für die Installation. Früher lohnte sich ein Anbau nicht immer; angesichts des hohen Ölpreises ist der Break-even-Point heute relativ schnell erreicht.
Nach Angaben von Boeing kann durch den Einsatz von Winglets der Kraftstoffverbrauch um drei bis fünf Prozent gesenkt werden.[2][3]
Die bislang größten Winglets finden sich mit 3,45 Metern Höhe bei der Boeing 767-300ER. Die Wingtip Fences des Airbus A380-800 haben eine Höhe von 2,30 Meter.
Die Beschädigung, der Verlust oder die Demontage eines Winglets kann prinzipiell über eine veränderte Trimmung kompensiert werden.
Anders als oft angenommen, bringen die Winglets im Vergleich mit einer gleich großen Erweiterung der Spannweite keine aerodynamischen Vorteile. Würde man die Winglets nach außen klappen, so hätte das Flugzeug einen besseren Gleitwinkel und einen geringeren Treibstoffverbrauch.[4]
Eine Vergrößerung der Spannweite bringt jedoch folgende Nachteile:
Winglets werden häufiger bei Flugzeugen eingebaut oder nachgerüstet, welche die maximale Spannweite einer bestimmten Klasse schon erreicht haben,[4] wie zum Beispiel Segelflugzeuge mit 15 m oder 18 m Spannweite sowie Fracht- und Passagierflugzeuge mit Spannweite von
Die Auftriebsverluste durch eine Umströmung der Tragflächenrandbögen waren schon seit langem bekannt, und auch Winglets sind keine moderne Erfindung. Die Grundidee wurde schon 1897 von Frederick W. Lanchester zum Patent angemeldet. Der in die USA ausgewanderte schottische Flugzeugingenieur William A. Somerville (1869–1950) ließ sich 1910 nach oben gebogene Flügelenden patentieren und realisierte seine Idee auch.[5] In der Serie fanden Flügelohren erstmals gegen Ende des Zweiten Weltkriegs Verwendung (Heinkel He 162), wo sie entgegen der heute meist üblichen Bauweise nach unten abgeknickt und nach ihrem Konstrukteur Alexander Lippisch benannt waren; nach Kriegsende wurde das Konzept der nach unten gebogene Flügelspitzen von dem deutschen Aerodynamiker Sighard Hoerner in den USA weiterentwickelt, weshalb man im englischsprachigen Raum heute von Hoerner wing tips spricht.[6][7] Die Firma Henschel projektierte 1945 den schwanzlosen Hochgeschwindigkeitsjäger Hs P.135[8] mit Deltaflügeln und nach oben gebogenen Flügelohren, die sich im Computermodell als tatsächlich effizient erwiesen.[9] Die gebräuchliche Bezeichnung war damals „Henschelohren“.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden an einigen STOL-Flugzeugen Versuche mit Flügelendscheiben unternommen, die meist nur aus einem Blech bestanden (z. B. PZL-101). Diese standen rundum einige Zentimeter über das Flügelendprofil hinaus und erschwerten so dessen Umströmung. Ähnliche Effekte erhoffte man sich auch von sogenannten Randkeulen wie beispielsweise an der Let L-13, die auch als Tragflächenspitzentanks verwendet wurden.
Die Ölkrise zu Beginn der 1970er-Jahre bewog u. a. die NASA, sich dieser alten Patente wieder anzunehmen und sie zu verbessern. Wesentliche Erkenntnisse auf dem Gebiet verdankt die Wissenschaft insbesondere dem Aerodynamik-Chef bei Boeing, Louis Bernhard Gratzer (1920–2014); er beschäftigte sich eingehend mit der Form von Vogelflügeln (siehe auch Bionik) und machte durch zahlreiche Patente auf dem Gebiet der Flügelendengeometrie von sich reden.[10] Das erste Flugzeug der Nachkriegsgeschichte, das standardmäßig mit Winglets ausgestattet war, war 1977 der Learjet 28.[11]
Im Großflugzeugbau wurden die Winglets von Airbus bei der A310-300 zunächst in Form kleiner Tragflächenendscheiben (sogenannter „Wingtip Fences“) eingeführt, welche sowohl nach oben als auch nach unten zeigen.[12] Allerdings weisen heutige Großflugzeuge im Gegensatz zu diesen ursprünglichen Endscheiben häufig speziell geformte, nach oben gerichtete Profile der Tragflächenenden auf, die die gewünschten Effekte deutlich verbessern. Den Anstoß zu dieser Formgebung gab der bekannte amerikanische Aerodynamiker Richard T. Whitcomb, der sich in seinen Forschungen intensiv damit befasste. Auf ihn geht auch die Bezeichnung „Winglet“ für die nach oben gebogenen Flügelenden zurück.[13]
Bei den Tragflächenspitzen der A380 wurde jedoch wiederum auf Wingtip Fences ähnlich denen der A310-300 zurückgegriffen, da neuere Winglet-Entwürfe die Spannweite auf ein für Verkehrsflughäfen nicht geeignetes Maß vergrößert hätten.
Bestimmte moderne Winglets sind – geometrisch stark vereinfacht – den Flügelspitzen einzelner Vogelarten nachempfunden. Lange Schwungfedern, die fächerförmig und in der Höhe gestaffelt gespreizt werden, sorgen insbesondere bei Greifvögeln oder Störchen für bessere Langsamflugeigenschaften.[14] Flügelenden, die auf diesem Prinzip basieren, nennt man Winggrids.[15]
Es gibt verschiedene Winglet-Ausführungen und -Konstruktionen, die im Folgenden in einer Übersicht mit Beispielen dargestellt werden.
Es finden sich Winglets auch an Rotorblättern mancher Windkraftanlagen.
Unterschallmilitärflugzeuge können wie Passagierflugzeuge von Winglets profitieren, weshalb manche neuere Typen mit ihnen ab Werk ausgerüstet wurden. Überschallschnelle Flugzeuge wie Düsenjäger verwenden allerdings keine Winglets.
Ursprünglich hatte der Begriff Winglet im Englischen eine andere Bedeutung: er bezeichnete bei frühen Flugzeugen kleine tragflügelförmig geformte zusätzliche Auftriebshilfen, etwa als Verkleidung der Fahrwerkachse.
Inzwischen werden nach Art von Winglets geformte Bauteile auch im Motorsport verwendet und tragen dieselbe Bezeichnung:
Bei modernen Superbikes kommen umgedrehte Winglets zur Erhöhung der Anpresskraft am Vorderrad zum Einsatz, um bei Geschwindigkeiten über 250 km/h ein Abheben des Vorderrads zu verhindern und mehr Lenkstabilität zu gewährleisten. Vertreter dieser Klasse sind die BMW M 1000 RR und die Ducati Panigale V4 S 2020. Bei letzterer wird bei 270 km/h ein zusätzlicher Anpressdruck am Vorderrad von 30 Kilogramm genannt.[21]
Für die ab Mitte der 2000er-Jahre auf den Seitenkästen angebrachten Zusatzflügel in der Formel 1 wird ebenfalls die Bezeichnung „Winglet“ verwendet.[22]
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